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Auswirkungen von TTIP auf Binnenmarktharmonisierung und Unionspolitiken?


Uwe Hiksch CC BY NC SA 2.0Foto & Teaser: Uwe Hiksch (CC BY-NC-SA 2.9)


Der Europäische Salon fragt:

Wie wirkt TTIP auf die Binnenmarktharmonisierung und die Politiken der EU (z.B. Umweltpolitik) ein?

Wie sensibel sind insoweit die Klauseln zur Schiedsgerichtsbarkeit?


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Kommentare

  • Andreas Povel Podiumsgast EU-Salon #3
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    Ein Binnenmarkt wie der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) ist nicht mit TTIP zu vergleichen. Weiterhin ist die Kompetenz zur Schaffung eines Binnenmarktes durch das von der EU Kommission/Parlament/Rat bestätigte Verhandlungsmandat nicht gegeben.

    Ziel einer TTIP ist es vielmehr, die beiden größten Wirtschafträume der Welt stärker miteinander zu verknüpfen, gleiche oder vergleichbare Regularien und Standards gegenseitig anzuerkennen und/oder ggf. zu harmonisieren und vor allem zukünftige Standards gemeinsam zu entwickeln, um einer Doppelung entgegenzuwirken. In vielen Bereichen sind die EU-US Produkt- und Sicherheitsstandards vergleichbar. Hier wird eine gegenseitige Anerkennung/Harmonisierung angestrebt. In den Bereichen, in denen dies aufgrund zu unterschiedlicher Richtlinien nicht möglich ist, wird es keine Anerkennung/Harmonisierung geben. Dies ist klar im EU-Verhandlungsmandat festgehalten.

    • Es wird vielerorts die Befürchtung geäußert, die Anerkennung und/oder Harmonisierung in den Bereichen, in denen zu unterschiedliche Standards vorherrschen werde tendenziell zulasten der europäischen Standards ausgehen. Wie ist Ihre Einschätzung hierzu?

      • Andreas Povel Podiumsgast EU-Salon #3 ist dafür
        +1

        Generell sollte bei der regulatorischen Annäherung zwischen bestehender und zukünftiger Gesetzgebung unterschieden werden. Bei bestehenden Gesetzen, deren regulatorisches Ziel vergleichbar oder sogar identisch ist, wäre es ideal, wenn sich die Verhandlungspartner auf eine gegenseitige Anerkennung einigen. Dies wird in einigen Sektoren, wie z. B. im Chemiebereich, eher die Ausnahme bleiben. In anderen Bereichen aber, wie etwa dem Automobilsektor, bestehen verhältnismäßig viele Chancen der gegenseitigen Anerkennung von Produkt- und Servicestandards.

        Bezüglich der zukünftigen Schaffung von Regularien sprechen wir uns dafür aus, den transatlantischen Partner als „privilegierten Partner“ zu behandeln und von Anfang an mit einzubinden. So besteht die Chance, dass Handelshürden gar nicht erst entstehen.

        Das in diesem Kontext, wie Sie schreiben, „(…) die Anerkennung und/oder Harmonisierung in den Bereichen, in denen zu unterschiedliche Standards vorherrschen werde tendenziell zulasten der europäischen Standards ausgehen (…), sehen wir nicht so. Auf beiden Seiten des Atlantiks haben wir eine sehr gute Basis was Produkt- und Servicestandards angeht. Man sollte in diesem Zusammenhang nicht den Fehler begehen und glauben, dass amerikanische Standards generell unter den europäischen liegen. In den meisten Bereichen sind diese gleichwertig und in einigen Bereichen sogar besser/strenger als in der EU. Sie sind nur oftmals einfach anders. Auch was eine „Aufweichung“ europäischer Standards angeht sind wir davon überzeugt, dass das nicht der Fall sein wird. Das EU-Mandat spricht in diesem Zusammenhang eine recht deutliche Sprache. Unter Punkt 8. in den sog. General Principles finden Sie die Aussage: „The Agreement should recognise that the Parties will not encourage trade or foreign direct investment by lowering domestic environmental, labour or occupational health and safety legislation and standards, or by relaxing core labour standards or policies and legislation aimed at protecting and promoting cultural diversity. (http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11103-2013-DCL-1/en/pdf)

        • Aufgabe sollte es vielmehr sein, eine Harmonisierung der USA mit Binnenmarktregeln zu befördern statt einem Drittstaat gewissermaßen Zensorrechte für Kommissionsvorschläge einzuräumen.

          Gegenseitige Anerkennung bedeutet, dass zwei Rechtsordnungen nebeneinander stehen, und miteinander konkurrieren. So etwas ist nicht gut.

          Es spielt gar keine Rolle, ob die US Standards "höher" sind, denn es stört sich niemand an "niedrigen" Standards. In der Handelsdebatte gelten allein die Interessen von Exporteuren. So gibt es beispielsweise keinen EU Exporteur, der sich durch US Schlachtmethoden aus dem letzten Jahrhundert behindert fühlt, aber US Exporteure, die im Konflikt mit den europäischen Regeln stehen.

          Die USA sollten sich konsequent an europäische Standards angleichen und ihren Regulierungsrückstand aufholen. Im Handelsdialog dagegen gibt es nur Interessen, die veraltete Regeln transatlantisch akzeptiert haben wollen.

          Wieso soll Europa, das Kompromisse für 28 Mitgliedstaaten macht (plus Schweiz, Norwegen, Island usw. als Faxdemokratien), extra für einen einzigen Staat sein Bündel wieder aufschnüren, statt eine Angleichung einzufordern? Europa ist der Weltführer beim regulativen Export.

          • Die USA sind aber auch kein "einziger Staat" sondern eben die Vereinigten Staaten. Auch dort mussten Kompromisse für 50 Bundesstaaten gemacht werden.

            • Das stimmt natürlich, aber amerikanische Bundesstaaten sind keine Völkerrechtssubjekte. In den Staaten ist wird immer viel Wert auf das "US is" gelegt und wenig auf das "US are". Die nationale Regulierung der USA ist prozedural nur bedingt reformfähig.