Widerspricht die Kirchensteuer der Trennung von Staat und Kirche? - Historie

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  • Widerspricht die Kirchensteuer der Trennung von Staat und Kirche?

    von Community Management , angelegt

    picture alliance/dpa picture alliance/dpa Mitgliederschwund auch aufgrund der Kirchensteuer? Laut der deutschen Bischofskonferenz verzeichnet die katholische Kirche seit 1990 mehr als 100.000 Kirchenaustritte pro Jahr. Foto: picture alliance/dpa

    In Deutschland genießen die Kirchen eine besondere rechtliche Stellung. Trotz grundgesetzlicher Verankerung wird deswegen oftmals von einer "hinkenden" Trennung von Staat und Kirche gesprochen. Kritikpunkt dabei ist insbesondere die Kirchensteuer.


    Ein Beitrag von Silvia Kortmann (IBKA)

    Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

    Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

    Ein Widerspruch in der Trennung von Staat und Kirche

    Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

    „(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

    Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

    Das System Kirchensteuer

    Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

    Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

    Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

    Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

    Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

    Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.


    Weitere Links zum #pxp_thema "Religion und Politik"

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    picture alliance/dpaMitgliederschwund auch aufgrund der Kirchensteuer? Laut der deutschen Bischofskonferenz verzeichnet die katholische Kirche seit 1990 mehr als 100.000 Kirchenaustritte pro Jahr. Foto: picture alliance/dpa

    In Deutschland genießen die Kirchen eine besondere rechtliche Stellung. Trotz grundgesetzlicher Verankerung wird deswegen oftmals von einer "hinkenden" Trennung von Staat und Kirche gesprochen. Kritikpunkt dabei ist insbesondere die Kirchensteuer.


    Ein Beitrag von Silvia Kortmann (IBKA)

    Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

    Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

    Ein Widerspruch in der Trennung von Staat und Kirche

    Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

    „(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

    Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

    Das System Kirchensteuer

    Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

    Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

    Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

    Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

    Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

    Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.


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    picture alliance/dpaMitgliederschwund auch aufgrund der Kirchensteuer? Laut der deutschen Bischofskonferenz verzeichnet die katholische Kirche seit 1990 mehr als 100.000 Kirchenaustritte pro Jahr. Foto: picture alliance/dpa

    In Deutschland genießen die Kirchen eine besondere rechtliche Stellung. Trotz grundgesetzlicher Verankerung wird deswegen oftmals von einer "hinkenden" "hinkende" Trennung von Staat und Kirche gesprochen. Kritikpunkt dabei ist insbesondere die Kirchensteuer.


    Ein Beitrag von Silvia Kortmann (IBKA)

    Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

    Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

    Ein Widerspruch in der Trennung von Staat und Kirche

    Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

    „(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

    Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

    Das System Kirchensteuer

    Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

    Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

    Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

    Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

    Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

    Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.


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    picture alliance/dpaMitgliederschwund auch aufgrund der Kirchensteuer? Laut der deutschen Bischofskonferenz verzeichnet die katholische Kirche seit 1990 mehr als 100.000 Kirchenaustritte pro Jahr. Foto: picture alliance/dpa

    In Deutschland genießen die Kirchen eine besondere rechtliche Stellung. Trotz grundgesetzlicher Verankerung wird deswegen oftmals von einer eine "hinkende" Trennung von Staat und Kirche gesprochen. Kritikpunkt kritisiert. Streitpunkt dabei ist insbesondere die Kirchensteuer.


    Ein Beitrag von Silvia Kortmann (IBKA)

    Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

    Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

    Ein Widerspruch in der Trennung von Staat und Kirche

    Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

    „(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

    Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

    Das System Kirchensteuer

    Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

    Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

    Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

    Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

    Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

    Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.


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    picture alliance/dpaMitgliederschwund auch aufgrund der Kirchensteuer? Laut der deutschen Bischofskonferenz verzeichnet die katholische Kirche seit 1990 mehr als 100.000 Kirchenaustritte Kirchenaustritt pro Jahr. Foto: picture alliance/dpa

    In Deutschland genießen die Kirchen eine besondere rechtliche Stellung. Trotz grundgesetzlicher Verankerung wird deswegen eine "hinkende" Trennung von Staat und Kirche kritisiert. Streitpunkt dabei ist insbesondere die Kirchensteuer.


    Ein Beitrag von Silvia Kortmann (IBKA)

    Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

    Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

    Ein Widerspruch in der Trennung von Staat und Kirche

    Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

    „(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

    Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

    Das System Kirchensteuer

    Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

    Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

    Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

    Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

    Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

    Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.


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  • Widerspricht die Kirchensteuer der Trennung von Staat und Kirche?

    von Community Management , angelegt

    picture alliance/dpaMitgliederschwund auch aufgrund der Kirchensteuer? Laut der deutschen Bischofskonferenz Link: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/Zahlen%20und%20Fakten/Kirchliche%20Statistik/Allgemein_-_Zahlen_und_Fakten/DBK_Zahlen-und-Fakten2013-14_Internet.pdf verzeichnet die katholische Kirche seit 1990 mehr als 100.000 Kirchenaustritt pro Jahr. Foto: picture alliance/dpa

    In Deutschland genießen die Kirchen eine besondere rechtliche Stellung. Trotz grundgesetzlicher Verankerung wird deswegen eine "hinkende" Trennung von Staat und Kirche kritisiert. Streitpunkt dabei ist insbesondere die Kirchensteuer.


    Ein Beitrag von Silvia Kortmann (IBKA) Link: https://publixphere.net/i/publixphere-de/user/IBKA

    Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

    Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

    Ein Widerspruch in der Trennung von Staat und Kirche

    Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

    „(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

    Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

    Das System Kirchensteuer

    Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

    Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

    Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

    Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

    Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

    Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.


    Links zum #pxp_thema "Religion und Politik"

  • Widerspricht die Kirchensteuer der Trennung von Staat und Kirche?

    von Silvia Kortmann (IBKA), angelegt

    Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

    Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

    Ein Widerspruch in zwischen der Trennung von Staat und Kirche

    Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

    „(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

    Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

    Das System Kirchensteuer

    **Wann Kirchensteuer gezahlt werden muss

    Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

    Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

    Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

    Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

    Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

    Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.

  • Widerspricht die Kirchensteuer der Trennung von Staat und Kirche?

    von Silvia Kortmann (IBKA), angelegt

    Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

    Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

    Ein Widerspruch zwischen der Trennung von Staat und Kirche

    Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

    „(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

    Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

    **Wann Kirchensteuer gezahlt werden muss

    Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

    Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

    Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

    Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

    Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

    Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.