Hallo Doro, zwei Punkte. Ich bin nicht generell gegen Direkt-Demokratie, nur gehört dazu eine ganze Kultur. Im Augenblick haben wir wirklich ein EU-weites Bildungsproblem. Zur Bildung muss einfach gehören, sich als BürgerIn zu emanzipieren, die eigene gesellschafts- und politischgestaltende Rolle zu erleben und zu erlernen. Das ist meine Systemkritik. Wir werden immer noch viel zu sehr zu reinen Arbeitsmarktteilnehmern und Konsumenten erzogen. Dabei hat Europa eine glorreiche Tradition an selbstbewusster Bürgerlichkeit zu bieten. Also brauchen wir erst einen gesellschaftlichen Wandel (er wäre vor allem in Englands teils politik- und bildungsverachtender Klassengesellschaft nötig gewesen) und könnten dann neu über Direkt-Demokratie sprechen.

Was ich zu bedenken gebe: wie kommt es bei den Menschen an, wenn speziell EU-Akteure Volksabstimmungen kritisieren? Gar nicht gut. So als fühlten sie sich nicht in der Lage, solche Abstimmungen zu gewinnen. Sie wirken in diesem Moment antidemokratisch und elitär. Eine Meinung, die an vielen Orten im Netz vorherrscht. Deshalb wäre ich an Stelle von Schulz, Harms und Co. sehr sehr vorsichtig bei der (politilogisch) sicher berechtigten Kritik an Volksabstimmungen.