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Tugendterror? Moralkeule? Maulkorb?


Tugendterror? Moralkeule? Maulkorb?Foto: CC BY-SA 2.0 by blu-news.org


Ein Beitrag von Bachmann

Eigentlich dürfte ich diesen Post nicht schreiben. Nicht wegen Zensur oder so, sondern weil ich Thilo Sarrazin nicht mit noch mehr digitaler Aufmerksamkeit beglücken möchte. Die Komik, dass Herr Sarrazin - der wieder einmal Allgegenwärtige - in seinem neuen Buch eine angeblich fehlende Meinungsfreiheit in Deutschland beklagt, ist wohl eh nicht zu toppen. Sogar die ARD ist da hineingeraten. Sie will Thilo Sarrazin nicht mehr in Talkshows einladen, und liefert ihm so den ersten und einzigen Beweis für seine These, er dürfe seine Meinung nicht sagen.

Worum es mir eigentlich geht: Sarrazin steht nicht allein. Andere klagen auch, dass ihnen der rot-grüne "Tugendterror" in Medien und Öffentlichkeit das Leben schwer macht. Manche leiden unter der "Diktatur der politischen Korrektheit". Andere fühlen sich gegängelt von der "Journalistengeneration G" (das "G" steht für Greenpeace, Gender, Gerechtigkeit). Diese Gutmenschen-Journalisten unterhöhlen bei älteren Männern angeblich die "Innere Pressefreiheit".

Gerne würde ich wissen, was wirklich dran ist an den vielen angeblichen Denk- und Redeverboten in unserer freiheitlich verfassten Republik, an der großen Schere in unseren Köpfen. Gibt es wirklich Dinge, die gesagt werden müssten, aber nicht gesagt werden dürfen? Oder geht es einfach nur darum, dass manche Menschen Kritik einfach nicht verknusen können, wenn sie beispielsweise für den Fortschritt in Form von Atomkraft und Genmais werben, oder sich über Emanzipation und Gleichstellung empören. Dann fände ich das Lamento über das schreckliche geistige Klima in diesem Land reichlich übertrieben. Dann dürfen Linke und Ökos dieses Klagelied aber auch anstimmen, sobald es jemand wagt, die Energiewende zu kritisieren oder den gesetzlichen Mindestlohn.

Immerhin, der Aufschrei konservativer Publizisten gegen die "Political Correctness" und die zumindest gefühlte Meinungsdiktatur kommt gut an. Das zeigen viele tausend Likes und Jubel-Einträge in den Foren. Der Erfolg muss ihnen doch auch Recht geben? Nur wie?


Kommentare

  • Jetzt fange ich doch noch an die These vom Maulkorb zu glauben an. Die Grünen im Europaparlament wollten ernsthaft in einer Resolution zur Ukraine beschließen lassen, dass Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder

    "KEINE (eigene Hervorhebung) öffentlichen Aussagen zu Themen machen sollte, die Russland betreffen, da er sich aufgrund seiner Beziehungen zu dem Unternehmen Gazprom, das eines der bedeutendsten außenpolitischen Instrumente Russlands darstellt, in einem eindeutigen Interessenkonflikt befindet"

    Der Antrag kam nicht durch, aber das macht sprachlos, selbst ohne grünes Redeverbot. Wie kann man eigentlich auf so eine wahnsinnige Idee kommen, im Europaparlament beschließen zu wollen, dass jemand seine Meinung nicht mehr sagen darf, nur weil die einem nicht passt? Was für ein grünes Denken steckt dahinter?

    Ich sage nicht, dass Sarrazin nun Recht hat. Aber einen besseren Beweis für totalitäre Intoleranz hätten - ausgerechnet - Grüne gar nicht liefern können. Der tiefe Wunsch, anderen Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung abzusprechen, andere mundtot zu machen, ist offensichtlich kein Phantomproblem.

    Wenigstens kommen von den Grünen selbst kritische Stimmen. Der grüne Blogger Jörg Rupp schreibt an die Grünen-Spitzenkandidatin Rebecca Harms, die hinter dem Antrag steckt:

    "Du bist darüber hinaus Mitglied des Parteirats der Grünen, meiner Partei. Ich kann es kaum aushalten, dass jemand, der den Bundesvorstand beraten soll, eine derartige Äußerung, die Meinungsfreiheit einschränkende Forderung in einem Antrag an ein Parlament vertritt. Als Spitzenkandidatin hast du nicht nur Dir – sondern der gesamten Partei einen Bärendienst erwiesen. Ich fordere Dich auf: nimm diese Aussagen bezüglich Gerhard Schröder zurück. Schnell. (und dass der BuVo dazu schweigt, ist ebenfalls ziemlich unerträglich).

    Wir sind eine freiheitliche Partei, die genau das Recht auf freie Meinungsäußerung immer hoch gehalten hat. Das lässt sich nicht negieren – und mit der Meinungsfreiheit spielt man nicht. Ich halte Dein Verhalten für unverantwortlich."

    Danke für diese Klarstellung.

    • Darf Joschka Fischer eigentlich noch reden? Wo er doch für BMW arbeitet? Joschka ist ziemlich still, vielleicht hat im das Europaparlament den Mund zugeklebt?

      Aber Spass beiseite. Zur Wahrheit gehört auch: die CDU hat den Antrag mit unterstützt. Die muss sich davon distanzieren. Richtig schlimm finde ich die Tendenz mancher Grüner, die Menschen für komplett dumm zu halten. Als könnte nicht jeder selbst Schröders Meinung einschätzen, sein Gazprom-Engagement ist ja nun alles andere als geheim.

      Zeit Online hat es schön geschrieben:

      Schröders Doppelrolle als Ex-Kanzler und Gazprom-Lobbyist "hat Harms nun also so sehr gestört, dass sie den Widerstand dagegen und die Aufklärung darüber nicht mehr dem freien Spiel der Kräfte in einer öffentlichen Debatte überlassen wollte, sondern eine europäische Resolution für nötig hielt."

      • Schlimm finde ich nicht nur, dass tatsächlich über solch eine Resolution, die Leuten mehr oder weniger den Mund verbieten will, im europäischen Parlament abgestimmt wird. Sondern auch, dass laut Zeit die Abstimmung nur knapp scheiterte, also 167 dafür stimmten und 208 dagegen (mal davon abgesehen dass eigentlich 766 Abgeordnete im Parlament sitzen).

        • Da kann man nur hoffen, dass die 167 Abnicker ihr Gehirn nicht immer abschalten, wenn sie über Anträge abstimmen.

          Man stelle sich mal vor, das Parlament hätte zugestimmt. Und Schröder hätte auf Russland angesprochen jedesmal gesagt: "Ich habe eine kritische Meinung zur EU-Strategie, aber das EU-Parlament will nicht, dass ich sie öffentlich äußere und ich respektiere den Wunsch unserer gewählten Volksvertreter". Schröder hätte ein Buch über Russland schreiben können, mit hunderten geschwärzten Seiten. Er hätte schweigend vor dem Parlament stehen können, wie der Schweiger vom Taksim Platz, als Erinnerung daran, was für Superdemokraten Harm uns Cohn-Bendit doch sind.

          Jetzt sagt Frau Harms, sie wollte doch nur provozieren. Ach so na dann! Auch ein Sarrazin will mit antidemokratischen Stuss die Menschen aufrütteln. Das geht schon in Ordnung.

  • Hinweis: Die Redaktion hat Experten zu Ihrer Position in dieser Diskussion gefragt. Der Sozialwissenschaftler und Blogger Kyrosch Alidusti hat geantwortet. Sein Kommentar:

    "Ich habe letzte Woche auf meinem Blog und für Carta.info einen Beitrag über die Besprechungen und Leserkommentare zu Sarrazins Buch „Der neue Tugendterror“ in einigen Medien geschrieben. Hier möchte ich den Artikel nicht wiederholen, sondern meinen Zugang und ein paar Gedanken zusammenfassen.

    Ich hatte das Erscheinen des neuen Buchs von Thilo Sarrazin gar nicht mitbekommen, umso überraschter war ich, als im Newsletter des Cicero las, dass der Kultur-Journalist Alexander Kissler ihn verteidigt.

    Sarrazins zentrale These ist, diesem Cicero-Artikel zufolge, eine Mehrheit der Journalisten seien linker eingestellt, als ihre Leserschaft und die Gesamtgesellschaft. Diese Aussage reiht sich meiner Beobachtung nach mühelos in eine Reihe anderer beobachtbare Behauptungen ein, die sich um die vermeintliche intellektuelle Dominanz linker Einstellung in Deutschland drehen.

    Kissler zum Beispiel erweiterte das Spektrum um folgende Feststellung:

    „Der Blick auf den gegenwärtigen Bundestag, in dem letztlich nur sozialdemokratische und sozialistische Positionen vertreten sind, bestätigt den Befund."

    Dies beinhaltet natürlich auch die Einschätzung, dass die mit Abstand größte Fraktion im Bundestag, CDU/CSU ebenfalls eine sozialdemokratische oder sozialistische Position vertritt.

    Im Focus Money schrieb Thomas Wolf unter dem bereits aussagekräftigen Titel „Was darf man in Deutschland sagen – und was nicht?:

    „Denkschablonen statt ergebnisoffener Debatten – das hat viel mit den Medien zu tun. Schließlich fallen die Vorstellungen davon, was gut und richtig ist, nicht einfach vom Himmel. Der Medientheoretiker Norbert Bolz spricht Klartext: Seit Jahrzehnten dominierten die Linksintellektuellen den Diskurs, sie hätten ›das ausgeprägt, was wir Political Correctness nennen‹.“

    Diese zwei Fundstellen können natürlich noch keine allgemeine Aussage begründen, aber sie haben meinen Eindruck, den ich aus langen Jahren Zeitungslektüre gewonnen habe, bestätigt, sodass ich dann doch zu folgendem Ergebnis komme: Die Medien selbst haben Sarrazins These anschlussfähig gemacht.

    Was allerdings Sarrazins These selbst angeht, habe ich im Internet recherchiert und es finden sich Untersuchungen (S. 13), die die politische Einstellung der PolitikjournalistInnen in den Blick genommen haben, und Sarrazins These von der politischen Vorliebe für Positionen „etwas links von der Mitte“ unterstützen. Auf Carta gab es gerade zu diesem Thema viele Leserreaktionen unter anderem auch welche, die die These der linken Dominanz teilten.

    (...)

    Wenn ich in meinem Artikel nur die Stimmen aufgenommen habe, die Sarrazins These teilen, dann deswegen, weil mich die kritische Meinung zu den Medien interessiert hat, und weil ich der Meinung bin, dass die Zustimmung zu den Medien für eine Demokratie wichtig ist. Nun ist es ungewöhnlich, dass man in Zusammenhang mit Medien von Legitimität spricht. Doch die Medien haben nicht nur die Funktion der vierten Gewalt, sondern auch eine Mittlerfunktion zwischen dem Ereignis und den Medienrezipienten. Für beide Funktionen benötigen sie jedoch Vertrauen, deshalb ist bereits das Bröckeln desselben alarmierend.

    Diese Befürchtung teilt ein Leser aus den Foren:

    „Aber da ist etwas passiert, etwas, das unsere Demokratie gefährdet…Man sehe sich einige [T]ausend [F]oren an. Völlig unabhängig voneinander werden die Medien von vielen nur noch als Desinformationsschleudern wahrgenommen.“

    Das ist ein tatsächliches Problem."

    (...)

    • Ich habe die Debatte schon auf Carta verfolgt. Ich finde sie sehr wichtig, weil ich wie Kyrosch Alidusti beobachte, dass in den vielen Leserforen von Spiegel Online bis Cicero ein ungeheures Misstrauen gegenüber den "Medien" herrscht. Als seien "die Medien" ein gelenkter und lenkender Akteur. Ich kann mir diese leicht paranoide Sicht oft nur mit diesem "Black Box"-Effekt der digitalen Kommunikation erklären. Wenn der persönliche Kontakt zu den Menschen hinter den Medien fehlt, ganz allgemein zu den Menschen "wie Du und ich", dann bildet sich ein Raum für so ein Klima der Verdächtigungen, für dieses Gefühl als Einzelner einer abstrakten Macht gegenüber zu stehen, die ihm die "Wahrheit" vorenthält.

      Ich kann Politik und "Medien" nur warnen, sich von der Masse der vereinzelten, misstrauischen und oft gekränkten Online-Egos treiben zu lassen. Denn wie repräsentativ ist denn die Meinung des Spiegel Online-Forums? Thomas N. Friemel und Mareike Dötsch haben hier auf Carta erste berechtigte Zweifel angebracht. Das Problem ist einfach: wer eine ausgewogene oder ruhig abwägende Meinung zu den Dingen hat, wer nicht empört und nicht gekränkt ist, setzt sich nicht hin und verfasst einen wütenden Kommentar. Oder anders: die gemäßigte Mehrheit bleibt bei den Kriegen, die in Online-Foren wüten, still. So ensteht der Eindruck einer extremen - oft eher reaktionären öffentlichen Mehrheitsmeinung, die es so vielleicht gar nicht gibt. Wenn ich sehe, wie in den USA einzelne extreme Minderheiten wie die Tea Party und um Radikalität konkurrierende Medien wie Fox News eine vernünftige, rationale Politik schließlich verunmöglichen, wird mir ganz mulmig. Muss ein Obama in fürchterlich komplexen Konflikten wie der Krim-Krise bald fürchterlich einfache Antworten liefern?

      • Lieber Emil, dein Hinweis ist wichtig. Aber entsteht die Motivation zur Politik nicht auch zu einem großen Teil aus Unzufriedenheit, einer abweichenden Meinung und einer anderen Sichtweise? Wer abwägt, kann sich arrangieren. Wer aber tatsächlich glaubt, mit seiner Meinung einer Übermacht linker Publizistik gegenüber zu stehen, muss schon eine sehr starke Motivation haben, sich zu äußern. Die andere Möglichkeit ist, die Kommentatoren sind sich sicher, eben nicht in der Minderheit zu sein. In beiden Fällen sollte man die Kommentare nicht unterschätzen, gerade wenn sie nicht repräsentativ sind.

        • Lieber Kultgenosse, ich finde es ja auch richtig, sich einzumischen. Und oftmals kommen in den Foren ja auch viele wichtige Aspekte zu Tage (@Rabaka: ich wollte nicht Foristen an sich runtermachen), zum Beispiel faktische Fehler der Journalisten (Namen, Zahlen, Daten usw.) oder die Schwächen einer Argumentation (zum Beispiel bei Fleischhauer und Augstein auf SPON). Das ist ja auch das Tolle, dass sich die Leser emanzipieren, nicht mehr einfach nur Leser sind, sondern am politischen Gespräch teilnehmen.

          Was ich nur schwierig finde, ist eine bestimmte Art von radikaler Weltsicht, die oft in Foren dominiert (Anti-EU zum Beispiel). Man sollte diesen virtuellen Stammtisch (nichts gegen die tolle Tradition des Stammtischs!) nicht als Stimmungsbarometer überschätzen.

      • Lieber Emil, worum geht es denn eigentlich hier? Ich habe den Durchblick verloren. Haben alle Online-Kommentaroren einen an der Waffel? Aus welchen Motiven kommentierst Du eigentlich? :)

        Ich will noch mal den Ausgangspunkt von Bachmann aufgreifen. Ich finde jedes einzelne "Tabu"-Thema kann in Deutschland Punkt für Punkt ausdiskutiert werden. Der wirre Sarrazin bekommt dafür ganz außerordentlich viel Raum.

        Mein Eindruck ist, das scheint ja auch bei Bachmann durch, dass manche einfach einfach ein Problem mit Widerspruch haben. Das Einwanderungsland Deutschland schafft sich nicht ab, höchstens wenn es die Grenzen dicht macht. Bestimmte Einwanderergruppen sind auch nicht dümmer als andere. Es ist einfach Quatsch, den Sarrazin so erzählt. Und es ist die pure Wehleidigkeit, sich über fehlende Meinungsfreiheit zu beklagen, nur weil man für strunzdumme Thesen von den Klardenkenden keinen Beifall bekommt.

        Beim Fussball kann man sich ja auch nicht daüber beklagen, dass die anderen in der Champions League brillieren, man selbst aber nur in der Kreisklasse bolzt. Da hilft nur Nachdenken, an den Argumenten arbeiten, Überzeugen, im Fussballer-Deutsch: Hartes Training! Und dass es eher linke, eher konservative Medienmenschen gibt, einige sollen sogar beides auf einmal sein - na und?

  • Liebes Forum,

    die Zusammenfassung des #pxp_themas Medienkritik steht nun hier online.

  • Liebes Forum, ein paar Hinweise: Auch aufgrund dieser Diskussion wurde "Medienkritik" unser "Thema des Monats" September.

    • Entsprechend haben wir einen Hintergrundtext geschrieben, der aktuelle Diskurse zur Medienkritik zusammenstellt:: #pxp_thema: Medienkritik

    • aktuell sind wir dabei, Medienmacher, Politiker und Experten zu euren Beiträgen rund ums Thema zu befragen (etwa zu neuen Gegenöffentlichkeiten auf Facebook und YouTube, zur Einseitigkeit in mancher Konflikt-Berichterstattung etc.). Auch die Kontrolle der Medien und die Idee eines Publikumsrates werden noch neuerlich aufgriffen.

    • ihr seid außerdem herzlich eingeladen, an unserer Offline-Diskussion zur Medienkritik in Berlin teilzunehmen, die im Rahmen der Social Media Week stattfindet. Titel: Nichts als die Wahrheit? Medien in der Vertrauenskrise (alle Informationen findet ihr hier). Auf dem Panel wird auch eine Vertreterin der Initiative für einen Publikumsrat diskutieren

    • Fotos von unserer Diskussion zum ersten Thema des Monats "Troika und Eurokrise" findet ihr auf Facebook. Hier folgt noch eine Zusammenfassung der ganzen Troika-Debatte (Online und Offline)

    • Wir würden uns freuen, wenn ihr am Thema Medienkritik und seinen vielen politisch wichtigen Einzelaspekten dran bleibt, gerne auch mit neuen Diskussionstexten. Hinweise auf eure Interessen, Fragen und Kontakte zum Thema könnt ihr auch gerne richten an redaktion(at)publixphere.de

  • Ich finde, es gibt hier zwei Dinge zu trennen.

    1. Wann gerät Querdenken zur Masche? Nach dem Motto "Denkst du quer - bist du wer" reüssieren auch viele Experten in den Talkshows, die auf Extreme angewiesen sind. Der Autor Martin Hecht hat das schon 1996 in seinem Buch "Unbequem ist stets genehm" schön beschrieben. Da sehe ich überhaupt keine Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Im Gegenteil, radikales Querdenken wird - ökonomisch - belohnt.

    2. Eine andere Frage ist, in welcher Position Menschen was sagen können? Herr Sarrazin verlor wegen seinen Thesen immerhin seinen Posten bei der Bundesbank. War das gerechtfertigt? Darüber kann man sicher lange streiten. Wo ist die Grenze der freien Meinungsäußerung bei Staatsdienern erreicht? Professoren dürfen alles sagen - oder? Lehrer auch? Gefühlt könnte Deutschland hier schon etwas mehr Toleranz für - auch radikale - Meinungen aufbringen finde ich.

  • Naja, ich finde das alles ein wenig übertrieben. In Deutschland herrscht Meinungs- und Pressefreiheit, die ist gesetzlich verankert und über die Vielzahl an Medien findet jeder, on- oder offline, ein Sprachrohr für seine Meinung. Die Klage Sarrazins darf man nicht zu ernst nehmen, ich glaube eher, dass er nicht "Meinungsfreiheit" meint, sondern dass es ihm an "Meinungsunterstützung" fehlt...also an Menschen, die sich seiner Meinung anschließen (und das ist ja völlig legitim).

    Die ARD nimmt eine klare Position gegenüber Sarrazin ein... darf sie das? Sollte sie das? Ist das schlimm? Bei RTL, ZDF usw usw werden ihm sicherlich noch viele Podien angeboten...also, wie ich bereits oben erwähnte sehe ich keine Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland...und bei der Schere im Kopf fällt mir sofort China ein und dann denke ich doch immer nur, wie gut wir es hier haben.

  • Du machst es Dir ganz schön einfach. Ist das ernst gemeinte Frage? Was gab es denn für einen Tugendterror als Markus Lanz es wagte, der Heiligen Sarah Wagenknecht scharfe Fragen zu stellen? Da wurden alle Grenzen des Anstands überschritten. Rausschmeißen wollte ihn der Internet-Mob. Wenn das nicht der Versuch eines Maulkorb war.

    Ich gebe Dir Recht, dass der professionelle, argumentative und humane Umgang mit Kritik in Deutschland verbesserungswürdig ist. Wenn Du das überhaupt meinst. Die Menschen in der angelsächsichen Kultur scheinen mir das Diskutieren sportlicher und weniger wehleidig und jähzornig anzugehen.

    Und es ist doch gut, wenn Sarrazin auch mal den Gutmenschen oder wie man sie nennen soll, den Spiegel vorhält. Da können sie sich selbst mal prüfen, nicht immer nur andere. Oder traut man seinen Lesern etwa nicht zu, genügend geistige Abwehrkräfte gegen seine teils verschrobenen Thesen zu haben? Das wäre überheblich!

    • Aber da muss man doch unterscheiden! Die Kritik an Markus Lanz kam nicht aus dem Medien direkt (wie es ja laut Sarrazin ihm gegenüber ‚linke’ Zeitschriften wie der Spiegel tun), sondern aus der 'Internetgemeinde'.

      Ich halte Herrn Sarrazin für nicht tragwürdig für eine Partei wie die SPD. Dieser Mann ist meiner Meinung nach ein absoluter Populist und - ja ich sage es - Rassist, dem ich keine Möglichkeit geben möchte, in den Medien (die er ja so kritisiert) auch noch verbreitet zu werden. Ja, wir brauchen eine bessere Diskussionskultur in diesem Land, aber ich bezweifle stark, dass Sarrazin dazu beiträgt.