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Initiative für einen Publikumsrat für ARD, ZDF und Deutschlandradio


Picture Alliance, DPAEinblick in den Regieraum der Tagesthemen. Foto & Teaser: Picture Alliance / dpa


Ein Beitrag von Publikumsrat

Im Jahr 2013 wurde die geräteabhängige Rundfunkgebühr durch einen Rundfunkbeitrag (“Haushaltsabgabe”) ersetzt. Mit Abschaffung der GEZ als Gebühreninstitution sind prinzipiell alle Bürger verpflichtet, die öffentlich-rechtlichen Medien mit ihrem Rundfunkbeitrag finanziell zu tragen. Dies ermöglicht eine vergleichsweise unabhängige Berichterstattung von Wirtschafts- und Werbeinteressen – im Idealfall.

Allerdings beschweren sich viele Bürger zu Recht, dass Programminhalte ausgedünnt werden – zuletzt wurde die Sendezeit für politische Dokumentationen verringert zugunsten von Unterhaltungsformaten. Auch kritisieren Zuschauer/innen, dass sie sich im Rundfunkrat nicht vertreten fühlen. Durch unsere Rundfunkbeiträge gehen wir als Bürger und Bürgerinnen nicht nur als Zuhörer- und Zuschauer/-innen, eine Beziehung mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten ein, sondern begreifen uns auch als stakeholder (engl. Anspruchsträger, Interessengruppe).

Die Initiative für einen Publikumsrat setzt sich dafür ein, dass Zuschauer/innen und Hörer/innen stärker als bisher in Programm- und Haushaltsfragen der öffentlich-rechtlichen Medien einbezogen werden. Sie hat ihre Arbeit mit der Einführung des neuen Rundfunkbeitrags („Haushaltsabgabe“) Anfang 2013 aufgenommen. Seither ist grundsätzlich jeder Haushalt verpflichtet, die öffentlich-rechtlichen Medien finanziell mitzutragen, so dass prinzipiell alle Bürger zum stakeholder wurden. Aufgrund der Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung sicherzustellen, positioniert sich die Initiative für einen Publikumsrat explizit gegen Beitragsverweigerer. Im Vergleich mit rein privat-kommerziellen Medienmodellen können öffentlich-rechtliche Medien Meinungspluralismus und Qualität im Journalismus sichern. Zu den Aufgaben des Publikumsrates sollte auch gehören, mehr Transparenz der Politik der Rundfunksender sowie der bestehenden Gremien einzufordern und zu evaluieren.

Die Rundfunkanstalten könnten von einer nachhaltigen Nähe zum Publikum profitieren und sich neue zukunftsfähige Legitimationsgrundlagen und Funktionen erarbeiten. Verlorengegangenes Vertrauen kann wettgemacht und die Leistungen der öffentlich-rechtlichen Medien in der Demokratie verständlich gemacht werden. Die Neuordnung des Rundfunkbeitrags kann demnach nur ein Baustein auf dem Weg zu einer Neudefinition des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein, zu dem auch die Nutzerbeteiligung gehört.

Thesen:

Rundfunkbeitragszahler/innen sind als Haupt-Finanziers der öffentlich-rechtlichen Medien in die Programmgestaltung von ARD, ZDF und Deutschlandfunk einzubeziehen!

Der Initiative für einen Publikumsrat ist bewusst, dass den Rundfunkanstalten nach dem Gebot der Staatsferne die Autonomie über die Programmgestaltung obliegt. Dennoch sollten im Zuge der Haushaltsabgabe Beitragszahler/innen endlich eine unabhängige Anlaufstelle erhalten, welche ihre Kritik und Anregungen zum Programm in der Funktion eines Medien-Watchdogs kompetent bündelt, auswertet, und diese als Mittlerin zwischen Zuschauer/in und Rundfunkanstalt transparent macht. Dazu zählt auch das Angebot der systematischen Programmbeobachtung, welches diese zu gründenden Publikumsräte gemeinsam mit den Zuschauer/innen und Hörer/innen in regelmäßigen Abständen durchführen.

Mehr Transparenz der Politik und der Gremienarbeit der öffentlich-rechtlichen Medien!

Die Initiative für einen Publikumsrat fordert, dass die Ziele, Richtlinien und Haushaltspläne der Sender flächendeckend veröffentlicht werden. Auch die Rundfunk–, Fernseh– und Verwaltungsräte sollten ihre Arbeit transparenter gestalten. Bislang erfahren Zuschauer/innen und Hörer/innen so gut wie nichts über die Arbeit dieser wichtigsten Beratungs- und Beschlussgremien der Sender. Ebenso wenig wie über die Entsendepraxis der Vertreter/innen in die Gremien, die Höhe ihrer finanziellen Aufwandsentschädigung, über Befugnisse und Aufgaben der Repräsentant/innen, ihre Arbeitszeiten, der Öffentlichkeitsarbeit und über Sitzungsprotokolle. Ein Publikumsrat könnte Mechanismen zur Evaluierung bestehender Gremien erarbeiten.

Für eine Reform der Rundfunk- und Fernsehräte!

Die Zusammensetzung der Rundfunk- und Fernsehräte ist seit Gründung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach dem 2. Weltkrieg im Wesentlichen gleich geblieben: u.a. Politiker, Kirchen, Bildungsinstitutionen, Gewerkschaften sowie Bauern- und Verbraucherverbände. Seither hat sich die Gesellschaft jedoch stark verändert, so dass diese Gremien die gesellschaftlich relevanten Gruppen von heute nicht mehr hinreichend repräsentieren. Flächendeckend sind weder die Friedensbewegung, Atheisten, Schüler und Studierende, Pro Asyl, Attac, Gehörlosen- oder Blindenverbände oder migrantische Organisationen vertreten. Derzeit ist in nur fünf von zehn öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten je ein Sitz für ein/e „Ausländervertreter/in“ vorgesehen, obwohl etwa 20 % der deutschen Bevölkerung ein Migrationshintergrund zugeschrieben wird. Für Muslime wird neuerdings in einzelnen Bundesländern ein Sitz vorgehalten, obwohl Muslime die drittgrößte Religionsgemeinschaft in Deutschland repräsentieren.

Inklusivere Hauptprogramme und barrierefreie Zugänge zu Medienangeboten im Netz!

Ein Publikumsrat sollte sich zur Aufgabe machen, die Barrierefreiheit zum Programm und zu allen Medienangeboten, auch im Netz z.B. für ältere, sehbehinderte und/oder gehörlose Menschen einzufordern. Die geleisteten Rundfunkbeiträge, auch von marginalisierten Personenkreisen, machen eine wesentlich breitere und systematischere Reinvestition der Beiträge in ein inklusives Angebot notwendig. Dafür müssten Organisationsstrukturen des jeweiligen Rundfunksenders partizipativer aufgestellt sein, so dass nicht nur die etablierten Interessengruppen berücksichtigt werden. Hier sollte ein Publikumsrat eine unabhängige Monitoring- und Informationsfunktion bieten, welche oben beschriebene Maßnahmen im Interesse des Publikums auf wissenschaftlicher Grundlage begleitet und evaluiert. Dazu gehören auch systematische und verpflichtende Schulungen zur diskriminierungsfreien Berichterstattung für Journalist/innen und Redakteur/innen, ebenso wie anonymisierte Bewerbungsverfahren zur Stärkung der Chancengerechtigkeit im journalistischen Bereich.

Für eine unbegrenzte Verweildauer von Sendungen im Internetangebot der Rundfunkanstalten!

Hinsichtlich der Konvergenz der Medien ist nicht nachvollziehbar, dass die Beitragszahler offenbar nur für das lineare TV-Angebot der öffentlich-rechtlichen Medien bezahlt haben sollen. Die Initiative für einen Publikumsrat befürwortet deshalb die unbegrenzte Vorhaltung digitaler Online-Angebote (sogenannte Telemedien) der öffentlich-rechtlichen Sender im Netz. Es spielt u. E. keine Rolle, über welchen Kanal öffentlich-rechtliche Inhalte übermittelt werden. Schließlich haben die Nutzer/innen dafür Rundfunkbeiträge gezahlt. Hier schließt sich die Initiative für einen Publikumsrat u.a. dem ver.di Positionspapier zur Medienpolitik vom 6.5.2011 an.

Für den Erhalt des audio-visuellen Kulturgutes!

Radio- und Fernsehmaterial ist Teil des audio-visuellen kulturellen Erbes der Bundesrepublik Deutschland. Die Abwicklung der Archive und die Beseitigung alter Sendebänder in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten muss verhindert werden. Überregionale Sender sowie die Regional- und Lokalredaktionen spiegeln in ihrer Berichterstattung Politik und Alltagsleben in den Bundesländern wider. Werden diese Quellen vernichtet, stehen sie zukünftigen Generationen und einer historischen und wissenschaftlichen Aufarbeitung nicht mehr zur Verfügung. Rundfunksendungen müssen demnach vollständig archiviert und mittel- bis langfristig, im Sinne einer audio-visuellen Bibliothek einem interessierten Publikum zugänglich gemacht werden. Hier darf sich die Politik nicht ihrer Verantwortung entziehen.

Die Archive der Rundfunkanstalten müssen für das Publikum und die uneingeschränkte wissenschaftliche Recherche geöffnet werden!

Die Initiative für einen Publikumsrat setzt sich dafür ein, dass Zuschauer/innen und Hörer/innen Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten zu den audio-visuellen Archiven der Sender erhalten. Aus der Sicht der Wissenschaft ist es unhaltbar, dass der Zugang zu den Archiven der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wenn überhaupt, nur punktuell sowie zeitlich und inhaltlich eingeschränkt möglich ist. In Artikel 5, Absatz (3) des Grundgesetzes werden der Wissenschaft besondere Freiheiten zugestanden. Zum Zwecke wissenschaftlicher Forschung muss der gesamte audio-visuelle Bestand ausgewertet werden können, andernfalls wird – wie bislang – eine Fernseh- bzw. Radioinhaltsorschung auch zukünftig in Deutschland nicht möglich sein, schon gar nicht in historischer Perspektive. Dieses Defizit steht jedoch in keinem Verhältnis zur staatspolitischen Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Medien und ihres expliziten Bildungsauftrags.

Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag zur Einrichtung eines Publikumsrats nutzen!

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) hat errechnet, dass der neue Rundfunkbeitrag zu Mehreinnahmen von 73 Cent pro Haushalt geführt hat. Korrekturen sind demnach notwendig. Wir halten es für geboten, einen Teil der Mehreinnahmen in die stärkere Einbeziehung des Publikums zu investieren, etwa für die Einrichtung von Publikumsräten und Wahlverfahren. Hiervon können die Zuschauer/innen und Hörer/innen stärker profitieren, als von einer Senkung der Beiträge um ca. 0,4% (73 Cent) oder der Entlastung von Kommunen, Kirchen und Unternehmen.

Förderung der medienpolitischen Einflussmöglichkeiten des Publikums – konkrete Vorschläge zur Etablierung eines Publikumsrats

Die Initiative für einen Publikumsrat greift bereits bestehende wissenschaftliche Expertisen zur Publikumsbeteiligung und konkrete Vorschläge zur Umsetzung auf und schließt sich der Forderung an, dass Zuschauer/innen und Hörer/innen zukünftig nicht nur in Programmfragen, sondern auch über die Gestaltung der Programmpolitik des Senders mitbestimmen sollten. Konkret könnten die Sendeanstalten selbst eine Publikumsvertretung etablieren, wobei ein Problem der Abhängigkeit besteht. Denkbar wäre ein gewähltes Gremium, das aufgrund begrenzter Amtszeiten und Zugangsoffenheit eine möglichst große Bandbreite an Zuschauer/innen und Hörer/innen berücksichtigt, flankiert von einem kleinen Kern an Experten. Auch eine Beiordnung dieses auf Zeit gewählten Publikumsrats zu den bereits bestehenden Gremien wäre zu erwägen. Die genaue Ausgestaltung von Publikumsräten (in den Bundesländern bzw. in Ergänzung der Rundfunkräte von ARD und Deutschlandradio sowie dem ZDF-Fernsehrat) sollte zeitnah in einer breiten öffentlichen Debatte diskutiert werden, die auch und gerade von den Medien getragen werden kann.

Ethische Richtlinie eines Publikumsrats

Die Initiative für einen Publikumsrat schlägt eine Struktur vor, die nicht die individuellen Interessen von Einzelnen oder Gruppen begünstigt, sondern eine nachhaltige und dem Publikum und dem Gemeinwohl verpflichtete Arbeit sichert. Ein, wie auch immer gearteter, Publikumsrat muss sich verpflichten, Menschenrechtsstandards einzuhalten, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit keinesfalls zu dulden, verfassungskonform zu agieren und eine diskriminierungsfreie Arbeit und Mitarbeit auf der Grundlage des Grundgesetzes zu gewährleisten. Desweiteren sollte ein zu gründender Publikumsrat regelmäßig von unabhängigen Instituten evaluiert und die Ergebnisse veröffentlicht werden.


Kommentare

  • David Krappitz Mitglied JEB ist dafür
    +3

    Gäbe es diesen Publikumsrat schon, würden ARD und ZDF jetzt vermutlich die gesamteuropäische Präsidentschaftsdebatte in der PRIME TIME ausstrahlen, und nicht auf dem Spartensender Phoenix (1,1 % Marktanteil). 11.000 Menschen haben dazu schon ihre Meinung abgegeben. change.org/de/Petitionen/ard-zdf-zeigt-das-europäische-tvduell-zur-prime-time-und-nicht-im-sparten-tv

    • das kommt mir ... sehr optimistisch vor -g-

  • Liebes Forum

    der Medienexperte Heiko Hilker , Geschäftsführer des Dresdner Instituts für Medien, Bildung und Beratung (DIMBB), hat sich mit den Thesen der Initiative für einen Publikumsrat auseinandergesetzt und uns seine Einschätzung geschickt:

    Publikumsräte können ein Baustein neben vielen weiteren sein, ARD, ZDF und Deutschlandradio zur Besinnung auf ihren ursprünglichen Auftrag zu bringen.

    Sicher, es gibt viele Gründe, ARD, ZDF und Deutschlandradio zu kritisieren. Doch diese Sender existieren nicht im luftleeren Raum. Sie agieren unter politischen, (medien)ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen. Sie haben sich über einen längeren Zeitraum hinweg zu dem entwickelt, was sie heute sind. Damit sind sie auch „Ausdruck der gesellschaftlichen Verhältnisse“. Diejenigen, die in den Sendern an der Spitze stehen, machen dies in den meisten Fällen deshalb, weil sie am besten die entsprechende Funktion ausfüllen.

    Sicher, der Rundfunk, öffentlich-rechtlich wie privat, hat keine „Freiheit an sich“. Er hat eine der „Demokratie dienende Funktion“, wie es das Bundesverfassungsgericht immer wieder formulierte. Dieser kommt er nach, indem er Beiträge zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung, im Bereich der Information, Kultur und Bildung sowie mit Unterhaltungsformaten leistet. Streiten kann man sich darüber, inwieweit z.B. ARD und ZDF dem Informationsauftrag gerecht werden, ob und inwieweit sie die Breite und Vielfalt der Gesellschaft abbilden und ob sie die richtigen Prioritäten setzen, wenn sie zum Beispiel im Jahr über 900 Millionen Euro für die Sportberichterstattung ausgeben.

    Die Idee der „Initiative für einen Publikumsrat“, eine „unabhängige Anlaufstelle“ für das Publikum zu schaffen, welche „Kritiken und Anregungen zum Programm in der Funktion eines Medien-Watchdogs kompetent bündelt, auswertet und diese als Mittlerin zwischen Zuschauer/in und Rundfunkanstalt transparent macht“, erinnert an die Rechnungshöfe bzw. Datenschützer. Dadurch würde die Auseinandersetzung verstärkt in der Öffentlichkeit geführt sowie qualifiziert werden.

    Die zusätzlichen Transparenzforderungen sind nachvollziehbar. Dass die Zusammensetzung der Gremien reformiert werden muss, wird schon lange diskutiert. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, der auch immer unter machtpolitischen Gesichtspunkten agiert.

    Dass alle Sendungen barrierefrei anzubieten sind, ergibt sich schon allein aus Artikel 3 Grundgesetz. Wenn Radio und Fernsehen konstituierend für die Demokratie sind, dann müssen auch jede und jeder Zugang zu ihren Angeboten haben. Schließlich darf niemand „wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Leider haben dies die Sender jahrzehntelang anders gesehen und sind dem nicht gerecht geworden.

    Sicher kann man „eine unbegrenzte Verweildauer von Sendungen im Internetangebot der Rundfunkanstalten“ fordern. Allerdings muss man dabei berücksichtigen, dass die Sender viele Filme und Serien, insbesondere auch Dokumentationen, nicht voll finanzieren, sondern nur das Sendrecht erwerben. Man überlässt den Produzenten einen Teil der Verwertungsrechte, um so Geld zu sparen. Wer also möchte, dass die Sender so viel wie möglich von dem, was sie gesendet haben, auch in den Mediatheken zur Verfügung stellen, der muss wissen, dass dies auch Geld kostet. Denn neben dem Senderecht müssten sie das zeitlich unbeschränkte „Recht der öffentlichen Zugänglichmachung“ erwerben.

    Um dies zu finanzieren gibt es nur drei Möglichkeiten: Es wird erstens weniger produziert, es wird zweitens innerhalb der Senderetats umgeschichtet oder es wird drittens der Rundfunkbeitrag erhöht. Man muss bei der Diskussion um längere Verweildauern einfach berücksichtigen, dass die Beitragszahlerinnen und -zahler den Beitrag zu 100% bezahlt haben, die Sender die viele Produktionen, Filme und Serien jedoch nicht zu 100% bezahlen.

    Falls die Medienpolitik, also Landesregierungen und -parlamente anerkennen, dass es einen Publikumsrat geben soll, wird dieser auch im Rundfunkstaatsvertrag fixiert. So, wie die Landesmedienanstalten entsprechend Mittel aus dem Rundfunkbeitrag erhalten (142 Millionen Euro in 2013), könnte der Gesetzgeber auch dem Publikumsrat Mittel gesetzlich zusichern. Dazu brauchte man nicht unbedingt Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag verwenden. Schließlich erhöhen sich die Einnahmen der Landesmedienanstalten mit steigenden Beitragseinnahmen automatisch. (In 2013 waren es ca. 3,8 Mio. Euro zusätzlich)

    Publikumsräte sind ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk grundsätzlicher reformiert werden. Zur Reform der Gremien habe ich hier letztes Jahr Vorschläge gemacht, welche Grundsatzfragen die Medienpolitik zu beantworten hat, haben Uwe Kammann und ich hier ausgeführt.

  • Liebes Forum,

    die Zusammenfassung des #pxp_themas Medienkritik steht nun hier online.

  • Liebes Forum, ein paar Hinweise: Auch aufgrund dieser Diskussion wurde "Medienkritik" unser "Thema des Monats" September.

    • Entsprechend haben wir einen Hintergrundtext geschrieben, der aktuelle Diskurse zur Medienkritik zusammenstellt:: #pxp_thema: Medienkritik

    • aktuell sind wir dabei, Medienmacher, Politiker und Experten zu euren Beiträgen rund ums Thema zu befragen (etwa zu neuen Gegenöffentlichkeiten auf Facebook und YouTube, zur Einseitigkeit in mancher Konflikt-Berichterstattung etc.). Auch die Kontrolle der Medien und die Idee eines Publikumsrates werden noch neuerlich aufgriffen.

    • ihr seid außerdem herzlich eingeladen, an unserer Offline-Diskussion zur Medienkritik in Berlin teilzunehmen, die im Rahmen der Social Media Week stattfindet. Titel: Nichts als die Wahrheit? Medien in der Vertrauenskrise (alle Informationen findet ihr hier). Auf dem Panel wird auch eine Vertreterin der Initiative für einen Publikumsrat diskutieren

    • Fotos von unserer Diskussion zum ersten Thema des Monats "Troika und Eurokrise" findet ihr auf Facebook. Hier folgt noch eine Zusammenfassung der ganzen Troika-Debatte (Online und Offline)

    • Wir würden uns freuen, wenn ihr am Thema Medienkritik und seinen vielen politisch wichtigen Einzelaspekten dranbleibt, gerne auch mit neuen Diskussionstexten. Hinweise auf eure Interessen, Fragen und Kontakte zum Thema könnt ihr auch gerne richten an redaktion(at)publixphere.de

  • oppermann machts uns jetzt - so viel dazu.

  • Eine interessante Ergänzung zur Initiative für einen Publikumsrat für ARD, ZDF und Deutschlandradio ist die Forderung der JEF (Junge Europäische Förderalisten) zur Übertragung der Europäischen Präsidentschaftsdebatte zur PRIME TIME, die momentan ebenfalls auf Publixphere diskutiert wird.

  • Liebes Forum,

    die Redaktion hat Akteure und Experten auf die Thesen des Publikumsrates angesprochen. ARD und ZDF haben bisher nicht geantwortet, allerdings hat uns Thomas Frickel von der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok) folgende Einschätzung der hier diskutierten Thesen geschickt:

    "So viel vorweg: auch die AG DOK, mit knapp 800 Mitgliedern der größte deutsche Berufsverband im Bereich des unabhängigen Filmschaffens, hält die Aufsicht des öffentlich finanzierten Rundfunksystems unbedingt, grundsätzlich und dringend für reformbedürftig. Wir teilen die Kritik der Initiative an der Verseichtung des Programms und die bestehenden Räte haben in den zurückliegenden Jahren nicht bewiesen, dass sie dieser Tendenz wirksam entgegenwirken können.

    Allerdings ist die Grundidee des 'Publikumsrats' nicht so weit vom gegenwärtigen System entfernt, dass sie ihren Anspruch auf eine grundlegende Neuordnung der Rundfunkaufsicht einlösen könnte. Denn auch die bestehenden Rundfunkräte sind ja - zumindest in der Theorie - als Vertreter der Gesamtheit der Zuschauer und damit der Gebührenzahler in diese Gremien entsandt worden. Auch sie repräsentieren irgendwelche Organisationen, von denen irgendwelche Landtage irgendwann einmal annahmen, dass sie 'gesellschaftlich relevant' seien. Nun könnten wir trefflich darüber streiten, ob die jüdische Gemeinde relevanter als der Zentralrat der Muslime, ob der Landfrauenverband relevanter als die Gehörlosen, ob der Deutsche Sportbund relevanter als Attac ist - und sicher gibt es gute Gründe, sich die Besetzung der Räte einmal genauer anzuschauen (Vertreter der Programm-Zulieferer - also wir, die Filmschaffenden - fehlen zum Beispiel fast überall), und sicher gibt es eine Reihe von Organisationen, die mit gutem Recht einen Platz in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beanspruchen können. Aber andere Köpfe allein garantieren noch keine bessere Aufsicht.

    Das Problem ist komplizierter: 1. Fast alle Rundfunkräte verstehen sich in erster Linie als Vertreter ihrer jeweiligen Verbände und Organisationen und betreiben Klientelpoltik. Dass sie eigentlich als Vertreter aller Zuschauer, sprich: als Vertreter der Allgemeinheit agieren sollen, haben die meisten vergessen.

    1. Fast alle Rundfunkräte sind als Multifunktionäre mit der Aufgabe einer effizienten Aufsicht über ein Milliardenunternehmen allein schon zeitlich überfordert.

    2. Fast alle Rundfunkräte haben keine medienspezifischen Fachkenntnisse und können deshalb die Abläufe der Unternehmen, die sie kontrollieren sollen, nicht effizient durchleuchten.

    3. Viele Rundfunkräte sehen ihre Aufgabe nicht in einer kritischen Kontrolle der Sendeanstalten, sondern sie über-identifizieren sich mit den jeweiligen Sendern und lassen die für eine wirksame Aufsicht unerlässliche Distanz vermissen.

    Die Verbesserung der Rundfunkaufsicht ist unseres Erachtens durch den Austausch der handelnden Personen allein nicht zu erreichen - vielmehr braucht es eine ständige Qualifizierung, ja Professionalisierung der Gremien. Verbände, Organisationen und Parteien sollen nicht länger ihre Honratioren und Vorsitzenden entsenden, sondern Leute, die sich wirklich für Medienpolitik interessieren und die bereit sind, sich auf diesem Gebiet weiter zu qualifizieren.

    Unterstützenswert fänden wir es allerdings, wenn die Arbeit der Aufsichtsgremeien aus der Bevölkerung (heute sagt man wohl: aus der Zivilgesellschaft) heraus begeleitet werden könnte - durch "think-tanks", oder, etwas altmodischer gesagt: durch Zukunftswerkstätten, die unabhängig und parallel zum bestehenden System Visionen entwickeln und deren Verwirklichung einfordern könnten. Sollte sich die Idee der Publikumsräte in diese Richtung entwickeln, sind wir gerne dabei."

    Webseite: www.agdok.de/

    • Es geht um die Etablierung eines Wahlverfahrens, so dass PublikumsverteterInnen von jedem Haushalt direkt gewählt werden können. Dabei soll einerseits mehr Transparenz erzeugt werden in Sachen "Wer steht wofür?" und zum anderen dürfte ein solcher Prozess insgesamt das Bewusstsein für den #ÖRR erhöhen. Zunächst ist an eine neue Plattform in Ergänzung der bestehenden gedacht, die als eine Schaltstelle zwischen den Etablierten und dem Publikum fungiert und mehr kommuniziert: Beschwerdeverfahren in die eine Richtung und Information über Medienpolitik in die andere Richtung - im Gegensatz zu den jetzt oft für Nichteingeweihte empfundenen Blackboxen. Also, bei soviel Mitbestimmung, die ein neues Gremium braucht, ist natürlich die Änderung des Rundfunkstaatsvertrags nötig - und das braucht auch eine nachhaltige Struktur, die zudem nicht nur übers Internet organisiert werden kann, weil sie dann auch nicht ausreichend demokratisch ist.

  • Lieber Publikumsrat,

    ich habe eine Detailfrage. Ihr schreibt, ihr befürwortet die unbegrenzte Vorhaltung digitaler Online-Angebote (sogenannte Telemedien) der öffentlich-rechtlichen Sender im Netz.

    • genau das wünsche ich mir schon so lange. Gerade für ein 'bewusstes Fernsehen' (in abgrenzung zu 'mal gucken, was kommt' / Berieselung) wäre das ein Traum. Man könnte sich abends überlegen, welche Künstler, welches Land, welche Regiesseure, Schauspieler und geschichtlichen Ereignisse einen schon immer interessiert haben - und dann gezielt im gigantischen Öffentlich-Rechtlichen Archiv danach suchen (am besten mit einer gut gemachten Suchfunktion).

    • ich habe im Ohr, dass dieser Traum bislang an rechtlichen Problemen scheitert (Urheberrecht, Konkurrenz zu den Privatmedien etc.). Könnt ihr mal erklären, woran das ÖR-Online-Archiv bislang scheitert und wisst ihr ob wenigstens heutzutage gleich für Online mitproduziert wird?

    • Die EU argumentiert hier mit "Marktgerechtigkeit", s. z.B. Fernsehrichtlinie. Das ist natürlich im Sinne der Privatmedien, die hier Konkurrenz wittern. Und wenn man deren Websites ansieht, weiß man auch, warum. Allerdings müsste das Eigentumsrecht hier über der sog. Marktgerechtigkeit stehen, denn wir Beitragszahlende haben für die Inhalte alle schon gezahlt. Insofern gehören uns als Kollektiv die Archive und es ist überhaupt nicht einzusehen, warum wir da keinen unbeschränkten Zugriff haben dürfen. Das könnte man auch einklagen, aber wir hoffen auf dem Weg der Bewusstseinsförderung diesen Prozess konstruktiv voranzubringen. Jede andere Initiative dazu würden wir aber auch begrüßen - das stützt das Anliegen und stärkt den Willen der Beitragszahlenden!

  • gibt es denn eine genaue vorstellung wie repräsentativ solch ein rat zusammengesetz sein soll (wenn er einen querschnitt durch die deutsche bevölkerung machen will)? ich halte diesen vorstoß für überaus bedeutsam, die zusammensetzung des bisherigen beirates scheint tatsächlich veraltet, vermachtet durch proporz und veraltetes cliquen-gehabe. trotzdem bleibt dies im ende eine politische frage, die sich auch qua petition nicht so ganz leicht anstoßen lässt, oder?

    • Publikumsrat ist dafür
      +2

      Richtig, die Initiative strebt die Änderung des Rundfunkstaatsvertrages an, es ist also eine politische Aufgabe - für die aber Druck "von unten" nötig ist.

      • CarstenWag ist dafür
        +4

        Lieber Publikumsrat,

        eine tolle Initiative, die bitter nötig ist und den Forderungen unserer Zeit nach mehr Transparenz und Partizipation absolut entspricht. Menschen wollen wissen, was mit ihren Geldern geschieht, wenn sie schon dazu verpflichtet sind, die Abgabe zu leisten. Ebenso denke ich, dass der Publikumsrat als eine Art Kontrollgremium (wenn ich es richtig verstanden haben?), sodenn er divers zusammengesetzt ist, wirklich eine Veränderung bewirken kann.

        Wenn Sie allerdings sagen, dass dahingehend sogar eine Änderung des Rundfunktaatsvertrags nötig ist - wie genau sehen denn die nächsten Schritte aus, die sie angehen müssen und wieviele Hürden sind dabei noch zu nehmen? Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen viel Erfolg!

  • hjv ist dafür
    0

    zur These 01

    Rundfunkbeitragszahler/innen sind als Haupt-Finanziers der öffentlich-rechtlichen Medien in die Programmgestaltung von ARD, ZDF und Deutschlandfunk einzubeziehen!

    Einzubeziehen? Ich finde nein.
    Wenn ich in ein Autohaus gehe, mich dort nach dem Preis eines bestimmten Wagens erkundige und der Verkaeufer mir sagt " Zahlen wie erstmal, was sie dann bekommen, in diese Entscheidung werden sie ... "einbezogen" - hah -
    dann geh ich aber fröhlich pfeifend raus.

    Nein. Das ist ein Ansatz, der als Kompromiss startet um als abgewiesene Bitte unter zu gehen.

    Wenn wir das Ding finanzieren, dann kann man den Staat und andere Sponsoren gerne "einbeziehen" - aber nicht umgekehrt.

    ..... Gebot der Staatsferne die Autonomie über die Programmgestaltung obliegt.

    Wenn das so ist, dann sollen die auch schaun wo die ihr Geld her bekommen.

    Dennoch sollten im Zuge der Haushaltsabgabe Beitragszahler/innen endlich eine unabhängige Anlaufstelle erhalten,

    unabhängig - wovon? Anlaufstelle? Sind wir Tanker, die unser Vorabsteuer brav am Schalter abgeben, um in den Weiten des Mediums spurlos zu verschwinden? Ist es eine "Anlauf"-Stelle - oder ist das nicht die Stelle an der sich Publikumsinteresse "ver"-laufen wird?

    Liebe Freunde, es ist ne tolle Idee an diesem Projekt des öffentl.rechtl.Funks mal "Hand an zu legen" - und es ist bitter nötig. Aber, ich glaube nicht, dass ein Bitgesuch das den Untertanengeist spätwilhelminischer Zeit atmet, auf die politische Kaste (zu der sich ja auch das Staatsfernsehn zählt) die naturgemäss ihre Pfründe schutzen will, Eindruck macht.

    Dann wäre ich schon eher fuer eine Art ... Occupy-Wallrafplatz. -g-

    Gruss aus Düsseldorf -

    P.S: (den Hieb m.d. Staatsfernsehn hab ich bei Kelle aus einer RP-Kolumne geklaut -g- )

    • Der Vergleich mit dem Autohaus mag aus marktwirtschaftlicher Sicht passen, aber Journalismus ist nicht kostenlos zu haben und viele Menschen haben keine Vorstellung von den tatsächlichen Kosten, die vor Aussendung eines qualitativ hochwertigen Beitrags entstehen - Vorhaltung eines Korrespondentennetzes etc.pp, was bedeutet, dass Vorkosten da sind, ohne jeweils direkt ein Produkt zu sehen. Von daher befürworten wir den Rundfunkbeitrag als solchen, möchten aber als Zahler des Rundfunkbeitrages bei der Verwendung der Gelder mitreden.

      • Da gebe ich mdem Publikumsrat recht. Man mag die Rundfunkgebühr ja durchaus als "Zwangsgebühr" kritisieren, aber dennoch halte ich die Institution eines durch öffentliche Mittel finanzierten Rundfunks für eine gute Sache. Bei aller berechtigten Kritik an dem Modell ist dieses m.E. in jedem Fall verbesserungsfähig und nicht so kapputt, dass man es in jedem Fall abschaffen sollte.

        Darüber hinaus finde ich den Vorschlag des Publikumsrat sehr pragmatisch und konstruktiv. So hat dieser vielleicht auch wirklich eine Chance auf Erfolg. Mit "Untertanengeist spätwilhelminischer Zeit" hat das m.E. überhaupt (!) nichts zu tun.

        Und vor allem: was wäre die Alternative? Ein weiterer Privatsender?!

        Ich finde die Initiative des Publikumsrats jedenfalls durchaus unterstützenswert und bin froh, dass Sie (Publikumsrat) die Initiative ergriffen haben!