Hallo nemo,
danke für Ihren interessanten, nachdenkenswerten Rundumschlag!
Trotzdem wehrt sich in mir etwas, unsere heutige Zeit als "bleierne Zeit" zu bezeichnen, mit einem Begriff, der das Lebensgefühl der jungen Generation in den 50er und 60er Jahren wiedergab. Wie viele Chancen haben junge Menschen heute, ihre Ausbildung, ihren Arbeitsplatz, ihren Lebensstil nach eigenem Gusto zu wählen und nutzen sie auch. Nationale Grenzen spielen immer weniger eine Rolle. Auch fehlt die Leidenschaft der jungen Leute heute, sich von den Eltern abzusetzen, wie sie die 68er Generation damals - zu Recht - bestimmte.
Sie wünschen sich jemanden, der an der Spitze der Regierung Pragmatismus über Ideologie stellt. Aber wirft man nicht gerade Angela Merkel vor, dass sie pragmatisch denkt und handelt und keine Vision sprich: Ideologie hat?
Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, was Sie sich als Alternative zu der von Ihnen als "neoliberale" und "nach US-Vorbild marktkonforme Demokratie " verschmähte Regierungsform und Wirtschaftsordnung vorstellen.
Eine gerechtere Gesellschaft, sicher. Aber ist nicht eine soziale Marktwirtschaft - und ich würde das, was wir haben, nicht als "neoliberal" bezeichnen - am besten in der Lage, freies Unternehmertum und soziale Verantwortung miteinander zu vereinbaren und sich jeweils nach der einen oder andern Seite auch immer wieder zu korrigieren? Besser als ein politisch und wirtschaftlich festgeschriebenes sozialistisches System?
Es ist m.E. auch eine Fehleinschätzung zu meinen, dass "Arme" bei uns und in jedweden Ländern der Welt Gerechtigkeit in Form von "Sozialismus" wollen. Jeder, der arm ist, möchte raus aus dieser Lage, das ist klar. Aber wirklich mithilfe eines staatlich verordneten Systems oder doch lieber mit der Möglichkeit der Eigeninitiative? Steckt nicht in jedem Menschen der Traum, selbstbestimmt, unternehmerisch, seines eigenen Glückes Schmied sein zu können? Unser Wirtschaftssystem ist nicht perfekt, aber es bietet Chancen... Und niemand bei uns kann tiefer fallen als in Hartz IV. Und er kann sich daraus auch wieder befreien. Ist das nicht gut?
Und wie sehen Sie das, dass so viele EU-Bürger und Menschen aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland wollen, um hier zu leben und zu arbeiten? Wie kommt es, dass sie ein so viel positiveres Deutschland-Bild haben als Sie?