Hallo Felix,
Das sehe ich ähnlich. Bei den Außengrenzen und so formuliert auch beim politischen Asyl sind wir beieinander.
Eine 3% Quote für Polen halte ich für vertretbar. Das Problem, bei den Nationaleinkommen ist, dass z.B. bei Spanien die hohe Arbeitslosigkeit unberücksichtigt bleibt. Wenn du bei meinem Flüchtlingsquoten-Rechner den „BIP-Freibetrag“ auf 5.000 reduzierst (kannst ja ausprobieren), kommt Polen auf eine Quote von 2,46%. Allerdings bekommen Länder mit einer hohen Arbeitslosigkeit weiterhin deutlich weniger Flüchtlinge zugewiesen als Länder mit niedriger Arbeitslosigkeit (z.B. Spanien u. Griechenland 0%, Niederlande 7,99%, Deutschland 43,81%).
Die Szenen in Griechenland entstanden durch die unangekündigte und ungeordnete Ankunft von Flüchtlingen in der Grenzregion bzw. durch die Schließung der mazedonischen Grenze bei Idomeni und treten bei einer festgelegten Verteilung und einer geordneten Aufnahme erst gar nicht auf!
Klar, dann würde Griechenland ja auch entlastet. Deshalb ist mein Wunsch nur, dabei dann nicht andere Länder zu überlasten. Dein Vorschlag mit Nationaleinkommen ist schon deutlich besser als die EU-Variante, die zur Hälfte einfach auf die Einwohnerzahl eines Landes abstellt. Die Berücksichtigung der Arbeitslosigkeit halte ich allerdings auch für sinnvoll. Das spiegelt zumindest zum Teil die Arbeitsmarktsituation wider, wie bei deinem Ansatz, einzelne Sektoren zu untersuchen.
Du willst also nach Sicherstellung des Flüchtlingsschutzes in außereuropäischen Ländern durch ein europäisches Flüchtlingshilfswerk nur noch Menschen mit besonderem Schutzbedürfnis aufnehmen?
Das ist so der Kern. Allerdings schlage ich ja auch darüberhinausgehende freiwillige Kontingente vor (z.B. das oben angeführte Kontingent zur Aufnahme von 250.000 Schutzsuchenden z.B. aus der Türkei).
Insgesamt ist es aber das, was ich von Anfang an als sinnvoll angesehen habe: Flüchtlingszentren in Verantwortung der EU außerhalb der EU und dort dann die Möglichkeit, um Asyl in der EU zu ersuchen. Nur vor einem Jahr war das alles noch im Bereich der Utopie.
Sofern also das politische Asyl gewährleistet ist, und zwar schon bevor jemand die EU betritt, und daneben der allgemeine Flüchtlingsschutz außerhalb der EU durch die EU sichergestellt ist (auch z.B. durch die Bereitstellung zusätzlicher Kontingente), wäre ich mit der EU-Flüchtlingspolitik zufrieden.
Ausblick:
Vermutlich werden aber zusätzliche Kontingente und die Gewährleistung des politischen Asyls unter den Tisch fallen. Viele EU-Mitgliedsstaaten haben kein Interesse an Kontingenten und die Türkei hat verständlicherweise andere Prioritäten (Visafreiheit, Schutzzone in Syrien). Das Dublin-System wird vermutlich wieder in Kraft gesetzt und Griechenland und Italien bekommen auf Basis vorhandener Beschlüsse Hilfe (Umverteilung). Bei der gemeinsamen Grenzsicherung wird es auch kaum weitergehen, weil man sich auf nationale Rückführungsabkommen verlagert. Die EU wird Libyen ein wenig auf die Beine helfen und Italien unterstützen, mit Libyen ein Rückführungsabkommen abzuschließen. Doch statt das zu thematisieren ist ja in der deutschen Öffentlichkeit nur Erdogan in den Schlagzeilen. Was für ein Glück, dass Merkel versehentlich Böhmermann in die Schusslinie gebracht hat. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Frage an Radio Eriwan: Erhalten Flüchtlinge auch in Zukunft Schutz in der EU?
Antwort: Im Prinzip ja, sofern sie außerhalb der EU bleiben.
Kerneuropa: Eine wirkliche Weiterentwicklung hin zu einem gemeinsamen Asylsystem oder einem gemeinsamen Grenzschutz halte ich für eine Angelegenheit, die sich wohl nur im Rahmen eines tiefer integrierten Kerneuropas umsetzen lässt. In der aktuellen EU-Gestaltung überlagen die Interessen der einzelnen Nationalstaaten einfach zu schnell die Auseinandersetzung mit gemeinsamen Herausforderungen.