Danke für diesen ausgewogenen Kommentar. Ich glaube, wir müssen uns über die Interpretation des Geschehenen einig werden, bevor wir in die Zukunft schauen. Dafür gehören für mich:
- In Griechenland hat sich eine Euro-Schulden-Blase ereignet. Daran haben alle Schuld: die Architekten des Euro, die Banken, die Regierungen, die Märkte, die Bürger. Deswegen lehne ich auch das Griechenbashing ab
- diese Euro-Schuldenblase ist nun geplatzt - bzw. die Schulden sind 'sozialisiert' - die Steuerzahler sind zu Gläubigern geworden. Die Wirtschaftsweisen sagen zu Recht: das kann nicht gut gehen. Viel besser wäre es, Athen würde sich auf dem Finanzmarkt bewegen, der einer weiteren Verschuldung technische - und keine deutsch-diktatorischen - Grenzen setzt (Zinsen). Dieser ganze Konflikt würde wieder entpolitisiert und entnationalisiert.
- in der Nacht des Agreekment stand - und das vergessen die linken Kritiker beständig - für die Gläubiger alles auf dem Spiel. Trotzen sie ihren Wählern erst Hilfskredite ab und lassen sie es dann zu, das eine wild, aggressiv, spieltheoretisch (?) zockende und nicht zuletzt nationalistische Regierung das ganze Spiel ändert? Von Schach zu Rugby? Sich an nichts mehr hält, was verabredet war?
- im Ergebnis steht Schäuble nun als der Brutalo da - Ironie der Geschichte
da. - hinzu kommt, dass es Athen den anderen so ungemein schwer macht, ihren Wählern (!) eine gute Griechenland-Story zu verkaufen. Athen hätte zum Beispiel sagen können, wir setzen eine große Pro-Unternehmens-Bürokratie-Reform auf, machen Sonderwirtschaftszonen mit einer Flat Tax, so was in der Art, #NewGreece, Angebote, bei denen die liberal-konservative Euro-Mehrheit nicht nein sagen kann. Im Gegenzug: soziale Existenzsicherung (europäische Arbeitslosenversicherung oder Ähnliches)
- aber das was Syriza gemacht hat, war einfach zu wild. Erinnert ihr euch? Man machte die Troika für alles verantwortlich, wollte kein Geld mehr, brauchte es dann doch, beschimpfte wüst halb Europa, wollte die EZB komplett auf Sozialismus umtrimmen usw, plante den wilden Euro-Ausstieg, wagte sich selbst an Reiche und das Militär nicht ran, machte dem Diktator Putin Schöne Augen und so weiter und so weiter.
- ganz offensichtlich blieb Schäuble keine andere Wahl als mit dem Grexit zu wedeln, und Europas leicht zu entflammender Hass gegen Berlin, gehörte ganz offensichtlich zur Syriza-Taktik dazu.
- ich wäre dafür, nun endlich zu entscheiden, nach welchem Prinzip es nun weitergehen soll: Eurostaatlichkeit oder haftet doch jeder für sich selbst? Letzteres geht offenbar nicht mehr. Letzteres war eine Illusion der Euro-Gründer (Nicht-Beistands-Klausel)