Felix Blickwinkel Blog
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Eine Offene Gesellschaft ist doch letzten Endes eine Utopie. Das war zumindest der Punkt auf den ich hinauswollte. Es erscheint mir wichtig, gerade im internationalen und interkulturellen Kontext, dass wir eine der offensten Gesellschaften dieser Welt, aber eben beileibe keine offene Gesellschaft sind. Anders gesagt: Entweder ist man Tolerant, dann toleriert man auch Hass oder man pickt sich heraus, gegenüber wem man tolerant ist: Demokraten, Faschisten, Terroristen, Pazifisten, Muslim, Christen, Kommunisten, Revolutionäre, Monarchisten.. – wem auch immer. Dann ist man nicht mehr wirklich tolerant. Man entscheidet schlichtweg wen man mag und wen nicht. Wir mögen einfach nur eine Menge Menschen, dass lässt uns offen erscheinen. Es ist ja genau diese Zuteilung, die wir in anderen Ländern so sehr kritisieren.

Kurzum: Es ist schon definitiv nicht schlecht wie es ist. Aber man sollte immer auf dem Boden bleiben. Wir/ „Der Westen“ haben den heiligen Gral der Gesellschaftsformen/ Zivilisation nicht gepachtet. Das haben Sie natürlich auch nicht behauptet, aber es klingt in der Debatte, gerade um Islamismus doch schon recht häufig durch.

Dabei geht es mir gerade nicht um das physische Offen. Eine offene Gesellschaft kann per Definitionem keine Feinde haben, i.S. einer speziellen Behandlung. Es gibt natürlich Menschen, die gegen offene Gesellschaften sind. Diese aber auszgrenzen ist eben genau das Gegenteil von Offen. Alles andere ist nur so gering gehaltenes Maß an Intoleranz/ Verschlossenheit wie möglich. Etwas sehr zu Befürwortendes im Hinblick auf das Unerreichbare. Aber je mehr man beginnt zu Unterscheiden in staatstragende und staatsgefährdende Gruppen, desto mehr nähert man sich genau der – im Hinblick auf Offenheit und Toleranz – Willkür an, die man woanders so sehr kritisiert.

Davon sind wir aber natürlich trotz allem noch ziemlich weit entfernt.

Unser System ist m.E. nach auch eben nicht durch äußere Kräfte gefährdet. Hart gesagt: Ein Mensch der sich in Brüssel in die Luft sprengt, gefährdet nicht unsere Grundrechte, unsere Demokratie und unsere Offenheit.

Wir die wir als Reaktion unsere Freiheiten einschränken, nach hunderten von Jahren Kampf und Tod für Religionsfreiheit und kulturelle Akzeptanz, wir die auf einmal der Meinung sind, wir müssten dieser einen Religion vorschreiben wie sie auszuüben ist, wir sind es, die die demokratisch-freiheitliche Grundordnung gefährden, scheinbar sogar die Einzigen, die ihr wirklich gefährlich werden könn(t)en. Der einzige Weg sich gegen uns selbst zu verteidigen, erscheint mir nicht über Segregation zwischen uns und „den“ Anderen zu gelingen.

Wären wir nicht die Gefahr, wäre der islamistisch-fundamentalistische Terror im Grunde auch wirkungslos – sieht man von den absolut bedauernswerten Todesfällen ab. Das mag zynisch klingen, ich möchte hier auch keinesfalls den Tod und das individuelle Leid herunterreden/ diskreditieren, dass die islamistischen Anschläge in Europa erzeugt haben.

Das zeigt sich ja auch vor allem daran, dass die Terrorgefahr in Europa geringer ist als in den vergangenen Jahrzehnten, aber dramatisch höhere Aufmerksamkeit erlangt und Angstdebatten geführt werden. Eben gerade weil es „fremder“ Terror ist – ein weiteres Indiz unser hochgelobten und nicht wirklich vorhanden „Offenheit“.

Der Fokus der Rechtedebatte auf die Begrenzung und Einschränkung einer Religion, nur weil Terroristen und Ideologen sich in die Luft sprengen, erscheint mir eine fatale Antwort. Keine Anwort, also einfach Status-Quo, ist natürlich genauso sinnfrei.

Zu 4.

Nun da sind wir wohl unterschiedlicher Meinung. Ich unterscheide sehr wohl zwischen Islamismus und Islam. Das der Islamismus nichts mit dem Islam zu tun hat, ist in der Tat eine Traumvorstellung. Dem Islam jedoch zu unterstellen, er hätte etwas mit dem Islamismus zu tun ist ein schlimmer Fehler auf Kosten all der Millionen friedliebender Muslime. Auf politischer Ebene und internationalem Parkett sollte man diesbezüglich ziemliche Samthandschuhe anfassen.

Weiter zu 4:

Dann habe mich wohl tatsächlich verlesen. Im Sinne der sozialen Einhegung kann ich Ihnen nur zustimmen.

Den Abschluss haben Sie sehr schön formuliert. Auch wenn wir hier sicherlich ebenfalls in einigen Detailfragen zu diskutieren hätten, sind wir uns in der Grundprämisse vollkommen einig!