Ich möchte einmal die Inhalte des Deals von letzter Nacht bzw. den Dualismus "Austeritätspolitik vs. Keynesianismus" für einen Moment außen vor lassen…

Im Wesentlichen geht es seit mittlerweile 5 Jahren darum, das Begriffspaar "Solidarität gegen Reformen" in ein für alle Seiten gesichtswahrendes Verhältnis zu bringen. Mit Reformen meine ich nicht die Frage, ob zwischen Schwarzem Meer und Kreta 21.754 oder 22.973 Beamte ihren Job verlieren. Ob die Mehrwertsteuer um 1 oder 3 Prozentpunkte angehoben werden soll und ob Swimmingpools weiterhin von der Steuer absetzbar sind. Mit Reformen meine ich die Implementierung politischer Institutionen und einer politischen Kultur, in der Posten nach Fähigkeiten und nicht nach Verwandtschaftsgrad vergeben werden. Mit Reformen meine ich die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit in der Wirtschaft, die ein Investitionsklima erzeugt, in dem die griechische Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückerlangen kann (soweit diese je vorhanden war)…

Die lauten Forderungen, die Schatulle aufzumachen und ein Wachstumsprogramm zu finanzieren, laufen nämlich ins Leere, solange diese (für die etlichen besitzstandswahrend denkenden Lobbygruppen in Athen in Griechenland schmerzhaften) Schritte nicht unternommen wurden…

Für mich ist es klar wie Kloßbrühe, dass die Kacke erst richtig (also so richtig) am Dampfen sein muss, bevor bei den Profiteuren des jahrzehntelangen Selbstbedienungsladens "Griechischer Staat" ein Umdenken einsetzt. Dafür war es von Gläubigerseite notwendig, bis zuletzt Härte zu zeigen. Das wäre ohne Wolfgang&Mutti wohl kaum denkbar gewesen. Von daher war und ist dem System Europa die temporäre (verantwortungsbewusst gelebte) Hegemonie des mit Abstand stärksten Mitglieds durchaus dienlich. Das wird übrigens in aller Welt so gesehen, nur in Deutschland nicht….