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Umwelt-, Arbeitnehmer- und Verbraucherschutz – Standards und Normen in TTIP


Martin Abegglen CC BY SA 20.0Foto: Martin Abegglen CC BY SA 2.0

Ein Beitrag der Moderation Bürgerdialoge

Wie mit unterschiedlichen Produkt-, Umwelt-, Sozial-, und Verbraucherschutzstandards in der EU und den USA umzugehen ist, steht im Zentrum der TTIP-Debatte. Bringen sie sich persönlich in den bundesweiten Bürgerdialog ein, in dem Sie hier die Frage diskutieren:

Welche Angleichung von Standards und Normen halten Sie für sinnvoll und wo drohen Gefahren?


Hinweis: Sind Sie in diesem Forum richtig? Fragen zu Demokratie, Transparenz und Legitimität können sie hier diskutieren, Fragen zu Handel, Investitionen und Wettbewerb hier.


Kommentare

  • nemo ist dagegen
    +3

    Wie die Politik sich selbst abschafft!

    Fast könnte man glauben, das Chaos wäre so geplant. Barroso und Van Rompoy feiern den Abschluss der CETA-Vertragsverhandlungen in Kanada. CETA gilt ja bekanntlich als Blaupause für das TTIP-Abkommen mit den USA. Bundeswirtschaftsminister Gabriel will sicherstellen das deutsche Sozial-, Verbraucherschutz- (und wo überhaupt vorhanden) Datenschutzstandards nicht verwässert werden, fordert zeitgleich Nachverhandlungen und will plötzlich den Bundestag mit der Causa befassen, was für die Europäische Kommission Anathema ist. EU-Handelskommissar Karel de Gucht erklärt zum Thema Nachverhandlungen postwendend, dann sei das „Abkommen tot“. Plötzlich fällt Gabriel auch ein, das Investorenschutz nicht in diesen Vertrag gehört und auch nicht in den mit den USA. Die alte wie die neue EU-Kommission eiert herum und die Kommissare im Wartetstand „löschen“ sich gegenseitig ungefragt ihre Tweets zu diesem Thema. Dazu muss sich ein neugewähltes EU-Parlament sich erst einmal sortieren und organisieren. Eine tolle Gelegenheit ein ungeliebtes und umstrittenes Abkommen möglichst unbemerkt in Kraft zu setzten, oder?

    Gleichzeitig fragt man sich was dieses Ballyhoo soll angesichts dessen was CETA und TTIP dem Europäischen Bürger bringen kann. So um die 300 EUR mittelfristig mehr Einkommen im Jahr pro Bürger, das ist nicht mehr als eine Kommastelle bei einer durchschnittlichen Tarifrunde und die ist jedes Jahr fällig! Oder um die 1.2 Millionen Arbeitsplätze bei knapp 23 Millionen Arbeitslosen in der Gesamt EU? Peanuts! Das dieses Ergebnis so mager ausfällt, liegt nicht zuletzt daran, dass die restlichen noch bestehenden Zollschranken und Handelshemmnisse im Nordatlantikraum ohnehin so niedrig sind, das ein Reduzierung auf null nur für minimale Wachstumsimpulse sorgt! Es muss also sehr viel mehr dahinterstecken.

    Worum es wirklich geht, die Kontrolle und die Macht der Märkte über die demokratisch legitimierte Politik via Investorenschutz, darauf hat kein geringerer als Wirtschaftsnobelpreisträger Josef Stiglitz schon im Juli dieses Jahres in einem Interview mit dem Portal Democracy now hingewiesen, den Link dazu hat economics101 dankenswerterweise auch bereits an anderer Stelle in Publixphere veröffentlicht.

    Stiglitz, sicherlich kein in der Wolle gefärbter Linker, sagt zunächst im Zusammenhang mit der Transpazifischen Freihandelszone TPP: „There are these provisions that have nothing, really, to do with trade. They’re called investment protection, investment agreements. But they’re not really—they’re sold as protecting property rights, making the economy more efficient.” Und kommt dann zu TTIP: ”We’re trying to put the same thing in an agreement with Europe. Europe’s reaction is: "What are you talking about? We have as strong property rights as you do in the United States." It’s not about property rights. And the fact that we’re putting it in the European agreement shows that. What it is about is undermining regulatory protections.“ Jede Art von Politik, jedes Festlegen von eigenen Standards ist regulativ. Wenn schon das als Eingriff in Eigentumsrechte von kanadischen oder US-Investoren gilt (auch schon bei einer daraus folgenden geschmälerten Gewinnerwartung) schafft sich gestaltende Politik selbst ab!

    Damit treten wir dann endgültig in das Zeitalter der Postdemokratie ein, in dem die Entscheidungen der Wähler oder der von ihnen legitimierten Regierungen als Störfaktor im globalen Marktgeschehen eliminiert werden. Über das, was an Regulierung, also an Politik noch möglich ist entscheiden fortan sogenannte Schiedsgerichte, die außerhalb des Rahmens Deutschen oder Europäischen Rechts handeln und somit jeder demokratischen Legitimation enthoben sind. Statt Juristen sitzen hier Interessenvertreter und die Urteile, wenn man davon überhaupt sprechen kann, fällen mit ihnen eng verbundene internationale Kanzleien in New York oder London. Eine Überprüfung dieser Urteile durch ein unabhängiges Gericht ist nicht vorgesehen.

  • TTIP für einen besseren Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Umwelt-Schutz nutzen

    von Andreas Meyer-Lauber, Vorsitzender DGB NRW

    Die Forderungen des DGB zu TTIP sind klar: transparente Verhandlungen, kein Investitionsschutz und kein Abbau von Arbeits-, Umwelt-, Verbraucher- und Sozial-Standards. Wir lehnen TTIP nicht grundsätzlich ab, sondern fordern dazu auf, die Chance zu nutzen, Handelsbeziehungen fair und nachhaltig zu gestalten.

    Ziel muss es sein,

    • der breiten Bevölkerung zusätzlichen Wohlstand zu ermöglichen,
    • wirtschaftliche, soziale und ökologische Standards zu verbessern und
    • faire Wettbewerbs- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.

    Das bedeutet, dass genau darauf geachtet werden muss, dass die Verhandlungen nicht in eine gegenteilige Richtung laufen. Denn aktuell haben die USA beispielsweise sechs von acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nicht ratifiziert. Das hat unter anderem zur Folge, dass Beschäftigte in den USA kein Recht auf Kollektiv-Verhandlungen haben. Doch leider war die Unterzeichnung der ILO-Kernnormen bisher keine zwingende Voraussetzung für das Abkommen.

    Staatliche Vorschriften sind mehr als Kosten: Sie bringen großen Nutzen

    Im Gegenteil – wir sehen die Gefahr, dass staatliche Vorschriften zum Schutz von Beschäftigen, Verbrauchern oder der Umwelt als sogenannte „non-tarifäre Handelshemmnisse“ eingestuft werden. Das würde bedeuten, dass sie als „nicht-geldliche“ Hürden gelten, die ein Unternehmen überwinden muss, wenn es seine Waren im Ausland verkaufen will. Doch soziale Sicherungssysteme, die Tarifautonomie oder das Streikrecht dürfen keine Opfer von TTIP werden! Sie sind keine „Hemmnisse“, sondern stellen sicher, dass das Allgemeinwohl und Arbeitnehmerrechte über wirtschaftliche Interessen gestellt werden.

    Genau hier liegt eines der Haupt-Mankos in den TTIP-Verhandlungen: Regulierungen werden nur als Kosten für Unternehmen betrachtet. Dabei wird ignoriert, dass sie oft weit größeren Nutzen für die Gesellschaft – und oft auch für die Unternehmen – bringen, wie Studien zeigen (z. B. Myrant, Martin & O’Brien, Ronan (2015): The TTIP’s impact: bringing in the missing issue).

    Gegen Dumping bei Sozial- und Umweltschutz

    Natürlich darf TTIP nicht dazu genutzt werden, rechtsstaatliche Regeln außer Kraft zu setzen. Für uns stehen private Sondergerichte für Investoren nicht zur Debatte. Sie schränken staatliche Handlungsmöglichkeiten und demokratische Entscheidungsverfahren unzulässig ein und verstoßen gegen unser Grundgesetz. Daneben sind sie sachlich nicht erforderlich.

    Ein Handelsabkommen, das Märkte weiter liberalisiert, darf keinesfalls dazu führen, dass auch in Deutschland und in Europa Mitbestimmungs- und Gewerkschaftsrechte ausgehöhlt werden. Es darf keinen Dumping-Wettbewerb geben, bei dem Staaten und Unternehmen sich gegenseitig mit schlechterem Sozial- und Umweltschutz unterbieten, um Kosten zu senken. Stattdessen sollten Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutz-Standards auf dem jeweils höchsten Niveau angenähert werden.

    Die Verhandlungen mit den USA müssen dazu genutzt werden, das Prinzip sozial-ökologischer Vergabekriterien zu stärken. Dadurch kann gesichert werden, dass öffentliche Aufträge nur an solche Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge einhalten, Mindestlöhne zahlen oder ähnliche Bedingungen erfüllen.

    Kein Transatlantisches Freihandelsabkommen ohne internationale Arbeits- und Sozial-Standards

    TTIP kann dann eine Chance für Bürgerinnen und Bürger sein, wenn sich Europa und die USA darin verpflichten, internationale Übereinkünfte und Normen für den Umwelt-, Arbeit- und Verbraucherschutz zu unterzeichnen und umzusetzen. Dazu gehören insbesondere die ILO-Kernarbeitsnormen und die OECD-Rahmenvereinbarungen für multinationale Unternehmen. Deshalb fordern wir: Kein Transatlantisches Freihandelsabkommen ohne einen verbindlichen Zeitplan für die Ratifizierung und Umsetzung internationaler Arbeits- und Sozial-Standards.

  • FB123 ist dagegen
    +2

    In Hinblick auf Standards und Normen dürfte TTIP für beide Seiten problematisch sein - zumindest für die Bürger, die von höhren Standards ja profitieren würden: Da jeder Standard, der in der EU höher anliegt als in den USA (oder umgekehrt), ja einen Wettbewerbsnachteil darstellt, müsste konsequenterweise erstmal eingeklagt werden, dass der jeweils höhere Standard fällt bzw. ignoriert wird. Dazu holt man sich dann seine Buddys ins Schiedsgericht und geht die Sache an, ohne dass noch groß jemand in die Quere kommen kann. Um die gestellte Frage anzugehen: Es ist nicht unbedingt sinnvoll, jeden Standard und jede Norm anzugleichen. Besipiel Zulassung von Pharmaka, hier haben die USA und die EU unterschiedliche, aber nicht zwingend bessere/schlechtere Verfahren entwickelt - und sinnvolle Mechanismen geschaffen, um gegenseitige Akzeptanz bei Zulassungsverfahren zu ermöglichen. Fakt ist doch, dass sich solche Standards auch in kleineren, überschaubareren und auf einen genau definierten Bereich abgestimmten Abkommen regeln lassen, ohne gleich die universale Investorenschutzklausel herauszuholen. Auch Handelsbarrikaden (z.B. Zölle) ließen sich deutlich sauberer in spezifischen, besser handhabbaren und besser regulierbaren Gesetzen festschreiben. Ich habe nichts gegen Handel, ich erwarte aber, dass die über jahrzehnte erkämpften Normen und Standards in allen Bereichen des Verbraucher- und Rechtsschutzes nicht untergraben werden. Wie man es dreht und wendet, zielt TTIP aber genau darauf ab.

  • Ich bin gerade hier drauf gestoßen... die offizielle Stellungnahme des BPA zu TTIP:

    http://www.direktzu.de/kanzlerin/messages/ttip-geheimniskraemerei-und-amtseid-der-bundeskanzlerin-60508