Hallo Herr Wragge,

danke für Ihre ausführliche Antwort.

Europäische Integration: Nun ja. Es soll auch andere geben, die sich ein solches gemeinsames Europa vorstellen – gab es schon vor Jahrzehnten. Immerhin steht die weitere Integration als Ziel ja auch im EU-Vertrag.

Einheitliche Wahl: Ich befürworte vor allem ein einheitliches Wahlrecht für das EU-Parlament nach dem Prinzip „one (wo)man one vote“. Ob das dann mit transnationalen Listen gemacht wird, ist für mich zunächst nachrangig, was aber nicht heißt, dass ich diese nicht befürworten würde.

Sperrklauseln: Bei der aktuellen Konstruktion mit 28 Einzelwahlen halte ich jeweils eine Sperrklausel von 3 – 5% für vertretbar. Bei transnationalen Listen und transnationaler Sperrklausel würde ich aber wohl eher so 0,5 - 2% befürworten, weil das auch bei niedriger Wahlbeteiligung schon mindestens ein paar hunderttausend Stimmen erfordert und bei 0,5% auch schon zu etwa 3 bis 4 Abgeordneten führt.

Reihenfolge: Da habe ich dann doch eine andere Auffassung. Ich bin nicht bereit die Demokratie einem wie auch immer gearteten Ziel unterzuordnen. Argumentationen in der Richtung, die Demokratie sei zu anstrengend oder „haben wir die ganze Zeit“ so gemacht, halte ich für unzulässig. Gleichwohl heißt das aber natürlich nicht, dass die Bürger nun über jedes Detail abstimmen sollen – sondern eben nur dann, wenn es darum geht, die Souveränität der Nationalstaaten weiter auf die EU zu übertragen.

Um das an Ihren Beispielen zu verdeutlichen:
Rettungsschirme: Da geht es um eine begrenzte Summe Geld. Deutschland zahlt ja z.B. auch Entwicklungshilfe an andere Länder, sogar noch zu wenig. Aber das ist etwas was der Bundestag über sein Haushaltsrecht zu entscheiden hat und nicht der Bürger per Volksabstimmung.

Ost-Erweiterung: Die hat ja nichts an dem Verhältnis von Deutschland zur EU geändert also folglich nicht zu einer Übertragung von Souveränität geführt. Insofern haben darüber einfach die entsprechenden europäischen Gremien zu entscheiden z.B. der Europäische Rat.

Euro-Einführung: Dies hat die souveräne Geldpolitik auf die EU-Ebene verlagert, weshalb man dazu eine Volksabstimmung hätte machen müssen. Ich bin mir aber auch sicher, dass Deutschland sich für eine Euro-Einführung ausgesprochen hätte, wenn 1990 gefragt worden wäre, ob diese Bedingung für die Wiedervereinigung eingegangen werden soll.

Europawahlrecht: Dazu schreibe ich noch einen zweiten Kommentar. Zum Urteil des BVerfG hatte ich hier etwas geschrieben: Der Witz ist aus meiner Sicht nämlich, dass die Sperrklausel wegen der Gleichwertigkeit der Stimme wegfallen musste, obwohl es diese Gleichwertigkeit bei der EU-Wahl eh nicht gibt.

Beste Grüße, Mister Ede