Gesellschaftliche Partizipation im Internet - Die ewig gleichen Muster oder verwirklichen wir die Potentiale von Online-Partizipation heute anders?
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Ein Beitrag von HIIG
Die Frage nach einem Mehr an gesellschaftlicher Beteiligung durch das Internet ist seit jeher eng mit der Entwicklung digitaler Technologien verbunden. Den euphorischen Hoffnungen, das Internet würde aufgrund eines einfachen und schnelleren Zugangs der Menschen zu politischen Prozessen ein demokratisches Potential entfalten, steht eine empirische Ernüchterung gegenüber: Aus der Forschung zur politischen Online-Partizipation wissen wir, dass es ähnliche Personenkreise sind, die sich an Online-Debatten und Foren beteiligen. Alter, Bildungsgrad und politisches Interesse erklären nach wie vor am besten, warum wir uns bei gesellschaftlichen Fragen engagieren oder eben nicht - egal ob online oder offline.
Haben wir also das Potential von Online-Partizipation überschätzt? Oder werden die Möglichkeiten im und mit Hilfe des Internet Beteiligung zu organisieren heute nicht ganz anders realisiert? Ist nicht vielleicht sogar die große Frage nach einem Mehr oder Weniger an Partizipation falsch, wenn wir die vielen alltäglichen Gelegenheiten gesellschaftlicher Teilhabe im Internet beobachten?
Hinweis der Redaktion:: Diese Diskussion dient auch der Vorbereitung des "Digitalen Salons" am 25. Juni in Berlin. Am 20. Juni ist die Partizipationsstudie 2014 (PDF) des HIIG erschienen. Der Publixphere-Hintergrund-Text zum Thema "Online-Partizipation" (Formen, Kontroversen etc.) findet sich hier. Eine vorläufige Kurzdarstellung der Diskussion bis zum Stand 09. Juli 2014 findet ihr hier.
nemo
Nach meiner Wahrnehmung ist korrekt was bei der Studie des HIIG herausgekommen ist. Die bislang fehlende Partizipation breiterer Bevölkerungsschichten ist sicherlich bedenkenswert, erklärt aber nach meiner Meinung nicht warum diese Erweiterung des „öffentlichen Raumes“ mit den Möglichkeiten des Webs bisher nicht die Wirkungsmächtigkeit entfaltet hat, die so viele erwartet haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang zu bedenken geben, dass das Web ein sehr junges Medium ist. Fernsehen gibt es im Vergleich dazu schon eine gefühlte Ewigkeit, Radio noch länger und so etwas wie Massenpresse schon fast 175 Jahre. Was für neue Möglichkeiten uns das Web in diesem Zusammenhang für die Formulierung und Durchsetzung politischer Forderungen in der Zukunft bieten wird kann keiner seriös abschätzen. Zudem bin ich nicht so pessimistisch wie andere was ein Mehr an Transparenz und politischen Einfluss anbetrifft. Wikileaks hat unser Bewußsein für die Hintergründe und Folgen politische Entscheidungs- und Handlungsprozesse geschärft. Zum ersten Mal wurde im „Machtdiskurs“ den regierenden Eliten die Deutungshoheit über ihr Handeln genommen. Von welch überragenden Bedeutung dies war kann man genau an der Schärfe ermessen, mit der Bredley Manning und Julian Assange verfolgt wurden und werden. Im Fall Acta konnte sogar ein Abkommen/Gesetz verhindert werden. Mal sehn was mit TTIP wird. Also es sieht nicht so schlecht aus. Wer allerdings geglaubt hat, die massenhafte Formulierung von Unwillen und Widerstand in Foren und Blogs würde 1:1 in politisches Handeln einfließen, muss sich sagen lassen, dass er naiv ist oder die bestehenden machtpolitischen Strukturen in parlamentarischen westlichen Demokratien ignoriert.