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    Die Redaktion erreichte per Mail ein Diskussionsbeitrag von Prof. em. Dr. Axel Flessner, Juristische Fakultät der Humboldt-Universität Berlin, der hier - leicht gekürzt - wiedergegeben sei: Berlin:

    Das Thema des Streitgesprächs ist eigenartig abgehoben von den Umständen, die aktuell Europa als "in der Krise" erscheinen lassen - die Vielzahl seiner Sprachen dürfte kaum dazugehören. (...) Die eigentliche Streitfrage ist die nach der dauerhaft richtigen Sprachenpolitik der Union. Wenn man über Vorteile und Nachteile einer Einheitssprache für die Union diskutiert, sollte man (...) mitbedenken, was rechtlich überhaupt möglich oder sogar vorgezeichnet ist.

    Mit dem juristischen Blick wird man feststellen, dass schon die Thematisierung der Sprachenvielfalt als Krisenaspekt an der rechtlichen Realität der Union vorbeigeht und dass der Wunsch nach einer Einheitssprache mit der Rechtsverfassung der Union sogar unvereinbar ist. Er kann und wird nicht erfüllt werden. Die Europäischen Verträge verpflichten die Union vielmehr ausdrücklich zur Achtung der Landessprachen ihrer Mitglieder und zur Wahrung der europäischen Sprachenvielfalt. Die Sprache eines Mitglieds (und damit seiner Bürger) zur Einheitssprache der Union zu erheben, welche die anderen Landessprachen in europäischen Angelegenheiten überlagert, ist der Union verboten und wäre beim Europäischen Gerichtshof angreifbar. (...)

    Eine Einheitssprache könnte die Europäische Union für sich nur dann rechtmässig ausrufen, wenn die Europäischen Verträge in diesem Punkt ausdrücklich verändert würden. Dafür besteht keine politische Aussicht, man denke an das verbreitete Unbehagen der Bürger mit den fernen Entscheidungsprozessen in der Union, an die Sorge vor den europakritischen Parteien in der bevorstehenden Wahl des Europäischen Parlaments; eine eigene Sprache für die EU würde die Entfremdung zwischen ihr und den Bürgern befördern. (...)

    Selbst wenn aber jedenfalls die Regierungen und Parlamente aller Mitgliedstaaten sich in den Traum von einer europäischen Einheitssprache sollten versetzen lassen, würden sie doch durch ihr je eigenes Verfassungsrecht wieder aufgeweckt. Jeder europäische Mitgliedstaat ist nach seinem eigenen Recht verpflichtet, die Landessprache zu pflegen und sie seinen Bürgern zu erhalten, er darf sie ihnen nicht wegnehmen oder schlechtmachen - auch nicht für das Mitreden und Mitbestimmen auf der europäischen Bühne. (...) Kurz: Kein Mitgliedstaat wird und kann rechtlich einwilligen, die eigene Landessprache in Europa zu einer zweitrangigen zu erklären.

    Diese Rechtslage kann nicht, wie die Berufseuropäer, die globalen Akteure und die ganz weit Blickenden in der Wissenschaft es gern tun, als eine Rückständigkeit des Rechts gegenüber den Anforderungen der europäischen und globalen Moderne denunziert werden. Sie ist vielmehr der Ausdruck der allgemeinen gesellschaftlichen Befindlichkeit und Bewusstseinslage in den europäischen Ländern, in denen der Gebrauch der eigenen Sprache selbstverständlich ist. (...)

    Es wird Zeit, dass auch die nachdenkenden und diskutierenden Eliten die Europäische Union als das nehmen, was sie nun einmal ist, nämlich als einen Zusammenschluss von Staaten und Völkern mit verschiedenen Sprachen. Für die Bejahung und Weiterentwicklung des europäischen Zusammenschlusses gibt es noch viel zu tun, aber gewiss nicht das Umgehen und Abwerten der Landessprachen - sie sind fürdie Union politisch und rechtlich so unberührbar wie die Mitgliedstaaten und die Völker selbst. (...).

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    Die Redaktion erreichte per Mail ein Diskussionsbeitrag von Prof. em. Dr. Axel Flessner, Juristische Fakultät der Humboldt-Universität Berlin:

    Das Thema des Streitgesprächs ist eigenartig abgehoben von den Umständen, die aktuell Europa als "in der Krise" erscheinen lassen - die Vielzahl seiner Sprachen dürfte kaum dazugehören. (...) Die eigentliche Streitfrage ist die nach der dauerhaft richtigen Sprachenpolitik der Union. Wenn man über Vorteile und Nachteile einer Einheitssprache für die Union diskutiert, sollte man (...) mitbedenken, was rechtlich überhaupt möglich oder sogar vorgezeichnet ist.

    Mit dem juristischen Blick wird man feststellen, dass schon die Thematisierung der Sprachenvielfalt als Krisenaspekt an der rechtlichen Realität der Union vorbeigeht und dass der Wunsch nach einer Einheitssprache mit der Rechtsverfassung der Union sogar unvereinbar ist. Er kann und wird nicht erfüllt werden. Die Europäischen Verträge verpflichten die Union vielmehr ausdrücklich zur Achtung der Landessprachen ihrer Mitglieder und zur Wahrung der europäischen Sprachenvielfalt. Die Sprache eines Mitglieds (und damit seiner Bürger) zur Einheitssprache der Union zu erheben, welche die anderen Landessprachen in europäischen Angelegenheiten überlagert, ist der Union verboten und wäre beim Europäischen Gerichtshof angreifbar. (...) Es wäre auch eine verbotene Diskriminierung aller EU-Bürger aus Mitgliedstaaten, in denen das Englische nicht die Landessprache ist. Eine Diskriminierung dieser Bürger bliebe es auch dann, wenn das Englische in seiner reduzierten und entnationalisierten Gestalt als Konferenz- und Verkehrssprache zur EU-Sprache deklariert würde.

    Eine Einheitssprache könnte die Europäische Union für sich nur dann rechtmässig ausrufen, wenn die Europäischen Verträge in diesem Punkt ausdrücklich verändert würden. Dafür besteht keine politische Aussicht, man denke an das verbreitete Unbehagen der Bürger mit den fernen Entscheidungsprozessen in der Union, an die Sorge vor den europakritischen Parteien in der bevorstehenden Wahl des Europäischen Parlaments; eine eigene Sprache für die EU würde die Entfremdung zwischen ihr und den Bürgern befördern. (...)

    Selbst wenn aber jedenfalls die Regierungen und Parlamente aller Mitgliedstaaten sich in den Traum von einer europäischen Einheitssprache sollten versetzen lassen, würden sie doch durch ihr je eigenes Verfassungsrecht wieder aufgeweckt. Jeder europäische Mitgliedstaat ist nach seinem eigenen Recht verpflichtet, die Landessprache zu pflegen und sie seinen Bürgern zu erhalten, er darf sie ihnen nicht wegnehmen oder schlechtmachen - auch nicht für das Mitreden und Mitbestimmen auf der europäischen Bühne. (...) Kurz: Kein Mitgliedstaat wird und kann rechtlich einwilligen, die eigene Landessprache in Europa zu einer zweitrangigen zu erklären.

    Diese Rechtslage kann nicht, wie die Berufseuropäer, die globalen Akteure und die ganz weit Blickenden in der Wissenschaft es gern tun, als eine Rückständigkeit des Rechts gegenüber den Anforderungen der europäischen und globalen Moderne denunziert werden. Sie ist vielmehr der Ausdruck der allgemeinen gesellschaftlichen Befindlichkeit und Bewusstseinslage in den europäischen Ländern, in denen der Gebrauch der eigenen Sprache selbstverständlich ist. (...)

    Es wird Zeit, dass auch die nachdenkenden und diskutierenden Eliten die Europäische Union als das nehmen, was sie nun einmal ist, nämlich als einen Zusammenschluss von Staaten und Völkern mit verschiedenen Sprachen. Für die Bejahung und Weiterentwicklung des europäischen Zusammenschlusses gibt es noch viel zu tun, aber gewiss nicht das Umgehen und Abwerten der Landessprachen - sie sind fürdie Union politisch und rechtlich so unberührbar wie die Mitgliedstaaten und die Völker selbst. (...).

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    Das Thema des Streitgesprächs ist eigenartig abgehoben von den Umständen, die aktuell Europa als "in der Krise" erscheinen lassen - die Vielzahl seiner Sprachen dürfte kaum dazugehören. (...) Die eigentliche Streitfrage ist die nach der dauerhaft richtigen Sprachenpolitik der Union. Wenn man über Vorteile und Nachteile einer Einheitssprache für die Union diskutiert, sollte man (...) mitbedenken, was rechtlich überhaupt möglich oder sogar vorgezeichnet ist.

    Mit dem juristischen Blick wird man feststellen, dass schon die Thematisierung der Sprachenvielfalt als Krisenaspekt an der rechtlichen Realität der Union vorbeigeht und dass der Wunsch nach einer Einheitssprache mit der Rechtsverfassung der Union sogar unvereinbar ist. Er kann und wird nicht erfüllt werden. Die Europäischen Verträge verpflichten die Union vielmehr ausdrücklich zur Achtung der Landessprachen ihrer Mitglieder und zur Wahrung der europäischen Sprachenvielfalt. Die Sprache eines Mitglieds (und damit seiner Bürger) zur Einheitssprache der Union zu erheben, welche die anderen Landessprachen in europäischen Angelegenheiten überlagert, ist der Union verboten und wäre beim Europäischen Gerichtshof angreifbar. Es wäre auch eine verbotene Diskriminierung aller EU-Bürger aus Mitgliedstaaten, in denen das Englische nicht die Landessprache ist. Eine Diskriminierung dieser Bürger bliebe es auch dann, wenn das Englische in seiner reduzierten und entnationalisierten Gestalt als Konferenz- und Verkehrssprache zur EU-Sprache deklariert würde.

    Eine Einheitssprache könnte die Europäische Union für sich nur dann rechtmässig ausrufen, wenn die Europäischen Verträge in diesem Punkt ausdrücklich verändert würden. Dafür besteht keine politische Aussicht, man denke an das verbreitete Unbehagen der Bürger mit den fernen Entscheidungsprozessen in der Union, an die Sorge vor den europakritischen Parteien in der bevorstehenden Wahl des Europäischen Parlaments; eine eigene Sprache für die EU würde die Entfremdung zwischen ihr und den Bürgern befördern. (...) Politische Vorstösse zu einer Einheitssprache (in der sich die Politik vor den Bürgern noch leichter als bisher verstecken könnte) wird es daher nicht geben, und schon gar nicht die für diese Vertragsänderung notwendige Zustimmung aller Mitgliedstaaten.

    Selbst wenn aber jedenfalls die Regierungen und Parlamente aller Mitgliedstaaten sich in den Traum von einer europäischen Einheitssprache sollten versetzen lassen, würden sie doch durch ihr je eigenes Verfassungsrecht wieder aufgeweckt. Jeder europäische Mitgliedstaat ist nach seinem eigenen Recht verpflichtet, die Landessprache zu pflegen und sie seinen Bürgern zu erhalten, er darf sie ihnen nicht wegnehmen oder schlechtmachen - auch nicht für das Mitreden und Mitbestimmen auf der europäischen Bühne. (...) Der Traum der Poltiker kann dann beim Verfassungsgericht oder in einer notwendigen Volksabstimmung scheitern, in den meisten Ländern aber ohnehin schon in der politischen Realität, weil die erstrebte Unterordnung der eigenen Landessprache unter eine alles überlagernde "europäische" politisch undenkbar erscheinen wird. Kurz: Kein Mitgliedstaat wird und kann rechtlich einwilligen, die eigene Landessprache in Europa zu einer zweitrangigen zu erklären.

    Diese Rechtslage kann nicht, wie die Berufseuropäer, die globalen Akteure und die ganz weit Blickenden in der Wissenschaft es gern tun, als eine Rückständigkeit des Rechts gegenüber den Anforderungen der europäischen und globalen Moderne denunziert werden. Sie ist vielmehr der Ausdruck der allgemeinen gesellschaftlichen Befindlichkeit und Bewusstseinslage in den europäischen Ländern, in denen der Gebrauch der eigenen Sprache selbstverständlich ist. (...) Speziell das Recht der Bürger und die Pflicht des Staates zum Gebrauch der eigenen Landessprache in allen öffentlichen Angelegenheiten, auch den "europäischen", ist konstitutiv für den Staat. Es ist für die Bürger ein "Stimmrecht" von derselben elementaren Qualität wie das Stimmrecht der Bürger in den Parlamentswahlen, auch in der Wahl des Europaparlaments.

    Es wird Zeit, dass auch die nachdenkenden und diskutierenden Eliten die Europäische Union als das nehmen, was sie nun einmal ist, nämlich als einen Zusammenschluss von Staaten und Völkern mit verschiedenen Sprachen. Für die Bejahung und Weiterentwicklung des europäischen Zusammenschlusses gibt es noch viel zu tun, aber gewiss nicht das Umgehen und Abwerten der Landessprachen - sie sind fürdie Union politisch und rechtlich so unberührbar wie die Mitgliedstaaten und die Völker selbst. (...). Für europapolitische Gedankenspiele eignet sich die Sprache nicht."

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    Die Redaktion erreichte per Mail ein Diskussionsbeitrag von Prof. em. Dr. Axel Flessner, Juristische Fakultät der Humboldt-Universität Berlin: Berlin, der hier leicht gekürzt wiedergegeben sei:

    Das Thema des Streitgesprächs ist eigenartig abgehoben von den Umständen, die aktuell Europa als "in der Krise" erscheinen lassen - die Vielzahl seiner Sprachen dürfte kaum dazugehören. (...) Die eigentliche Streitfrage ist die nach der dauerhaft richtigen Sprachenpolitik der Union. Wenn man über Vorteile und Nachteile einer Einheitssprache für die Union diskutiert, sollte man (...) mitbedenken, was rechtlich überhaupt möglich oder sogar vorgezeichnet ist.

    Mit dem juristischen Blick wird man feststellen, dass schon die Thematisierung der Sprachenvielfalt als Krisenaspekt an der rechtlichen Realität der Union vorbeigeht und dass der Wunsch nach einer Einheitssprache mit der Rechtsverfassung der Union sogar unvereinbar ist. Er kann und wird nicht erfüllt werden. Die Europäischen Verträge verpflichten die Union vielmehr ausdrücklich zur Achtung der Landessprachen ihrer Mitglieder und zur Wahrung der europäischen Sprachenvielfalt. Die Sprache eines Mitglieds (und damit seiner Bürger) zur Einheitssprache der Union zu erheben, welche die anderen Landessprachen in europäischen Angelegenheiten überlagert, ist der Union verboten und wäre beim Europäischen Gerichtshof angreifbar. Es wäre auch eine verbotene Diskriminierung aller EU-Bürger aus Mitgliedstaaten, in denen das Englische nicht die Landessprache ist. Eine Diskriminierung dieser Bürger bliebe es auch dann, wenn das Englische in seiner reduzierten und entnationalisierten Gestalt als Konferenz- und Verkehrssprache zur EU-Sprache deklariert würde.

    Eine Einheitssprache könnte die Europäische Union für sich nur dann rechtmässig ausrufen, wenn die Europäischen Verträge in diesem Punkt ausdrücklich verändert würden. Dafür besteht keine politische Aussicht, man denke an das verbreitete Unbehagen der Bürger mit den fernen Entscheidungsprozessen in der Union, an die Sorge vor den europakritischen Parteien in der bevorstehenden Wahl des Europäischen Parlaments; eine eigene Sprache für die EU würde die Entfremdung zwischen ihr und den Bürgern befördern. Politische Vorstösse zu einer Einheitssprache (in der sich die Politik vor den Bürgern noch leichter als bisher verstecken könnte) wird es daher nicht geben, und schon gar nicht die für diese Vertragsänderung notwendige Zustimmung aller Mitgliedstaaten.

    Selbst wenn aber jedenfalls die Regierungen und Parlamente aller Mitgliedstaaten sich in den Traum von einer europäischen Einheitssprache sollten versetzen lassen, würden sie doch durch ihr je eigenes Verfassungsrecht wieder aufgeweckt. Jeder europäische Mitgliedstaat ist nach seinem eigenen Recht verpflichtet, die Landessprache zu pflegen und sie seinen Bürgern zu erhalten, er darf sie ihnen nicht wegnehmen oder schlechtmachen - auch nicht für das Mitreden und Mitbestimmen auf der europäischen Bühne. Der Traum der Poltiker kann dann beim Verfassungsgericht oder in einer notwendigen Volksabstimmung scheitern, in den meisten Ländern aber ohnehin schon in der politischen Realität, weil die erstrebte Unterordnung der eigenen Landessprache unter eine alles überlagernde "europäische" politisch undenkbar erscheinen wird. Kurz: Kein Mitgliedstaat wird und kann rechtlich einwilligen, die eigene Landessprache in Europa zu einer zweitrangigen zu erklären.

    Diese Rechtslage kann nicht, wie die Berufseuropäer, die globalen Akteure und die ganz weit Blickenden in der Wissenschaft es gern tun, als eine Rückständigkeit des Rechts gegenüber den Anforderungen der europäischen und globalen Moderne denunziert werden. Sie ist vielmehr der Ausdruck der allgemeinen gesellschaftlichen Befindlichkeit und Bewusstseinslage in den europäischen Ländern, in denen der Gebrauch der eigenen Sprache selbstverständlich ist. Speziell das Recht der Bürger und die Pflicht des Staates zum Gebrauch der eigenen Landessprache in allen öffentlichen Angelegenheiten, auch den "europäischen", ist konstitutiv für den Staat. Es ist für die Bürger ein "Stimmrecht" von derselben elementaren Qualität wie das Stimmrecht der Bürger in den Parlamentswahlen, auch in der Wahl des Europaparlaments.

    Es wird Zeit, dass auch die nachdenkenden und diskutierenden Eliten die Europäische Union als das nehmen, was sie nun einmal ist, nämlich als einen Zusammenschluss von Staaten und Völkern mit verschiedenen Sprachen. Für die Bejahung und Weiterentwicklung des europäischen Zusammenschlusses gibt es noch viel zu tun, aber gewiss nicht das Umgehen und Abwerten der Landessprachen - sie sind fürdie Union politisch und rechtlich so unberührbar wie die Mitgliedstaaten und die Völker selbst. Für europapolitische Gedankenspiele eignet sich die Sprache nicht."

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    Das Thema des Streitgesprächs ist eigenartig abgehoben von den Umständen, die aktuell Europa als "in der Krise" erscheinen lassen - die Vielzahl seiner Sprachen dürfte kaum dazugehören. (...) Die eigentliche Streitfrage ist die nach der dauerhaft richtigen Sprachenpolitik der Union. Wenn man über Vorteile und Nachteile einer Einheitssprache für die Union diskutiert, sollte man (...) mitbedenken, was rechtlich überhaupt möglich oder sogar vorgezeichnet ist.

    Mit dem juristischen Blick wird man feststellen, dass schon die Thematisierung der Sprachenvielfalt als Krisenaspekt an der rechtlichen Realität der Union vorbeigeht und dass der Wunsch nach einer Einheitssprache mit der Rechtsverfassung der Union sogar unvereinbar ist. Er kann und wird nicht erfüllt werden. Die Europäischen Verträge verpflichten die Union vielmehr ausdrücklich zur Achtung der Landessprachen ihrer Mitglieder und zur Wahrung der europäischen Sprachenvielfalt. Die Sprache eines Mitglieds (und damit seiner Bürger) zur Einheitssprache der Union zu erheben, welche die anderen Landessprachen in europäischen Angelegenheiten überlagert, ist der Union verboten und wäre beim Europäischen Gerichtshof angreifbar. Es wäre auch eine verbotene Diskriminierung aller EU-Bürger aus Mitgliedstaaten, in denen das Englische nicht die Landessprache ist. Eine Diskriminierung dieser Bürger bliebe es auch dann, wenn das Englische in seiner reduzierten und entnationalisierten Gestalt als Konferenz- und Verkehrssprache zur EU-Sprache deklariert würde.

    Eine Einheitssprache könnte die Europäische Union für sich nur dann rechtmässig ausrufen, wenn die Europäischen Verträge in diesem Punkt ausdrücklich verändert würden. Dafür besteht keine politische Aussicht, man denke an das verbreitete Unbehagen der Bürger mit den fernen Entscheidungsprozessen in der Union, an die Sorge vor den europakritischen Parteien in der bevorstehenden Wahl des Europäischen Parlaments; eine eigene Sprache für die EU würde die Entfremdung zwischen ihr und den Bürgern befördern. Politische Vorstösse zu einer Einheitssprache (in der sich die Politik vor den Bürgern noch leichter als bisher verstecken könnte) wird es daher nicht geben, und schon gar nicht die für diese Vertragsänderung notwendige Zustimmung aller Mitgliedstaaten.

    Selbst wenn aber jedenfalls die Regierungen und Parlamente aller Mitgliedstaaten sich in den Traum von einer europäischen Einheitssprache sollten versetzen lassen, würden sie doch durch ihr je eigenes Verfassungsrecht wieder aufgeweckt. Jeder europäische Mitgliedstaat ist nach seinem eigenen Recht verpflichtet, die Landessprache zu pflegen und sie seinen Bürgern zu erhalten, er darf sie ihnen nicht wegnehmen oder schlechtmachen - auch nicht für das Mitreden und Mitbestimmen auf der europäischen Bühne. Der Traum der Poltiker kann dann beim Verfassungsgericht oder in einer notwendigen Volksabstimmung scheitern, in den meisten Ländern aber ohnehin schon in der politischen Realität, weil die erstrebte Unterordnung der eigenen Landessprache unter eine alles überlagernde "europäische" politisch undenkbar erscheinen wird. Kurz: Kein Mitgliedstaat wird und kann rechtlich einwilligen, die eigene Landessprache in Europa zu einer zweitrangigen zu erklären.

    Diese Rechtslage kann nicht, wie die Berufseuropäer, die globalen Akteure und die ganz weit Blickenden in der Wissenschaft es gern tun, als eine Rückständigkeit des Rechts gegenüber den Anforderungen der europäischen und globalen Moderne denunziert werden. Sie ist vielmehr der Ausdruck der allgemeinen gesellschaftlichen Befindlichkeit und Bewusstseinslage in den europäischen Ländern, in denen der Gebrauch der eigenen Sprache selbstverständlich ist. Speziell das Recht der Bürger und die Pflicht des Staates zum Gebrauch der eigenen Landessprache in allen öffentlichen Angelegenheiten, auch den "europäischen", ist konstitutiv für den Staat. Es ist für die Bürger ein "Stimmrecht" von derselben elementaren Qualität wie das Stimmrecht der Bürger in den Parlamentswahlen, auch in der Wahl des Europaparlaments.

    Es wird Zeit, dass auch die nachdenkenden und diskutierenden Eliten die Europäische Union als das nehmen, was sie nun einmal ist, nämlich als einen Zusammenschluss von Staaten und Völkern mit verschiedenen Sprachen. Für die Bejahung und Weiterentwicklung des europäischen Zusammenschlusses gibt es noch viel zu tun, aber gewiss nicht das Umgehen und Abwerten der Landessprachen - sie sind fürdie Union politisch und rechtlich so unberührbar wie die Mitgliedstaaten und die Völker selbst. Für europapolitische Gedankenspiele eignet sich die Sprache nicht."

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    Die Redaktion erreichte ein Diskussionsbeitrag von Prof. em. Dr. Axel Flessner, Juristische Fakultät der Humboldt-Universität Berlin, der hier leicht gekürzt wiedergegeben sei: sei:

    Das Thema des Streitgesprächs ist eigenartig abgehoben von den Umständen, die aktuell Europa als "in der Krise" erscheinen lassen - die Vielzahl seiner Sprachen dürfte kaum dazugehören. (...) Die eigentliche Streitfrage ist die nach der dauerhaft richtigen Sprachenpolitik der Union. Wenn man über Vorteile und Nachteile einer Einheitssprache für die Union diskutiert, sollte man (...) mitbedenken, was rechtlich überhaupt möglich oder sogar vorgezeichnet ist.

    Mit dem juristischen Blick wird man feststellen, dass schon die Thematisierung der Sprachenvielfalt als Krisenaspekt an der rechtlichen Realität der Union vorbeigeht und dass der Wunsch nach einer Einheitssprache mit der Rechtsverfassung der Union sogar unvereinbar ist. Er kann und wird nicht erfüllt werden. Die Europäischen Verträge verpflichten die Union vielmehr ausdrücklich zur Achtung der Landessprachen ihrer Mitglieder und zur Wahrung der europäischen Sprachenvielfalt. Die Sprache eines Mitglieds (und damit seiner Bürger) zur Einheitssprache der Union zu erheben, welche die anderen Landessprachen in europäischen Angelegenheiten überlagert, ist der Union verboten und wäre beim Europäischen Gerichtshof angreifbar. Es wäre auch eine verbotene Diskriminierung aller EU-Bürger aus Mitgliedstaaten, in denen das Englische nicht die Landessprache ist. Eine Diskriminierung dieser Bürger bliebe es auch dann, wenn das Englische in seiner reduzierten und entnationalisierten Gestalt als Konferenz- und Verkehrssprache zur EU-Sprache deklariert würde.

    Eine Einheitssprache könnte die Europäische Union für sich nur dann rechtmässig ausrufen, wenn die Europäischen Verträge in diesem Punkt ausdrücklich verändert würden. Dafür besteht keine politische Aussicht, man denke an das verbreitete Unbehagen der Bürger mit den fernen Entscheidungsprozessen in der Union, an die Sorge vor den europakritischen Parteien in der bevorstehenden Wahl des Europäischen Parlaments; eine eigene Sprache für die EU würde die Entfremdung zwischen ihr und den Bürgern befördern. Politische Vorstösse zu einer Einheitssprache (in der sich die Politik vor den Bürgern noch leichter als bisher verstecken könnte) wird es daher nicht geben, und schon gar nicht die für diese Vertragsänderung notwendige Zustimmung aller Mitgliedstaaten.

    Selbst wenn aber jedenfalls die Regierungen und Parlamente aller Mitgliedstaaten sich in den Traum von einer europäischen Einheitssprache sollten versetzen lassen, würden sie doch durch ihr je eigenes Verfassungsrecht wieder aufgeweckt. Jeder europäische Mitgliedstaat ist nach seinem eigenen Recht verpflichtet, die Landessprache zu pflegen und sie seinen Bürgern zu erhalten, er darf sie ihnen nicht wegnehmen oder schlechtmachen - auch nicht für das Mitreden und Mitbestimmen auf der europäischen Bühne. Der Traum der Poltiker kann dann beim Verfassungsgericht oder in einer notwendigen Volksabstimmung scheitern, in den meisten Ländern aber ohnehin schon in der politischen Realität, weil die erstrebte Unterordnung der eigenen Landessprache unter eine alles überlagernde "europäische" politisch undenkbar erscheinen wird. Kurz: Kein Mitgliedstaat wird und kann rechtlich einwilligen, die eigene Landessprache in Europa zu einer zweitrangigen zu erklären.

    Diese Rechtslage kann nicht, wie die Berufseuropäer, die globalen Akteure und die ganz weit Blickenden in der Wissenschaft es gern tun, als eine Rückständigkeit des Rechts gegenüber den Anforderungen der europäischen und globalen Moderne denunziert werden. Sie ist vielmehr der Ausdruck der allgemeinen gesellschaftlichen Befindlichkeit und Bewusstseinslage in den europäischen Ländern, in denen der Gebrauch der eigenen Sprache selbstverständlich ist. Speziell das Recht der Bürger und die Pflicht des Staates zum Gebrauch der eigenen Landessprache in allen öffentlichen Angelegenheiten, auch den "europäischen", ist konstitutiv für den Staat. Es ist für die Bürger ein "Stimmrecht" von derselben elementaren Qualität wie das Stimmrecht der Bürger in den Parlamentswahlen, auch in der Wahl des Europaparlaments.

    Es wird Zeit, dass auch die nachdenkenden und diskutierenden Eliten die Europäische Union als das nehmen, was sie nun einmal ist, nämlich als einen Zusammenschluss von Staaten und Völkern mit verschiedenen Sprachen. Für die Bejahung und Weiterentwicklung des europäischen Zusammenschlusses gibt es noch viel zu tun, aber gewiss nicht das Umgehen und Abwerten der Landessprachen - sie sind fürdie Union politisch und rechtlich so unberührbar wie die Mitgliedstaaten und die Völker selbst. Für europapolitische Gedankenspiele eignet sich die Sprache nicht."

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    Die Redaktion erreichte ein Diskussionsbeitrag von Prof. em. Dr. Axel Flessner, Juristische Fakultät der Humboldt-Universität Berlin, der hier leicht gekürzt wiedergegeben sei:

    Das Thema des Streitgesprächs ist eigenartig abgehoben von den Umständen, die aktuell Europa als "in der Krise" erscheinen lassen - die Vielzahl seiner Sprachen dürfte kaum dazugehören. (...) Die eigentliche Streitfrage ist die nach der dauerhaft richtigen Sprachenpolitik der Union. Wenn man über Vorteile und Nachteile einer Einheitssprache für die Union diskutiert, sollte man (...) mitbedenken, was rechtlich überhaupt möglich oder sogar vorgezeichnet ist.

    Mit dem juristischen Blick wird man feststellen, dass schon die Thematisierung der Sprachenvielfalt als Krisenaspekt an der rechtlichen Realität der Union vorbeigeht und dass der Wunsch nach einer Einheitssprache mit der Rechtsverfassung der Union sogar unvereinbar ist. Er kann und wird nicht erfüllt werden. Die Europäischen Verträge verpflichten die Union vielmehr ausdrücklich zur Achtung der Landessprachen ihrer Mitglieder und zur Wahrung der europäischen Sprachenvielfalt. Die Sprache eines Mitglieds (und damit seiner Bürger) zur Einheitssprache der Union zu erheben, welche die anderen Landessprachen in europäischen Angelegenheiten überlagert, ist der Union verboten und wäre beim Europäischen Gerichtshof angreifbar. Es wäre auch eine verbotene Diskriminierung aller EU-Bürger aus Mitgliedstaaten, in denen das Englische nicht die Landessprache ist. Eine Diskriminierung dieser Bürger bliebe es auch dann, wenn das Englische in seiner reduzierten und entnationalisierten Gestalt als Konferenz- und Verkehrssprache zur EU-Sprache deklariert würde.

    Eine Einheitssprache könnte die Europäische Union für sich nur dann rechtmässig ausrufen, wenn die Europäischen Verträge in diesem Punkt ausdrücklich verändert würden. Dafür besteht keine politische Aussicht, man denke an das verbreitete Unbehagen der Bürger mit den fernen Entscheidungsprozessen in der Union, an die Sorge vor den europakritischen Parteien in der bevorstehenden Wahl des Europäischen Parlaments; eine eigene Sprache für die EU würde die Entfremdung zwischen ihr und den Bürgern befördern. Politische Vorstösse zu einer Einheitssprache (in der sich die Politik vor den Bürgern noch leichter als bisher verstecken könnte) wird es daher nicht geben, und schon gar nicht die für diese Vertragsänderung notwendige Zustimmung aller Mitgliedstaaten.

    Selbst wenn aber jedenfalls die Regierungen und Parlamente aller Mitgliedstaaten sich in den Traum von einer europäischen Einheitssprache sollten versetzen lassen, würden sie doch durch ihr je eigenes Verfassungsrecht wieder aufgeweckt. Jeder europäische Mitgliedstaat ist nach seinem eigenen Recht verpflichtet, die Landessprache zu pflegen und sie seinen Bürgern zu erhalten, er darf sie ihnen nicht wegnehmen oder schlechtmachen - auch nicht für das Mitreden und Mitbestimmen auf der europäischen Bühne. Der Traum der Poltiker kann dann beim Verfassungsgericht oder in einer notwendigen Volksabstimmung scheitern, in den meisten Ländern aber ohnehin schon in der politischen Realität, weil die erstrebte Unterordnung der eigenen Landessprache unter eine alles überlagernde "europäische" politisch undenkbar erscheinen wird. Kurz: Kein Mitgliedstaat wird und kann rechtlich einwilligen, die eigene Landessprache in Europa zu einer zweitrangigen zu erklären.

    Diese Rechtslage kann nicht, wie die Berufseuropäer, die globalen Akteure und die ganz weit Blickenden in der Wissenschaft es gern tun, als eine Rückständigkeit des Rechts gegenüber den Anforderungen der europäischen und globalen Moderne denunziert werden. Sie ist vielmehr der Ausdruck der allgemeinen gesellschaftlichen Befindlichkeit und Bewusstseinslage in den europäischen Ländern, in denen der Gebrauch der eigenen Sprache selbstverständlich ist. Speziell das Recht der Bürger und die Pflicht des Staates zum Gebrauch der eigenen Landessprache in allen öffentlichen Angelegenheiten, auch den "europäischen", ist konstitutiv für den Staat. Es ist für die Bürger ein "Stimmrecht" von derselben elementaren Qualität wie das Stimmrecht der Bürger in den Parlamentswahlen, auch in der Wahl des Europaparlaments.

    Es wird Zeit, dass auch die nachdenkenden und diskutierenden Eliten die Europäische Union als das nehmen, was sie nun einmal ist, nämlich als einen Zusammenschluss von Staaten und Völkern mit verschiedenen Sprachen. Für die Bejahung und Weiterentwicklung des europäischen Zusammenschlusses gibt es noch viel zu tun, aber gewiss nicht das Umgehen und Abwerten der Landessprachen - sie sind fürdie Union politisch und rechtlich so unberührbar wie die Mitgliedstaaten und die Völker selbst. Für europapolitische Gedankenspiele eignet sich die Sprache nicht."