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Lufthoheit


CC0 1.0 by Nicholas SwansonFoto: Nicholas Swanson (CC0 1.0)

Neuartige Ballons, Drachen, Drohnen - muss es Regeln für das "Vollstopfen" des Himmels geben? Das fragt BastianB. Oder wäre das "fortschrittsfeindlich kleinkariert"?


Ein Beitrag von BastianB

Ich habe mal überlegt, was das seltsamste Thema ist, das mich gerade beschäftigt, um es hier mal anzubringen. Es ist der Raum über unseren Köpfen. Die 0 bis 1000 Meter über uns. Klingt kurios? Ist es auch. Warum könnte dieser Raum wichtig werden? Weil er erobert wird. Weil sich die Menschheit danach streckt derzeit, ihn mit Technik vollstopfen könnte, schon bald.

Da sind zum einen die Drohnen, klar. Wie sie das Leben ändern, wurde mir klar, als mir jemand erzählte, dass Menschen in Gaza sie Tag für Tag hören können. Ein leichtes Summen da oben. Jeden Moment können sie zuschlagen. Das ist wohl ein wenig so, als würde ein Unbekannter den ganzen Tag neben dir herlaufen und dir eine geladenen Pistole an den Kopf halten. Man wird sich wohl daran gewöhnen, in Gaza und Pakistan, das vielleicht ausblenden, verdrängen, aber krass bleibt es, für das Grundgefühl.

Dann sprach ich mit jemanden, der in einer Botschaft im Mittleren Osten arbeitet. Er sagte, sie hätten gegen Mini-Mini-Drohnen eigentlich keine Chance. Sie können die Botschaft noch so sehr einmauern, bombenfeste Wände bauen. Doch sollten Mini-Drohnen entwickelt werden, groß wie Vögel oder Insekten, und in die falschen Hände geraten, ist niemand mehr vor Anschlägen sicher. Die kommen einfach durch die Tür geflogen, durch die jeder mal gehen muss. Das klingt nach Science-Fiction, ist aber offenbar technisch möglich.

Das sind die finsteren Beispiele für die neue Eroberung des 'Luftraums'. Was bedeuten sie für die (nach oben) offene Gesellschaft? Gibt es bald keine Wahlkampfreden auf dem Marktplatz mehr? Schließen wir uns alle ein und scheuen das Freie? Die Bilder für die schlimmstmöglichen Szenarien gibt es schon. In "Terminator" haust der menschliche Widerstand gegen die Maschinen in versteckten Gängen und unter Schrotthalden. Oben sind die Flugroboter auf Menschenjagd.

Drachen und Ballons

Dann gibt es die guten Ideen. Drohnen als Hilfe für die Landwirtschaft, bei Naturkatastrophen, für die Paketlieferung... klar. Was mich krass fasziniert: Flugdrachen (und ähnliche Systeme) zur Windenergie-Gewinnung. Sie sollen die "gigantischen Energiepotenziale der Höhenwinde" ernten, schon in den kommenden Jahren, super billigen Strom produzieren (günstiger als Kohle). So etwa 500 Meter über dem Boden oder dem Meer.

Vorsicht ist bei Jubel-Geschrei in der Energiewirtschaft gewiss angebracht - Klappern gehört zum Handwerk. Trotzdem: diese Sphäre direkt über uns wird immer interessanter. Google will hunderte Ballons über Sri Lanka schweben lassen, um die Insel mit Internet zu versorgen. Facebook hat Ähnliches in Afrika im Sinn. Vielleicht gibt es das irgendwann nicht mehr: kein Netz haben, nicht online sein.

Bei Ballons dachte ich bisher immer ans 19. Jahrhundert, an Pippi Langstrumpf und Baron Münchhausen (der mit einem Heißluftballon aus Damenunterwäsche zum Mond geflogen ist). Aber nicht an die Zukunft. Sind die Städte und Landschaften bald nach oben hin übersät mit Ballons, Drachen und fantastischem Gerät? Werden wir den offenen großen weiten Himmel und Horizont vermissen? Müsste man jetzt schon über Regeln nachdenken? Wer darf mit was den Himmel vollstopfen und warum? Wer hat die Lufthoheit? Oder wäre das fortschrittsfeindlich kleinkariert, die typische Technologie-Skepsis am Beginn einer neuen Ära? Ich weiß es nicht. Wer diesen Text 2050 liest, wird darüber vielleicht lachen oder weinen.

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Emil: Das Richtige am Drohnenkrieg?


Kommentare

  • babbelgebrabbel ist dafür
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    Hallo BastianB, ich finde deinen Post überhaupt nicht weit hergeholt, sondern habe mir darüber auch schon den ein oder anderen Gedanken gemacht. Neulich saß ich mit meiner Familie im Garten und ziemlich hoch über uns flog ein UFO, also im wahrsten Sinne des Wortes ein fliegendes Etwas, das wir nicht identifizieren konnten. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man nicht weiß, wer bzw. was da gerade über deinen Kopf hinwegfliegt. Es könnte dich filmen oder Fotos von deiner Terrassentür machen. Oder es könnte einfach abstürzen; na dann gute Nacht. Und dieser Bereich ist, soweit ich weiß, noch überhaupt nicht reguliert.

    Der Gedanke, dass Drohnen irgendwann völlig selbstverständliche Bestandteile unseres "Strassenverkehrs" sein könnten, macht mich total nervös. Ich möchte irgendwo auch noch meine Ruhe haben.

    Außerdem kann mir doch keiner erzählen, dass Drohnen ausschließlich zu friedlichen Zwecken genutzt würden. Ich wurde mal gestalked. Glücklicherweise beschränkte sich das Stalken auf Telefonterror und richtig miese Nachrichten auf dem AB, weil ich wusste, wie ich ihm aus dem Weg gehen konnte. Wenn der Typ eine Drohne gehabt hätte, hätte ich mich nicht mehr getraut meine Gardinen zu öffnen. So viel Angst hatte ich zeitweise vor dem Typen, und so viel Angst habe ich dank solcher Menschen zugegeben auch vor den Drohnen.

    Allein der Gedanke, ständig ein surren wahrzunehmen macht mich verrückt. Dass Menschen das jetzt schon aushalten müssen ist doch der Wahnsinn.

    OK, so viel erstmal nur zu den Drohnen ;) ich gebe zu, dss ich noch nicht genug über die bereits bestehenden Regeln weiß. Aber selbst der SPIEGEL bietet seinen Abonnenten schon Drohnen als Präme an. Seufz...

  • Hallo BastianB, das wird wohl alles so sein. Aber einen Unterschied zwischen Terminator-Kampfdrohnen und Windballons gibts schon oder?

    Ich habe mal nachgeschaut In Deutschland werden 'No-Fly-Zones' für Privat-Drohnen erwogen, in Kalifornien dass die Ordnungskräfte die auch einfach mal abschießen können! (typisch, diese Cowboys). Wegen Unfallgefahr.

    Könnte es sein, dass der Marktplatz, auf dem die Kanzlerin für ihre 125. Amtszeit wirbt, und die Botschaft im Mittleren Osten bald einfach einen Störsender installiert bekommen, der jede Drohnensteuerung verunmöglicht? Also ich hätte nicht soviel Angst.

    Die 100 Prozent Online-Welt wird sowieso kommen. Ist doch auch kein Beinbruch. Einfach mal abschalten geht doch auch. Außerdem ist es für "Afrika" doch wahrlich nichts Schlechtes, Zugang zur Weltöffentlichkeit und zum Weltwissen zu bekommen.

    Fazit: Deine Technik-Skepsis ist vollkommen deplaziert, aufgebauscht und paranoid! (Mir war grad nach pöbeln).

    • Aufgebauscht und paronoid vielleicht. Aber deplaziert geht auf Publixphere gar nicht :)

  • Gibt es nicht schon Regeln für das alles?

    • Sahrah Sahara hat sie "nachgeschaut".