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Bei Ihnen (wenn es denn das Sie sein soll) geht nach wie vor durcheinander, dass Sie den Liberalismus nur als gesellschaftspolitisches Projekt verstehen und den Neoliberalismus nur als wirtschaftspolitisches. Beides trifft nicht zu – es gibt einen ökonomischen Liberalismus, der zur liberalen Tradition dazugehört, genauso wie es im Neoliberalismus gesellschaftspolitische Konzepte gibt. Man lese nur mal Milton Friedmans „Capitalism and Freedom“.
Wo Sie recht haben: Ein großer Teil der Linken muss sich von meiner Polemik nicht oder nur peripher angesprochen fühlen. Es gibt ja in der Tat eine breite linksliberale Strömung, die man in Deutschland zum Beispiel in der SPD und bei den Grünen findet. Soweit diese Strömung (zu der ich mich selbst zähle, vgl. meinen Artikel hier) sachliche Einwände gegen den real existierenden Neoliberalismus vorbringt, ist dagegen überhaupt nichts einzuwenden.
Es gibt aber auch eine (noch etwas diffuse) radikalere linke Strömung, wie sie etwa in Teilen der Linkspartei oder auch in der linksradikalen Berliner Szene anzutreffen ist. Und hier gibt es eben durchaus die von mir angesprochene Tendenz.
Es gibt das, was ich Neoliberalismus in Anführungszeichen nenne, in mehreren Varianten.
Die erste ist eine sozialwissenschaftliche Richtung, von der sich ein Teil den sog. governmentality studies zugehörig fühlt. Diese gehen – angeblich im Anschluss an Michel Foucaults Gouvernementalitätsvorlesungen, de facto aber eher an seine radikale Modernekritik in Überwachen und Strafen anknüpfend – davon aus, dass die Gegenwart durch eine alles penetrierende Macht verdorben ist, die sie den Neoliberalismus nennen. In dieser Sichtweise ist der Neoliberalismus eben nicht mehr nur eine Ideologie, sondern eine Macht, die sich in das Verhalten der Menschen einlagert. Der neoliberale Kapitalismus mache den Menschen zum „Unternehmer seiner Selbst“, der sich in jedem Augenblick den Vorgaben des Systems anpassen müsse und es damit aufrechterhalte. Die Macht hat sich in das Verhalten der Menschen selbst eingelagert.
Eine andere Variante ist das, was Sie in prototypischer Weise in Ihrem Artikel Schuld ist die neoliberale Marktgläubigkeit vertreten. Dort erscheint der Neoliberalismus in der Tat als Ideologie, aber als eine, die „die Politiker“ und Eliten alle erfasst und ihr Handeln bestimmt. „Wir hier unten“ sind demnach rational und vernünftig und wissen, dass Neoliberalismus Kokolores ist, aber „die da oben“ sind gesteuert von einer „Marktgläubigkeit“ und „fehlende[m] ökonomische[m] Sachverstand“. Man müsste doch nur endlich begreifen, wie schädlich diese neoliberale Ideologie ist, und aufhören, an „die Märkte“ zu „glauben“. Warum ist diese Herangehensweise problematisch? 1. Weil sie absolut simplifizierend ist. „[D]as europäische Spitzenpersonal“ hat sehr viel mehr Gründe, so zu handeln, wie es handelt, als nur seine angebliche Marktgläubligkeit: zum Beispiel die Globalisierung oder, nunja, die überbordenden Schulden. Die Wirklichkeit ist viel zu komplex, als dass man politisches Handeln einfach so auf die Dummheit der Politiker oder ihre ideologische Verblendung zurückführen könnte. 2. Weil sie der neoliberalen Ideologie eine unerklärliche Macht unterstellt, Politiker und Eliten zu beeinflussen. Man glaubt dann, dass „die Globalisierung“ oder auch „die EU“ neoliberal seien, und spätestens hier ist der Weg dann nicht mehr weit, eine Befreiung von diesen supranationalen, neoliberalen Geißeln zu fordern. Und genau dagegen wendet sich mein Artikel.
Sören Brandes Unsere Zeit
Bei Ihnen (wenn es denn das Sie sein soll) geht nach wie vor durcheinander, dass Sie den Liberalismus nur als gesellschaftspolitisches Projekt verstehen und den Neoliberalismus nur als wirtschaftspolitisches. Beides trifft nicht zu – es gibt einen ökonomischen Liberalismus, der zur liberalen Tradition dazugehört, genauso wie es im Neoliberalismus gesellschaftspolitische Konzepte gibt. Man lese nur mal Milton Friedmans „Capitalism and Freedom“.
Wo Sie recht haben: Ein großer Teil der Linken muss sich von meiner Polemik nicht oder nur peripher angesprochen fühlen. Es gibt ja in der Tat eine breite linksliberale Strömung, die man in Deutschland zum Beispiel in der SPD und bei den Grünen findet. Soweit diese Strömung (zu der ich mich selbst zähle, vgl. meinen Artikel hier) sachliche Einwände gegen den real existierenden Neoliberalismus vorbringt, ist dagegen überhaupt nichts einzuwenden.
Es gibt aber auch eine (noch etwas diffuse) radikalere linke Strömung, wie sie etwa in Teilen der Linkspartei oder auch in der linksradikalen Berliner Szene anzutreffen ist. Und hier gibt es eben durchaus die von mir angesprochene Tendenz.
Es gibt das, was ich Neoliberalismus in Anführungszeichen nenne, in mehreren Varianten.
Die erste ist eine sozialwissenschaftliche Richtung, von der sich ein Teil den sog. governmentality studies zugehörig fühlt. Diese gehen – angeblich im Anschluss an Michel Foucaults Gouvernementalitätsvorlesungen, de facto aber eher an seine radikale Modernekritik in Überwachen und Strafen anknüpfend – davon aus, dass die Gegenwart durch eine alles penetrierende Macht verdorben ist, die sie den Neoliberalismus nennen. In dieser Sichtweise ist der Neoliberalismus eben nicht mehr nur eine Ideologie, sondern eine Macht, die sich in das Verhalten der Menschen einlagert. Der neoliberale Kapitalismus mache den Menschen zum „Unternehmer seiner Selbst“, der sich in jedem Augenblick den Vorgaben des Systems anpassen müsse und es damit aufrechterhalte. Die Macht hat sich in das Verhalten der Menschen selbst eingelagert.
Eine andere Variante ist das, was Sie in prototypischer Weise in Ihrem Artikel Schuld ist die neoliberale Marktgläubigkeit vertreten. Dort erscheint der Neoliberalismus in der Tat als Ideologie, aber als eine, die „die Politiker“ und Eliten alle erfasst und ihr Handeln bestimmt. „Wir hier unten“ sind demnach rational und vernünftig und wissen, dass Neoliberalismus Kokolores ist, aber „die da oben“ sind gesteuert von einer „Marktgläubigkeit“ und „fehlende[m] ökonomische[m] Sachverstand“. Man müsste doch nur endlich begreifen, wie schädlich diese neoliberale Ideologie ist, und aufhören, an „die Märkte“ zu „glauben“. Warum ist diese Herangehensweise problematisch? 1. Weil sie absolut simplifizierend ist. „[D]as europäische Spitzenpersonal“ hat sehr viel mehr Gründe, so zu handeln, wie es handelt, als nur seine angebliche Marktgläubligkeit: zum Beispiel die Globalisierung oder, nunja, die überbordenden Schulden. Die Wirklichkeit ist viel zu komplex, als dass man politisches Handeln einfach so auf die Dummheit der Politiker oder ihre ideologische Verblendung zurückführen könnte. 2. Weil sie der neoliberalen Ideologie eine unerklärliche Macht unterstellt, Politiker und Eliten zu beeinflussen. Man glaubt dann, dass „die Globalisierung“ oder auch „die EU“ neoliberal seien, und spätestens hier ist der Weg dann nicht mehr weit, eine Befreiung von diesen supranationalen, neoliberalen Geißeln zu fordern. Und genau dagegen wendet sich mein Artikel.