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Die Macht ist stark in ihr!


Foto: Die großen Hollywood-Blockbuster stehen im Ruf, oft reine Männerwelten zu zeigen. Ändert sich das nun? Foto: Kristina Alexanderson (CC BY-NC-ND 2.0)

Hollywood bringt aktuell mehr HeldInnen auf die Leinwand. Ist das für euch von Bedeutung? Das fragt miracle...


Ein Beitrag von miracle

Die Award-Season in den USA hat begonnen, 40 aktuelle Filme wurden geleakt und ich verbringe meine Freizeit mit dem Schauen von Filmen. Vielen fällt auf, dass immer mehr Heldinnen im Mittelpunkt der Erzählungen stehen, beispielweise bei Star Wars, Mad Max: Fury Road und Mockingjay.

Ich frage mich, ob sich schon von einem Trend sprechen lässt. Und achten wir als ZuschauerInnen noch darauf, wie die Rollen zwischen den Geschlechtern verteilt sind oder ist das egal?

Auf diese Gedanken gebracht hat mich ein Post der Autorin @milch_honig:

Gestern haben wir StarWars geschaut – an einem Samstag, der sich wie Sonntag anfühlte, leicht verkatert und unterkühlt, Reste essend, Konfetti in der Bettenburg. Teil IV bis VI. Irgendwann meinte mein Freund: Ich versuche das jetzt mal so zu schauen, wie das für dich sein muss. (...). Er stelle sich jetzt vor, alle Figuren außer ein zwei seien Frauen, überall würden Frauen rumrennen, der ganze Film sei voll mit Frauen, die auf andere Frauen schießen, die im Inneren mit sich selbst ringen, immer Gefahr laufen, von der dunklen Seite der Macht verführt zu werden und Han Solo liegt im sexy Sklavenoutfit Jabba zu Füßen.

Sarah Süßmilch, 3. Januar um 12:08 · Berlin

FRAGE: Wie wichtig ist euch das geschlechtergerechte Casting? Brauchen Frauen solche neuen weiblichen Identifikationsfiguren?


Mehr zum Thema:

Chickenwings: Ist Hollywood fair?


Kommentare

  • Hallo Miracle, zunächst mal, ich habe keine Ahnung. Es gibt sicher viel Wissenschaft zum Thema, die ich leider nicht kenne. Aber ein paar persönliche Überlegungen...

    Wie mächtig sind die Fiktionen, die wir uns täglich reinziehen?

    Ich hatte hier mal einen Aha-Moment. Irgendwann nachts sah ich eine Folge T.J.Hooker (eine 80er Serie, nicht der Rede wert). Und nach ein paar Minuten fiel mir wieder ein, wie sie ausgeht. Ich hatte sie also schon einmal gesehen, offenbar vor vielen vielen Jahren (das Zeug läuft in Wiederholungs-Schleifen auf Kabel 1, RTL2, was auch immer). Jedenfalls dachte ich, wie krass. Irgendwo im Kopf bleibt dieses unnütze Wissen zum Ausgang einer T.J. Hooker-Folge über Jahre hinweg zumindest in soweit abgespeichert, dass man es wiedererkennt. Also ich würde mal die These wagen, dass unsere Köpfe randvoll sind mit diesen Erzählungen und Fiktionen.

    Das führt zu der Frage, inwieweit sie unbewusst unsere Bilder von der Welt und unseren realen Möglichkeitssinn prägen. Wenn ich immer nur männliche Präsidenten, Polizisten, Gangster, Helden, Politiker und so weiter gesehen habe, dann fällt es mir auch real schwer, mir Frauen in diesen Rollen vorszustellen. Dann ist das nicht selbstverständlich, weil ich es noch nicht tausendfach gesehen habe.Oder ist das zu einfach gedacht?

    Wer darf wie sein und was tun?

    Inzwischen achte ich oft drauf, wer im Film welche Handlungsmöglichkeiten hat, wer Held sein darf und Schurke. Und bei den Hunger Games ist es wirklich frappierend. Der Held ist eine Frau. Der Rebellenanführer ist eine Frau. Die neue Anführerin ist eine Frau. So dreht der Film im Ansatz die übliche Männerdominanz anderer Filme um (ohne ins Extrem zu gehen, und nur Frauen zu zeigen). Wieder etwas simpel gefragt: Führt das dazu, dass Mädchen und Frauen sich dank dieser fiktionalen Vorbilder eher zutrauen, Heldin zu sein? Präsidentin? In jedem Fall voll selbstbestimmt und maximal handlungsfähig?

    MANOHLA DARGIS hat es in der New York Times gut beschrieben. Die Hunger Games-Heldin Katniss entzieht sich einfach den traditionellen Frauenbildern, die das Mainstream-Blockbuster-Kino sonst so zu bieten hat. Sie ist "something else (not the Girl, not the Virgin or the Whore)". Ziemlich cool ist zum Beispiel wie Katniss zwischen zwei Liebhabern hin und her switcht, ohne den klassischen Ärger zu provozieren, indem sie sich männlichen Besitzansprüchen entzieht. Das alles hat das progessive Kino natürlich schon seit Jahrzehnten durch, aber es macht doch einen Unterschied, wenn uns das die globalen Riesenfiktionen wie Star Wars oder Hunger Games wie selbstverstänlich vor Augen führen.

    Entspannung!

    Und irgendwie habe ich die Hoffnung, dass die geschlechtergerechte Besetzung zur allgemeinen Entspannung beiträgt. Genauso wenig wie Frauen darauf festgelegt werden, das schmückende Beiwerk oder das passive Objekt der Begierde zu sein, sind Männer noch darauf festgelegt, alles James-Bond-mäßig in Grund und Boden prügelnd und schießend zu lösen und zu retten. Die unbewussten Erwartungshaltungen an die Geschlechter schwächen sich ab und verschwimmen.

    Aber wie gesagt, ich habe keine Ahnung, ob ich das alles überschätze.

    PS: Auch im T.J Hooker-Team gibt es eine Frau. Die Fälle lösen allerdings andere: Foto

    • Ich würde mit der Macht die diese Fiktionen ausüben sogar noch einen Schritt weiter gehen. Sie beginnen nicht erst mit dem Ferneshkonsum, sondern setzen schon bei den ersten Erzählungen an mit denen wir im Kinderzimmer konfrontiert werden. Welche schwierigen Implikationen das für die politische Sozialisation beinhaltet hat Gerd Strohmeier vor ein paar Jahren in der Link APUZ illustriert. Das ist natürlich keine neue Erkenntnis, auch Pippi Langstrumpf stand auf Grund seines emanzipierten Frauenbilds auf dem Index. Was uns in Hollywood, begegnet baut leider schon auf uns bekannten Erfahrungsmustern auf. Sei es ein Patriarchat, oder Zweigeschlechtlichkeit, dass traditionelle Kinderbuch/Höhrspiel bedient kaum moderne Rollenbilder. Inwiefern sich diese Struktur aufweicht finde ich schwer einzuschätzen. Star Wars Episode 7 ist in jedem Fall keine neue Entwicklung. Disney bedient sich schon länger starken weiblichen Hauptfiguren um ein anderes Zielpublikum anzusprechen (Ich glaube Mulan war die erste emanzipierte Disney Prinzesin?) und die Star Wars The Clonwars Zeichentrick Serie sollte nicht nur ein jüngeres, sondern mit einer weiblichen Hauptfigur, auch feminines Publikum ansprechen.

      Resümee

      Ich würde die Ausgangsfrage von Miracle vieleicht umformulieren und hinterfragen, ob es nicht Frauen, sondern vielmehr Männer sind die starke weibliche Protagonisten brauchen. Obwohl ich ihre Art zu polarisieren mitunter schwierig finde, hat Alice Schwarzer einem gesellschaftlichen Phänomen der jetzigen Generation gut Ausdruck verliehen. Die Frauen die Ende der 80er und Anfang der 90er großgeworden sind haben Emanzipation als etwas selbstverständliches erlebt für das sie nicht mehr kämpfen müssen, quasi mit der Einstellung "ich kann Minirock tragen und trotzdem ernstgenommen werden", sobald sie jedoch die geschützte Umgebung des Elternhauses und der Schule verlassen merken sie schnell wie fern diese Vorstellung von der Realität liegt. Die ++Entspannung++ sehe ich leider nicht. Ich glaube vielmehr, dass es sich dabei um Randerscheinungen einer vermeintlichen Emanzipation handelt auf der wir uns ausruhen. Das beinhaltet nicht nur den Vorstand von Daxunternehmen, oder die Zusammensetzung politischer Parteien, sondern beginnt schon im privaten, wo spätestens nach den ersten Kindern, traditionelle Leitbilder dominant werden. Weibliche Hauptfiguren sind sicherlich eine positive Entwicklung, die wirkliche Gleichstellung mit ihren männlichen Pendant bleibt aber eine Hollywood Phantasie.

      • Ich bin da weitestgehend unentschlossen, kenne ähnlich wie Alex auch aktuelle wissenschaftliche Erhebungen zum Thema nicht. Zwei Anmerkungen in Rekurs auf das vorher geschriebene: Sozialisation durch Geschichten-erzählen ist Küchenpsychologie und das Worte die Realität tragen und tradieren habe ich an anderer Stelle schon gesagt. Selbstverständlich: Grimms Märchen tradieren das Prinzessinnen-Bild, sucht man ein bisschen kann man aber durchaus auch mutige und kluge Mädchen finden - Schneewittchen zum Beispiel oder Gretel. Als große Disneyliebhaberin musste auch ich nach und nach anerkennen, dass dort Moralvorstellungen vorherrschen und Hierarchien manifest werden, die ich so heute nicht mehr teile. Vielleicht hat sich der Film verändert, wie die Welt sich verändert - mit gewissen Schranken selbstverständlich. Und damit meine ich neben den Oscar-Nominierungen (...) auch die imho vorwiegende Art der Darstellung der nun erstarkten Frau: kohärent zum angeblich überholten Prinzessinnenbild ist sie mutig und stark aber doch vor allem eines: schön und sexy. Wenn wir allein das Auftauchen von Frauen vor dem Hintergrund geglückter Emanzipation bewerten vergessen wir das wesentlich: die Inhalte, die allzu oft auf der Strecke bleiben.

        • Also das Wort "Küchenpsychologie" verstehe ich sehr abwertend und absolut unzutreffend für diesen Zusammenhang. Der Zusammenhang zwischen Geschichten und der Produktion und Reproduktion sozialer Realität ist ein Grundgedanke konstruktivistischer Sozialtheorie. Dabei geht es offensichtlich nicht um einen deterministischen Zusammenhand aller: Junge ließt Michel und wird frech/ Mädchen liest Märchen und wird devot, eine solche Relation ist positivistisch und damit in direkter theoretischer Opposition. Die Märchen der Brüder Grimm bieten da leider auch nur in einer sehr modernen Version Grund zur Hoffnung. Im Orginal wird Schneewittchen nicht wachgeküstet, sondern von einem König vergewaltigt und wacht erst durch die Geburt der Kinder auf (devot wie sie ist heiratet sie den König umgehen). Beide Fassungen enden aber auf die gleiche Weise, das Schicksal der Frau erfüllt sich in der Ehe. Ansonten stimme ich aber gänzlich zu, Jennifer Lawrence ist nicht einfach ein neuer Typus weiblicher Heldin, sondern wird zunehmend als Sexobjekt vermarktet.

    • "Geschlechterdifferenzen werden maßlos überschätzt"

      Liebes Forum,

      auf die Frage hier angesprochen, antwortet Anja Marquardt, Regisseurin des Films She's Lost Control (verfügbar u.a. auf iTunes):

      "Nicht so einfach, sich der Debatte zu entziehen, aber mein Bauchgefühl ist seitdem ich angefangen habe darüber nachzu denken, dass Geschlechterdifferenzen maßlos überschätzt werden. Helden, die menschlich komplex sind, bieten sich (für mich) zur Identifikation an. Ob Mann oder Frau oder irgendwo dazwischen ist mir dabei relativ egal. Solange ich denken kann, gab es auch im Mainstream starke Frauen, die ich cool fand. Lola rennt. Femme Nikita. Darryl Hannah, zwar nur als Sidekick, in Blade Runner. Die Racheengel in Tarantinos Filmen. Die sich opfernden Hauptfiguren, alle weiblich, in Lars von Triers Filmen.

      Womit ich eher ein Problem habe, was aber auch nicht immer politisch zu erklären ist, sind schwach oder eindimensional konstruierte Figuren ."