Sehr geehrter Herr Kreilinger,

ebenso vielen Dank für Ihre Antwort.

Auseinanderfallen von Entscheidung und Haftung:
Es stimmt natürlich, dass es problematisch ist, wenn Hollande, der Bundestag und noch ein paar andere Länder eine Entscheidung treffen, durch die z.B. die Slowakei in der Haftung ist, ohne sich dagegen wehren zu können.

Abgabe nationaler Souveränität:
Aber genau dem haben die Euro-Länder mit dem ESM-Vertrag zugestimmt, so dass eben in dringlichen Fällen die nationale Souveränität zurückgestellt wird (85% Klausel). Insofern wird im Dringlichkeitsverfahren aber nicht speziell die Parlamentsmacht, sondern allgemein die Entscheidungsgewalt bzw. die nationale Souveränität eines Landes begrenzt. Hat das Parlament ein Veto-Recht, wird dieses ausgehebelt und hat ein Staats- oder Regierungschef die alleinige Entscheidungsgewalt, so wird eben diese ausgehebelt.

Bundesrat / Wirtschafts- und Währungsunion:
Beim Bundesrat ist das ja auch so. Eine Änderung des Einkommensteuertarifs greift in die Haushalte der 16 Bundesländer und des Bundes ein. Wenn jetzt 15 Länder zustimmen und nur eines nicht, ist dann in diesem Bundesland die Legitimationskette durchbrochen? Klar, die Bundesländer sind keine souveränen Staaten und man kann argumentieren, dass der Bruch der Legitimationskette in einem Bundesland durch die Entscheidung des gemeinsamen Bundestags geheilt wird, aber genau das ist doch auch das Ziel der Wirtschafts- und Währungsunion. Die nationale Souveränität wird zum Teil an EU-Institution übertragen und dafür werden Entscheidungen im Gegenzug durch das gemeinsame EP legitimiert.

Interparlamentarischer Ausschuss:
Wie oben erwähnt, gehe ich davon aus, dass die Entscheidungen und Beschlüsse bei einem solchen interparlamentarischen Ausschuss keine Bindungswirkung haben. Wenn dem so ist, würde ein solcher Ausschuss ja auch nicht wirklich zu einer Parlamentsbeteiligung beitragen. Oder liege ich da einfach mit meiner Annahme falsch?

Fazit:
Selbst wenn ein solcher interparlamentarischer Ausschuss eingeführt würde und seine Beschlüsse bindend wären, würde das nichts daran ändern, dass kleine Länder überstimmt werden können und diese somit in der Haftung stehen, ohne sich dagegen wehren zu können.

Wenn es also darum geht, dies zu verhindern, wird ein solcher Ausschuss vermutlich nicht helfen. Solange die Eurogruppe kein eigenes Budget hat, würde nur helfen, die nationale Souveränität durch eine Rückkehr zur Einstimmigkeit wieder herzustellen – was ich aber als absoluten Rückschritt empfinden würde. Wenn es hingegen darum gehen soll, dass auch andere Länder, z.B. Deutschland, „überstimmbar“ werden, würde ich die Variante mit Mehrheiten im EP und in der Eurogruppe einem interparlamentarischen Ausschuss auf jeden Fall vorziehen. Im Idealfall sollte dann aber natürlich auch die Euro-Gruppe mit eigenen Finanzmitteln beteiligt sein.