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Katholische Kirche im Umbruch?!


marcp_dmoz CC BY NC SA 2.0Foto & Teaser: marcp_dmoz CC BY-NC-SA 2.0


Ein Beitrag von mia

Auch wenn ich selbst Mitglied der katholischen Kirche bin und mich als Christin verstehe, gibt es viele Aspekte, die mich das „System Kirche“ hinterfragen lassen.

1.Lebenswirklichkeit: Mit ihren Einstellungen gegenüber sexueller Orientierung, Verbot der Empfängnisverhütung, Gleichstellung zwischen Mann und Frau, Teilnahme von wiederverheirateten Geschiedenen an den Sakramenten (um nur einige Beispiele zu nennen) entspricht die Kirche nicht der Lebenswirklichkeit ihrer Gläubigen in Deutschland. Die katholische Kirche muss sich zukünftig der Lebenswirklichkeit ihrer Gläubigen annähern und sich öffnen.

2.Kirchensteuer: Deutschland ist eins der wenigen Länder der Welt, in dem Kirchensteuer vom Staat eingezogen wird. Ich bin mir sicher: wenn diese deutsche Vorschrift der Kirchensteuer weltweit gelten würde, würde sich die Mitgliedschaft stark minimieren. Kirchensteuer bzw. Zuwendungen sollten meiner Meinung nach freiwillig gezahlt werden. Die Mitgliedschaft in der Kirche darf nicht an der Zahlung der Kirchensteuer festgemacht werden.

3.Bezahlung von Priestern: Sie werden nicht von der Kirchensteuer, sondern vom Staat bezahlt. Die Begründung dafür liegt in den Enteignungen der Kirche vor 200 Jahren – das geht mir zu weit zurück. Ich finde, dass der Staat für die Bezahlungen von Priestern nicht zuständig ist.

4.Nachwuchsprobleme: Ein weiteres enormes Problem der Kirche ist es, Nachwuchs im Priesteramt zu finden. In einigen Regionen werden unzählige Gemeinden zusammengefasst in Pfarrgemeinschaften nur noch von einem Priester betreut, der einerseits völlig überfordert ist und andererseits den Ansprüchen seines Amtes, ein Ansprechpartner für die Gläubigen zu sein, nicht mehr entsprechen kann (oftmals kennen die Priester die Gemeindemitglieder noch nicht einmal...). Ämter wie Pastoralreferenten und Diakone könnten (bei gleicher Bezahlung) attraktiver sein, da sie auch ein weltliches Leben erlauben. Sie können genauso - oder besser - dazu dienen, den christlichen Glauben zu vermitteln und als Ansprechpartner in Gemeinden zu leben.

Auch wenn meine Ansichten sicherlich nicht umstritten sind, sondern von der Mehrzahl der Gläubigen unterstützt werden, frage ich mich dennoch, wie bzw. ob das jemals in die Realität umgesetzt wird. Wer weiß...vielleicht rührt eine große Austrittswelle die katholische Kirche noch nicht einmal, sondern vielleicht ist ihr ein „harter Kern“ von Gläubigen eher erwünscht als viele „laue“ Mitglieder.


Kommentare

  • Es gibt nicht die KIRCHE!!!! Es gibt eine evangelische Kirche, eine katholische Kirche, die Kirche der Siebentagsadventisten, die Kirche Jehovas, usw. DIFFERENZIEREN, BITTE!

    • Aber in der Überschrift und im ersten Satz steht doch, dass es um die katholische Kirche geht!

  • Liebe mia,

    die Kirchen-Debatte wird vielerorts geführt. Ich finde es gut, dass Sie sie jetzt auch an dieser Stelle anstossen.

    Ich bin Mitglied der ev. Kirche und kann mich zu Punkt 1) und 4) Ihrer Kritik an der kath. Kirche nicht wirklich äußern. Ich habe aber heute gelesen, dass Papst Franziskus gegen den Widerstand eines Teils der Bischofssynode diesbezügliche Reformen vorhat: http://www.tagesspiegel.de/politik/debatte-ueber-ehe-und-sexualmoral-der-katholische-suendenfall/10791890.html

    Punkt 2) und 3) betreffen auch die Ev.Kirche in Deutschland.

    Zu Punkt 2) Die Kirchensteuer wird doch freiwillig gezahlt. Wer sie nicht will, dem wird der Kirchenaustritt von den Ämtern sehr leicht gemacht. Aber wer sich zu seiner Kirche bekennt, dem gebe ich zu bedenken: - die Kirchensteuer beträgt in der Regel 9 % der Einkommensteuer, und was die Meisten nicht wissen, die Kirchen zahlen davon ca 3 % Verwal- tungskosten-Vergütung an die Finanzämter der Länder zurück. - Das Kirchensteueraufkommen gibt den Kirchen eine relative Planungssicherheit für ein paar Jahre im Voraus, die sie für die Wahrnehmung gesell- schaftlicher (z.B. Obdachlosen-Fürsorge) oder kultureller (z.B. Kirchenmusik) Aufgaben brauchen. -Und es macht sie gerade nicht abhängig vom Staat, sondern ermöglicht ihnen die Freiheit in der Verkündigung, auch gerade darin, auf Misstände in unserem Staat und in unserer Gesellschaft hinzuweisen. Ich selbst war ein Jahr lang Mitglied in einer ev. Freiwilligkeitsgemeinde im Ausland. Ein Pfarrer in einer solchen Gemeinde ist bei der Verkündigung des Evangeliums nicht nur an die Hl.Schrift gebunden, sondern muss zugleich auch Rücksicht nehmen auf die Meinung der zahlenden Mitglieder.

    Diakonie und Caritas betreiben soziale Einrichtungen (KiTas, Krankenhäuser, Seniorenheime, Schulen usw.) Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird ihnen dafür ca 70% bis 90% (Gebäude, Infrastruktur etc stellen die Kirchen zur Verfügung) vom Staat bzw. auch den Sozialversicherungen vergütet. Wie übrigens auch anderen Trägern wie der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutsch land sowie freikirchlich und auch nichtkirchlich bzw. religionsgemein schaftlich gebundenen Einrichtungen wie dem ASB usw. Wenn der Staat all diese Einrichtungen übernehmen müsste, würde er nur verlieren. Z.B. bei den kirchlichen (insbesondere auch den freikirchlichen!) Einrichtungen die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen.

    Zu Punkt 3) Ihrer Kritik: Staatliche Zuwendungen an die Kirchen als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Güter vor ca 200 Jahren: Sie betragen ca 460 Millionen Euro jährlich von allen Bundesländern zusammen an die beiden großen Kirchen. Sie sind vielleicht wirklich "ein alter Zopf". Beide große Kirchen signalisieren seit langem ihre Bereitschaft, über eine Ablösung dieser alten "Schuld" zu verhandeln. Dass die Priester aus diesem staatlichen Geld finanziert werden, halte ich für unwahrscheinlich. Was die ev. Pfarrer und ihre möglicherweise teilweise Bezahlung aus staatlichen Geldern bzw. Steuermitteln angeht, will ich mich sachkundig machen. Es interessiert mich, ob es stimmt und wenn ja, zu welchem Prozentsatz.

    Oder kann das Jemand hier genau beantworten?

    • Danke, interessant auch noch einige Aspekte der evangelischen Kirche zu hören!

      Zu Doro: Als Protestant ist der Blick auf mias 1. Punkt "Lebenswirklichkeit" schon ein ganz anderer, als der eines Mitglieds der katholischen Kirche. Denn die evangelische Kirche ist - soweit ich das einschätzen kann - viel lebensnaher, offener und toleranter als die katholische Kirche, zumindest was die o.g. Beispiele betrifft. Demnach verstehe ich, dass der Punkt "Kirchensteuer" von Ihnen anders betrachtet wird. Als Katholik jedoch mit einem kritischen Blick auf die genannten Debatten um Werte und Einstellungen der Kirche darf man auch kritisch auf den Punkt "Kirchensteuer" blicken, denn diese Positionen der Glaubensgemeinschaft sind doch die Basis, auf der die Handlungen fußen, sprich Vieles, was dann mit dem Geld gemacht wird und wie darüber entschieden wird.

      Und auch mich stört die Kopplung von Kirchensteuer an die Mitgliedschaft der Glaubensgemeinschaft. Was ist denn, wenn ich christliche Werte lebe und mich aktiv in meiner Gemeinde beteilige, aber eben mit der Höhe oder der Verwendungen der Steuer nicht einverstanden bin? Ich habe keine andere Wahl, als auszutreten - auch wenn ich mich anstelle dessen mit freiwilligen Spenden an bestimmten Bereichen (zB karitative Zwecke) beteiligen wollte. Dann werde ich einfach aus dem aktiven Leben der Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen - das kann doch nicht sein! Ein steuerlich festgelegter finanzieller Beitrag darf doch nicht darüber entscheiden, ob ich z.B. die Kommunion empfangen darf oder nicht. Und auch wenn 3% anscheinend wieder zurück fließen, finde ich es immer noch unverhältnismäßig hoch.

      • Hallo CarstenWag,

        was Ihr Beispiel "Empfang der Kommunion" angeht, besteht natürlich ein Unterschied zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche: Die ev. Kirche betont mehr den einladenden Charakter von Gottesdienst und Abendmahl als den Ritus der Dazugehörigkeit, und insofern ist sie liberaler.

        Ihr Argument, dass die Mitgliedschaft der Glaubensgemeinschaft nicht an die Kirchensteuer gekoppelt sein sollte, ist auf den ersten Blick einleuchtend. Geht es nicht auch mit freiwilligen Spenden für Projekte der Glaubensgemeinschaft, die man für unterstützungswert hält?

        Aber wenn es den "Apparat" Kirche (egal, ob ev. oder kath.) nicht gäbe, gäbe es eben auch ganze Bereiche kirchlicher Arbeit und Angebote nicht mehr, um die es schade wäre. Ich denke nur an die Kirchenmusik. Vom Erhalt erhaltenswerter Kirchengebäude ganz zu schweigen.

        Für Amtshandlungen, Taufen, Trauungen, Beerdigungen müssten die Gemeinden Ge- bühren erheben. Senioren müssten für ihre Zusammenkünfte Teilnahmegebühren entrichten usw.

        Mir kommt der Vergleich zu unseren Strom- und Wasserkosten. Auch hier zahlen wir ja nicht nur unsere individuellen Verbrauchskosten, sondern Grundkosten für die Leitungen.

        Also, vielleicht liegt einem ja doch an der "In-stitution" Kirche (ev. oder kath.) selbst wenn man einzelne Glaubensinhalte oder Veranstaltungen nicht gut heißt?

        Wenn beide große Kirchen als Freikirchen (ich habe nichts gegen Freikirchen, finde sie aber als reine Mitgliederkirchen, die ihr Eigenleben führen, etwas exklusiv und eng) verfaßt wären, könnten sie ihrem Öffentlichkeitsauftrag nicht mehr nachkommen.

      • mia ist dafür
        +1

        Hallo CarstenWag, ich stimme deinen Ausführungen zur Kirchensteuer zu. Eine Italienerin erzählte mir, dass auf der Steuererklärung in Italien angekreut werden könne, ob man Kirchensteuer bezahlen wolle- deutlich weniger als hier- und dies für die Mitgliedschaft ohne Bedeutung sei. Ob das stimmt,weiß ich nicht.

        • Lieber CartenWag, liebe mia,

          ich versuche, Euch zu verstehen. Für Euch ist die katholische Kirche eine Einrichtung in dieser Welt, eine Weltkirche, die es einfach gibt. Wer sie finanziert, wer sie unterhält - so muss man gar nicht fragen.

          Und es ist nicht einzusehen, warum die Zugehörigkeit zu ihr als Glaubensgemeinschaft an eine Steuer, einen Beitrag gekoppelt sein soll.

          Kirche und Geld passen nicht zusammen?