Demokratie, Transparenz, Legitimität – wie TTIP verhandelt wird
Hier finden Sie die Positionen der an den Bürgerdialogen beteiligten Organisationen und Institutionen zu den Themen Demokratie, Transparenz und Legitimität.
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Europäische Kommission
Als Europäische Kommission handeln wir im Auftrag der europäischen Bürgerinnen und Bürger. Von den 28 Mitgliedstaaten haben wir das Mandat erhalten, ein ehrgeiziges und ausgewogenes Freihandels- und Investitionsabkommen mit den USA zu verhandeln. Wir beteiligen die nationalen Regierungen und das Europäische Parlament, die letztlich über TTIP abstimmen werden, und dokumentieren die Fortentwicklung der Verhandlungen so transparent wie möglich. Wir fördern eine sachliche und faktenbasierte Diskussion zu TTIP, bei der die Interessen aller Beteiligter gleichermaßen berücksichtigt werden. Wir führen einen offenen Dialog mit Bürgern und Interessenverbänden und versuchen durch eine Vielzahl an Diskussionsforen Fragen und Sorgen der Zivilgesellschaft bestmöglich zu beantworten. Die EU lebt von Demokratie, Transparenz und Legitimität: als Europäische Kommission fördern wir Rechtsstaatlichkeit in unseren Mitgliedsstaaten.
Schaubild der Europäischen Kommission zu TTIP
Bündnis TTIP Unfairhandelbar
Uns KritikerInnen des TTIP wird gerne vorgeworfen, dass wir etwas kritisieren, was man noch gar nicht kennt und daher können wir ja nicht dagegen sein. Und genau da ist der springende Punkt! Es geht um nicht weniger als die größte Freihandelszone der Welt und die Verhandlungspartner sowie die Bundesregierung setzen auf Geheimverhandlungen, fernab jeglicher kritischer Öffentlichkeit und gewählten Repräsentanten. In das Bild passt auch, dass die Kommission die über 150.000 Beteiligungen an der Konsultation zum ISDS als „Attacke auf die EU“ bezeichnet ebenso wie sie eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen TTIP und CETA ablehnt, anstatt die Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen. Aus diesem Grund fordern wir eine breite öffentliche Diskussion um ein soziales und ökologisches Verhandlungsmandat sowie umfassende Informationen und vollständigen Einblick in alle Verhandlungsdokumente für die Öffentlichkeit und die Parlamente.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Die Europäische Union ist für die Handelspolitik aller EU-Mitgliedstaaten zuständig. Diese haben der EU-Kommission für TTIP ein Mandat erteilt, das die Inhalte für die Verhandlungen vorgibt. Die Bundesregierung bringt ihre Positionen zu TTIP u.a. im Handelspolitischen Ausschuss der EU ein. Die Bundesregierung informiert die Öffentlichkeit und zielt auf größtmögliche Transparenz. Sie steht Rede und Antwort zum Stand der Verhandlungen, beantwortet Bürgeranfragen zu TTIP und die parlamentarischen Fragen der Bundestagsabgeordneten. Das TTIP-Mandat, das in kommentierter Form öffentlich zugänglich ist, sowie alle Berichte und EU-Positionspapiere aus Brüssel können die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auswerten und ihre Wählerinnen und Wähler sachgerecht über TTIP informieren. Bundeswirtschaftsminister Gabriel diskutiert regelmäßig im TTIP-Beirat mit Nichtregierungsorganisationen, Verbänden, Gewerkschaften, Kirchen, Kultur-, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen. Ihre Bedenken und Anregungen fließen in die Positionierungen der Bundesregierung und damit indirekt in den Verhandlungsprozess mit ein. Es ist unabdingbar, dass ein so breitgefächertes Abkommen von einem intensiven Dialog mit der Gesellschaft begleitet wird. Dabei ist zu beachten, dass völkerrechtliche Verträge genauso wenig wie privatrechtliche Verträge oder Tarifgespräche vollständig öffentlich verhandelt werden können. Die Bundesregierung setzt sich hier für eine möglichst transparente Verhandlungsführung sowie für eine Ausgestaltung als gemischtes Abkommen ein, so dass TTIP nicht nur durch das Europäische Parlament, sondern auch in allen 28 Mitgliedstaaten ratifiziert werden muss.
dbb beamtenbund und tarifunion
Wir bedauern die fehlende Transparenz. Sie herzustellen mag in internationalen Verhandlungen kompliziert sein. Demokratische Legitimation geht aber nicht ohne Transparenz. Wir fordern daher von der EU-Kommission, alle Verhandlungskapitel offen zu legen, damit zumindest bekannt ist, worüber im Einzelnen verhandelt wird. Verhindert dies der Rat, wollen wir wissen, welche Regierungen für diese Blockade verantwortlich zeichnen. Wir erwarten, dass das Europäische Parlament, die mitgliedstaatlichen Parlamente sowie die organisierte Zivilgesellschaft und die Sozialpartner genug Zeit bekommen, das Abkommen hinsichtlich seiner Auswirkungen zu prüfen. Wir wollen wissen, ob das von der EU-Kommission in Aussicht gestellte stabile Gleichgewicht zwischen dem Investorenschutz und dem Regelungsrecht der Staaten erreicht wird.
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Die demokratische Legitimität der TTIP-Verhandlungen steht außer Frage: Die Kommission verhandelt auf der Basis eines einstimmig vom Rat verabschiedeten Mandats. Das Abkommen muss von Rat und Europäischem Parlament angenommen werden, vermutlich auch von den nationalen Parlamenten. Eine breite Beteiligung der in unserer repräsentativen Demokratie maßgeblichen Parlamente ist somit gewährleistet. TTIP die demokratische Legitimität abzusprechen, geht daher fehl. Auch der oft gemachte Vorwurf der Geheimverhandlungen kann so nicht aufrechterhalten werden. Die Kommission und die Bundesregierung bieten viele Kanäle, um Parlamente und Öffentlichkeit über Ziel, Inhalt und Stand der Verhandlungen zu unterrichten. Diese sollten von den Transparenz-Kritikern verstärkt wahrgenommen und genutzt werden. Dennoch: Die Transparenz der Verhandlungen kann weiter verbessert werden. Nur so ist eine sachliche Debatte möglich. Denkbare Schritte sind umfassendere Zusammenfassungen und Informationen zu den Verhandlungsrunden sowie die Veröffentlichung weiterer Verhandlungsdokumente und Positionspapiere.
Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und Verband kommunaler Unternehmen e.V.
Die Verhandlungsführung über so komplexe Fragestellungen, wie sie mit einem Freihandelsabkommen verbunden sind, erfordert Vertraulichkeit. Gleichwohl besteht auch ein berechtigtes Interesse an Transparenz; die kommunalen Spitzenverbände und der VKU teilen dieses Interesse. Das Abkommen sollte nicht nur der Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates bedürfen, sondern auch der Zustimmung der Parlamente der 28 EU-Mitgliedstaaten. In Deutschland sollten nicht nur der Bundestag und der Bundesrat dem Freihandelsabkommen zustimmen müssen, sondern es sollten auch die Kommunen an der Entscheidungsfindung beteiligt und über den jeweiligen Verhandlungsstand informiert werden. Die kommunalen Spitzenverbände und der VKU begrüßen die Beteiligung der Kommunen am Beirat für TTIP beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Sie fordern ihre Beteiligung auch an den entsprechenden Beratergruppen der EU-Kommission. Die ausführliche Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände und des VKU finden Sie hier.
Deutscher Gewerkschaftsbund DGB
Der Welthandel muss allen Menschen nutzen. Deshalb braucht es eine breite öffentliche Debatte zu grundsätzlichen Fragen: Wie können Handelsabkommen Arbeitnehmerrechte verbessern und zu einer gerechteren Verteilung des Wohlstands beitragen? Wie können Abkommen verhindern, dass es zu Druck auf Standards und zu einem Dumping-Wettbewerb kommt? Nur wenn die breite Öffentlichkeit sich tatsächlich ein Bild von den Verhandlungstexten machen kann, kann sie überprüfen, ob das Abkommen mit Kanada (CETA), TTIP oder andere Abkommen diese Bedingungen erfüllen. Deshalb müssen die Verhandlungsdokumente offengelegt werden. Aber das reicht nicht: Der ausgehandelte CETA-Vertragstext ist öffentlich, so dass eine Bewertung und Diskussion jetzt möglich sind. Gleichzeitig sagt die Kommission, dass Änderungen am Vertrag nicht mehr möglich sind. Transparenz braucht einen Dreiklang aus Offenlegung der Dokumente, Beteiligung der Zivilgesellschaft und wirksamen Einflussmöglichkeiten der Bevölkerung.
Deutscher Industrie- und Handelskammertag DIHK
Dem Auftrag der EU-Mitgliedstaaten an die Kommission mit den USA zu verhandeln, ging ein langer Prozess voraus: der wirtschaftspolitische Dialog EU-USA („TEC“), die Studie einer hochrangigen Arbeitsgruppe zu den transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen, die die Aufnahme von Freihandelsverhandlungen empfohlen hat, zwei Konsultationen der EU-Kommission zum Thema sowie zwei Beschlüsse des Europäischen Parlaments. Die Inhalte von TTIP hat Rat der Europäischen Union im Verhandlungsmandat an die Kommission definiert. Ein steter Informationsfluss zwischen EU-Institutionen, den Regierungen der Mitgliedstaaten, den Parlamenten und der Zivilgesellschaft ist für die Gestaltung eines ausgewogenen TTIP essentiell.
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA
2013 haben alle EU-Mitgliedstaaten der Kommission das Mandat erteilt, Verhandlungen über eine TTIP zu führen. Wenn Regierungen miteinander verhandeln, passiert das grundsätzlich nicht öffentlich. Das geschieht schon aus verhandlungstaktischen Gründen und da ist TTIP keine Ausnahme. Aber über kein Handelsabkommen ist jemals so viel gesprochen und informiert worden wie über das mit den USA. Die Kommission steht permanent im Dialog nicht nur mit der Wirtschaft, sondern auch mit Parteien, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. Das EU-Parlament und die nationalen Regierungen werden über die fortlaufenden Verhandlungen informiert. Während der Verhandlungsrunden organisiert die Kommission den sogenannten Stakeholder-Dialogue, bei dem Gewerkschaften, Verbände, NGOs und weitere Interessengruppen ihre Positionen zu TTIP vortragen können. Die Kommission hat eine Beratergruppe ins Leben gerufen, um Empfehlungen für die Verhandlungen zu geben.
Die neue EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat im November 2014 eine Transparenzinitiative zu TTIP gestartet. Seitdem hat die Kommission z.B. Textvorschläge zu einzelnen Verhandlungskapiteln und Informationsblätter ins Internet gestellt.
Am Ende wird über TTIP demokratisch entschieden. Ohne die Zustimmung des Europäischen Rats, also den Regierungen der Mitgliedstaaten, und des Europäischen Parlaments gibt es kein Abkommen. Sollte es sich bei TTIP um ein so genanntes gemischtes Abkommen handeln, müssten zudem auch die nationalen Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten zustimmen.
Foto & Teaser: Wim Daneels | CC BY NC SA 2.0