Tugendterror? Moralkeule? Maulkorb?
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Ein Beitrag von Bachmann
Eigentlich dürfte ich diesen Post nicht schreiben. Nicht wegen Zensur oder so, sondern weil ich Thilo Sarrazin nicht mit noch mehr digitaler Aufmerksamkeit beglücken möchte. Die Komik, dass Herr Sarrazin - der wieder einmal Allgegenwärtige - in seinem neuen Buch eine angeblich fehlende Meinungsfreiheit in Deutschland beklagt, ist wohl eh nicht zu toppen. Sogar die ARD ist da hineingeraten. Sie will Thilo Sarrazin nicht mehr in Talkshows einladen, und liefert ihm so den ersten und einzigen Beweis für seine These, er dürfe seine Meinung nicht sagen.
Worum es mir eigentlich geht: Sarrazin steht nicht allein. Andere klagen auch, dass ihnen der rot-grüne "Tugendterror" in Medien und Öffentlichkeit das Leben schwer macht. Manche leiden unter der "Diktatur der politischen Korrektheit". Andere fühlen sich gegängelt von der "Journalistengeneration G" (das "G" steht für Greenpeace, Gender, Gerechtigkeit). Diese Gutmenschen-Journalisten unterhöhlen bei älteren Männern angeblich die "Innere Pressefreiheit".
Gerne würde ich wissen, was wirklich dran ist an den vielen angeblichen Denk- und Redeverboten in unserer freiheitlich verfassten Republik, an der großen Schere in unseren Köpfen. Gibt es wirklich Dinge, die gesagt werden müssten, aber nicht gesagt werden dürfen? Oder geht es einfach nur darum, dass manche Menschen Kritik einfach nicht verknusen können, wenn sie beispielsweise für den Fortschritt in Form von Atomkraft und Genmais werben, oder sich über Emanzipation und Gleichstellung empören. Dann fände ich das Lamento über das schreckliche geistige Klima in diesem Land reichlich übertrieben. Dann dürfen Linke und Ökos dieses Klagelied aber auch anstimmen, sobald es jemand wagt, die Energiewende zu kritisieren oder den gesetzlichen Mindestlohn.
Immerhin, der Aufschrei konservativer Publizisten gegen die "Political Correctness" und die zumindest gefühlte Meinungsdiktatur kommt gut an. Das zeigen viele tausend Likes und Jubel-Einträge in den Foren. Der Erfolg muss ihnen doch auch Recht geben? Nur wie?
Klaus
Jetzt fange ich doch noch an die These vom Maulkorb zu glauben an. Die Grünen im Europaparlament wollten ernsthaft in einer Resolution zur Ukraine beschließen lassen, dass Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder
"KEINE (eigene Hervorhebung) öffentlichen Aussagen zu Themen machen sollte, die Russland betreffen, da er sich aufgrund seiner Beziehungen zu dem Unternehmen Gazprom, das eines der bedeutendsten außenpolitischen Instrumente Russlands darstellt, in einem eindeutigen Interessenkonflikt befindet"
Der Antrag kam nicht durch, aber das macht sprachlos, selbst ohne grünes Redeverbot. Wie kann man eigentlich auf so eine wahnsinnige Idee kommen, im Europaparlament beschließen zu wollen, dass jemand seine Meinung nicht mehr sagen darf, nur weil die einem nicht passt? Was für ein grünes Denken steckt dahinter?
Ich sage nicht, dass Sarrazin nun Recht hat. Aber einen besseren Beweis für totalitäre Intoleranz hätten - ausgerechnet - Grüne gar nicht liefern können. Der tiefe Wunsch, anderen Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung abzusprechen, andere mundtot zu machen, ist offensichtlich kein Phantomproblem.
Wenigstens kommen von den Grünen selbst kritische Stimmen. Der grüne Blogger Jörg Rupp schreibt an die Grünen-Spitzenkandidatin Rebecca Harms, die hinter dem Antrag steckt:
"Du bist darüber hinaus Mitglied des Parteirats der Grünen, meiner Partei. Ich kann es kaum aushalten, dass jemand, der den Bundesvorstand beraten soll, eine derartige Äußerung, die Meinungsfreiheit einschränkende Forderung in einem Antrag an ein Parlament vertritt. Als Spitzenkandidatin hast du nicht nur Dir – sondern der gesamten Partei einen Bärendienst erwiesen. Ich fordere Dich auf: nimm diese Aussagen bezüglich Gerhard Schröder zurück. Schnell. (und dass der BuVo dazu schweigt, ist ebenfalls ziemlich unerträglich).
Wir sind eine freiheitliche Partei, die genau das Recht auf freie Meinungsäußerung immer hoch gehalten hat. Das lässt sich nicht negieren – und mit der Meinungsfreiheit spielt man nicht. Ich halte Dein Verhalten für unverantwortlich."
Danke für diese Klarstellung.