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Soll Deutschland sich außenpolitisch stärker engagieren?


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Diplomatie im Juni 2014: Der russische Außenminister Sergej Lawrow (l) im Gespräch mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (r). Foto: picture alliance / dpa


Ein Beitrag der Körber-Stiftung

Soll sich Deutschland außenpolitisch stärker einmischen oder lieber zurückhalten? Frank-Walter Steinmeier will mit dem Projekt Review 2014 eine breite gesellschaftliche Debatte zur Zukunft deutscher Außenpolitik führen. Zum Auftakt haben wir im April und Mai eine repräsentative Umfrage mit TNS Infratest durchgeführt.

Ein Ergebnis: 60 Prozent der Deutschen finden, dass sich Deutschland außenpolitisch zurückhalten sollte. Besonders skeptisch zeigen sich die Befragten in Bezug militärisches Eingreifen: 82 Prozent wünschen sich weniger Militär-Einsätze der Bundeswehr. Ebenso viele Befragte meinen, Deutschland solle weniger Waffen an verbündete Länder liefern. Unabhängig von Alter, Bildungsgrad und Parteipräferenz halten 51 Prozent es für das wichtigste Ziel deutscher Außenpolitik, den Frieden in der Welt zu sichern. Wie und wo soll Deutschland das tun?

Am 3. September sprach Außenminister Frank-Walter Steinmeier über die Zukunft deutscher Außenpolitik im KörberForum – Kehrwieder 12 in Hamburg. Die Veranstaltung war per Video-Livestream unter www.koerberforum.de verfolgbar. Der Moderator hat eine Frage aus dieser Diskussion mit in das Gespräch genommen. Das Gespräch steht als Video in unserer Mediathek zur Verfügung.

KörberForum: "Außenpolitik weiter denken" (weitere Informationen)


Kommentare

  • Priorität Nation Building?

    Hallo Herr Steinmeier,

    gerne würde ich ihre Meinung zum "Nation-Building" hören. Es fällt doch auf, dass viele Staaten und Regionen (trotz oder auch wegen den Eingriffen des Westens) nicht auf die Beine kommen: Afghanistan, Irak, Ägypten, Libyen, Gaza, Syrien....

    Wie kann Deutschland helfen? Und sollte die Unterstützung funktionierender Staatswesen (Gewaltenteilung, Korrputionsbekämpfung etc.) nicht die TOP-Prioriät der aktuellen Debatte sein (weit vor Herrn Gaucks "Ultima Ratio": Kampfeinsatz)?

  • Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier,

    wenn ich Sie, die Frau Bundeskanzlerin, Herrn Gabriel und zuvor schon den Herrn Bundespräsidenten richtig verstehe, rückt diese Bundesregierung von der langjährigen Selbstbeschränkung ab, keine Waffen in Krisengebiete bzw. an direkt Beteiligte in kriegerischen Auseinandersetzungen zu liefern.

    Meine Frage(n): Was veranlasst Sie zu der Einschätzung, dass das Risiko wesentlich geringer geworden ist, dass diese Waffen eines Tages wie schon in Afghanistan und jetzt in Irak geschehen, gegen die Nato und damit die Bundeswehr oder die USA gerichtet werden könnten, wenn sie dem Gegner in die Hände fallen oder die belieferte Partei ihre politische Orientierung ändert?

    Da in Deutschland zum großen Teil Waffen aus dem Hochtechnologiebereich hergestellt werden, für deren Bedienung ein intensives Training nötig ist, möchte ich Sie weiter fragen, ob zu diesem Zweck auch die Entsendung von Bundeswehrsoldaten und Bundeswehroffizieren in diese Krisen- und Kriegsgebiete vorgesehen ist?

    Können Sie ausschließen, dass die von Ihnen dann auch gelieferten einfacheren Waffen wie automatische Gewehre, Sprengstoffe für Pioniereinheiten oder einfache Boden-Luft-Raketen (sogenannte Shoulder Pads oder MANPads) nicht für Anschläge auf Einrichtungen der Bundesrepublik, der EU, der USA in Deutschland selber und auf der ganzen Welt genutzt werden können?

  • Sehr geehrter Herr Steinmeiner,

    wieso richtet sich der Blick bei der außenpolitischen Debatte so häufig auf weiter entfernte Krisengebiete und so selten darauf, dass wir auf dem Balkan, genauer im Kosovo, ein beschämendes Armenhaus mitten in Europa haben, mit Rumänien oder Bulgarien die Armut sogar Teil der EU ist oder mit Griechenland oder Spanien unsere engsten wirtschaftspolitischen Partner (also Euro-Staaten) in der Krise stecken?

    Mit freundlichen Grüßen Mister Ede

  • Hallo Herr Steinmeier!

    Mein Name ist Zebulon Carlander und ich bin ein Student aus Schweden. Meine Fragen sind:

    • Sollte die EU stärker in der Außenpolitik sein?

    • Haben Sie Angst, dass die Welt immer instabiler?

    • Sollte Deutschland spielen eine wichtigere Rolle in der NATO?

    • Deutschland ist eine große Handelsnation. Können Sie mehr tun, um den freien Handel zu fördern?

    • Sollte die NATO zu erweitern?

    • Sollte die EU zu erweitern?

    • Was soll außenpolitischen Prioritäten in Deutschland in den kommenden Jahren sein?

    Danke!

  • Lieber Herr Steinmeier,

    dass wir zu viele Waffen (im übrigen auch Spionagesoftware u.a.) in Krisengebiete und Diktaturen verkaufen ist ja unlängst kein Geheimnis mehr. Dass diese Lobby euch offensichtlich so viel Champagner spendiert, dass pazifistische Gedanken auf der Strecke bleiben, bitteschön.

    Aber wohin soll das führen? Frau von der Leyen führt gegen die ISIS nun einen 'gerechten' Krieg, oder wie?

    Bringen wir nicht doch nur wieder Waffen in Hände, die sich später gegen westliche Werte wenden? Aus den Mudschaheddin wurde Al Quaida, aus diesen die ISIS, was wird nun aus den Kurden? Ein neues Selbstmordkommando?! Nicht falsch verstehen, ich meine das nicht despektierlich. Aber was erwartet ihr schon?!

    Wann begreift ihr endlich, dass Waffen Teil eines mittelalterlichen Denkens sind, das wir hinter uns lassen müssen.

    Herr Steinmeier, sind Sie kein Pazifist?

  • An Dr. Steinmeiers Beschreibung der Lage und der der genommenen Entwicklung, ist hier und da deutlich die Eingeschränktheit der deutschen Möglichkeiten zu erkennen. Ein außenpolitisches deutsches Engagement auf Augenhöhe, mit der durch mächtige geo und wirtschaftspolitische Interessen geprägten Strategie, der scheinbar übermächtigen USA, ist derzeit schlicht unmöglich. Anders als zur Zeit noch im Einflußbereich der EU, besteht in den USA eine sehr direkte persönliche Verknüpfung zwischen Wirtschaft und Politik. Man kann wohl versuchen hier und da bremsend Einfluss zu nehmen eine Außenpolitik, die sich an eigenen Überzeugungen orientiert, scheitert spätestens wenn diese eine den Interessen der USA entgegengesetzte Position einnehmen sollte. So hieße dies in der derzeitigen Lage nur, Kamerad reih dich ein und wenn es sein muss schultere dein Gewehr. Auch wenn diese, an erkennbaren unterschiedlichen Überzeugungen gemessen, tatsächlich nicht mehr überall zu erkennen ist, trägt dieser gemeinsame Zug dann die Aufschrift Wertegemeinschaft. So ist die Verschiebung von äußeren Grenzen wenn sie, auch mir durchaus nachvollziehbar, dienlich ist legitim, wie angedacht in Kurdistan. Wenn sie höheren Interessen entgegenläuft, fragt man sich an gleicher Stelle wo so etwas enden soll, egal welche Überzeugung den vor Ort lebenden Menschen innewohnt. Durch dieses Abhängigkeitsverhältnis, kommt es aber auch im Inneren zu einer von vielen Menschen als negativ wahrgenommenen Verschiebung von Grenzen, einem Wandel, der in Standards, Verbraucherschutz, Werten und ähnlichem mehr zu messen wäre.

  • Sehr geehrter Herr Steinmeier,

    ich habe oft den Eindruck, dass der Begriff "Verantwortung" auf internationaler Ebene sehr verengt gleichgesetzt wird, mit "Militär". Ich wäre sehr dafür, dass deutsche Regierungen, allerdings nicht oder nur in Ausnahmefällen in militärischer Form "Verantwortung" übernehmen. Vielleicht bin ich mit meinen fast 55 Jahren noch immer zu idealistisch, doch ich wünsche mir noch immer mehr "Verantwortung" aller Staaten auf der Welt in Form von Prävention: Beobachtung sich entwickelnder Krisen, früheres behutsames Zugehen auf die betroffenen Lager mit dem Angebot zu vermitteln bevor es zu Krisen oder gar Kriegen kommt. Das globale Mediatorenteam sollte ganz breit angelegt sein, aus Militärs, Soziologen, Politikern, Historikern, Psychologen usw. bestehen und sich vor allem respektierte Männer und Frauen aller Glaubensrichtungen umfassen. Für mich wäre dies ein neues Projekt für die UN und die Form der Verantwortung die ich mir für Deutschland wünsche. Waffen und Kriege werden meist erst dann "notwendig", wenn Politiker/Staaten zu lange warten. Mich würde interessieren, welche Art der "Verantwortung" Sie sich für Deutschland vorstellen bzw. wünschen.

    Mit freundlichen Grüßen Nantucket

  • NEIN! ES IST GENUG!

  • Ich habe zwei Fragen an Sie:

    1. In Bezug auf den Krim-Konflikt habe ich den Eindruck, dass die russischen Befindlichkeiten zu wenig berücksichtigt wurden und werden und die westliche Sicht sich zu stark von der Position der USA beeinflussen lässt. Sehen Sie das ebenso?

    2. Niemand kann garantieren, dass deutsche Waffen, die in Krisengebiete geliefert werden, sich nicht gegen die NATO und uns selbst richten werden. Kann sich Deutschland nicht auf humanitäre Hilfe beschränken?

    • Hallo Mia,

      vielen Dank für die beiden Fragen an Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Thomas Paulsen, Leiter des Bereichs Internationale Politik der Körber-Stiftung, hat die erste Frage Herrn Steinmeier am 3. September im KörberForum gestellt und folgende Antwort bekommen:

      „[Zum NATO-Russland-Rat, NRR] Ich habe in meinen ersten vier Jahren als Außenminister schon immer gedacht: Müssten wir das nicht mehr miteinander austragen? Weil zu spüren war, dass es nicht nur unterschiedliche Befindlichkeiten, sondern auch hartnäckige unterschiedliche Interessen gab. Haben wir solche Befindlichkeiten immer missachtet? Ich glaube nicht. Aber es gibt einen Punkt, bei dem ich vor Jahren den Eindruck hatte, dass es hier eine Chance gegeben hätte, stärker zueinander zu kommen, als wir es tatsächlich taten. Das war die „[National] Missile Defense“ (NMD). Die Debatte begann mit der Begründung, dass wir weltweit neue Bedrohungen haben. […] Hier hätte man bei den Russen austesten können, ob es tatsächlich eine belastungsfähige Zusammenarbeit in Fragen der Abwehr neuer Bedrohungen gibt. Zu dem Test ist es leider nicht gekommen, weil es damals nicht möglich war, mit der Bush-Administration über dieses ‚Bargaining‘ zwischen dem russischen Interesse und der amerikanischen Bereitschaft wirklich zu reden. An der Stelle haben Sie Recht, da wäre mehr möglich gewesen.
      Ansonsten besteht Außenpolitik und internationale Sicherheitspolitik nicht nur aus Befindlichkeiten. Wir müssen in der gegenwärtigen Situation nicht nur Befindlichkeiten bewerten, sondern auch aktives Tun. Und wenn es eine gewünschte Veränderung von Grenzen in Europa gibt, muss ich auch jenseits von Befindlichkeiten sagen: Das geht nicht! Wir können nicht sieben Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder daran gehen, Grenzen zu korrigieren. Wo soll das enden?!"

      Den vollständigen Beitrag finden Sie auch in unserem Video ab 53:50 Minuten unter „Außenpolitik weiter denken“

      Viele Grüße, Körber-Stiftung