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POLITISCHE Bildung für die europäische Demokratie


Foto: Willy Rode (CC BY NC ND)Wie sollte politische Bildung im besten Sinne funktionieren? Im Bild: Teilnehmer_Innen eines Seminars zur Verantwortung und Solidarität in Europa. Foto: Willy Rode (CC BY-NC-ND)

Wie wichtig sind politische Bildung und eine demokratische Streitkultur für die Gestaltung der EU? Dies will die Konferenz Fwd: Europe im Vorlauf zur Veranstaltung in Berlin diskutieren.


Ein Beitrag von Fwd:Europe

Welche Projekte der politischen Bildung und des internationalen Austauschs bringen die europäische Demokratie voran? Einfach nur für die Europäische Union zu werben, Wissen über Institutionen zu vermitteln und schöne Begegnungen zu ermöglichen – das reicht schon lange nicht mehr. Stattdessen gibt es viele Projekte, die eine im besten Sinne POLITISCHE Bildung sein wollen: Also brennende Fragen aufgreifen, politische Alternativen verdeutlichen, demokratischen Streit anstiften und fragen, wo sich jede/r Einzelne engagieren möchte. Kurz gesagt: Es geht um die Frage, wie wir zukünftig in Europa leben wollen und für welche gemeinsamen Antworten die EU stehen soll.

Findet Ihr diesen Ansatz überzeugend? Folgende Fragen möchten wir mit Euch diskutieren:

  • Welches sind die politischen Themen, bei denen junge Menschen sagen: „Dafür brauchen wir eine starke europäische Demokratie!“
  • Ist demokratischer Streit wirklich eine gute Voraussetzung für die Identifikation mit der EU? Oder kann er auch das Gegenteil bewirken?
  • Habt Ihr andere Ideen und Fragen? Oder kennt Ihr noch Projekte, die super sind und Unterstützung brauchen?

Bei der Tagung „Fwd: Europe“ an der Evangelischen Akademie zu Berlin und in Zusammenarbeit mit dem European Democracy Lab und Publixphere soll es vor allem auch um die politische Bildung und den europäischen Jugendaustausch gehen. Vorab wollen wir die Kernfragen der Tagung online diskutieren.

Eure Themen, Anregungen und Fragen aus dieser Online-Diskussion fließen in die Tagung ein!

Siehe hierzu ebenso die Diskussion Von wegen Solidarität in der EU – droht der Rückzug ins nationale Schneckenhaus?


Links zur Debatte


Kommentare

  • Plädoyer für den Streit

    Hallo Fwd: Europe, als Alex (Redaktion Publixphere) diskutiere ich hier einmal mit, weil die Frage nach der europäischen Streitkultur für uns so zentral ist - genau eine solche wollen wir auch mit Publixphere ermöglichen.

    Ich kann die Furcht vor dem Streit um Europa verstehen. Er kann natürlich auch Gift für das europäische Projekt sein - wenn es etwa heißt: "Die" Franzosen sind schuld, "die" Griechen, "die" Deutschen usw., wenn wir also zu den nationalen Grabenkämpfen vergangener Jahrhunderte zurückkehren. Die alte nationale Hetze ist übrigens schneller wieder da als man denkt - sie lauert an vielen Ecken im Netz.

    Auf der anderen Seite müssen wir uns im demokratischen Europa um den besten politischen Weg streiten - und das möglichst auch in der Jugendbildung simulieren und mitvollziehen. Denn wenn nicht mehr deutlich wird, dass Europa im Diskurs entsteht, im Wettstreit um die beste Politik, um Alternativen, wird es erst Recht gefährlich für die europäische Idee. So entsteht das Feinbild Brüssel. So entsteht das Gefühl, von "Europa" der eigenen Handlungsmacht und Souveränität beraubt zu sein, in einer 'Euro-Diktatur' zu leben (genau an dieses Ohnmachtsgefühl appellieren zahlreiche Populisten nicht ohne Erfolg). Die EU darf nicht als Monolith erscheinen, an dem sich doch nichts ändern lässt.

    Europa ist änderbar

    Der Königsweg wäre für mich - auch in der politischen Bildung - zu vermitteln, wie verschiedene Interessen und Positionen am Ende in unserer EU-Gesetzgebung münden, und zwar möglichst losgelöst von der Nationalität: wie gestalten europäische Konservative, Grüne, Liberale, Linke usw. diese Richtlinie? Wie tun es Wirtschaftsverbände, Verbraucherorganisationen, Gewerkschaften, NGOs?

    Für mich gehört auch die Frage dazu: wie würdest Du entscheiden? Für welche europäische Roaming-Preis-Grenze wärst Du? Was wiegt schwerer, die Interessen der Mobilfunkkunden oder der Mobilfunkunternehmen usw.? Was ist marktfeindlich? Wo muss der Staat eingreifen? All diese Diskussionen lassen sich anhand einfacher Fälle zum Beispiel mit Schulklassen führen - wir taten das etwa in Berlin mit der Eurowahlgang zum Thema europäischer Mindestlohn - ja oder nein? Als wir die SchülerInnen kurzerhand zu Parlamentariern erklärten, entwickelte sich eine engagiert geführte Diskussion zwischen Gegnern und Befürwortern. Es wurde gestritten und damit stieg der Informationshunger. Wer streitet, will sich mit Argumenten ausstatten - wo klappt der Mindestlohn? Wo nicht? Was sind die Folgen? Darf die EU das überhaupt? Usw.. Man braucht die Infos, um andere zu überzeugen. Dieser Moment ist meines Erachtens motivierender und einprägsamer, als wenn man einfach einen Schulbuchtext: 'So funktioniert die EU' liest, ohne jede situative Motivation (außer einer bestandenen Klassenarbeit).

    Natürlich ist Europa durch das Mehrebenensystem komplexer als das nationale System 'Parlament, Regierung, Opposition'...Aber auch diese Komplexität lässt sich glaube ich am Besten vermitteln, indem wir sie ausprobieren, simulieren, nachmachen, uns in sie hineinversetzen. Hier machen zum Beispiel die JEF/JEB mit SIMEP tolle Arbeit - also mit aufwendigen EU-Simulationen.

    Transnationale Interessen sehen

    Inzwischen wichtig erscheint mir auch wieder, die Jugend dafür zu sensibiliseren, dass die EU keineswegs selbstverständlich ist. Sie könnte auch zurückgebaut und aufgelöst werden - viele nationalistische und rechte Bewegungen zielen in diese Richtung. Ich weiß, das kann sich niemand vorstellen. Aber dieses Bewusstsein für die Umkehrbarkeit Europas scheint mir wichtig. Erst wenn wir es mal einen Moment ganz wegdenken, wissen wir das europäische Projekt wieder zu schätzen.

    Im besten Fall ist am Ende die Europäische Union das Eigene, nicht das Fremde/Komplexe/Abstrakte. Sie ist das, was wir wählen. Das, was wir bestimmen können über unsere RepräsentantInnen auf allen Ebenen, aber auch durch unsere Einmischung (Bürgerinitiativen, Diskussionen, Kritik usw.). Im besten Fall merken wir, dass wir an der Stelle vielleicht als Verbraucher diesselben Interessen haben wie der spanische und finnische Verbraucher. Und als Konservativer oder Linker haben wir an der anderen Stelle diesselben Interessen wie ein schwedischer und slowakischer Konservativer oder Linker. Usw.

    Ok, wenn's interessiert: hier haben wir eine lange Diskussion zur EU-Streitkultur.

    Liebe Grüße! Alex

    P.S: Die Reflexion des Systems (European Republic usw.) wäre für mich dann der zweite Schritt, wenn erstmal das aktuelle verstanden ist

    • Hallo Alex,

      Der Königsweg wäre für mich - auch in der politischen Bildung - zu vermitteln, wie verschiedene Interessen und Positionen am Ende in unserer EU-Gesetzgebung münden

      Die Konzentration wirtschaftlicher Macht

      Das bezieht sich zwar allgemein auf das Zusammenwirken unterschiedlicher Interessen wirtschaftlicher Eliten, ist aber 1:1 auf das Zusammenwirken der Eliten-Interessen in der EU übertragbar. Nach meinem Beitrag zur Machtverschiebung von Parlamenten zu Regierungen in der EU wollte ich das eigentlich vertiefen, aber das Interesse an solchen Texten ist nach meinem Eindruck nicht allzu groß – leider.

      • Ohne Anstrengung geht es nicht

        Hallo MisterEde ! Erst kurz zum letzten Punkt: auch Systemkritik stößt auf pxp auf Interesse - so mein Eindruck. Würde mich sehr freuen, wenn Du Deinen Text hier zweitveröffentlichst. Auch bei der Konferenz wird die EU-Systemfrage gestellt, da bin ich mir mit Blick ins Programm sicher.

        Und natürlich sind Systemfragen zentral auch für die Schwierigkeiten, wenn es um die Europa-Vermittlung geht.

        Demokratenpflicht

        Aber zu Deiner Analyse: Wenn die Regierungen in vielen europäischen Politikbereichen unbestreitbar so entscheidend geblieben sind, lässt sich auch das in der politischen Bildung thematisieren. Wollen wir es als BürgerInnen vielleicht genauso national? Wollen wir, dass am Ende Angela Merkel in einer Krisensitzung über Griechenland-Kredite entscheidet und nicht das weitgehend unbekannte EU-Parlament, das ein europäisches Gemeinwohlinteresse im Blick hat (oder dies zumidest haben soll)? Sind wir als BürgerInnen in der Lage, EU- und Europolitik hinreichend über nationale Wahlen zu wählen bzw. abzuwählen? Oder wäre eine neue europäische Demokratisierung / Legitimierung nicht viel besser? Auch das kann eine Schulklasse völlig ergebnisoffen reflektieren - zumindest kann sie sich in einem ersten Schritt die entscheidende Rolle der Regierungen - auch der eigenen - für die konkrete EU-Politik bewusst machen. Schon das ist nicht selbstverständlich, wenn es mal wieder heißt: 'Brüssel' war's - so als hätte 'unsere' Regierung (und mit ihr indirekt der Bundestag) nicht ganz maßgeblich mitentschieden.

        Einfluss aufzeigen

        Generell würde ich immer die Einfluss-Möglichkeiten stark reden, die unsere parlamentarische Demokratie dem Einzelnen bietet, statt die Flinte gleich ins Korn zu werfen. Es gehört für mich auch etwas zur 'Demokratenpflicht' dazu, genau hinzugucken, welcher Politiker und welche Partei was genau tut. Ein Beispiel, wenn wir bei **wirtschaftlichen Eliten" sind (ich übernehme mal Deinen Begriff, den ich selbst so nicht verwenden würde):

        Das EU-Parlament kämpft gerade im TAXE-Ausschuss um Aufklärung zum Steuerdumping - und um Steuergerechtigkeit in Europa, wenn Du so willst. Wer sich als Bürger in diesem Anliegen wiederfindet, kann sich a) darüber informieren b) diesen Vorgang weitertragen und diskutieren (Ich glaube fest an die Macht des Diskurses, vielleicht aus Berufswegen) c) ggf. den Beteiligten schreiben (Bestärkung/ Kritik / Fragen) und d) seine (nationale und europäische) Wahlentscheidung auch mal vom Ausgang eines solchen Politik-Prozesses abhängig machen (oder von einer Reihe solcher Einzel-Vorgänge), und nicht von einem nichtssagenden Wahlplakat. BürgerInnen müssen Steuerdumping in Europa nicht einfach machtlos erdulden. Sie können es auch abwählen, wenn sie es nicht wollen.

        Was ich sagen will: ich habe immer Verständnis für politisches Desinteresse und auch für Fundamentalkritik (es gibt ja tausend Gründe). Aber manchmal denke auch: ja, Demokratie ist anstrengend, wir alle müssen uns dafür auch etwas anstrengen, Zeit investieren, oder zumindest diejenigen untersützen, die sich stellvertretend für uns die Arbeit und die Gedanken machen. Ich bin dafür, erstmal die Wege gehen, die das System vorgesehen hat - und zwar auch um dieses System ggf. zu ändern.

        • Hallo Alex,

          ganz viel Zustimmung zu Ihrem Text. Nachdem Sie sehr viele unterschiedliche Punkte angesprochen haben, habe ich den Text für meine Antwort aber in Absätze zerlegt, um auf alles entsprechend eingehen zu können.

          Vorneweg: Mein Vorkommentar sollte vor allem der Hinweis sein, dass das Aufzeigen unterschiedlicher Interessen bzw. die Erläuterung des Aufbaus der EU durchaus stattfindet. Auch Manuel Müller Der (europäische) Föderalist macht da einen guten Job.

          1.

          Wenn die Regierungen in vielen europäischen Politikbereichen unbestreitbar so entscheidend geblieben sind, lässt sich auch das in der politischen Bildung thematisieren.

          Es lässt sich nicht nur, es muss sogar thematisiert werden! Hierzu versuche ich mit meinen Artikeln einen Beitrag zu leisten.

          2.

          Wollen wir es als BürgerInnen vielleicht genauso national?

          Ich spreche mal nur für mich, aber auch dann kann ich das so allgemein eigentlich nicht beantworten, weil das von der gesamteuropäischen Alternative abhängt. Daher nur ein Beispiel dazu:

          Frankreich hat einen direkt gewählten Präsidenten, der den Regierungschef stellt, in Deutschland haben wir einen Regierungschef, der vom Bundestag gewählt wird – beides absolut demokratische Systeme.

          Eine gesamteuropäische Demokratie mit einem direktgewählten Kommissionspräsidenten lehne ich aber eher ab, hingegen fände ich eine gesamteuropäische Demokratie mit einer vollständig vom Europaparlament gewählten Kommission traumhaft. Es kommt also sehr darauf an wie die Alternative zum jetzigen System aussieht – und zwar im Detail – bevor ich die Frage für mich tatsächlich beantworten kann.

          3.

          Sind wir als BürgerInnen in der Lage, EU- und Europolitik hinreichend über nationale Wahlen zu wählen bzw. abzuwählen?

          Nein, dafür wird zu viel Europapolitik von den nationalen Regierungen beeinflusst, von denen wir (Deutsche, Franzosen, Polen, Briten, …) jeweils immer nur 1/28 wählen können.

          4.

          Oder wäre eine neue europäische Demokratisierung / Legitimierung nicht viel besser?

          Kommt darauf an. Siehe Punkt 2.

          5.

          Auch das kann eine Schulklasse völlig ergebnisoffen reflektieren - zumindest kann sie sich in einem ersten Schritt die entscheidende Rolle der Regierungen - auch der eigenen - für die konkrete EU-Politik bewusst machen.

          Sie sollte es! Aber haben wir die entsprechenden Lehrer, die sich hinreichend mit der Thematik auseinandersetzen, um das dann auch vermitteln zu können? Und haben wir die entsprechenden Professoren, die dies den künftigen Lehrern mit auf den Weg geben? Zumindest versuche ich mit meinen Artikeln dafür eine Grundlage zu liefern.

          6.

          Schon das ist nicht selbstverständlich, wenn es mal wieder heißt: 'Brüssel' war's - so als hätte 'unsere' Regierung (und mit ihr indirekt der Bundestag) nicht ganz maßgeblich mitentschieden.

          Auch hier ist die Frage, ob wir die entsprechenden Journalisten (außer bei der taz) haben, die das aufzudröseln bereit sind? Und haben wir die Redakteure, die ihren Journalisten die notwendige Zeit hierfür geben und dann in ihrem Medium ausreichend Platz dafür einräumen?

          7.

          Generell würde ich immer die Einfluss-Möglichkeiten stark reden, die unsere parlamentarische Demokratie dem Einzelnen bietet, statt die Flinte gleich ins Korn zu werfen.

          Wir haben ja schon mal über die Möglichkeiten des Einflusses, z.B. durch Petitionen, debattiert. Ich muss zugeben, dass ich Sie in diesem Punkt um Ihren Elan beneide. Meinerseits verweise ich auf den Gedanken eines Petitionsvereins.

          8.

          Es gehört für mich auch etwas zur 'Demokratenpflicht' dazu, genau hinzugucken, welcher Politiker und welche Partei was genau tut.

          Ich würde diese Pflicht zuerst an die Medien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien, adressieren und erst dann an den Einzelnen.

          9.

          Das EU-Parlament kämpft gerade im TAXE-Ausschuss um Aufklärung zum Steuerdumping - und um Steuergerechtigkeit in Europa

          Danke für den Hinweis!

          10.

          diesen Vorgang weitertragen und diskutieren (Ich glaube fest an die Macht des Diskurses, vielleicht aus Berufswegen)

          Siehe Punkt 8.

          11.

          ggf. den Beteiligten schreiben (Bestärkung/ Kritik / Fragen)

          Das finde ich auch einen guten Weg. Oder auch einfach bei Veranstaltungen aufsuchen.

          12.

          Wahlentscheidung auch mal vom Ausgang eines solchen Politik-Prozesses abhängig machen

          Meines Erachtens macht man mit einem Kreuz bei den Grünen in puncto Europäischer Integration nichts verkehrt. Aber auch bei SPD oder Linken findet man meines Erachtens in großen Teilen die richtigen Ansätze hierzu. Wer aber eine konservative Einstellung z.B. in Bezug auf die Familienpolitik oder Bildungspolitik hat, müsste dann schon weit über seinen Schatten springen.

          Aus diesem Grund werbe ich auch dafür, sich innerhalb einer Partei, für eine Entwicklung nach seinen Vorstellungen einzusetzen, also z.B. sich als Christdemokrat in der Union für eine bessere und gerechtere europäische Steuerpolitik einzusetzen.

          13.

          ja, Demokratie ist anstrengend, wir alle müssen uns dafür auch etwas anstrengen, Zeit investieren, oder zumindest diejenigen untersützen, die sich stellvertretend für uns die Arbeit und die Gedanken machen.

          Über Unterstützung würde ich mich jederzeit freuen ;D.

          14.

          Ich bin dafür, erstmal die Wege gehen, die das System vorgesehen hat - und zwar auch um dieses System ggf. zu ändern.

          Ganz meine Meinung!

          15.

          Erst kurz zum letzten Punkt: auch Systemkritik stößt auf pxp auf Interesse

          Tut mir leid, aber diese beiden vorgenannten Texte sind keine Systemkritik, sondern nur eine Beschreibung des Systems. Es wird keinen sachkundigen Menschen geben, der diese Darstellung in Zweifel zieht. Und auch wenn es überheblich ist, aber aus meiner Sicht sollten die Texte Pflichtlektüre für angehende Ökonomen / Politikwissenschaftler / Journalisten sein.

          16.

          Würde mich sehr freuen, wenn Du Deinen Text hier zweitveröffentlichst

          Das würde ich nur sehr ungerne machen, weil es für mich an dieser Stelle einfach nichts zu debattieren gibt. Über die Aussage „ein Kreis ist rund“ muss ich mit niemandem diskutieren. Und auf Wortklauberei- / Nonsens- / Troll-Einwürfe („aber Großbritannien hat gar keine Verfassung“ oder sowas) habe ich null Lust. Außerdem sind die Texte ja jetzt schon frei zugänglich.

  • Welches sind die politischen Themen, bei denen junge Menschen sagen: „Dafür brauchen wir eine starke europäische Demokratie!“

    Grundsätzlich alle! :) Nein, im Ernst: Europa sollte kein undemokratischer Raum sein. Alle Themen, die auf europäischer Ebene behandelt werden, sollten demnach auch demokratisch flankiert werden. Das Parlament braucht mehr Rechte, wir brauchen mehr Transparenz, mehr Öffentlichkeit... die Liste ist lang.

    Ist demokratischer Streit wirklich eine gute Voraussetzung für die Identifikation mit der EU? Oder kann er auch das Gegenteil bewirken?

    Unbedingt ist er eine gute Voraussetzung für die Identifikation mit der EU! Es ist doch so: die Menschen machen sich ihre Gedanken doch sowieso. Wenn diese Gedanken in Europa dann nicht erwünscht sind, dann verstärkt das nur den Eindruck vom undemokratischen, bürokratischen Monster.

    Habt Ihr andere Ideen und Fragen? Oder kennt Ihr noch Projekte, die super sind und Unterstützung brauchen?

    Cooler Ansatz, dass Ihr die Fragen online zur Diskussion stellt und in die Tagung einfließen lasst!

  • Victoria European Republic
    +2

    Welches sind die politischen Themen, bei denen junge Menschen sagen: „Dafür brauchen wir eine starke europäische Demokratie!“

    Ich glaube die Schwierigkeit beginnt da, wo beim Thema "Europa" und "Demokratie" ganz pragmatische Dinge, die jeder erkennen kann manchmal richtig und dann auch oft schief laufen. Also beispielsweise was das Wahlrecht anbelangt: Für das Europäische Parlament heißt das dann Europa-Wahl, aber eigentlich kann jeder Europäer nur Landsleute seines Heimatlandes wählen. Ich als Deutsche kann also nur Deutsche für Europa wählen. Das ist meiner Meinung nicht europäisch. Vor allem aber wird damit auch niemandem mal eine Chance gegeben, sich politisch in den anderen Ländern umzuschauen und dadurch einerseits diese Ländern besser kennenzulernen, vielleicht Ähnlichkeiten zur "eigenen" politischen Landschaft zu entdecken. Andererseits kann so "europäische Demokratie" nicht als Ganzes entstehen, den schon beim Bürger und seiner Wahlentscheidung sind die Landesgrenzen noch unüberwindbar. Ich finde also, wir brauchen eine stärker europäischen Wahlrecht, um eine starke europäische Demokratie zu begründen!

    Und dann ist da noch all das, was auch zur Demokratie gehört und doch oft viel zu abstrakt bleibt, schon auf der nationalen Ebene. Beispielsweise welche Institution welche Aufgabe übernimmt- und welche für ein vollständig demokratisches System fehlen (dem Europäischen Parlament etwa das Initiativrecht). Nun wurde zusätzlich noch sehr oft gesagt, dass Europa auch wirklich sehr komplex sei. Was ja auch stimmt- nur, was das vor allem ausgelöst hat, ist das Gefühl, dass Europa eh nicht zu verstehen ist, weil ja so komplex (und das ist ja auch nicht mehr allzu weit entfernt von kompliziert).

    Kein Wunder also eigentlich, dass neben einem Bier Sätze wie etwa "Dafür brauchen wir eine starke europäische Demokratie" nicht (mehr) fallen. Für eine starke europäische Demokratie muss das Thema also auch entzaubert werden, damit Sätze, in denen “europäische Demokratie” vorkommt, viel üblicher werden.

    Habt Ihr andere Ideen und Fragen? Oder kennt Ihr noch Projekte, die super sind und Unterstützung brauchen?

    Ja: www.european-republic.eu

    • Bist du dann dafür, europäische Parteien zu stärken und Modelle wie transnationale Wahlkreise einzuführen? Wie aber würde dann eine ideale Kommunikation zwischen Bürgern und Politikern laufen - ich als Deutscher wähle einen Spanier einer Partei meiner Wahl, der für bestimmte Werte oder Ziele einsteht. Nur wie soll einmal die Sprachbarriere überwunden werden und wie finde ich überhaupt heraus, wer für welche Meinung steht? Ich glaube eher, dass ein solches Modell die Komplexität der EU noch erhöhen würde...auch wenn ich die Idee dahinter gut nachvollziehen kann.

      • Hallo JustaG,

        Transnationale Listen würden mit Kandidaten aus verschiedenen EU-Ländern besetzt sein. Beispielsweise würden die europäischen Sozialisten (SPE) auf Platz eins einen spanischen Spitzenkandidaten haben, auf Platz 2 eine Österreicherin, auf Platz 3 eine Italienerin, auf Platz 4 und 5 einen Franzosen, auf Platz 6 eine Lettin, auf Platz 7 einen Deutschen, auf Platz 8 einen Ungarn, auf Platz 9 eine Deutsche, auf Platz 10 eine Britin usw. – eben bunt gemischt, aber verbunden in der sozialistischen Idee eines geeinten Europas in Freiheit und Solidarität.

        Gemeinsam werben die Kandidaten und Kandidatinnen dann für ein einheitliches Wahlprogramm, das in allen Sprachen verfügbar ist und das durch die jeweiligen Kandidaten und Kandidatinnen eines Landes der dortigen Bevölkerung näher gebracht wird. Und dann gibt es ja auch Leute wie Jean Asselborn (SPE / Luxemburg), die ohne Probleme auch in Deutschland oder Frankreich in den jeweiligen Sprachen für eine solche gemeinsame Liste der SPE werben können und würden.

        Ich hoffe, dass ich Ihre Frage nach der Sprachbarriere damit beantworten und die Sorge vor zu viel Komplexität durch ein solches System transnationaler Listen etwas mindern konnte. Gerne stehe ich Ihnen auch für weitere Rückfragen zur Verfügung.

        Beste Grüße,
        Mister Ede (www.mister-ede.de)