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Venezuela nach Chavez


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Ein Beitrag von leamueller

Venezuela's Abrutsch in eine nationalsozialistische "bolivarianische" Diktatur und das Schweigen der westlichen Demokratien.


Kommentare

  • hneuber ist dagegen
    +4

    Ein erschreckendes Niveau, das die Userin „leamueller“ hier pflegt. Schon der Leadsatz („nationalsozialistische Diktatur“) disqualifiziert sie im Grunde als ernstzunehmende Diskutatin. Anyway, kurze Replik:

    1. Venezuela sei von einem „blühenden Land (...) wirtschaftlich ruiniert“ worden. Völliger geschichts- und realitätsferner Unsinn! Unter der Regierung von Luis Herrera Campins Ende der siebziger Jahre stieg die Inflation erstmals über 20 Prozent, um Mitte der achtziger Jahre unter Staatschef Jaime Lusinchi gar 34,1 Prozent zu erreichen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kollaps der venezolanischen Wirtschaft schon nicht mehr aufzuhalten. Als die Politiker Andres Pérez und Rafael Caldera in den neunziger Jahren zum jeweils zweiten Mal eine Regierung in Venezuela führten, betrug die Inflation durchschnittlich 104,5 Prozent, beziehungsweise 194,3 Prozent. Diese Zahlen wurden bei der jüngsten Kritik offenbar vergessen.
    2. Maduros Wiederwahl wird „von vielen“ bezweifelt? Won wem denn, „leamueller“? Selbst der Ex-Putschist, Oppositionelle und übrigens mehrfach unterlegene Präsidentschaftskandidat der politischen Rechten, Henrique Capriles Radonski, erkennt das Ergebnis an. Ebenso wie Celac, OAS, Unasur, ALBA, EU ... Die These, dass das Ergebnis angezweifelt wird, wird offenbar alleine von Ihnen und Ihren Freunden aus dem Club rechtschreibschwacher Maduro-Gegner vertreten.
    3. Meinung- und Pressefreiheit wird unterdrückt? Nach dem offiziellen Zahlen der Telekommunikationsbehörde Conatel hat die Zahl der Medien – auch der privaten! – in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. In den vergangenen Tagen fanden mehrere Demos mit tausenden Oppositionellen statt. Aber eben auch sogenannte „Guarimbas“, gewalttätige Ausschreitungen von Vermummten, die Nagelbomben und Schusswaffen eingesetzt haben. Ein junger Mann, Mitglied der Nationalgarde wurde erschossen. Wissen Sie das nicht oder wollen Sie das nicht wissen?
    4. Venezuela hat Probleme – auch und gerade unter Präsident Maduro. Das sind aber nach wie vor Probleme der Rentenökonomie, die über Jahrzehnte verschleppt und auch unter dem „Chavismus“ nicht gelöst wurden. Da muss sich etwas ändern. So viel Meinungsfreiheit und Demokratie wie heute hat es in dem Land aber noch nie gegeben. Erstmals sind die brieten Bevölkerungsmassen in die demokratischen Prozesse eingebunden, nicht nur die Ober- und Mittelschicht. Dass das nicht allen passt, wird anhand solcher unterirdischer Beiträge immer wieder deutlich.
    5. Frage zur Debatte: Hat „leamueller“ keine Ahnung oder vertritt sie politische Interessen?
  • Hinweis: Liebe/r leamueller, die Redaktion hat Deinen Diskussionsanstoß aufgegriffen und die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) nach der Lage in Venezuela gefragt. HRW antwortet:

    "Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kommentierte die Ereignisse in Venezuela in mehreren Pressemitteilungen. Der Amerika-Direktor Jose Miguel Vivanco bezeichnete die Vorgehensweise der Regierung als die eines autoritären Regimes, da sie von Inhaftierungen von Oppositionellen, Zensur der Medien, und Einschüchterung der Zivilgesellschaft geprägt ist. Bezüglich letzterer stellte HRW am 21. Februar fest, dass venezolanische Sicherheitskräfte tagelang mit übermäßiger, ungerechtfertigter Gewalt gegen Demonstranten vorgingen, beispielsweise Inhaftierte schlugen und auf unbewaffnete Zivilisten schossen.

    Die aktuelle Situation in Venezuela ergibt sich aus den Legislaturperioden der Präsidenten Chavez und Maduro, die kontinuierlich die Macht der Exekutive größtenteils auf Kosten der Zivilbevölkerung und Medienvertreter ausbauten. Seit September 2013 gilt die Entscheidung der venezolanischen Regierung, von der Amerikanischen Menschenrechtskonvention zurückzutreten und beraubt somit die venezolanischen Bürger des Zugangs zum Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte."

    • Kann man denn so einfach sagen, dass die venezolanische Regierung alleinige Schuldige an dieser Situation ist?

      In einem Artikel, der von der Pressekonferenz des venezolanischen Botschafters in Berlin (der Chaves heißt) berichtet, wird dieser zitiert:

      "Nach den Worten des Botschafters liegen die Ursachen der instabilen Situation darin, dass die grundlegenden Probleme der einseitigen Ölwirtschaft zu langsam gelöst werden. "Insbesondere die Inflation ist eine große Belastung für die Bevölkerung", so Chaves. Eine weitere Ursache liege darin, dass die rechte Opposition in Venezuela die Demokratisierung des Landes sowie dessen neue Verfassung, auf die gerade die früher ausgeschlossenen Bevölkerungsteile stolz seien, nie wirklich anerkannt habe."

      Ist das totaler Schmarrn oder steckt da auch etwas hinter?

  • Hier werden einige Mythen über Venezuela verbreitet, leider auch durch HRW:

    1) Venezuela ist laut Verfassung eine partizipative Demokratie. Auf allen Ebenen der Gesellschaft (Kommune, Region, Bund) können Bürger direkt eigene Gesetze einbringen und Volksabstimmungen durchführen. Außerdem können die Bürger auf kommunaler Ebene erhebliche Finanzmittel direkt (ohne Bürgermeister) verwalten.

    2) Venezuela besitzt ein modernes, plurales aber polarisiertes Mediensystem. Neben den "normalen" privaten Medien (die größten Fernseh-, Radiosender und Zeitungen), hat die Regierung in den letzten Jahren öffentliche Medien aufgebaut. Drittens existieren etwa 500 selbstverwaltete Bürgermedien. Von diesen drei Mediensektoren ist der privatwirtschaftliche der größte und steht ausdrücklich der Opposition nahe, deren Propaganda dort auch verbreitetet wird.

    3) Venezuela verfügt über eine ganz normale parlamentarische Demokratie. Zugelassen sind etwa 500 Parteien. Davon haben etwa 25 Abgeordnete im Bundesparlament. Die stärkste Fraktion ist zwar die Regierungspartei PSUV, aber die Opposition stellt knapp 33 Prozent der Sitze. Hinzukommt, dass die Opposition einige der 23 Bundesstaaten regiert.

    Dass die Opposition jetzt wieder auf der Straße demonstriert bzw. randaliert, hat damit zu tun, dass sie seit 15 die Wahlen verlieren. Die Zahlen der Toten und Verhafteten, das Gerede von Repression ist extrem übertrieben.

  • Liebe leamueller, ja wirklich krass was da gerade passiert! Ich frage mich auch, warum vom "Westen" nichts kommt! Die USA haben zwar reagiert - aber nur, indem sie Mitarbeiter der venezuelanischen Botschaft des Landes verwiesen haben (wohl aber nicht die Reaktion, die man sich wünscht...).

    In den Nachrichten wird ja viel darüber berichtet, dass die Proteste so stark eskalieren und die Regierung es einfach nicht mehr in den Griff bekommt. Präsident Maduro lädt jetzt auch noch zu einer (weniger glaubhaften) Friedenskonferenz ein...ob das was hilft, wage ich zu bezweifeln. Die Lage ist zu verhärtet...Venezuela geht es einfach sehr schlecht: schlechte Wirtschaftslage, Inflation und eine hohe Kriminalitätsrate.

    Wer weiß, ob es an Maduro liegt, der ja nach dem Tod von Chavez vor etwa einem Jahr nur knapp gewählt wurde - aber viele unterstützen die linke Regierung nicht mehr bzw. protestieren jetzt aktiv dagegen und fordern einen Regierungswechsel.

    Wie jedoch eine Lösung aussehen könnte - das weiß ich leider auch nicht. Kannst du nochmal genauer in deinem Statement sagen, wie deiner Meinung nach die Rolle der westlichen Demokratien aussehen sollte? Wie könnten sie aktiver werden und ihr Schweigen brechen?

    • Ich bin auch sehr daran interessiert, was da eigentlich passiert. Jetzt reagiert zwar die Welt – z.B. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Papst Franziskus – aber verstehen, was in Venezuela wirklich abgeht, tue ich noch nicht. Da fehlen mir definitiv die Hintergründe.

      Kennst sich jemand von euch besser aus mit Venezuela? Und hat vielleicht auch noch Leute vor Ort, die mehr wissen?

      • Man darf bei der Berichterstattung unserer westlichen Medien erstmal skeptisch sein, was die aktuellen Vorgänge in Venezuela angeht:

        Ich fühle mich an 2002 erinnert, als mit einem durch die Medien inszenierten Staatsstreich, der damalige Präsident Chavez beseitigt werden sollte. Die venezolanischen Privatmedien berichteten damals darüber, wie Chavez-Anhänger von einer Brücke aus auf Demonstranten schossen und es so zu Ausschreitungen und dem Putsch kam. Belegt war das ganze mit einer inszenierten Filmaufnahme, wie sich bald herausstellte.

        An der Stelle kann ich mal wieder die Doku 'The Revolution will not be televised' empfehlen: https://www.youtube.com/watch?v=--tuUUc3PHQ

        Die Organistation Human Rights Watch steht übrigens auf der Gehaltsliste der NED (National Endorsement of Democracy) also der USA und hat eine eigene Wikipediaseite, die 'Criticism of Human Rights Watch' heißt: http://en.wikipedia.org/wiki/Criticism_of_Human_Rights_Watch

        Schau dich am besten nicht ausschließlich bei privaten oder westlichen Medien um, wenn du einen Einblick in das Thema bekommen willst, der der Wahrheit nahe kommt.

  • leamueller ist dafür
    +1

    Danke fuer Deinen Kommentar Lea. Ich denke das es nun vor allem darauf ankommt die Misstaende ueber Medienberichte der Oeffentlichkeit zugaenglich zu machen. Maduro und seine Anhaenger muessen erkennen das sie,auch wenn sie versuchen ihr Land medientechnisch hermetisch abzuriegeln, beobachtet werden und durch die Welt verurteilt werden sollten sie weitere Gewalt anwenden. Genauso wichtig ist es den venezolanischen Studenten und Aktivisten zu zeigen das sie nicht alleine sind und von der Welt gesehen werden. Dies kann durch Veroeffentlichungen und Diskussionen wie auf dieser Plattform, aber vor allem auch durch wertfreie journalistische Berichterstattung. Human Right Watch beobachtet bereits die Lage und ueber "www.HRW.org" - Stichwort "Venezuela"kannst Du die aktuelle Lage verfolgen. Durch gezielte Thematisierung der aktuellen Lage in Venezuela ueber Organisationen wie HRW, durch Publikationen und Medienberichte kann das Regime uU dazu gebracht werden einen friedlichen Weg zur Loesung der Konflikte einzuschlagen.

  • leamueller ist dafür
    +1

    Ich gebe Lea recht das durch die Proteste der letzten Tage die Welt auf die Missstaende im Land aufmerksam gemacht wurde. Auch die EU hat inzwischen die Regierung Venezuelas vor einer Eskalation der Gewalt gewarnt. Das sich die politische und wirtschaftliche Lage in Venezuela ueber die Jahre ungehindert so entwickeln konnte bereitet vielen grosse Sorge. Ein bluehendes Land wurde ueber die Jahre durch zweifelhafte Machthaber wirtschaftlich ruiniert, Buerger an freier Meinungsaeusserung gehindert und Oppositionsfuehrer unter zweifelhaften Begruendungen ins Gefaengnis geschickt und zum Schweigen gezwungen.Unter Chavez wurde mehrmals das Grundgesetz geaendert um eine Wiederwahl zu ermoeglichen. Ob die Wahl Maduros nach dem Tod von Chavez rechtmaessig war wurde durch Viele bezweifelt. Die Methoden der Regierung um an der Macht zu bleiben deuten nicht auf demokratische Mechanismen. Haetten befreundete Demokratien frueher die schleichende Entdemokratisierung erkannt und waeren ihr entgegen getreten waere moeglicherweise viel Leid verhindert worden. Heute sind es wieder die Jugendlichen, die Studenten und Aktivistem, die den Mut haben den Misstaenden in ihrem Land eine Stimme zu geben!

    • Liebe Lea, dank dir für die Einordnung. Es scheint, als hättest du einen guten Einblick und mindestens viele Kontakte in Venezuela. Was meinst du: Wie können wir hier in Deutschland am besten unterstützen?

    • hneuber ist dagegen
      +1

      "leamueller" gibt "Lea" Recht? Eine gespaltene Persönlichkeit? Mit welcher von ihnen soll ich jetzt diskutieren?