Refugees welcome? Wie steht es um die Willkommenskultur in Deutschland? Foto: blu-news.org (CC BY-SA 2.0)
Wird der Begriff "Willkommenskultur" in der Flüchtlingsdebatte überstrapaziert? Stimmt ihr der Meinung von 'Doro' zu?
Ein Beitrag von Doro
Es ist heuchlerisch, Gäste, die man nicht eingeladen hat, willkommen zu heißen. Man wird ihnen die Tür nicht vor der Nase zuschlagen, man wird sie fragen, was man für sie tun kann, man wird ihnen Hilfe zuteil werden lassen. Man wird pragmatisch mit ihnen umgehen, nicht jedoch überschwänglich, emotional.
Gern wird in der heutigen Flüchtlingsproblematik das Beispiel heran- gezogen, dass West-Deutschland zwischen 1945 – 50 ja auch ca 12-14 Millionen geflüchtete und vertriebene Deutsche aus den deutschen Ostgebieten und aus Mittel- und Osteuropa aufgenommen und integriert habe. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass sich die Frage des Asyls, aus welchen Gründen auch immer, nicht stellte. Die Flüchtlinge und Vertriebenen hatten – oder sehe ich das falsch? – nicht die Wahl, zu bleiben oder zu gehen, wenn sie als Deutsche in einem deutschen Staatsgebiet leben wollten.
Und es wird bei dem Beispiel übersehen bzw. die Erinnerung verklärt: Es gab keine Willkommenskultur für Flüchtlinge und Vertriebene „aus dem Osten“. Es gab viel Ressentiments auf Seiten der Alteingesessenen, und es war für die deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen schwer, beruflich und wirtschaftlich Fuß zu fassen. Allerdings machte es dem Deutschland der Nachkriegszeit das „deutsche Wirtschaftswunder“ leichter.
Was ich mit meinem Beitrag sagen will: nicht die alte Leier „Großeltern und Eltern haben es auch nicht leicht gehabt, warum sollten es ausländische Flüchtlinge heute leichter haben“, nein, nicht das, aber schon ein bisschen mehr Nüchternheit und Pragmatismus im Umgang mit Asylbewerbern: Hilfsbereitschaft und zugleich die ehrliche Selbsterkenntnis, was wir können, ohne uns selbst zu überfordern. Und die Frage nach der Situation in ihren Herkunftsländern sollte nicht verboten werden.
Das Wort „Willkommenskultur“ reißt unnötig einen Graben auf zwischen seinen Verfechtern und denen, die keine „Gutmenschen“ sein wollen. Ja, ich denke, Letztere wollen aus Trotz böse sein, wollen schlecht sein, mögen die „Gutmenschen“ nicht und mögen sich aber auch selbst nicht. Wer hat sie bei ihrer Geburt willkommen geheißen? Die Gesellschaft, ihre Eltern? Waren sie Wunschkinder? Wenn die Medien sie heute als „rechtes Pack“ bezeichnet, stört sie das wahrscheinlich gar nicht. Ja, das sind wir, und das wollen wir sein, mögen sie denken. Es ist etwas Selbstzerstörerisches in ihren Brandanschlägen gegen Flüchtlingsheime, meine ich. Und ich sehe nicht so sehr darin ein rassistisches Programm. Ich wage sogar die These, dass sie in ihrer psychischen Verfassung Einiges gemein haben mit den Kämpfern des IS. Zerstörungswut gegen alles Bestehende, gegen alles Gute, gegen die Menschlichkeit, gegen alles Harmonisierende, gegen die Liberalität, und schließlich gegen sich selbst.
Wie ist solchen Menschen beizukommen? Mit Moral, mit Erziehung? Auf jeden Fall sollten Brandanschläge als Terrorakte eingestuft, verfolgt und bestraft werden. Aber das ist nur ein Reagieren auf Symptome. Wie kommt man tiefenpsychologisch gegen das Böse, das in jedem Menschen steckt, das sich aber z.Zt. in den rechtsradikalen Gruppen sichtbar Luft macht, an? Mit Religion?
Auf jeden Fall sollte das Wort „Willkommenskultur“ nicht Standard werden. Es ist zu altruistisch und überhöht und ein Reizwort und fordert die Schlechtigkeit derer, die süße Torte nicht mögen, geradezu heraus.