+2

Einwanderung in die EU


CC BY-NC 2.0 by Rasande TyskarDemonstration der Gruppe "Lampedusa Hamburg" für die Rechte lybischer Flüchtlinge. Foto & Teaser: CC BY-NC 2.0 by Rasante Tyskar


Ein Beitrag von Doro

In einer der Diskussionsrunden vor der Europa-Wahl deuteten Juncker und Schulz an, die EU sei Einwanderungsgebiet.

Die große Auswanderungswelle aus Europa nach Amerika vor 100 Jahren verlief nicht undramatisch, aber doch geregelt. Ein Bild davon kann man sich verschaffen in Hamburg-BallinStadt (Auswandererhafen) und Ellis Island (Einwandererinsel vor New York).

Wäre es nicht eine Idee, in Analogie dazu eine geregelte Auswanderung aus afrikanischen Ländern und eine geregelte Einwanderung nach Europa zu ermöglichen?

Der Einwand ist natürlich: Bei den Afrikanern, die nach Europa wollen, handelt es sich nicht um Auswanderer, sondern um Flüchtlinge. Doch wenn man davon ausgeht, müßte man sie eigentlich mit seetauglichen Schiffen nach Europa abholen und ihnen sofort den Flüchtlingsstatus geben ohne aufwändiges Asylbewerberverfahren und langwierige Einzelfallprüfungen, aber mit der Maßgabe, dass sie, wenn sich die Lage in ihren Heimatländern verbessert hat, zurückkehren. Aber wollen sie das wirklich?

Suchen sie in Europa nicht vielmehr ein dauerhaftes Bleiberecht, eine Arbeit und eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien und nehmen dabei nur den Umweg über Flüchtlingsbiographien - die ja z.T. auch stimmen -, weil die "Festung Europa" z.Zt. nicht anders zu überwinden ist? Wollen sie nicht in Europa einfach nur ihr Glück versuchen und selbst bestimmen, wann und ob überhaupt sie in ihre Heimatländer zurückkehren?

Eine geregelte EU-Einwanderungspolitik ist vonnöten. Die Flüchtlingstragödien im Mittelmeer sind nicht hinnehmbar.


Kommentare

  • In der heutigen Zeit der Marktglobalisierung, in der es auffällig oft unter moralischen Begründungen zu immer neuen unterschiedlichen und vielfältigen Destabilisierungen kommt, traut man sich ja kaum noch eine, von diesem wunderbar verinnerlichten Mainstream, abweichende Meinung zu äußern.

    Anstatt Visionen zu entwickeln, die zu einer dem afrikanischen, wie auch dem europäischen Kontinent dienlichen Lösung führen könnten, wird hier nur die Möglichkeit gesehen sich einem immer neu reproduzierenden Flüchtlingsstrom zu öffnen. Einerseits traut dieses Denken, indem es diesen Weg als scheinbar einzige Option aufbaut, Afrika keinen inneren Wandel zu, behindert diesen sogar und andererseits richtet es sich, als einfache und logische Folge, gegen die schlechter gestellten Menschen Europas, deren Wohnraum sich als automatische Folge durch Verknappung verteuert und deren Möglichkeiten am Arbeitsmarkt an erster Stelle in Konkurenz gesetzt werden. Auf diese Weise wächst aus dieser Schicht heraus sicher ein Druck zur Verelendung. Auch vermisse ich eine greifende europäische Vorderung, dem kriminellen Handeln der Schleuser, die Menschenleben nur als Ware sehen, Einhalt zu gebieten, um einem vernünftigen Regular eine Möglichkeit zu geben. Die Momentane Situation mit der Einwanderung in die USA vor hundert Jahren zu verglichen, hinkt insgesamt hinten und vorne.

    • Lieber Thorsten,

      ich bin froh, dass Sie dagegen halten. Es wird wirklich zu viel moralischer Druck auf uns ausgeübt. Sogar von unserem Bundespräsidenten: "Deutschland als reiches Land müsste doch eigentlich..." usw. Und die soziale Ungleichheit, die Sie ansprechen, die in unserem Land zunimmt, wird ausgeblendet. Als wären in dem reichen Deutschland alle reich. Schön wäre es.

      Mein Vergleich mit der Einwanderung in die USA vor 100 Jahren hinkt in gewisser Weise, das gebe ich zu. Mir ging es eigentlich nur darum, für legale Einwanderungsmöglichkeiten zu plädieren statt unser wertvolles Recht auf Asyl, das in Notfällen greifen muss, zu überdehnen und Afrikanern falsche Vorstellungen vom Recht auf Asyl, die sie nur enttäuschen können, zu vermitteln.

      Die Einwanderungsgesetze der USA stellten
      harte Bedingungen. Ähnliche Bedingungen würden heute sicher nicht viele Afrikaner nach Europa durchlassen. Aber der Vergleich hinkt auf jeden Fall insofern, als Amerika damals die Einwanderer brauchte.

      Eine zweite, wichtigere Option, die Sie ansprechen, ist es, Afrika den "inneren Wandel" zuzutrauen und ihm dabei zu helfen. Das wurde hier schon unter der Überschrift "Die Leichenberge der Wertegemeinschaft" ein wenig andiskutiert.

      • Liebe Doro,

        ja wir müssen neue Wege finden! Das scheint existenziell für "alle" wichtig zu sein.

        Das ist auch die reale Forderung an die Zukunft, finde ich.

  • das sehe ich genau so, liebe Doro, danke, dass du das nochmal ansprichst. auch der spiegel fährt in dieser woche nocheinmal groß das thema 'nachhaltige flüchtlingspolitik'. deutschland tut so, als haben wir nie gewusst was auf uns zu kommt, es fehlen betten, finanzen, beamte - es fehlt ein plan. lasst die menschen kommen, lasst sie verweilen, lasst sie vor allem arbeiten und teil unserer gesellschaft sein. deutschland muss verantwortung übernehmen. jetzt.

    • paul Ja, da hast du sicherlich recht. Nur müssen wir hier m.E. klar zwischen Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik unterscheiden. Doro spricht meinem Verständnis eher Zuwanderer an, die sich in Europa eine neue Zukunft aufbauen möchte, während hinter dem Thema Flüchtlingspolitik grundsätzlich natürlich eine andere Motivation bzw. Legitimation steckt.

      • Liebe Sabine Mueller, es stimmt, eine klare Unterscheidung zwischen Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik tut not. Auch der SPIEGEL vom 7.7. tut es nicht. Er wirft in seinem Artikel "Mitgefühl ja, Herberge nein" alles in einen Topf: "Menschen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien fliehen, neuerdings auch vor dem Terror im Irak, vor Folterregiment, aber auch vor einem perspektivlosen Leben in Armut, sei es in Afrika oder als Roma-Minderheit in Serbien..."

        Ohne Unterscheidung kann man ja nur kapitulieren.

        Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak wollen sicher, so nehme ich an, zurück, und das Flüchtlingshilfswerk der UN unterstützt sie (auch in bescheidenem Maße finanziell) bzw unterstützt das Aufnahmeland für die Dauer ihres Asyls. Gerne würde ich erfahren, ob das auch für Deutschland als Aufnahmeland zutrifft. Und wenn ja, warum man es verschweigt.

        Anders ist es mit Menschen aus Afrika, die versuchen wollen, sich in Deutschland oder anderen EU-Ländern eine Existenz aufzubauen. Es muss Einwanderungsgesetze geben, die ihnen das ermöglichen.

        • Heute hat der Bundesrat entschieden, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern zu erklären - sogar mit der Stimme des grün-rot regierten Baden-Württemberg.

          Als befriedigend empfinden das viele Menschen in unserem "reichen" Deutschland nicht.

          Wäre es nicht eine Idee, ein neues "Instrument" in Deutschland einzuführen? Das "Instrument" der "Bürgschaft": Menschen in Deutschland, die guten Willens sind und es sich leisten können, übernehmen eine Bürgschaft für einen Flüchtling, woher er auch immer kommen mag und egal, ob es sich "nur" um einen Wirtschaftsflüchtling handelt. Sie leisten ihm finanzielle und bürokratische Hilfe, bis er in Deutschland auf eigenen Füßen stehen kann.

          Das würde die Kommunen entlasten. Und vielleicht sogar überalterten und unter Arbeitskräfte mangelnden Regionen in unseren Bundesländern nützen.

          • Noch einmal, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole:

            Deutschland sollte sich dazu bekennen, dass es Einwanderungsland ist. Afrikanern sollte die Möglichkeit gegeben werden, legal einzuwandern, z.B. mit einem Antrag bei den deutschen Botschaften ihrer Heimatländer.

            Dass sie als "Wirtschaftsflüchtlinge" den Weg übers Mittelmeer suchen, ist unerträglich.

            Für deutsche Staatsbürger, die es sich leisten können, sollte es die Möglichkeit geben, Bürgschaften bzw Patenschaften für einen afrikanischen Einwanderer zu übernehmen, die seine finanzielle Versorgung und die Hilfe bei seiner Arbeitsplatzsuche umfassen, so lange bis der Einwanderer bei uns auf eigenen Füssen steht.

            Die bloß verbale Forderung - auch und gerade von Kirchenleuten und von den Grünen und Linken ausgesprochen- nach Aufnahme aller, die zu uns kommen wollen, allgemein an die deutschen Staatsbürger oder an den deutschen Staat gerichtet, und mit dieser verbalen Forderung schon als Gutmenschen dazustehen und dem etwas hilflos dastehenden "einfachen Menschen" bei uns ein schlechtes Gewissen zu machen , ist ein bisschen ärgerlich. Es treibt die "einfachen" weniger vermögenden Menschen in unserem Staat, die alle Mühe haben, selbst finanziell über die Runden zu kommen, in die Arme der AfD - einer Partei, die ich für sehr gefährlich halte.

            Das Problem der Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien ist davon abzutrennen. Hier ist ohne Frage der deutsche Staat zur Soforthilfe in großem Maßstab verpflichtet. Auch "einfache", weniger vermögende Menschen in unserem Staat sind, wenn man sie fragen würde, der Ansicht.

            • Liebe Doro,

              dein Vorschlag einer Patenschaft für Einwanderer, "bis sie auf eigenen Füßen stehen", scheint mir blauäugig zu sein. Was ist, wenn dieses Einwanderungsziel nie erreicht werden kann, z.B. weil Integration bei evtl. nicht vorhandener Schulbildung, aufgrund von Sprachbarrieren oder vielleicht auch dem nicht existierenden Willen dazu nicht möglich ist?

              Ist dann wieder die Kommune zur finanziellen Unterstützung gefragt?