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    MisterEde · angelegt
     

    Einordnung:
    Eigentlich handelt es sich schon wieder weniger um eine Rettung Griechenlands als eine Rettung des Euro in Griechenland bzw. eine Rettung des griechischen Banken- und Finanzsystems. Während Griechenland im letzten halben Jahr über 7,2 Mrd. hart verhandeln musste, die es dann nicht mal bekam, flossen 90 Milliarden über sogenannte ELA-Hilfen zur Stützung an private griechische Geldinstitute. Das neue Maßnahmenpaket sieht weitere 25 Milliarden für die Banken vor. Wenn man dazu noch bedenkt, dass der überwiegende Teil der neuen Kredite zur Ablösung alter Kredite verwendet wird, dann erhält Griechenland vielleicht noch 10 Milliarden, während gleichzeitig wieder weit über 100 Milliarden an die Banken flossen und fließen.

    Höhe / Ausgestaltung:
    Positiv am Paket ist, dass es von der Höhe her ausreichen könnte, um tatsächlich mal für 24 Monate Ruhe zu bekommen, damit Wirtschaft und Tourismus nicht weiter beeinträchtigt werden. Immerhin werden ja die Kredite dann bedient und das Land rutscht nicht in den Zahlungsausfall. Das hilft dann natürlich auch den privaten Banken, die dann nicht pleitegehen. Daneben habe ich das Gefühl, dass diesmal zumindest ein wenig auf Investitionshilfen gesetzt wird, was dem Land glaube ich wirklich gut tun würde.

    Bedingungen:
    Privatisierungen sind schwer zu beurteilen, weil es auf den Einzelfall ankommt. 25 – 50 Milliarden zu erzielen erscheint mir unwahrscheinlich. Eigentlich sollte eher auf Investitionsverpflichtungen, Arbeitsplatzsicherung oder Sozialklauseln gesetzt werden, als auf einen hohen Kaufpreis. Eine gewisse Privatisierung kann aber schon sehr sinnvoll sein – nur zum Vergleich, der Hamburger Hafen und der Frankfurter Flughafen sind beide auch börsennotiert. Zum Rentensystem ist zusagen, dass das Renteneintrittsalter schon auf einem verträglichen Niveau liegen muss, damit Einzahlungen und spätere Rentenleistung auch in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen. Rentenkürzungen im Sinne einer Absenkung des Rentenniveaus bei niedrigen Renten oder Verzicht auf kleine Steigerungen dieser Renten wären hingegen eine Fortsetzung der nutzlosen Austerität, welche die schlechte Wirtschaftslage nur weiter verschlechtert. Ob der IWF mit dabei ist, haben die Geldgeber zu entscheiden und nicht Griechenland. Ich würde der Eurozone allerdings raten, ihre Probleme selbst zu lösen. Es wirkt nämlich seltsam, wenn wir auf dem Niveau zentralafrikanischer Staaten agieren und beim IWF betteln. Sofern die MwSt. auf einigen Inseln angehoben wird, ist das meines Erachtens in Ordnung und Ausnahmen soll es ja geben. So ganz habe ich aber noch nicht überblickt, ob der Tourismus im Sinne von Hotelsteuern stärker belastet wird. Das würde ich ökonomisch für kontraproduktiv halten. Wenn man Touristen im Land hat, dann geben diese ja auch anderweitig ihr Geld aus, weshalb ich nicht unbedingt auf abschreckend hohe Hotelsteuern setzen würde.

    Deutscher Verhandlungsstil:
    Katastrophal! Als Finanzminister eines Volkes, das eine gewisse Tradition darin hat, zu versuchen Europa zu unterjochen, sollte man zurückhaltender sein. Ich denke, das aggressive Verhandlungs-Verhalten (die Euro-Gruppe mit der Grexit-Drohung zu überrumpeln) wird uns noch auf die Füße fallen. Sollten die Bedingungen in Griechenland nicht akzeptiert werden oder Syriza zerbrechen, könnte dies sogar zu Unruhen führen. „Das ist ein Staatsstreich“ würde dann Realität und Schäuble wäre als jener deutsche Finanzminister, der die Menschen in Europa und Griechenland aufhetzte, der Auslöser gewesen.

    Kapitalverkehrssteuer:
    Würde man sich zusätzlich auf dieses Instrument verständigen, wäre der Kompromiss gänzlich anders zu bewerten. Hierdurch würden in den nächsten 3 Jahren Steuereinnahmen in der Größenordnung von 15 Milliarden Euro erzielt, die für die notwendigen Investitionsmaßnahmen und zur Verbesserung der sozialen Lage aufgewendet werden könnten. Gleichzeitig würde es die griechische Wirtschaft beleben, so dass dann auch eine Nachfrage nach Investitionshilfen entsteht. Außerdem könnte der Liquiditätsabfluss ins Ausland gebremst werden, so dass die Nothilfen für griechische Banken nicht weiter ansteigen.