+7

Herausforderungen durch Flucht und Vertreibung gesamteuropäisch angehen


picture alliance/NurPhotoWie könnte ein gesamteuropäisches Konzept der Flüchtlingspolitik aussehen? Im Bild: Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze warten auf den Weitertransport an die mazedonisch-serbische Grenze. Foto: picture alliance / NurPhoto


Ein Beitrag von MisterEde

Gestern habe ich in meinem Blog nachfolgenden Text mit Gedanken zu einer Neuordnung von Asylverfahren, Asylgewährung, Balkan-Politik und Grenzsicherung in der EU veröffentlicht, den ich auch hier zur Diskussion stellen möchte:

Nachdem es inhuman, aber auch irrational ist, Syrer erst zu Schleppern zu zwingen, dann raus aufs Mittelmeer, um sie dort zu retten, in Italien zu registrieren, nach Deutschland ziehen zu lassen und sie dort nur zu dulden, weil sie ja eigentlich wieder zurück nach Italien müssten, wo man sie aber zurzeit nicht hin überführen darf – folgen ein paar Gedanken zu einer Neuordnung von Asylverfahren, Asylgewährung, Balkan-Politik und Grenzsicherung in der EU.

Grenzpakt:
Die Schengen-Länder sowie Bulgarien und Rumänien könnten einen Grenzpakt schließen, der vorsieht, dass, außer in Island und Norwegen, die Grenzsicherung eine gemeinsame Aufgabe der nationalen Behörden und der EU-Behörden wird. Die Außengrenzen werden dabei in „echte“ und „unechte“ Außengrenzen eingeteilt. Echte Außengrenzen sind Flughäfen und Häfen bei Verbindungen in und aus diesem Binnenraum, die offenen Seegrenzen sowie die Grenzen zu Russland, Weißrussland, Ukraine, Moldawien, Türkei und Marokko (z.B. Melilla). Unechte Außengrenzen sind die Grenzen zur russischen Exklave Kaliningrad und zu den Nicht-EU-Ländern des Balkans.

Die EU-Behörden legen dann eine Strategie zur Sicherung der echten und unechten Außengrenzen fest, die von den Außengrenzen-Ländern mit eigenem Personal und Material umgesetzt wird. Der hierfür kalkulierte Finanzbedarf wird zu 100% durch die Grenzpakt-Länder gemeinsam getragen genauso wie Investitionen in Grenzsicherungsanlagen bei „echten“ Außengrenzen. Zusätzlich kann Frontex ausgebaut werden, um die Sicherung der Seegrenzen zu verbessern und langsam bis zu 25% der Sicherung der „echten“ Land-Außengrenzen in Zusammenarbeit mit den nationalen Grenzschutzbehörden zu übernehmen.

Gedanke:
Zum einen könnte so Schengen vorangebracht werden, weil Rumänien und Bulgarien langsam auch hineinkommen. Zum anderen würde sich ein geschlossenes Gebilde ergeben, das Kapazitäten freisetzt. Außerdem führt eine solche gemeinsame Lösung zu einer fairen Lastenverteilung und die Außengrenzen-Länder würden finanziell deutlich entlastet, so dass der Grenzschutz der EU nicht mehr von den Haushalten der einzelnen EU-Länder abhängt. Hierdurch würde die Sicherheit der Außengrenzen einheitlicher und wahrscheinlich insgesamt auch besser z.B. in Bezug auf Schmuggel (Waren, Waffen, Geld, Kunst, Drogen). Durch den Ausbau eines europäischen Grenzschutzes würden dann auch z.B. deutsche oder französische Polizeibeamte eingebunden, so dass die Verantwortung für die Außengrenzen nicht einfach nur „abgedrückt“ wird. Durch den Aufbau eines europäischen Grenzschutzes würde zudem ein gemeinsames Projekt zum Zusammenwachsen entstehen, das zusätzlich ermöglicht, schnell und flexibel auf veränderte Anforderung an die Sicherheit der Außengrenzen einer bestimmten Region zu reagieren.

Balkan-Plan:
Die „unechten“ Außengrenzen sollten in diesem Fall vor allem durch gute Partnerschaft gesichert werden, was insbesondere für die an die EU grenzenden Balkanländer gilt. Ziel muss es sein, den Ländern eine Perspektive zu geben, so dass die Menschen nicht mehr von dort fliehen. Wenn in Deutschland 100.000 Asylprüfungen mit jeweils 3 Monaten Aufenthalt und einer Abschiebung weniger bezahlt werden müssen, sind das schnell mal ein paar hundert Millionen Euro, die z.B. in Schulen im Kosovo investiert werden können.

Gedanke:
Ziel muss es sein, die Fluchtursachen auf dem Balkan zu beseitigen und diese Länder langfristig zu stärken. Das würde dem Selbstverständnis der EU entsprechen und wäre dann auch tatsächlich nachhaltig.

Zentrale EU-Auffanglager, gemeinsames EU-Asylverfahren:
In EU-Ländern könnten Auffanglager eingerichtet werden, die vollständig von der EU verantwortet und finanziert werden. Wer ohne Aufenthaltsberechtigung aufgegriffen wird, wird in ein solches Auffanglager gebracht, bei Bedarf medizinisch untersucht und erfasst. Personen die kein Asylgesuch stellen, werden abgeschoben. Wird ein Asylgesuch gestellt, so wird zügig ein EU-weit einheitliches Asylverfahren durchgeführt. Bei Ablehnung wird ebenfalls abgeschoben und bei einer Asylgewährung wird der Flüchtling aus dem Auffanglager nach einem zu bestimmenden Modell auf die EU-Länder sowie die Schweiz, Norwegen und Island verteilt.

Gedanke:
Durch die schnelle Abschiebung von Personen ohne Asylgrund, besteht für diese kaum ein Anreiz, überhaupt den Versuch zu unternehmen in die EU einzureisen. Wer jedoch Fluchtgründe nach der Genfer Flüchtlingskonvention geltend machen kann, erhält schnell Schutz. Außerdem macht es für Flüchtlinge keinen Unterschied mehr, ob sie in Griechenland oder Deutschland einen Asylantrag stellen, weil sie überall das gleiche Verfahren erhalten. Sie müssen also nicht quer durch Europa ziehen. Gleichzeitig erlaubt diese Umstrukturierung weg vom Dublin-Abkommen, Modelle zu finden, welche die Lasten fair verteilen, z.B. durch einen finanziellen Ausgleich für jenes Land, das einen Asylberechtigten übernimmt.

Zwischenfazit:
Die aufgeführten Punkte zielen darauf ab, die Flucht aus den Balkan-Ländern zu verringern, nach außen die Grenzen Europas undurchlässiger zu machen und innerhalb der EU eine gerechtere Lastenverteilung bei der Asylgewährung zwischen den Mitgliedsländern zu organisieren.
Überspitzt gesagt, helfen diese Punkte damit zwar Europa, weil die gesamteuropäische Herausforderung gesamteuropäisch angegangen wird, sie helfen jedoch nicht, die Probleme der Flüchtlinge zu lösen, die so auch weiterhin z.B. aus Syrien über das Mittelmeer fliehen müssten.

Dennoch halte ich diese drei Punkte für eine Diskussion wert, weil hiermit jene Kapazitäten frei würden, mit denen dann Flüchtlingen gezielt geholfen werden kann.

Genfer Pakt:
Mit einer solchen Vereinbarung könnte gezielt die Flucht aus europanahen Krisenregionen erleichtert werden. Die Träger der Hauptlast außerhalb der EU und die UN könnten hierzu finanziell unterstützt werden. Aktuell sollte dann z.B. der Türkei, dem Libanon und dem Irak bei der Versorgung von Flüchtlingen bzw. von Binnenflüchtlingen geholfen werden. Daneben sollten bedarfsorientiert in einzelnen Staaten außerhalb der EU Behörden eingerichtet werden, in denen Personen mit bestimmter Nationalität ein begrenztes Aufenthaltsrecht zum Stellen eines Asylantrags in der EU erhalten. Das Aufenthaltsrecht berechtigt dann zum organisierten Transfer in ein festgelegtes EU-Auffanglager, um dort einen Antrag stellen zu können. Betrachtet man Syrien als europanahe Krisenregion, so könnten in der Türkei und im Libanon solche Behörden eingerichtet werden, die es Syrern ermöglichen, sicher in die EU zu reisen und dort Asyl zu beantragen.

Gedanke:
Ein einem Kriegsgebiet können die Fluchtursachen nur sehr schwer beseitigt werden, allerdings kann durch die finanzielle Unterstützung von Nachbarländern zumindest die Flucht aus einer Region obsolet gemacht werden. Außerdem wird durch eine Vor-Ort-Hilfe am ehesten verhindert, dass sich die Krise in einer Region ausweitet. Man stelle sich nur vor, der Libanon versinkt nun auch noch im Chaos oder der türkisch-kurdische Konflikt flammt wieder richtig auf.

Fazit:
Während bei den ersten drei Punkten die Flucht vom Balkan, der Umgang mit Flüchtlingen und der Grenzschutz in der EU im Vordergrund stehen, zielt der vierte Punkt darauf ab, die Ausbreitung humanitärer Krisen zu verhindern und den Flüchtlingsschutz für die Bewohner einer festgelegten Krisenregion zu verbessern. Dies würde helfen, um z.B. Syrer eben nicht erst zu Schleppern zu zwingen, dann raus aufs Mittelmeer, um sie dort zu retten, in Italien zu registrieren, nach Deutschland ziehen zu lassen und sie dort nur zu dulden, weil sie ja eigentlich wieder zurück nach Italien müssten, wo man sie aber zurzeit nicht hin überführen darf.

Link zum Blog-Artikel


Zur Debatte auf Publixphere:


Kommentare

  • Betrachtet man Albanien, den Kosovo, Mazedonien und Bosnien, dann gibt es dort rund 10,5 Millionen Einwohner, von denen etwa 50% Erwerbsperson sind und von denen wiederum round about 20% arbeitslos sind. Grob geschätzt fehlen dort also 1 Mio. Jobs. Würden in diesen Ländern 500.000 Jobs vom Himmel fallen, die ein Bruttoeinkommen von 4.000 Euro im Jahr ermöglichen, gäbe es wohl deutlich geringere Migrationszahlen. 4.000 Euro * 500.000 = 2 Mrd. Euro.

    Bedenkt man, dass es auch nicht kostenlos ist, wenn z.B. ein Albaner nach Deutschland kommt, hier ein Asylverfahren durchläuft, versorgt und wieder zurückgeführt wird, frage ich mich, ob man nicht einfach mal versuchen könnte, z.B. in Albanien etwas für mehr Arbeitsplätze zu unternehmen. Z.B. sind Sandstrand, Sonne, Mittelmeer und ein ganz nettes Preisgefälle ja nicht die schlechtesten Voraussetzungen für Tourismus. Dazu braucht man halt einen Flughafen, gute Verbindungen an die Küstenorte und die Infrastruktur für entsprechende Hotelanlagen. Vielleicht wäre auch ein Ausbau der digitalen Infrastruktur sinnvoll. Bei Internetdienstleistungen oder so was wie Callcentern können Preisgefälle ja auch ziemlich gut genutzt werden. Ich glaube, es wäre hilfreich, mehr in dieser Richtung zu denken als immer nur an „Taschengeldkürzung“, „Sach- statt Geldleistung“ oder „schnellere Abschiebung“.

    • Zu gerne würde ich auch mal wissen, ob man nicht den Tourismus in Albanien anheizen kann. Das klingt zwar sicherlich sehr planwirtschaftlich, aber mein Gedanke ist, dass mit einer gezielten Aktion schnell eine gewisse Attraktivität geschaffen werden könnte.

      In die Küstenstadt Durrës ein wenig investieren, um ein Umfeld für Partytouristen zu schaffen, dazu in den Küstenort Shëngjin investieren, um dort ein Umfeld für Familienurlaube zu schaffen und dazwischen noch einen Ort für Wellness und Entspannung finden. Das Ganze dann ordentlich bewerben, z.B. „Strandurlaub für jeden“, dazu noch günstige Preise, dann müsste doch die Rechnung sein: Albanien ist nur halb so weit weg wie die Türkei, die Arbeitskräfte sind noch billiger und Strand und Wasser sind super. Außerdem ist der Flughafen von Tirana nur 30 – 50 Kilometer entfernt zu diesen Orten.

      Gleichzeitig könnte angepeilt werden, das deutsche Ausbildungsmodell auf den Bereich von Gastgewerbe und Tourismus zu übertragen, also schulische kombiniert mit betrieblicher Ausbildung. Dazu Sprachkurse, Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Russisch für die Kommunikation mit den Gästen, aber auch um möglicherweise im Ausland arbeiten zu können.

      • Mario22 ist dafür
        +2

        Es ist bestimmt aufwendig jedes wirtschaftlich schwache Land gezielt zu fördern, gerade in der EU.

        Das Problem liegt hier bei uns Deutschen, wir haben die besten Produkte Europas, damit einen sehr hohen Exportüberschuss. Für die Qualität die wir liefern werden wir zu schlecht bezahlt. Würden bei uns die Löhne steigen und so auch die Produkte teurer werden, hätten andere Staaten bessere Chancen ihre Sachen los zu werden. Z.B. jemand kauft ein Renault statt VW. Unsere Wirtschaftskraft würde sinken aber angesichts der Wachstumsraten der letzten Jahre wäre das verkraftbar.

        Die Deutschen arbeiten sich kaputt und die Reallöhne sind in den letzten 20 Jahren sogar gefallen. Ich muss jedes Mal lachen wenn ich die Gewerkschaften auf der Straße protestieren sehe. Am Ende treffen sie sich in der Mitte die Arbeiter denken sie haben gewonnen und alles läuft so weiter. Milliardengewinne werden in F&E gesteckt, der durchschnittliche Bürger lebt meist auf Miete und ist in dem Kreis gefangen.

        Albanien würde als Produktionsstandort an Bedeutung gewinnen, den Tourismus zu fördern finde ich aber ebenfalls eine gute Idee – und ein besseres Internet sowieso – es mach die Menschen gleich.

        • Hallo Mario22,

          Sie beschreiben die Ursache „Deutschland“ völlig korrekt. Daneben gibt es aber auch noch andere Ursachen, so dass selbst ein Deutschland, das die Reallöhne steigert und die Importdefizite (Exportüberschüsse) abbaut, die Probleme des Euro alleine nicht löst. Es wäre aber auf jeden Fall wichtig, dass man die Ursache „Deutschland“ überhaupt mal in den Blick nimmt – ich bin froh, dass Sie das machen.

          Ich glaube, die tariflich organisierten festangestellten Industriearbeiter gehören zu den Gewinnern. Sie machen allerdings nur einen kleineren Teil der Arbeitnehmerschaft aus. Ich würde mir daher von den Gewerkschaften noch mehr Aufmerksamkeit für den Rand der Gesellschaft wünschen.

          Zur Frage der individuellen Förderung von Ländern:
          Kernaussage soll sein, dass wir genau eine solche EU-Förderung brauchen, die an den jeweiligen Stärken der Länder ansetzt und diese mit Knowhow von außen ergänzt. Albanien versucht mit seinen Ressourcen im Tourismus Fuß zu fassen und es würde Sinn machen (ich bin mir nicht sicher, ob es das schon gibt), ein duales Ausbildungssystem zu implementieren. Dieses kann dann zum einen auf die Bedürfnisse des Tourismus vor Ort ausgerichtet werden (in der Hochsaison sollten alle Auszubildende Praxis bekommen), gleichzeitig aber auch durch Fremdsprachenqualifikation eine Arbeitsaufnahme im Ausland erleichtern. Das ist auch nur eine Idee, aber ich glaube, dass solche konkreten Maßnahmen z.B. in Kooperation z.B. mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden mehr bringen würde, als einfach ein Autobahnbau-Förderprojekt, wo die Mittel entweder gar nicht abgerufen werden oder aus anderen Motiven als der Entwicklung des Landes.

      • Hallo MisterEde,

        ich war schon in Albanien. Das ganze Land müht sich sehr um die Touristen und hat viel zu bieten (Strände, Berge, Natur, Kultur, Gastfreundlichkeit). Es ist vielleicht noch nicht so bequem wie die Nachbarn (Kroatien, Griechenland, Italien), aber das wird noch, die EU fördert zum Beispiel die zentrale Autobahn von Nord nach Süd. Auch sollte die besondere Geschichte des Landes betrachtet werden, das Land war so isoliert wie kaum ein anderes im Ostblock, sogar von der Sowjetunion kapselte sich Diktator Hoxha 1968 ab, als diese sich unter Nikita Chruschtschow zu sehr vom Stalinismus entfernte. Übrigens lernt Albanien seinen Islam erst seit der Wende neu, Religion war viele Jahrzehnte strikt verboten.

        Ich wünsche mir informierte Gespräche über die Balkan-Länder, über ihre Probleme und europäische Ideen zur Lösung. Das wäre mal was für Jauch und Co.

        • Hallo sophieso,

          das stimmt, die Vergangenheit Albaniens, jüngere wie ältere, ist sehr spannend. Was ich gut finde, ist, dass das Europamagazin öfters Beiträge aus der Region bringt. Eine Talksendung wäre aber wirklich mal eine Abwechslung.

          Insgesamt würde ich mir einfach wünschen, dass wir uns (wir als EU) stärker mit der Frage beschäftigen, wie wir den Prozess der europäischen Integration auf dem Balkan beschleunigen können.

  • Der Ansatz von Angela Merkel, mit der Türkei „kameradschaftlich“ zu sprechen und die Frage von Hilfen zu erörtern, ist zu begrüßen. Auch ihren Versuch, gemeinsam mit anderen EU-Ländern die Einrichtung von EU-Aufnahmezentren in Griechenland und Italien voranzutreiben, finde ich richtig.

  • Hallo MisterEde!

    Alles sehr bedenkenswerte Ansätze. Für Kosovo und Albanien wünsche ich mir ein spezielles EU-Bluecard-Programm. 50.000 Arbeitsgenehmigungen (oder mehr oder weniger) werden pro Jahr über eine Internetseite verlost, auch für Gering-Qualifizierte. Das würde zweierlei leisten: 1. Kommunizieren, dass das Asylverfahren der falsche Weg für die Zuwanderung ist. 2. Eine transparente Perspektive eröffnen. Vorbild wären die USA. Zum Rest später.

  • Wer ohne Aufenthaltsberechtigung aufgegriffen wird, wird in ein solches Auffanglager gebracht, bei Bedarf medizinisch untersucht und erfasst. Personen die kein Asylgesuch stellen, werden abgeschoben.

    Durch die schnelle Abschiebung von Personen ohne Asylgrund, besteht für diese kaum ein Anreiz, überhaupt den Versuch zu unternehmen in die EU einzureisen.

    Nachdem der ESI-Vorschlag, genannt „Merkel-Plan“ (Hier ein Interview dazu), ja erst im Oktober entstanden ist, fühle ich mich irgendwie als Vordenker. Und auch bei der Balkanpolitik und dem Ausbau des gesamteuropäischen Grenzschutzes habe ich das Gefühl, dass das nicht so weit weg von meinen Vorschlägen ist.

    Insofern finde ich das Türkei-EU-Abkommen sehr zu begrüßen, vor allem weil damit ja auch eine Milliardenunterstützung für Schutzsuchende in der Türkei einhergeht. Und mal ehrlich, ein Land, das Panzer nach Saudi-Arabien liefert, kann eine Kooperation mit der Türkei zum Schutz von Flüchtlingen wohl kaum an moralischen Bedenken scheitern lassen.

  • Ich finde es gut, dass fast alles dessen, was ich in meinen beiden Artikeln (diesem hier und einem weiteren) beschrieben habe, nun auch angestrebt wird.

    1. Sicherung der Außengrenzen durch Griechenland und Bulgarien mit Unterstützung der Türkei
    2. Vor-Ort-Hilfe für die Krisenregionen
    3. Wirtschaftliche Stärkung des Balkan
    4. EU-Aufnahmelager (die waren ja auch schon vorher im Gespräch)
    5. Gemeinsames Asylverfahren
    6. Verteilquote (die war auch schon vorher im Gespräch)

    Was nur in Teilen funktioniert, ist der pragmatische Umgang mit jenen Flüchtlingen, die sich zurzeit auf dem Balkan befinden, aber auch hier ist nach meinem Eindruck vieles in Bewegung, auch wenn nicht alles öffentlich gemacht wird. Dass Flüchtlinge jetzt in Bussen von Kroatien nach Ungarn, von Ungarn nach Österreich und von Österreich nach Deutschland gebracht werden, wird sicher abgesprochen sein, nur nicht öffentlich kommuniziert werden.

    Insgesamt habe ich den Eindruck, dass die deutsche und auch die europäische Politik schon auf einem guten Weg ist, dieser aber natürlich jetzt auch mit Nachdruck beschritten werden muss, wenn es z.B. um die Finanzhilfen vor Ort geht oder die Einrichtung von EU-Aufnahmelagern.

    Flüchtlingspolitik: Ein Anfang ist gemacht, doch es bleibt ein weiter Weg (www.mister-ede.de – 22.09.2015)

    Insbesondere Gerd Müller (CSU), aber auch Angela Merkel (CDU), Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Jean-Claude-Juncker (EVP / Union) traue ich zu, die Lage in den Griff zu bekommen. De Maizière (CDU) macht auf mich hingegen keinen allzu guten Eindruck, auch Oppermann (SPD) und Seehofer (CSU) nicht und Schäubles (CDU) fehlende Bereitschaft, an dieser Stelle so flexibel zu sein wie bei Bankenrettungen, regt mich schon ein wenig auf.

    • Nach dem Türkei-Plan nimmt nun auch der Versuch, einen gemeinsamen europäischen Grenzschutz aufzubauen, Formen an. Ob es am Ende gelingt, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen, ist zwar offen, aber den Ansatz finde ich richtig.

      Das wäre dann übrigens auch wieder so eine europäische Harmonisierung, deren Umsetzung real zumindest möglich erscheint. Wenn es gelingt, in den nächsten zwei Jahren den Weg für einen europäischen Grenzschutz zu ebnen würde damit ein Teilbereich stärker auf gesamteuropäische Ebene gehoben und harmonisiert. So könnte dann, ähnlich wie bei dem Vorschlag gesamteuropäischer Asylverfahren, eine Vorstufe für einen engeren Zusammenschluss, z.B. zu einer Europäischen Republik, erreicht werden. Ob man von dort aus dann tatsächlich weiter voranschreitet und ob dann auch alle Länder mitmachen, kann dann vorerst offen bleiben.

      Wenn sich also – vielleicht außer GB – alle Länder zu einer gemeinsamen Asylpolitik, einer gemeinsamen Sicherungen der Außengrenzen und offenen Binnengrenzen verpflichten würden, wäre das meines Erachtens ein großer Schritt auf dem Weg der europäischen Integration.

  • Was Deutschland anbelangt, frage ich mich, ob es die Möglichkeit gibt, Flüchtlinge in Jugendherbergen unterzubringen. Das würde der Entstehungsgeschichte der Jugendherbergen als Notunterkunft für Gestrandete doch mal 100% entsprechen. Ich schätze 50.000 -75.000 Betten stehen dort zur Verfügung und bei 15 - 20% Belegung mit Flüchtlingen kämen zumindest mal 10.000 Plätze zusammen.

    • Freut mich zu lesen, dass die Idee mit den Jugendherbergen geprüft wird. In MV könnten so 1550 gute Unterbringungsmöglichkeiten für den Winter geschaffen werden.

      Zeit-Artikel vom 4.9.

    • Hallo MisterEde,

      Flüchtlinge in Jugendherbergen unterzubringen, halte ich für eine total gute Idee. Klassenfahrten in deutsche Lande, wofür die Jugendherbergen einst gebraucht wurden, sind doch ein "alter Zopf". Die Schönheit und die Kultur deutscher Regionen kennen zu lernen, vermittelt eine völlig falsche Sichtweise. Längst ist es gang und gäbe, Klassenfahrten nach Rom oder Paris oder Madrid oder Lateinamerika zu machen, alles Andere ist "Deutschland na, ja..." Reiseziele in Deutschland sind doch spießig. Und zu Spießern wollen wir die junge Generation nicht erziehen.

      Also, ehe viel Geld für das Jahr über größtenteils leer stehende Jugendherbergen ausgegeben wird, sollte man sie für Flüchtlinge öffnen - da bin ich ganz Ihrer Meinung.