Sind Petitionen für die Tonne?
Der Bundestag in Berlin - für die Belange der BürgerInnen unerreichbar? Foto: nyucho (CC BY 2.0)
Der Journalist Lars Sobiraj hat sich den neuesten Jahresbericht des Petitionsausschuss im Bundestag genauer angesehen. Wie sinnvoll ist das Instrument der Bürgerbeteiligung?
Ein Beitrag von Lars Sobiraj, erstmals erschienen auf tarnkappe.info
Alles für die Tonne? Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags hat 2014 von den eingereichten 15.325 Anliegen lediglich 0,18% an die Bundesregierung weitergeleitet. In einem einzigen Fall wurde der Bundesregierung empfohlen, dem Anliegen zu entsprechen. 31 weitere Petitionen wurden zur Prüfung weitergeleitet. 15.293 Petitionen wurden verworfen. Weniger als 3% wurden auf dem Petitionsserver des Bundestags veröffentlicht, damit sie online unterzeichnet werden konnten.
Die „Abteilung Controlling des Unternehmens Deutscher Bundestag“, wie der Petitionsausschuss manchmal genannt wird, führt sich im neuesten Jahresbericht (9. Juni 2015) selbst ad absurdum. Zwar wurden im Vorjahr 15.325 Anliegen eingereicht. Doch nur eine einzige Petition wurde an die Bundesregierung „zur Berücksichtigung“ weitergeleitet. Der Bundesregierung wurde also mehr oder weniger unverbindlich empfohlen, dem Anliegen des Bürgers zu entsprechen. 31 weitere Petitionen wurden letztes Jahr „zur Erwägung“ vorgelegt, also als Ersuchen, das Anliegen zu prüfen. Das sind zusammen lediglich 0,18% der 2014 behandelten Petitionen. 99,82% der Petitionen, die die Bürgerinnen und Bürger eingereicht haben, wurden hingegen aussortiert. Bei den meisten Anfragen wurden keinerlei Schritte unternommen, um die zuständigen gewählten Vertreter dazu aufzufordern, das Anliegen zu bearbeiten.
Natürlich werden jedes Jahr auch diverse sinnlose Petitionen eingereicht. So wurde von den Volksvertretern in den letzten Jahren beispielsweise ein Verbot von Blondinenwitzen oder eine Ausweitung der Ufo-Forschung gefordert. Trotzdem müssten sich die Mitglieder des Ausschusses selbst die Frage stellen: Soll so tatsächlich ein effektives Controlling aussehen? Wird man damit dem Artikel 17 Grundgesetz gerecht?
Erreichen Petitionen die Parlamentarier?
Kritisiert wird von Dritten auch, dass weniger als 3% der 2014 eingereichten Petitionen auf dem Petitionsserver des Bundestags veröffentlicht wurden. Damit konnte nur über wenige Einreichungen online diskutiert oder abgestimmt werden. Laut OpenPetition ist dieser Anteil seit Jahren gleichbleibend gering. Damit beschäftigt sich der Ausschuss zu wenig mit Anliegen von öffentlichem Interesse.
OpenPetition-Sprecher Fritz Schadow beanstandet, dass oftmals in Sammelbeschlussempfehlungen über bis zu 200 Petitionen gleichzeitig abgestimmt wird. Er hält es für fraglich, ob man den Anliegen der Petenten gerecht wird, wenn diese Abstimmungen dann auch noch meist am Ende eines langen Sitzungstages vorgenommen werden. Damit wandert jede Menge Bürgerbeteiligung im wahrsten Sinne des Wortes unbearbeitet in der Mülltonne.
Hinweis: Dieser Text erschien zunächst auf tarnkappe.info
Links
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Deutscher Bundestag: Bericht des Petitionsausschusses (2. Ausschuss) (9. Juni 2015)
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Tarkappe.info: Bundestag: Petitionsausschuss hat 99,82% der Petitionen verworfen (11. Juni 2015)
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OpenPeitition.de: Petitionsausschuss zeigt geringe Wirkung (10. Juni 2015)
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Publixphere: Thema Online-Partizipation
sophieso
Haha ich habe eben mal ins Grundgesetz geschaut
Tja, vom Umgang mit den Bitten und Beschwerden steht da gar nichts. Der Peitionsausschuss muss sich also auch nicht anstrengen und rechtfertigen, wenn dort nichts passiert.
Eigentlich eine Frechheit, so eine lapidare Selbstverständlichkeit ins Grundgesetz zu schreiben. Würde man den Menschen sonst verbieten, einen Brief an den Bundestag zu schreiben oder was?
Deutschland ist keine Direkt-Demokratie. So viel steht fest :)