Hallo Felix,

Zu Deinem Satz: "Das Nicht-Deutschsprechen in Gottesdiensten hat ja weder griechisch/russisch-orthodoxe Menschen oder jüdische Gläubige je daran gehindert, sich zu integrieren." Das sehe ich etwas anders.

M.E. sind Religionsgemeinschaften, die eine Verbindung eingegangen sind mit der Nationalität und Sprache ihrer Gläubigen, ein starker desintegrativer Faktor für ihre Gläubigen im Ausland, wenn sie dorthin transportiert und dort weiter gepflegt werden. Ich denke z.B. an die Deutschen in Namibia, die dort schon in der 2. oder 3. Generation leben. Von ihrer Staatsangehörigkeit her sind sie inzwischen Namibianer. Aber insofern sie ihr kulturelles, religiöses und sprachliches Erbe in ihren ev. oder kath. christlichen Gemeinden pflegen, integrieren sie sich nicht wirklich in das Land. Sie hinken auf zwei Seiten. Sie haben eine gespaltene Identität.

Ich denke, man kann der Frage der angestammten Religion nicht genug Gewicht beimessen.

Muslime in Deutschland können sich so lange nicht wirklich als Deutsche verstehen, so lange es keinen deutschen (deutschsprachigen) Islam gibt. Sie müssen auf zwei Seiten hinken, der Religion und Tradition ihrer nichtdeutschen Vorfahren und der ganz anders gearteten Tradition und Einstellung zur Religion bei uns.

Mein Postulat wäre: ein deutscher Islam. Der Katholizismus hat ähnlich wie der Islam internationale Ausmaße. Trotzdem gibt es einen deutschen Katholizismus, Gottesdienste, in denen deutsch gesprochen wird (neben der lat. Liturgie).

Ich denke, in einer Religion ist das abzulehnen, was den Gläubigen seinem Leben im Hier und Jetzt, in einem bestimmten Land, in einer bestimmten Kultur entfremdet, was seine Persönlichkeit spaltet, was ihn zerreißt.

Andererseits, wie weit darf die Anpassung in einem andern Land, in dem die eigene (auch religiöse) Sozialisation nicht stattgefunden hat, gehen? Erdogan beschwört die Türken in Deutschland, sich nicht zu assimilieren.

Okay, es sind schwierige Fragen...