Ich habe die Debatte schon auf Carta verfolgt. Ich finde sie sehr wichtig, weil ich wie Kyrosch Alidusti beobachte, dass in den vielen Leserforen von Spiegel Online bis Cicero ein ungeheures Misstrauen gegenüber den "Medien" herrscht. Als seien "die Medien" ein gelenkter und lenkender Akteur. Ich kann mir diese leicht paranoide Sicht oft nur mit diesem "Black Box"-Effekt der digitalen Kommunikation erklären. Wenn der persönliche Kontakt zu den Menschen hinter den Medien fehlt, ganz allgemein zu den Menschen "wie Du und ich", dann bildet sich ein Raum für so ein Klima der Verdächtigungen, für dieses Gefühl als Einzelner einer abstrakten Macht gegenüber zu stehen, die ihm die "Wahrheit" vorenthält.

Ich kann Politik und "Medien" nur warnen, sich von der Masse der vereinzelten, misstrauischen und oft gekränkten Online-Egos treiben zu lassen. Denn wie repräsentativ ist denn die Meinung des Spiegel Online-Forums? Thomas N. Friemel und Mareike Dötsch haben hier auf Carta erste berechtigte Zweifel angebracht. Das Problem ist einfach: wer eine ausgewogene oder ruhig abwägende Meinung zu den Dingen hat, wer nicht empört und nicht gekränkt ist, setzt sich nicht hin und verfasst einen wütenden Kommentar. Oder anders: die gemäßigte Mehrheit bleibt bei den Kriegen, die in Online-Foren wüten, still. So ensteht der Eindruck einer extremen - oft eher reaktionären öffentlichen Mehrheitsmeinung, die es so vielleicht gar nicht gibt. Wenn ich sehe, wie in den USA einzelne extreme Minderheiten wie die Tea Party und um Radikalität konkurrierende Medien wie Fox News eine vernünftige, rationale Politik schließlich verunmöglichen, wird mir ganz mulmig. Muss ein Obama in fürchterlich komplexen Konflikten wie der Krim-Krise bald fürchterlich einfache Antworten liefern?