Afrika ist schön
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"Mein Beitrag ist pauschalisierend", schreibt 'Doro' selbst. Bringt ihr Perspektivwechsel "Afrika ist schön" die Debatte um die Flüchtlings- und Migrationspolitik trotzdem weiter?
Ein Beitrag von Doro
Zu Zeiten der Apartheid gab es im Südlichen Afrika eine Bewegung mit dem Motto „Schwarz ist schön“. Schwarze wollten sich nicht länger durch die Brille der Weißen sehen und sich nicht mehr spiegelbildlich verhalten, unterwürfig, ohne Selbstbewusstsein, unterlegen und abhängig. Sie wollten sich nicht mehr als zweitrangige „Geschöpfe Gottes“ sehen , auf einem Platz, den ihnen die Weißen zuwiesen, sondern sie erkannten sich als zu den Weißen gleichrangiges „Ebenbild Gottes“. Sie entdeckten ihre gleichrangige Würde und ihren Stolz.
Wo ist der Stolz der " Schwarzafrikaner" heute geblieben? Afrika ist ein großer Kontinent – ich weiß nicht, wie viel mal größer als Europa. Mit den herrlichsten Landschaften und Küsten und reich an Ressourcen jeder Art. Kein lebenswerter Lebensraum für Menschen? Die Flüchtlingsströme nach Europa vermitteln den Eindruck.
Und wir in Europa geben ihnen den Eindruck. In unserem Denken kommt Afrika als lebenswerter Lebensraum gar nicht mehr vor. Wir haben ihn als solchen bei uns abgeschrieben. Nur bei uns kann man leben, und die Schwarzafrikaner haben Recht und unsere volle Empathie, wenn sie zu uns kommen wollen. Rücken wir zusammen. Nur bei uns sind die Bedingungen für ein lebenswertes Leben gegeben.
Ist nicht ein Umdenken auf beiden Seiten, sowohl der „weißen“ Europäer wie der „schwarzen“ Afrikaner nötig?
- Warum sind Schwarzafrikaner so fokussiert auf Europa? Warum ist ihnen ihre Identität so wenig wert? Afrika ist nicht schön? Nur schrecklich?
- Warum gibt es keine Bewegung in Afrika, die die korrupten Regierungen,
Stammensfürsten, Potentaten, Häuptlinge matt setzt, und versucht, die verschiedenen Ethnien zu befrieden, indem sie ihnen Stammesgebiete zuweist, die ihrer Geschichte entsprechender sind, als die Grenzen, die die Kolonialmächte einst gezogen haben? Aber eine Bewegung, die prinzipiell stolz ist auf Afrika und z.B. eine Union schaffen will analog zur EU? Keine Kriege mehr untereinander, sondern eine Wirtschaftsunion auf dem Wege zu einer politischen Union? - Gibt es eigentlich Gespräche zwischen der EU und der AU über eine Lösung der Flüchtlingsproblematik? Es kann ja nicht im Interesse der Afrikanischen Staaten sein, dass ihr Kontinent sich entvölkert. Und vor allem, dass er in der Weltöffentlichkeit in einem solch desolaten Zustand erscheint. Wo ist der Stolz der AU?
- Eine Idee: eine Basisbewegung in Afrika, länderübergreifend, angespornt
vielleicht auch durch Rückkehrer aus Europa
mit deren weißen Freunden, die sie für ihren Heimatkontinent begeistern konnten, die zusammen mit der einheimischen Bevölkerung in Afrika Neues aufbauen unter dem Motto: „Afrika ist schön. Es lohnt sich, in Afrika zu leben.“ - Hören wir doch in Europa damit auf, den afrikanischen Kontinent nur noch als nicht lebenswerten Lebensraum anzusehen! Und dass die Menschen nur weg wollen, als schicksalshaft. Die pure Mitleids- und Mitmenschlichkeitsschiene ist nicht zielführend und in subtiler Weise auch paternalistisch. Behaften wir die Afrikaner bei ihrem gegenüber den Weißen erworbenem Selbstbewusstsein und helfen ihnen, ihren Kontinent zu entwickeln und halten sie von der Selbst- Versklavung einschließlich der potentiell selbstmörderischen Flucht über das Mittelmeer ab! Positiv wäre es, mit den Afrikanern zusammen und unter ihrer Ägide, den afrikanischen Kontinent zu dem zu machen, was er sein kann, ein wunderbarer Lebensraum!
Mir ist klar, mein Beitrag ist pauschalisierend, berücksichtigt nicht die Entwicklung in den einzelnen Ländern, auch nicht die politischen Konstellationen, die die Flüchtlingsströme verursachen nach außerhalb des Kontinents wie innerhalb des Kontinents. Aber die Menschenrechtslage ist in fast allen der ca 40 "schwarz-afrikanischen" Ländern nicht zum Besten, um nicht zu sagen katastrophal. Die Korruption ist ein "Krebsgeschwür" auf allen Ebenen, fast überall. Wenn es von außen erlaubt ist zu sagen: "Ein Ruck durch Afrika" wäre ein Hoffnungszeichen, für die Afrikaner wie die Europäer. Afrika ist ein "junger" Kontinent, Europa ein "alter"... (d.h. nicht, dass Flüchtlings-Sofort-Hilfe nicht notwendig wäre!)
nemo
Ja liebe Doro, Afrika ist schön. Ein Kontinent voll fruchtbarster Böden und unendlicher Ressourcen. Ich habe vor vielen Jahren in Bremerhaven einmal unfreiwillig ein Gespräch zweier Seeleute mitgehört, die in den 60er und 70er Jahren lange auf Schiffen im Westafrika-Verkehr gefahren waren. Sie schwärmten von dem warmen Luftstrom, der das Schiff schon erreiche, bevor Land zu sehen war: Voll mit dem süßen und verheißungsvollen Duft exotischer Vegetation. Ein phantastischer und unendlich vielfältiger, ein magischer Kontinent voller stolzer Menschen, ein Kontinent, der vor Jahrtausenden die Wiege der Menschheit war.
Warum bleiben die Menschen also nicht in Afrika, da wo sie geboren sind? Hier der Versuch einer Antwort. Lassen wir dabei einmal etwas fahrlässiger Weise und der Einfachheit halber den gesamten historischen Kontext weg und schauen auf das Afrika des Jahres 2015.
In Nordafrika haben USA und EU mit der Destabilisierung Lybiens Millionen Menschen die Grundlage für ein Leben in Sicherheit und Würde entzogen. Mit Reperkussionen via IS und AL Qaida in die Subsahara bis nach Mali, in den Sudan, nach Kenia und in den Niger.
In den fruchtbaren Zonen Äquatorial- und Zentralafrikas sichern sich internationale Konzerne Landstriche von der Größe Hessens „unter den Nagel gerissen“ um Biotreibstoffe zu produzieren und entziehen den Menschen im Wortsinne den Boden für die eigene Existenz. Landgrabbing wie zu Kolonialzeiten.
In Ostafrika zwingt die EU den Ländern der Region ein sogenanntes Freihandelsabkommen auf, das Hundertausende kleinbäuerliche Existenzen vernichten wird.
In Nigeria (Ölindustrie) und im Kongo (Bergbau) verwandeln internationale Konzerne ganze Landstriche in unbewohnbare, chemisch verseuchte Industriebrachen.
Dies sind nur ein paar Momentaufnahmen von einem Kontinent, der ein Paradies sein könnte und den die Gier des Westens, der vermeintlich zivilisierten, demokratischen Welt für viele hundert Millionen Menschen zur Hölle gemacht hat.
So gilt für Afrika 2015 in weiten Teilen das gleiche was Joseph Conrad in seinem Roman „Heart of Darkness“ vor mehr als 100 Jahren über die Menschen im Kongo schrieb: “They were dying slowly - it was very clear. They were not enemies, they were not criminals, they were nothing earthly now -nothing but black shadows of disease and starvation, lying confusedly in the greenish gloom. (…)These moribund shapes were free as air—and nearly as thin.”
Und schlimmer: wir alle tragen Schuld, weil wir Legislaturperiode für Legislaturperiode die gleichen Politiker mit unserer Wählerstimme legitimieren, die diese mörderische Politik durchzusetzen. Es sind übrigens die gleichen Politiker, die sich dann darüber beschweren, dass jene, denen sie den Boden unter den Füßen weggezogen und deren Hütten sie angezündet haben, dann bei uns anklopfen und eine neue Heimat suchen.