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Frank Stauss: "Das Europa der Memmen"


Hinweis: Frank Stauss ist Politikberater und Autor des Buches „Höllenritt Wahlkampf – ein Insider Bericht“ (dtv, 2013). Dieser Beitrag ist ein leicht gekürzter Crosspost eines Blog-Eintrags, den Frank Stauss auf Publixphere zur Diskussion stellt:

"Der Europawahlkampf wird eine Veranstaltung der Verkniffenen und Unfrohen, der Skeptiker und Zweifler sowie von einem Haufen Populisten und noch ein paar Nazis. Na großartig.

Selbst von den eigentlichen Europa-Befürworter hören wir nur lauwarme Parolen wie: „Europa ist eine gute Idee, aber mit Demokratiedefizit.“ „Europa ist eine gute Idee, aber Deutschland darf nicht der Zahlmeister werden.“ „Europa ist eine gute Idee, aber viel zu bürokratisch“ (im Gegensatz zu Deutschland, haha) und so weiter und so fort. Vielleicht bin ja nur ich es, aber ich würde gerne eine Partei wählen, die den Euro-Skeptizismus nicht zum Anlass nimmt, einen europa-skeptischen Wahlkampf zu führen.

Ich würde gerne eine Partei wählen, die Umfragen nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung begreift. Ich würde gerne eine Partei wählen, die den größten demokratischen, wirtschaftlichen und völkerverbindenden Erfolg in der Geschichte dieses Planeten nicht zaghaft verteidigt. Ich möchte eine Partei wählen, die es feiert, dass Menschen aus 28 Nationen – in Worten achtundzwanzig – in einem Staatenbund leben, der völlig zu Recht mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Ich möchte eine Partei wählen, die eine historische Dimension darin erkennt, dass der größte gemeinsame Markt der Welt gerade dabei ist, seine größte Krise ohne Rückfall in undemokratische Tendenzen zu meistern.

Ich möchte eine Partei wählen, die den Skeptikern entgegenschleudert, dass Deutschland mit dem Euro und der Europäischen Union wirtschaftlich so erfolgreich ist, dass über 75% der Bevölkerung sagen, dass es ihnen persönlich wirtschaftlich „gut“ oder sogar „sehr gut“ gehe. Ein bisher unerreichter Wert.

Ich möchte eine Partei wählen, die dem Dreher, dem Taxifahrer, der Verwaltungsangestellten, dem Schweißer, der Bäuerin, dem Start-Up und allen anderen vorrechnet, dass sie und ihre Kinder von diesem großartigen Europa profitieren. Ich möchte eine Partei wählen, die dem Gemecker über unsere angeblichen Transferzahlungen entgegenhält, dass wir die EU-Länder nicht nur unterstützen, weil wir wahnsinnig gute Menschen sind, sondern weil wir ihnen unsere Maschinen, unsere Autos, unsere Medizintechnik, unsere Finanzdienstleistungen, unsere SAP-Programme und vieles mehr verkaufen wollen.

Ich möchte eine Partei wählen, die denen, die staatliche Transferleistungen für das Grundübel der Wirtschaft halten, antwortet: Als 2009 bei uns die Bänder still standen, weil keiner mehr unsere Produkte kaufen konnte – wie haben wir das denn gemeistert? Richtig: Mit staatlicher Intervention in Form von Kurzarbeitergeld, Abwrackprämie, Konjunkturprogrammen und massiven Investitionen auf Pump. Also, all den Dingen, die wir anderen vorenthalten wollen und die niemandem mehr nützen würden als uns.

Ich möchte eine Partei wählen, die dem Vater, der seine Kinder „vor Überfremdung schützen“ will, antwortet: Vielleicht und hoffentlich sind deine Kinder eines Tages nicht so vernagelt, sondern nutzen ihre Chance, ihr Glück zu suchen und als Ärztin in Dublin, als Monteur in Marseille, als Lehrerin in Barcelona oder als IT-Spezialist in Warschau zu arbeiten.

Ich möchte eine Partei wählen, die den Nazis und den verkappten Nazis endlich mit voller Wucht entgegentritt, die Europa feiert, die den Frieden feiert, die den Erfolg feiert, die das Miteinander feiert, die die Freiheit feiert und die vor allem einen Bund feiert, den es so in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben hat und es deshalb verdient, mit jeder Faser und jeden Tag aufs Neue verteidigt, gestärkt und gepriesen zu werden: Die Europäische Union. Mein wunderbares, einzigartiges, liebenswertes Europa."

Könnt ihr euch diesen Wünschen anschließen?


Kommentare

  • efpBGS ist dafür
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    Lieber Herr Stauss, ich kann hier nur eines hinzufügen: "Kommen Sie zur EFP !"

    Gerne lade ich Sie auf einen ersten Blick zu unserer Internetpräsenz unter: http://efpdeutschland.de ein.

    Mit europäischen Grüssen Björn Georg Strobel

    Helfen Sie uns mit Ihrer Spende Europa zu helfen. https://www.paypal.com/cgi-bin/webscr?cmd=_s-xclick&hosted_button_id=XZ3ZWKDLR6USL

    • Lieber Björn,

      publixphere.de versteht sich als politische Diskussionsplattform - aus diesem Grunde bitten wir dich, die Plattform nicht für reine Spendenaufrufe zu nutzen. Vielmehr kannst du hier aber der Community erklären, wodurch sich die EFP auszeichnet und welche Standpunkte sie vertritt!

      Beste Grüße, Eva (Community Management)

  • Lieber Herr Stauss, vielen Dank für Ihre kräftige pro-europäische Wunschliste. Das meiste kann ich unterschreiben. Die Segnungen der EU gehen ja auch viel zu oft unter. Europa ist nicht das Problem! Europa ist die Lösung!

    Aber...jetzt musste natürlich das aber kommen - Sie scheinen mir der SPD nahe zu stehen, zumindest haben Sie für die SPD Wahlkampf gemacht.

    Und eben diese SPD hat die Zeichen der Zeit erkannt, und gemerkt, dass reine Lobpreisungen Europas (wie Sie sie sich wünschen?) heute nicht mehr reichen, um die "Bürger mit der EU zu versöhnen" (O-Ton von SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz).

    Herr Schulz scheint mir fast schon auf demselben Trichter wie Großbrittaniens Premier David Cameron zu sein, wenn er sagt: "Die Leute haben das Gefühl, in ihrem Alltag von der EU-Gesetzgebung zwar betroffen zu sein, aber keinen Einfluss zu haben. Da macht es doch Sinn zu überlegen, Aufgaben an die Nationalstaaten, Regionen und Kommunen zurückzudelegieren."

    So, und jetzt haben wir wahrscheinlich eine unterschiedliche Meinung: Ich finde es auch gut, den Reformbedarf der EU in den Vordergrund zu stellen, und nicht immer nur dumpf "Europa ist toll" zu rufen!

    Ich möchte mal aus einem anderen Forum zitieren: "Aber nein, dieses undemokratische Europa dient nur den “Eliten”."

    Da ist viel Wahres dran. Darüber müssen wir auch reden.

    • Hallo Ingeborg, und Du findest diese Schulz-Argumente überzeugend? Ernsthaft? Das ist doch die pure Anbiederei! Wie er auf CSU macht" Uäääh. Gestern am Aschermittwoch kam er mit den identischen Beispielen wie Seehofer, die EU solle doch bitte nicht die Ölivenkännchen im Restaurant regulieren. Das ist die pure Verdummung, Populismus pur! Wann hat denn ein Herr Schulz jemals im EU-Parlament gegen Bürokratie und Überregulierung Politik gemacht? Wann denn? Er ist genauso Teil des Systems wie Herr Seehofer. Man könnte denken Union und SPD treiben die Überregulierung auf allen Ebenen der EU nur deshalb seit Jahrzehnten tatkräftig selbst mit voran,nur um dann später Wahlkampf dagegen zu machen! Wer hat das Glühbirnenverbot erfunden? Genau! SIGMAR GABRIEL.

      • Hierzu doch ganz passend folgendes Diktum:

        "Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten!" ;)