Ich war beeindruckt von dem" europäischen Format" der Diskussion und fand sie gar nicht langweilig, sondern sehr sympathisch. Wenn so fair und elegant und zuweilen auch humorvoll auf höchster europäischer Ebene Meinungen ausgetauscht und um richtiges Vorgehen gerungen wird, dann wäre ich jetzt, wenn ich es nicht schon wäre, proeuropäisch eingestellt. Die beiden Kontrahenten unterschieden sich m.E. in Wenigem. Martin Schulz möchte, so weit ich das als Laie verstanden habe, die Macht der Finanzinstitute stärker eindämmen (Transaktionssteuer), kein steuerlicher Wettbewerb mehr in den EU-Ländern und Großkonzerne sollen dort Steuern zahlen, wo sie vor Ort agieren. Aber auch Juncker meint, Banken sind für die Realwirtschaft da und nicht fürs Spekulieren. Gefallen hat mir, dass Martin Schulz die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in allen EU-Ländern zu seiner obersten Priorität machte. Und dass er in Sachen Freizügigkeit für eine EU-Einwanderungspolitik plädierte, die Quoten für die Mitgliedsländer festlegt, welche Einwanderungwilligen aus Nicht-EU-Ländern die legale Einwanderung möglich macht. Also Ordnung ins System bringt. Insgesamt erschien mir Martin Schulz agiler, schärfer und differenzierter denkend als J.-C. Juncker. Und vielleicht mit mehr Herz für die "kleinen Leute" in der EU. Aber das "Herz" für die EU im Großen möchte ich auch Juncker nicht absprechen. Vermisst habe ich die Frage, warum die EU in Sachen "Ukraine-Krise" nicht mit einer Stimme sprechen kann. Warum es so erscheint, als sei Frau Merkel unsere EU-Außenbeauftragte. (Aber vielleicht hat sie auch die beste Art und größte Kompetenz in dieser Frage.)