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Vorschlag zur Eigenkapitalanforderung bei Banken: Erhöhung aller Risikogewichte um 25 Prozentpunkte


CC BY-ND-NC 2.0 by Matt ThorpeDie Euro- und Bankenmetropole Frankfurt am Main. Foto & Teaser: Matt Thorpe CC BY-ND-NC 2.0


Ein Beitrag von MisterEde

Eine Eigenkapitalquote, die unabhängig vom Risikogehalt der Anlagen 5%-8% Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme inklusive außerbilanzieller Risiken vorsieht, habe ich bereits vorgeschlagen.

Daneben halte ich aber auch die risikoabhängige Eigenkapitalhinterlegungsanforderung, wie sie in den Basel-Regulierungen vorgesehen ist, für sinnvoll. Allerdings muss aus meiner Sicht auch hier die Risikoadjustierung noch einmal überdacht werden, da die aktuelle Ausgestaltung zu Verzerrungen führt.

Es ist zurzeit sehr attraktiv für Banken ihre Kredite an andere Banken oder Staaten zu vergeben, während es relativ unattraktiv ist, Kredite an kleinere und mittlere Unternehmen zu vergeben. Grund dafür sind die erheblich unterschiedlichen Eigenkapitalanforderungen. Während bei der Kreditvergabe an Euro-Staaten 0% Eigenkapital hinterlegt werden muss, müssen Kredite an Unternehmen mit bis zu 12% Eigenkapital abgesichert werden. Vergleicht man eine Eigenkapitalanforderung von 8% mit einer von 0,8%, dann muss eine Bank 10-mal mehr Eigenkapital für einen Kredit hinterlegen.

Vorschlag: Keine Eigenkapitalanforderung unter 2% bzw. Erhöhung aller Risikogewichte um 25 Prozentpunkte.

Um zum einen sicherzustellen, dass es künftig keine Anlagen mehr gibt, die regulatorisch als risikolos gelten, und damit die Relation bei der Eigenkapitalanforderung zwischen niedriger und hoher Eigenkapitalanforderung zurückgeht, schlage ich vor, alle Risikogewichte bei der Berechnung des Kreditrisikos um 25 Prozentpunkte anzuheben. Hat eine Forderung ein Risikogewicht von 25% entspricht dies einer Eigenkapitalanforderung von 2%. Auch wenn sich gleichzeitig die Eigenkapitalanforderung für andere Kredite beispielsweise von 8% auf 10% bzw. von 12% auf 14% erhöht, führt dies zu einem Rückgang der überproportionalen Bevorzugung der bislang als risikolos geltenden Anlagen.

Beispiel (aktuelle Situation): 1) Ein Kredit an Spanien hat aktuell ein Risikogewicht von 0%. Verleiht eine Bank 100 Euro an Spanien muss sie 0 Euro (0% mal 100 Euro) mit 8% Eigenkapital hinterlegen, also 0 Euro. 2) Ein Kredit an ein schlecht bewertetes Unternehmen hat aktuell ein Risikogewicht von 100% bzw. 150%. Verleiht eine Bank 100 Euro an ein solches Unternehmen muss sie 100 Euro (100% mal 100 Euro) bzw. 150 Euro (150% mal 100 Euro) mit 8% Eigenkapital hinterlegen, also 8 Euro bzw. 12 Euro.

Beispiel (Vorschlag): 1) Ein Kredit an Spanien hat dann ein Risikogewicht von 25%. Verleiht eine Bank 100 Euro an Spanien muss sie 25 Euro (25% mal 100 Euro) mit 8% Eigenkapital hinterlegen, also 2 Euro. 2) Ein Kredit an ein schlecht bewertetes Unternehmen hat dann ein Risikogewicht von 125% bzw. 175%. Verleiht eine Bank 100 Euro an ein solches Unternehmen muss sie 125 Euro (125% mal 100 Euro) bzw. 175 Euro (175% mal 100 Euro) mit 8% Eigenkapital hinterlegen, also 10 Euro bzw. 14 Euro.

Folge: Für alle Anlagen müssen dann selbst bei völliger Risikolosigkeit 2% Eigenkapital bei der Berechnung der risikoabhängigen Eigenkapitalanforderung angesetzt werden. Selbst wenn die Anforderungen insgesamt ansteigen, würde dies zu einer Verkleinerung der Ratio Führen. Vergleicht man eine Anforderung von 10% mit 2,8%, dann ist die Eigenkapitalanforderung nur noch rund 4-mal so hoch, während sie bei einem Vergleich von 8% und 0,8% gleich 10-mal so hoch ist.

Ausnahme: Ausgenommen von dieser Regelung sollten Forderungen gegenüber der Nationalbank des Landes sein, in dem die Bank sitzt, in der Euro-Zone die EZB.

Zur Verzerrung zwischen Staats- und Mittelstandskrediten: Fehlanreize durch eine doppelte Risikobewertung bei der Basel-Regulierung Rechenbeispiele: Rechenbeispiel zur Eigenkapitalanforderung für Banken nach Basel III


Kommentare

  • Das ist der Grund, warum viele Bürger ein Ohnmachts-Gefühl entwickeln...kaum ein Otto-Normalverbraucher kann die komplexen Zusammenhänge der Welt - hier insbesondere des internationalen Finanzmarktes - noch nachvollziehen...ein interessanter Text, auch wenn ich ihn dreimal Lesen musste, um ungefähr zu verstehen, worum es geht :)

    • Hallo Carsten Wag,

      Vielen Dank für Ihr Feedback und vielen lieben Dank dafür, dass Sie sich die Mühe gegeben haben, den Text zu verstehen. Das zeugt von Durchhaltevermögen, gerade bei so einem trockenen Thema.

    • Hallo CarstenWag, du schreibst: “ …kaum ein Otto-Normalverbraucher kann die komplexen Zusammenhänge der Welt - hier insbesondere des internationalen Finanzmarktes - noch nachvollziehen...“. Was, wenn das so gewollt ist? Philip Mirowski schreibt in seinem letzten Buch * Never Let a Serious Crisis Go to Waste – How Neoliberalism Survived The Financial Meltdown”, ein zentrales Anliegen des herrschenden Neoliberalismus sei: “ (to) keep the people ignorant“. Dieses Buch wird wahrscheinlich (auch) nicht auf Deutsch erscheinen. Deshalb hier ein interessantes Interview mit Philip Mirowski in der FAZ.

  • Guter Vorschlag, nicht zuletzt weil er den öffentlich-rechtlichen oder den genossenschaftlichen Bankensektor in Deutschland entlastet, der keine Kredite dieser Art vergibt. Zudem ist der Anteil der Staatsfinanzierung im Portfolio europäischer wie US-amerikanischer oder japanischer Banken viel zu hoch. Gerade im Euroraum kommt noch hinzu, dass die Möglichkeit mit Nullzins-Krediten der EZB Staatsanleihen Griechenlands, Portugals oder Spaniens zu kaufen, die sich mit 3% bis 4% verzinsen klassische Fehlanreize bietet. Es sei denn man betreibt Staatsfinanzierung durch die Hintertür, die eigentlich der EZB ebenso wie der Bundesbank verboten ist.

    • Hallo nemo,

      das ist wohl ein wenig der Knackpunkt. Es ist ein Vorteil für die Finanzminister und den wollen diese schätzungsweise nicht hergeben. Die Banker werden ihnen wohl auch erzählen, dass dann die Zinsen für die Staaten deutlich ansteigen.

      Eigentlich will ich beide gemachten Vorschläge (also die Vorschläge zur risikounabhängigen und die risikoabhängigen Quote) noch in einen Zusammenfügen.

      Meine Vorstellung ist dabei, dass in aller Regel die risikounabhängige Quote höher liegen sollte als die risikoabhängige Quote, wodurch Anreizverschiebungen durch die risikoabhängige Quote gänzlich ausgeschlossen wären. Lediglich dort, wo Banken besonders risikobehaftet investieren, sollte die risikoabhängige Quote zum Tragen kommen.

      Insgesamt ist mein Gedanke also, durch einen heuristischen Ansatz Fehlanreize bei der Regulation zu minimieren, gleichzeitig aber nicht gänzlich auf die Möglichkeit zur Lenkung (z.B. weg vom Derivatehandel hin zum Kreditgeschäft) zu verzichten.