Lieber Herr Beck,

danke für Ihren sachlichen Beitrag zum Thema "Staat und Kirche". Eine klare, unpolemische Darstellung der Kirchensteuer-Frage. Ergänzen möchte ich dazu, dass nicht nur die ev. und die röm.-kath. Kirche das Recht haben, die Kirchensteuer durch den Staat einziehen zu lassen, sondern auch andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, sofern sie sich den rechtlichen Rahmen geben wie z.B. als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Aber es gibt auch Religionsgemeinschaften, die trotz der Anerkennung als Körperschaften des öffentlichen Rechts auf den staatlichen Kirchensteuer-Einzug verzichten, und sich lieber durch Mitgliederbeiträge finanzieren, wie z.B. der Bund Ev.-Freikirchlicher Gemeinden, die Orthodoxe Kirche, die Mormonen etc.

http://www.kirchensteuerinfo.de/religionsgemeinschaften-die-auf-kirchensteuer-verzichten-278

Was ist der Grund? Unabhängig bleiben wollen vom Staat? Denn in gewisser Weise hat ja der Staat auch eine Kontrolle über die Gemeinschaften, die ihre Kirchensteuer über die Finanzämter erheben lassen (Kirchensteuerzahler-Listen, sowie den Einblick, was die Kirchen mit dem Geld machen). Umgekehrt gefragt, ist nicht dem Staat am deutschen Kirchensteuer-Verfahren in gewisser Weise sogar gelegen? (Ganz abgesehen davon, dass er es kostendeckend von den Kirchen vergütet bekommt)

Sie fordern gleiche Rechte für christliche Kirchen und Religionsgemeinschaften wie für andersgläubige Religionsgemeinschaften. Gemeint sind dabei vor allem wohl die muslimischen Religionsgemeinschaften. Aber haben Letztere sie nicht, wenn sie bereit wären, sich "bekenntnismäßig als Religionsgemeinschaften zu organisieren"? Die Gleichstellungsfrage ist doch nicht so sehr eine Frage an den deutschen Staat als vielmehr eine Frage an die muslimischen Gemeinschaften selbst. Wollen diese sich überhaupt analog zu den christlichen Kirchen organisieren? Das würde bedeuten, transparent zu werden, was ihre Glaubensrichtung betrifft, was ihre Mitglieder angeht, wie und woher sie sich (bisher) finanzieren usw.

Ich würde da jetzt keine Ungerechtigkeit konstruieren, die vom Staat ausgeht, keine beabsichtigte Privilegierung der christlichen Religionsgemeinschaften. Wenn die muslimischen Gemeinschaften erkennbar organisiert wären, wäre die "religiöse Versorgung" der Muslime, z.B. mit Gefängnis-Imamen , Krankenhaus-Imamen oder Bundeswehr-Imamen, und in vielen andern Bereichen genauso zu handhaben wie die "religiöse Versorgung" der Christen mit PfarrerInnen, Diakonen usw. in staatlichen Einrichtungen. Auch könnten sie muslimische Krankenhäuser, Altersheime, Kindergärten usw. nach dem Subsidiaritätsprinzip errichten, die zugänglich wären für Muslime und Nicht-Muslime.

Also, der Ball liegt in den Händen der Muslime, würde ich sagen. Oder sehe ich das falsch?

Beste Grüße! Doro