Sie führen durchaus ein gutes Argument an und zwar, dass die Situation rund um die Griechenlandrettung eine ungelöste parteipolitische Komponente hatte und auch weiterhin hat.
Meiner Meinung nach hat jedoch die europaweite Sympathie für Syriza unmittelbar vor und nach dem Referendum mehrere Katalysatoren gehabt und ich bezweifle, dass das Näherbringen eines geeinigten Europas tatsächlich dabei war. Vielmehr ist die "Alternative" von Syriza - wobei man sich zurecht fragen kann, welche Art von Alternative ein simples "Nein" tatsächlich ist - vor allem an der Vermittlung gescheitert.
Um der Diskussion mal einen zusätzlichen inhaltlichen Drive zu verleihen: Wie müsste sich denn die Politik Brüssels und in erster Linie die der europäischen Hauptstädte ändern? Hier bewegt man sich in einem unsicheren Spagat zwischen der Akzeptanz der Bevölkerung für eine notwendige Neuordnung der EU und der Implementierung eben jener neuen Institutionenarchitektur. Denn im momentanen Setting der Institutionen Kommission, Rat und EP ist für eine wirkliche Auseinandersetzung parteipolitischer Alternativen kein Platz, insofern decken sich unsere Diagnosen. Die wohl kurzfristig wirksamste Lösung wäre der politisch und juristisch große Schritt, das Parlament dem Rat überall auf Augenhöhe entgegen zu stellen und gleichzeitig die Besetzung der Kommission zu politisieren, sodass diese sich bei ihrer Arbeit tatsächlich auf eine politische Parlamentsmehrheit stützen muss.
Ob diese theoretische Überlegung aber der breiten europäischen Bevölkerung und nicht nur den Bildungs- und Netzeliten, die sich im Zuge des Referendums zu Wort meldeten, zu vermitteln ist, ist und bleibt der Knackpunkt der gesamten Debatte. Und der Umgang der Europäischen Bürgerinnen und Bürger mit der Europawahl zeigt dabei in eine Richtung, die nicht zwangsläufig auf ein klares "Mehr" an institutioneller Integration hoffen lässt.