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Männer machen Krieg. Was ist die Rolle der Frauen?


picture alliance / Vianney Le CaerJunge Kurden stellen sich der ISIS entgegen. Foto: picture alliance / Vianney Le Caer


Ein Beitrag von Doro

Auf Facebook veröffentlichte Todenhöfer einen Beitrag mit der Überschrift "Kreislauf des Todes". Er endet mit den Worten eines jungen Al Qaida-Kämpfers: "Im Grunde ist alles einfacher als Ihr glaubt. Hört auf, die arabische Welt zu überfallen und zu demütigen. Haut ab aus unseren Ländern. Dann wird Al Qaida von alleine verschwinden."

Gemeint ist die westliche Welt. Ich finde auch, wir sollten uns aus den unübersichtlich gewordenen Konflikten der arabischen Welt - jedenfalls militärisch - verabschieden. Unsere gegenwärtige Einmischung ist doch an Absurdität nicht mehr zu überbieten: ISIS kämpft mit Waffen aus Saudi-Arabien und Katar, d.h. mit Waffensystemen unserer Bauart, die Kurden kämpfen mit russischen Waffen. Wir überlegen, ob wir die Kurden auch mit unseren Waffensystemen ausrüsten, damit sie unseren Waffen, mit denen ISIS kämpft, besser Paroli bieten können. Wer wird da nicht irre im Kopf? Waffen, Waffen - Waffen sollen entscheiden. Es ist ein total männlich dominiertes Denken und Handeln.

Der junge Al Qaida-Kämpfer hat recht: wir sollten "abhauen". Aber worin er nicht recht hat: Al Qaida und ISIS und all die anderen Terrororganisationen werden nicht von allein verschwinden. Sie werden weiter machen. Sie werden versuchen, innerhalb der islamischen Welt die Oberherrschaft mit Gewalt an sich zu reißen, wie die Taliban es ja auch schon vor dem 11. September 2001 in Afghanistan getan haben.

Eine Meta-Ebene wäre: Wir hören auf, die arabische Welt zu "demütigen". Aber die arabische Welt hört auch auf, ihre Frauen zu demütigen. D.h. sie zu bevormunden, sie zu unterdrücken, sie nicht zu Wort kommen zu lassen. Die islamische Welt hört auf, ihren Frauen die Erziehung ihrer Söhne schon im Kleinkindalter wegzunehmen, um sie zu dem, was ihrem Männerbild entspricht, nämlich zu Kämpfern zu erziehen.

Bei uns wird Kindern im Kindergarten, u.z. Mädchen wie Jungen, beigebracht, Streitigkeiten nicht mit körperlicher Gewalt auszutragen, sondern mit Worten, Kompromissen, Zugeständnissen. Ich sehe nicht, dass es so etwas in der islamischen Welt gibt. Da gibt es ja noch nicht einmal die Koedukation. Ich halte es nicht für richtig, die Auffassung dessen, was männlich ist und dessen, was die Rolle der Frau ist, in der islamischen Welt als ihre kulturelle Besonderheit zu tolerieren.

Gibt es emanzipatorische Friedensbewegungen von Frauen in der islamischen Welt? Dann sollten wir diese mit all unserer Kraft, Geld usw. unterstützen. Eine Einmischung wäre im Sinne der Menschenrechte. Eine neue Rolle der Frau würde langfristig zum Frieden in der arabischen Welt und zum Weltfrieden insgesamt beitragen.


Kommentare

  • Klar - Sozialisation spielt sicherlich eine Rolle - auch wie Jungen und Mädchen lernen, mit Konflikten umzugehen. Doch was ich in deinem Beitrag rauslesen geht dennoch in die Richtung der Gleichung "(weibliches) Geschlecht = friedvollerer Charakter".

    Das ist mir zu einfach. Dass sich Frauen in der islamischen Welt emanzipieren, ist natürlich wünschenswert. Aber warum in Form einer Friedensbewegung? Wäre es nicht (zumindest wenn man den Gedanken der Gleichberechtigung stringent zu Ende denkt) ebenso möglich, dass sich Frauen mithilfe von Waffen und Gewalt emanzipieren (oder dass man ihnen das zumindest zutraut)? Wäre das vielleicht nicht sogar der konsequenteste Weg?

    • Liebe sabinemueller,

      danke für Deine interessante Idee, Frauen emanzipieren sich ihrerseits mithilfe von Waffen und Gewalt. Typ Penthesilea. Es wäre vielleicht besser als ihre bisherige Rolle, den von Männern ausgefochtenen Krieg als Fatum hinnehmen zu müssen und nur als hilfsbedürftige Opfer neben Kindern und Alten in den Blick genommen zu werden, weiter zu spielen.

      Aber optimal ist es nicht. Gleichberechtigung hin und her. Sie bedeutet nicht Gleichheit. M.E. haben Frauen eine stärkere Affinität zu allem, was der Lebenserhaltung dient und Scheu vor dem Töten zum Erreichen von Zielen, auch vor dem Töten ihrer ärgsten Feinde und erst recht derer Kinder. Es mag Ausnahmen geben.

      Es mag eine Idealvorstellung von mir sein. Aber ich denke, Frauen ist das Leben wichtiger als der Tod für wenn auch noch so gerechte Ziele. Sie möchten sie auch erreichen, aber mit längerem Atem, lebensschonend, auf diplomatischem Weg.

      Emanzipierte Frauen in aller Welt könnten solidarisch eine friedlichere Welt schaffen, denke ich. Aber vielleicht bin ich da eine hoffnungslose Idealistin.

  • Liebe Doro, Dein Kommentar /Vorschlag zeigt eine Zerissenheit, die ich gut verstehen kann. Es ist keine Veralberung, wenn er mich an die gute alte Hauptdirektive aus Star Trek erinnert. Sie lautet:

    Nichteinmischung in die Entwicklung fremder Zivilisationen. Beim Kontakt mit einem Planeten der in seiner Zivilisation Fortschritte macht, ist es einem Offizier der Raumflotte untersagt, sich in die gesellschaftliche Entwicklung des Planeten einzumischen, Hinweise über Weltraum, andere Planeten oder fortgeschrittenere Zivilisation zu geben.

    Manchmal wuensche ich mir auch so sehr, der Westen koennte sich auf dieser Erde daran halten. Es ist ueberhaupt nicht einzusehen, warum es Aufgabe der Europaer und Amerikaner ist, z.B. den Nahost-Konflikt zu loesen. Hoeren wir also auf, alles mit noch mehr Waffen zu verschlimmbessern (tolles deutsches Wort) bzw. die arabische Welt zu "demuetigen" wie Du schreibst / zitierst.

    Andererseits lehrt uns Star Trek auch, es ist eine Ilussion. Captain Kirk tut Folge fuer Folge nichts anderes, als sich massiv in fremde Kulturen einzumischen. Das ist der Running Gag. Und auch Deinen Interventionismus kann ich voellig verstehen. Frauen kaemen (anne-marie : vielleicht ist das ein Vorurteil?) wohl kaum auf die Idee, ihr Heil staendig in Bomben und Raketen zu suchen (wie Hamas, Kassam und ISIS das tun), anstatt an die Menschen, an sich und ihre Familien, zu denken. Einfach weil Frauen pragmatischer sind. Aber wie sollen wir uns in die Erziehung fremder Kulturen einmischen? Wie willst Du den Glauben an die Waffe aus der Welt schaffen, der auch in den USA so tief verwurzelt ist?

    Diskutiert werden sollten vielleicht auch neue Wege der humanen Einmischung, etwa Akademien und Universtitaeten in Deutschland, die Menschen aus allen Krisenregionen kostenlos zur Verfuegung stehen. Denn das wir uns staendig beeinflussen, in dieser Welt nicht mehr gegeneinander abschotten koennen, und tief miteinander verwickelt sind (das geht schon bei den vom Westen gezogenen Grenzen der arabischen Welt los), laesst sich eben nicht mehr aendern. Wir hatten schon den "First Contact", es gibt kein Zurueck.

    • Lieber GeertV, ich bin erstaunt über deine anthropologischen Annahmen. Frauen sind also per se friedfertiger weil...so geboren, wegen des Chromosoms und so?! Sind nicht all die Kriegstreiber nur Konstrukte verquerer Sozialisation?! "Frauen führen keine Kriege" stimmt. Nur warum? - weil sie in traditionellen Zusammenhängen vor allem für eines dienen - Reproduktion, eingeschrieben in die biologische Konstante der Frau. Sie erhalten gewissermaßen Genpole und Kulturgruppen. Punkt. Ende der Geschichte. Ich glaube nicht an das Märchen von friedfertigen Frauen und gewaltsamen Männern, ebenso wenig wie an die Darwin'sche Vorstellung der Unter- und Übermenschen. Was Menschen zu Gewalt treibt bündelt sich in vielen Ursachen: in Ideologie und schrägen Überzeugungen des 'Besser-Wissens' - vor allem aber wächst Gewalt aus Verzweiflung, aus dem Gefühl nicht Ernst genommen zu werden. Man mag nun konstatieren die ISIS-Kämpfer benähmen sich wie Höllenhunde, der heilige Westen muss eingreifen. Bitteschön. Am anderen Ende des Zeitstrahls brütet bestimmt bald ein neues 'Böses' im Unterleib eines dieser armen unterdrückten und doch friedfertigen Weiber. Endloskreislauf, bitteschön. Einst gab es eine Idee von Diplomatie, von der Politik des Verstandes. Interkulturelle, interreligiöse Dialogforen gibt es noch immer, die sehr erfolgreich, zumindest im Kleinen ein echtes Zusammenleben proben, auf Augenhöhe. Nun werfen wir mal wieder Bomben. Bekämpfe Feuer mit Feuer, du erntest nichts als Asche.

      • Liebe anne-marie, Du hast natuerlich Recht mit der Konstruktion der Weiblichkeit / Maennlichkeit, die ich hier ganz unreflektiert unterschlage. Ich beziehe mich auch eher auf den Ist-Zustand, auf das Ergebnis der Konstruktion: tendenziell friedfertigere Frauen.

        Ich glaube auch der dieser aktuelle - nicht genetisch universale - Maennlichkeits-Faktor ist in den aktuellen Konflikten nicht zu unterschaetzen. Junge Maenner ziehen aus Deutschland mit dem IS in den Wahnwitz-Krieg. In der Ukraine sammeln sich Neo-Nazi-Kaempfer "vom Süden bis Irland und Skandinavien", um gegen Russen vorzugehen. Warum das alles? Geht es nur um Ideologie? Oder auch darum, etwas auszutoben?

        Ich will auch gar nicht Feuer mit Feuer bekaempfen. Im Gegenteil, ich wuerde von der Wissenschaft und der Gesellschaft gerne wissen, an welchem Punkt diese jungen Maenner aufzuhalten waeren, welche Defizite sie da eigentlich kompensieren.

  • liebe Doro, ich finde du pauschalisierst etwas und lässt gleichzeitig deutlich werden wie schwierig eine forderung des absoluten 'raushaltens' ist (du tust es ja auch nicht ;) ) - ich denke nicht, dass wir uns überall raushalten, uns stimme und wertung verbieten sollten. dennoch, ja, waffen liefern ist tatsächlich eine andere sache. was du aber mit der 'falschen erziehung der frau' meinst erscheint mir rätselhaft, begibst du da nicht in eine recht arrogante Position?! - zudem halte ich das projekt frauenermächtigung zur friedensstiftung für einen argumentatorischen fehlschluss.