Hallo Alex,
ganz viel Zustimmung zu Ihrem Text. Nachdem Sie sehr viele unterschiedliche Punkte angesprochen haben, habe ich den Text für meine Antwort aber in Absätze zerlegt, um auf alles entsprechend eingehen zu können.
Vorneweg: Mein Vorkommentar sollte vor allem der Hinweis sein, dass das Aufzeigen unterschiedlicher Interessen bzw. die Erläuterung des Aufbaus der EU durchaus stattfindet. Auch Manuel Müller Der (europäische) Föderalist macht da einen guten Job.
1.
Wenn die Regierungen in vielen europäischen Politikbereichen unbestreitbar so entscheidend geblieben sind, lässt sich auch das in der politischen Bildung thematisieren.
Es lässt sich nicht nur, es muss sogar thematisiert werden! Hierzu versuche ich mit meinen Artikeln einen Beitrag zu leisten.
2.
Wollen wir es als BürgerInnen vielleicht genauso national?
Ich spreche mal nur für mich, aber auch dann kann ich das so allgemein eigentlich nicht beantworten, weil das von der gesamteuropäischen Alternative abhängt. Daher nur ein Beispiel dazu:
Frankreich hat einen direkt gewählten Präsidenten, der den Regierungschef stellt, in Deutschland haben wir einen Regierungschef, der vom Bundestag gewählt wird – beides absolut demokratische Systeme.
Eine gesamteuropäische Demokratie mit einem direktgewählten Kommissionspräsidenten lehne ich aber eher ab, hingegen fände ich eine gesamteuropäische Demokratie mit einer vollständig vom Europaparlament gewählten Kommission traumhaft. Es kommt also sehr darauf an wie die Alternative zum jetzigen System aussieht – und zwar im Detail – bevor ich die Frage für mich tatsächlich beantworten kann.
3.
Sind wir als BürgerInnen in der Lage, EU- und Europolitik hinreichend über nationale Wahlen zu wählen bzw. abzuwählen?
Nein, dafür wird zu viel Europapolitik von den nationalen Regierungen beeinflusst, von denen wir (Deutsche, Franzosen, Polen, Briten, …) jeweils immer nur 1/28 wählen können.
4.
Oder wäre eine neue europäische Demokratisierung / Legitimierung nicht viel besser?
Kommt darauf an. Siehe Punkt 2.
5.
Auch das kann eine Schulklasse völlig ergebnisoffen reflektieren - zumindest kann sie sich in einem ersten Schritt die entscheidende Rolle der Regierungen - auch der eigenen - für die konkrete EU-Politik bewusst machen.
Sie sollte es! Aber haben wir die entsprechenden Lehrer, die sich hinreichend mit der Thematik auseinandersetzen, um das dann auch vermitteln zu können? Und haben wir die entsprechenden Professoren, die dies den künftigen Lehrern mit auf den Weg geben? Zumindest versuche ich mit meinen Artikeln dafür eine Grundlage zu liefern.
6.
Schon das ist nicht selbstverständlich, wenn es mal wieder heißt: 'Brüssel' war's - so als hätte 'unsere' Regierung (und mit ihr indirekt der Bundestag) nicht ganz maßgeblich mitentschieden.
Auch hier ist die Frage, ob wir die entsprechenden Journalisten (außer bei der taz) haben, die das aufzudröseln bereit sind? Und haben wir die Redakteure, die ihren Journalisten die notwendige Zeit hierfür geben und dann in ihrem Medium ausreichend Platz dafür einräumen?
7.
Generell würde ich immer die Einfluss-Möglichkeiten stark reden, die unsere parlamentarische Demokratie dem Einzelnen bietet, statt die Flinte gleich ins Korn zu werfen.
Wir haben ja schon mal über die Möglichkeiten des Einflusses, z.B. durch Petitionen, debattiert. Ich muss zugeben, dass ich Sie in diesem Punkt um Ihren Elan beneide. Meinerseits verweise ich auf den Gedanken eines Petitionsvereins.
8.
Es gehört für mich auch etwas zur 'Demokratenpflicht' dazu, genau hinzugucken, welcher Politiker und welche Partei was genau tut.
Ich würde diese Pflicht zuerst an die Medien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien, adressieren und erst dann an den Einzelnen.
9.
Das EU-Parlament kämpft gerade im TAXE-Ausschuss um Aufklärung zum Steuerdumping - und um Steuergerechtigkeit in Europa
Danke für den Hinweis!
10.
diesen Vorgang weitertragen und diskutieren (Ich glaube fest an die Macht des Diskurses, vielleicht aus Berufswegen)
Siehe Punkt 8.
11.
ggf. den Beteiligten schreiben (Bestärkung/ Kritik / Fragen)
Das finde ich auch einen guten Weg. Oder auch einfach bei Veranstaltungen aufsuchen.
12.
Wahlentscheidung auch mal vom Ausgang eines solchen Politik-Prozesses abhängig machen
Meines Erachtens macht man mit einem Kreuz bei den Grünen in puncto Europäischer Integration nichts verkehrt. Aber auch bei SPD oder Linken findet man meines Erachtens in großen Teilen die richtigen Ansätze hierzu. Wer aber eine konservative Einstellung z.B. in Bezug auf die Familienpolitik oder Bildungspolitik hat, müsste dann schon weit über seinen Schatten springen.
Aus diesem Grund werbe ich auch dafür, sich innerhalb einer Partei, für eine Entwicklung nach seinen Vorstellungen einzusetzen, also z.B. sich als Christdemokrat in der Union für eine bessere und gerechtere europäische Steuerpolitik einzusetzen.
13.
ja, Demokratie ist anstrengend, wir alle müssen uns dafür auch etwas anstrengen, Zeit investieren, oder zumindest diejenigen untersützen, die sich stellvertretend für uns die Arbeit und die Gedanken machen.
Über Unterstützung würde ich mich jederzeit freuen ;D.
14.
Ich bin dafür, erstmal die Wege gehen, die das System vorgesehen hat - und zwar auch um dieses System ggf. zu ändern.
Ganz meine Meinung!
15.
Erst kurz zum letzten Punkt: auch Systemkritik stößt auf pxp auf Interesse
Tut mir leid, aber diese beiden vorgenannten Texte sind keine Systemkritik, sondern nur eine Beschreibung des Systems. Es wird keinen sachkundigen Menschen geben, der diese Darstellung in Zweifel zieht. Und auch wenn es überheblich ist, aber aus meiner Sicht sollten die Texte Pflichtlektüre für angehende Ökonomen / Politikwissenschaftler / Journalisten sein.
16.
Würde mich sehr freuen, wenn Du Deinen Text hier zweitveröffentlichst
Das würde ich nur sehr ungerne machen, weil es für mich an dieser Stelle einfach nichts zu debattieren gibt. Über die Aussage „ein Kreis ist rund“ muss ich mit niemandem diskutieren. Und auf Wortklauberei- / Nonsens- / Troll-Einwürfe („aber Großbritannien hat gar keine Verfassung“ oder sowas) habe ich null Lust. Außerdem sind die Texte ja jetzt schon frei zugänglich.