+5

JIK: Wie vielfältig soll Deutschland sich präsentieren?


Foto: picture alliance / dpaIm Bild: Die deutsche Botschaft in Paris. Foto: picture alliance / dpa

Die vielfältige gesellschaftliche Realität der Bundesrepublik sollte sich auch in den Einrichtungen widerspiegeln, die Deutschland im Ausland vertreten. Das fordert die Junge Islam Konferenz. Welche Vorteile hätte eine vielfältige Besetzung?


Ein Beitrag von Junge Islam Konferenz

Der Blick von außen auf das Einwanderungsland Deutschland

Innenpolitische Entwicklungen in Deutschland werden seit jeher auch auf der politischen Weltbühne mit großem Interesse verfolgt. Ereignisse wie der Mord an Marwa El-Sherbini oder die Attentate des NSU haben der Reputation Deutschlands im Ausland stark geschadet. Auch die Proteste von Pegida und der Aufstieg der national-konservativen AfD sind nicht unbemerkt geblieben. So machte Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier im Januar auf die Verantwortung deutscher Auswärtiger Politik aufmerksam: „Pegida schadet nicht nur unserem Land, es wirft auch ein schlechtes Bild auf Deutschland im Ausland […] Umso wichtiger ist es, dass wir klar und deutlich sagen: 'Pegida' spricht nicht für Deutschland.“

Die interkulturelle Öffnung deutscher Institutionen im Ausland und insbesondere die vermehrte Einstellung von Menschen mit Migrationshintergrund könnten wichtige Schritte sein, um zu einer besseren und realitätsnäheren Repräsentation Deutschlands im Ausland beizutragen.

Als führende Institutionen stehen neben dem Auswärtigen Amt das Goethe-Institut, das Institut für Auslandsbeziehungen, die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie die Deutschen Handelskammern im Ausland in zentraler Verantwortung, ein zeitgemäßes Deutschlandbild im Ausland zu vermitteln. Dabei kommt Botschaften und Generalkonsulaten als staatlichen Repräsentanzen sicherlich eine besonders wichtige Rolle zu.

Deutsche Organisationen im Ausland müssen die Vielfalt innerhalb Deutschlands wiederspiegeln

Bisher sind die Barrieren für den beruflichen Zugang zu staatlichen Institutionen für Deutsche mit Migrationshintergrund sehr hoch. Zahlreiche Studien belegen, dass bei den schulischen und beruflichen Aufstiegschancen noch immer Diskrepanzen zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund herrschen. Akteure der auswärtigen Politik sollten sich dieser Schieflage in den eigenen Strukturen annehmen. Wir plädieren dafür, gezielt darüber zu diskutieren, wie Menschen mit Migrationsgeschichte bestmöglich in die Arbeit der auswärtigen Politik Deutschlands eingebunden werden können. Auch wäre zu erörtern, welche Instrumente zur Inklusion sozial benachteiligter Gruppen, beispielsweise Quotenregelungen, besonders sinnvoll sind. Wir sind davon überzeugt, dass die Mitarbeiter_innen im Ausland aktiver deutscher Einrichtungen die vielfältige gesellschaftliche Realität der Bundesrepublik widerspiegeln müssen und dass sich das auf ein positives Deutschlandbild im Ausland auswirken wird.

Als Junge Islam Konferenz möchten wir die Debatten und Entwicklungen im Bereich Deutschlandbild im Ausland kritisch begleiten. In diesem Feld sehen die oben genannten Institutionen in zentraler Verantwortung, das Deutschlandbild im Ausland repräsentativer und zeitgemäß zu vermitteln. Besonders der Verein DeutschPlus – Initiative für eine plurale Republik und die Deutschlandstiftung Integration haben dafür einen entscheidenden Input geleistet, deutsche Institutionen im Ausland stärker für Menschen mit Einwanderungsgeschichte zu öffnen. Wir befürworten auch die Anstrengungen des Auswärtigen Amts, die hierzu im Rahmen des Projekts Review 2014 – Außenpolitik Weiter Denken angestoßen worden sind. Wir sind gespannt, unsere gemeinsamen Perspektiven in die weitere Debatte einzubringen. Daher die Frage an euch:

Was wäre der Vorteil davon, wenn deutsche Institutionen im Ausland vielfältiger besetzt wären?


Links


Kommentare

  • Vielen Dank für Eure Impulse. Bei der JIK versuchen wir die Balance zwischen Optimismus und Realismus zu wahren: einerseits glauben wir an die Begegnung zwischen Menschen, die sich über die eigenen Vorurteile hinaus nicht begegnen würden, daher bieten wir eine Dialogplattform für junge Menschen. Andererseits sind wir so realistisch zu merken, dass sich bestimmte Zustände nicht ohne bestimmten Nachdruck, sei es in Form von Regelungen wie Quoten, ändern werden. Die Unterrepräsentanz bestimmter gesellschaftlicher Gruppen – sei es aufgrund sichtbarer, also zugeschriebener Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit, aber eben auch aufgrund von Gender oder sexueller Orientierung etc. – muss unseres Erachtens auch (!) mit „härteren“ Maßnahmen verfolgt werden. Es geht bei der Vertretung von Menschen mit Migrationshintergrund in Institutionen der Auswärtigen Politik nämlich nicht um die sozusagen „unsichtbaren“ Migrationshintergründe, sondern um die, aufgrund derer Menschen Rassismuserfahrungen machen … Dazu werden wir in den kommenden Wochen weitere Diskussionen hier anregen und freuen uns über Euer Feedback!

    • Hallo JIK, manche Dinge brauchen ein "Vehikel", um wahrgenommen zu werden. Deshalb ist auch eine Quotenforderung gut.

      Habt ihr Beispiele, wie andere Länder es machen? Gibt es schon irgendwo auf der Welt eine Art Quote?

  • Innen und Außen

    Hallo JIK, es waere schoen, wenn 'Migrationsgeschichten' im oeffentlichen, auch auswaertigem Dienst komplett selbstverstaendlich sind, anteilig zu den 'Migrationsgeschichten' in Deutschland. Die Realitaet ist meist anders, da kommen die bohrenden Fragen: woher kommen Sie? Jaja, aber woher kommen Sie wirklich? Das ist aber kein deutscher Name! usw.

    Ich glaube, Vielfalt als Normalitaet hilft uns allen. Auf unsere Vielfalt koennen wir Deutsche auch mal stolz sein. Ist besser als Einfalt.

    • Die Frage ist ja nur: Wie bekommen wir dies hin? Neben gezielter Förderung, Mentorenschaft etc. stellt die JIK ja auch die Frage, ob wir eine Quotenregelung benötigen. Und ich würde sagen: Ja! Doch dann stellt sich wiederum die Frage: für wen genau? Ab wann trage ich zur Diversität bei? Dem Bild Deutschalnds würde es wahrscheinlich auch nicht schaden, mal ein paar Köpfe einzustellen, die nicht nur fleißige Elite-Studierende sind, sondern auch ein bisschen quer denken. Denn ich fühle mich als Frau mit "nur" deutschem Reisepass von diesen Menschen auch nicht runbedingt epräsentiert. Meine Hoffnung wäre, dass wir mit dem Anstoßen dieser gesellschaftlichen Debatte auch alle Fragen der gesellschaftlichen Repräsentanz diskutieren können. Danke JIK für den Anstoß.

      • Das nächste Quoten-Chaos? Ich bin eigentlich ganz einverstanden, nur bei "Quote" droht Ungemach. Für wen soll es eine Quote geben? Für Menschen mit Migrationsgeschichte? Zum Beispiel in der dritten Generation? Wird da nicht getrennt, was längst zusammengehört? Just askin.

        • Genau das ist ja mein Punkt! Ich habe Sympathien für ein Quote. Aber während es bei einer "frauen-Quote" noch vergleichsweise einfach ist (ohne jetzt die Queer-Debatte aufgreifen zu wollen) zu erkennen, wer eine Frau bzw. Mann ist, fällt es in diesem Fall um einiges schwerer eine klare Grenze zu ziehen, wer einen "Migrationshintergrund" hat oder nicht. Und ich stimmte dir auch darin zu, dass die Gefahr besteht, dass man damit Grenzen zieht, die eigentlich keine sein sollten.

          Dennoch: Wir benötigen eine Diskussion darüber. Und die Frage nach einer Quote ist dafür kein schlechter Ausgangspunkt. Denn wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass dies keine gute Lösung ist, müssen wir Alternativen aufzeigen können.

          Was wäre denn deine?

  • Mein (persönlicher) Eindruck ist ein anderer, ich bin viel gereist und habe etliche Deutsche (und davon viele mit Migrationshintergrund) in aller Welt kennengelernt, die für die besagten Institutionen arbeiten. Habt ihr Links zu den erwähnten Studien?

    Ich finde die Diskussion ein wenig weit hergeholt. Wenn Diversität, dann bitte nicht nur nach außen, sondern v.a. nach innen...denn letztendlich ist es die innerdeutsche Wahrnehmung, die sich doch nach außen spiegelt und nicht, wer das Land im Ausland vertritt (bzw. welcher Herkunft Menschen haben). Was bedeutet das überhaupt? Ganz doof gefragt: Wie sollen Menschen im Ausland das überhaupt wahrnehmen, mitbekommen? Oder soll das als Image kommuniziert werden "XX% unserer Mitarbeiter deutscher Organisationen im Ausland haben Migrationshintergrund?"...

    Bzgl. der Quotendiskussion schließe ich mich den anderen Kommentaren an...nach welchen Richtlinien soll die Quote gemessen werden, wo sind die Grenzen?

    • Das Auswärtige Amt hat festgestellt, dass sich durchschnittlich 10 bis 18 Prozent der Bewerber_innen einen Migrationshintergrund haben. Verschiedene Gründe werden angeführt, die dazu führen können, dass sich Menschen mit Zuwanderungsgeschichte eher nicht bewerben, z.B. das elitäre Image des Diplomatischen Dienstes ... Grundsätzlich bezeichnet u.a. Steinmeier die Kompetenzen von Menschen mit kulturellen Mehrfachzugehörigkeiten als unabdingbar für die Bewältigung globaler Herausforderungen heutzutage, angefangen bei Sprachkenntnissen bis hin zu einer gewissen Glaubwürdigkeit in Ländern, aus denen die Eltern oder Großeltern der Diplomat_innen kommen. Steinmeier sagte außerdem: „Wir sollten keine Angst davor haben, wenn der deutsche Diplomat im Ausland vom Aussehen her nicht typisch deutsch aussieht.“ Es geht also, auch der JIK, einerseits um die Grundlage dafür, sich mit einer Instiution wie dem Auswärtigen Amt, als junger Mensch mit Zuwanderungsgeschichte identifizieren zu können. Dafür sollen z.B. auch Sprachen wie Arabisch, Persisch und Türkisch besser anerkannt werden. Es geht auch um eine repräsentative Sichtbarkeit, Anerkennung und Teilhabe der Bürger_innen mit Migrationshintergrund und die Schaffung institutioneller Strukturen dafür.

      Tagesspiegel.de: Neue Diplomaten braucht das Land