Willsch (CDU) zu Griechenland: "Neues Geld trotz Reformverweigerung"
Bekommt Griechenland unrechtmäßig neue Hilfen? Davor warnt der CDU-Politiker Klaus-Peter Willsch. Foto: dpa
Ein Beitrag von Klaus-Peter Willsch MdB, CDU
Griechenland sollen dem Vernehmen nach mehr als zehn Milliarden Euro für den Fall X in Form einer Kreditlinie mit erweiterten Bedingungen (Enhanced Conditions Credit Line, ECCL) als Blanko-Scheck in Aussicht gestellt werden. Um es leicht zu machen, sollen nur noch nicht abgerufene Gelder aus dem letzten Griechenland-Programm umgewidmet werden. Konkret handelt es sich dabei um Gelder, die eigentlich für eine Rekapitalisierung der griechischen Banken vorgesehen waren. Dass das Geld noch übrig ist, wundert mich nicht. Zwar sind bei dem jüngsten Bankenstresstest drei griechische Banken durchgefallen, aber Athen setzt darauf, dass das Geld jetzt direkt aus dem ESM an die Banken fließt. Einfach genial aus Sicht des Schuldners, aber doppelt idiotisch, dass der Gläubiger – also die Staatengemeinschaft – das mit sich machen lässt. Dass Griechenland auf Reformverweigerung setzt und das Geld dennoch fließt, ist im fünften Jahr der Euro-Krise schon fast keine Fußnote mehr wert.
In der „Leitlinie für eine vorsorgliche Finanzhilfe“ Art. 2, Abs. 4 steht klipp und klar: „Für eine ECCL kommen ESM-Mitglieder in Frage, deren wirtschaftliche und finanzielle Situation insgesamt nach wie vor solide ist.“ Diese Art von Kreditlinie ist zur Vor- und nicht zur Nachsorge geschaffen worden. Und außerdem ist die wirtschaftliche und finanzielle Situation Griechenlands nach wie vor alles andere als solide. Kostprobe? Schuldenstand 175,5 Prozent, Arbeitslosenrate 26,8 Prozent, seit 2008 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um fast ein Viertel geschrumpft! Das ist die Bilanz eines Absteigers! Vom Relegationsplatz ist Griechenland meilenweit entfernt - genauso weit wie die Lüge von der Wahrheit.
Siehe hierzu auch:
Klaus-Peter Willsch: Facebook-Seite
PDU
Sehr geehrter Herr Willsch,
Sie haben recht! So kann es nicht weiter gehen!
Aber: Sie erwecken in ihrem Kommentar den Eindruck, dass die Griechen, die zwar zu faul für Reformen sind, aber clever genug um die Staatengemeinschaft abzuzocken, uns hier unser sauer verdientes Steuergeld aus der Tasche ziehen wollen. Das ist natürlich Unsinn. Griechenland will dringend raus aus dem ESM und sich von den, mit den Hilfsgeldern verknüpften, scharfen (und ökonomisch weitgehend kontraproduktiven) Auflagen der Troika befreien. Allerdings spielen da die Finanzmärkte nicht mit. Es geht die Angst um unter Investoren, dass Griechenland ohne dauerhafte Transfers nicht Teil der Eurozone bleiben kann. Das stimmt auch. Griechenland muss entweder den Euro verlassen, oder weiterhin unterstützt werden.
Historisch gab es in allen funktionierenden Währungsunionen stets automatische Transfers. In Deutschland flossen so z.B in den ersten Jahren der Republik große Summen in das strukturschwache Agrarland Bayern. (Und es geht nicht nur um direkte Zahlungen: Lehrer, Soldaten, Infrastrukturmassnahmen, Zuschüsse zur Krankenversicherung, staatliche Sozialhilfe etc. wurden - wie das in einem föderalen System eben ist - aus Bonn bezahlt). Keine Währungsunion, die nicht zugleich politische Union und Fiskalunion war, hatte jemals lange Bestand, weil die unterschiedliche Produktivität der Mitglieder, und damit die unterschiedlichen Anforderungen an Geld- und Fiskalpolitik nicht ausgeglichen werden konnten. Als VWLer wissen Sie das.
Im Gegensatz zu der Haltung ihrer Partei und der SPD, ist ihre Position wenigstens konsequent. Normativ aus unserer Warte falsch und eine Gefahr für Europas inneren Frieden sowie für die Europäische Stellung in der Welt. Aber in sich schlüssig und intellektuell nachvollziehbar. Ihre Einschätzung, dass die Krise alles andere als vorüber ist teilen wir. (Die Wahlen in Spanien könnten diesbezüglich interessant werden).
Sie wollen zurück zu einer national-staatlichen Konkurrenz auf dem europäischen Kontinent, zu souveränen Staaten mit eigenen Währungen und eigener Geld- und Fiskalpolitik. Zweifelsohne wäre das eine Situation, die anders als die aktuelle Politik des "Durchwurstelns" nicht zwangsläufig zum "Scheitern" (zu einem ebenso absehbaren, wie in der Art und Weise des Scheiterns unvorhersehbaren Ende) führen muss.
Wir glauben trotzdem, dass sie auf dem falschen Dampfer sind. Ja, Griechenland reformiert nicht schnell genug. Aber die Art der Reformen die dem Land auferlegt wurden (sparen, sparen, sparen). waren von vornherein strategisch verkehrt. Wie der IWF letztes Jahr zugegeben hat, hat sich dadurch sowohl die Zahl der Arbeitslosen erhöht, als auch die Schuldenquote (relativ zum BIP).
Was Griechenland braucht ist echte Hilfe. Bei der Reform seiner Bürokratie, beim vorsichtigen Abbau der Staatsquote, bei der Verfolgung von Steuerhinterziehung, bei der Bekämpfung von Korruption und Kriminalität. Europa sollte in Griechenland - eines der geo-strategisch wertvollsten Länder der Union - investieren. Das Management dieser Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Energie und Sicherheit können natürlich nicht der griechischen Regierung überlassen werden, sonder sollten von einer direkt-demokratisch gewählten Regierung der gesamten Eurozone gemanagt werden.
Unser Tipp: Treten Sie in die AFD ein. Dann haben wir klare Fronten und können eine ehrliche Diskussion darüber führen wohin die Reise in Europa gehen soll. Ob zurück in die Zeit der Nationalstaaten oder hin zu einer vollständigen demokratischen Union der Eurozone. Alle anderen „Lösungen“ führen früher oder später ohnehin in das Eine oder das Andere Szenario.