Position: Zusammenfassung der TTIP-Diskussionen auf Publixphere

Originalversion

[Foto: Dörthe Boxberg/Campact (CC BY-NC-SA 2.0)] «TTIP» BESCHÄFTIGT UNS NOCH LÄNGER!


TTIP Protest

von Simon Wendelin Burger.

Seit Mitte letzten Jahres verhandeln die Europäische Kommission und die US-Bundesregierung ihre Prioritäten zur Ausgestaltung der größten Freihandelszone der Welt – dem Transatlantic Trade and Investment Partnership «TTIP» zwischen EU und USA. » Hintergründe zu TTIP «

Da diesbezüglich nur wenig gesicherte Information durch die Verhandlungspartner selbst an die Öffentlichkeit gelangt, stützt sich der mediale Diskurs hauptsächlich auf spekulative Kennzahlen und polemisierende Schlagwörter: Während politische Eliten beiderseits des Atlantiks die Zubereitung eines beispiellosen Wirtschaftswachstums versprechen, haben «Chlorhuhn» und «Genmais» so manch einer/m BürgerIn schon vorsorglich den Appetit verdorben. » Presseschau zu TTIP «

Auf unserer Partnerplattform Publixphere.de widmete sich in den vergangenen Wochen und Monaten eine bemerkenswerte Anzahl von Foristinnen und Foristen, sowie diverse Akteure aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft umstrittenen Fragen zum Thema «TTIP».

Aufgrund des großen öffentlichen Interesses und der weitreichenden Bedeutung eines transatlantischen Freihandelsabkommes befasst sich der dritte Europäische Salon mit ebendiesem Thema: »Auf dem Weg zur transatlantischen Wirtschaftsgemeinschaft mit TTIP?«

Die folgende Zusammenfassung soll dabei Anreize für kommende Diskussionen setzen.

BRENNPUNKTE DER DISKUSSION AUF PUBLIXPHERE

  • » Wird die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft «TTIP» tatsächlich zu einem tiefgreifenden Wirtschaftswachstum und einem generellen Wohlstandszuwachs in allen Bevölkerungsschichten führen, oder bedient der Freihandel nur die Partikularinteressen ressourcenstarker Unternehmen?
  • » Werden sich europäische Schutzstandards und Handelsregeln ihrem US-amerikanischen Gegenüber anpassen müssen und dadurch europäische Schutzniveaus gesenkt?
  • » Stellen die intransparente Verhandlungsführung und etwaige Investitionsschutzklauseln einen Widerspruch oder gar eine nachhaltige Gefährdung für gemeinsame europäische Grundwerte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dar?

WAS SAGEN DIE BEFÜRWORTER?

Vor allem die an Publixphere übersandten Stellungnahmen der Bundestagsabgeordneten Joachim Pfeiffer und Peter Beyer (beide CDU/CSU), sowie die vom Bundesverband der deutschen Industrie dargelegte Position zu TTIP versuchten mit einer Hervorhebung der zu erwartenden positiven Aspekte einer transat-lantischen Freihandelszone zu überzeugen:

WIRTSCHAFTSWACHSTUM » Demzufolge soll mit der Umsetzung des Freihandelsabkommens auf beiden Seiten des Atlantiks ein bedeutendes Wirtschaftswachstum einsetzen, das eine deutlich positive Auswirkung auf die Arbeitsmärkte und den allgemeinen Wohlstand haben würde. Der Abbau nichttarifärer Han-delshemmnisse wurde dabei primär als Vorteil für kleine und mittelständische Unternehmen dargestellt, da eine Vereinheitlichung von Standards und Verfahren diesen den Eintritt in den auslän-dischen Markt deutlich vereinfache.

MINDESTSTANDARDS » In diesem Zusammenhang wurde auch festgehalten, dass weder die Europäische Kommission noch die (deutsche) Industrie ein Interesse an der Absenkung oder Umgehung europäischer Min-deststandards habe. Sensible Politikbereiche, wie Kulturgüter, audiovisuelle Dienste und die Daseinsvorsorge würden nicht in das Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission fallen. Tatsächlich würde der Abschluss von TTIP Europa die einmalige Gelegenheit bieten, gemeinsam mit den USA Standards und Handelsregeln zu entwickeln, und diese global durchzusetzen. Als wirtschaftliches Gegenstück zur NATO, soll TTIP dazu beitragen, den Wohlstand und die wirt-schaftlichen Interessen von Europa und den Vereinigten Staaten langfristig zu sichern und ge-meinsam stark gegenüber der Konkurrenz aus China, Russland und Indien aufzutreten.

DEMOKRATIE UND RECHTSSTAATLICHKEIT » In Hinblick auf den besonders umstrittenen Investitionsschutz und der Übertragung der diesbe-züglichen Gerichtsbarkeit auf Schiedsgerichte hob der Bundesverband der deutschen Industrie hervor, dass bereits 131 von der Bundesrepublik unterzeichnete völkerrechtliche Verträge derartige Bestimmungen enthalten, und somit die Verhandlungen zu TTIP Anlass bieten würden, existierende Mechanismen weiterzuentwickeln und zu verbessern.

WAS SAGEN DIE GEGNER?

Bei einer Vielzahl von DiskussionsteilnehmerInnen zeichnete sich eine merkbare Skepsis gegenüber den bisher bekannten Verhandlungsdetails ab, wobei negativen Aspekte sowohl an der formellen Verhandlungsführung durch die Europäische Kommission, als auch an der fingierbaren inhaltlichen Gestaltung aufgezeigt wurde:

WIRTSCHAFTSWACHSTUM » Einzelne Diskutierende bezweifelten, dass das für die Freihandelszone prognostizierte Wirt-schaftswachstum tatsächlich einen Mehrwert für die europäische Allgemeinheit bringen könne. Vielmehr wurde argumentiert, dass der Freihandel vor allem Großkonzernen und Investoren dienlich sei, und TTIP in einer Kapitalverschiebung nach oben resultieren könnte; die Vorteile für den/die einzelne(n) EU-BürgerIn würden andererseits nur marginal spürbar werden. Unter Berufung auf bekannte Fehlentwicklungen nach Inkrafttreten des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA postulierte Stefan Leibold von attac Münster, dass der durch TTIP erweiterte Markt – wider den obengenannten Prognosen – kleinen und mittelständischen Unternehmen langfristig eher Schaden als Nutzen zufügen könnte.

MINDESTSTANDARDS » In Hinblick auf den Abbau nichttarifärer Handelshemnisse monierten einige UserInnen, dass die Harmonisierung von Marktregeln zu einer Aushöhlung der jeweils höheren Mindeststandards führen könnte, was damit untermauert wurde, dass in den Verhandlungen zu TTIP durch die Einbeziehung von Großkonzernen und Investoren ein unverhältnismäßige Überrepräsentation von Handelsinteressen gegenüber KonsumentInneninteressen bestünde. Hierzu mahnte Timo Wans von den JEF Trier, dass bei einer etwaigen Aushebelung von demokratisch beschlossenen Marktregeln ohne Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Legislativorganen große Zweifel am Demokra-tieverständnis der Europäischen Kommission entstehen sollten.

» Ebenso wurde von einigen ForistInnen hinterfragt, ob eine verbindliche Harmonisierung von Standards und Verfahren im denn überhaupt notwendig sei, oder ob die regulative Ausstrahlung der Europäischen Union als führende Volkswirtschaft nicht ohnehin stark genug sei, um globale Richtmaße zu setzen.

DEMOKRATIE UND RECHTSSTAATLICHKEIT » Von einer bemerkenswert großen Zahl an DiskussionsteilnehmerInnen wurde die Übertragung von Investitionsstreitigkeiten auf Schiedsgerichte als, in Bezug auf deren Vereinbarkeit mit rechts-staatlichen Erfordernissen, bedenklich kritisiert, wobei mehrfach festgehalten wurde, dass der ei-gentliche Zweck derartiger Bestimmungen in der Sicherstellung des Rechtswegs in Staaten mit einem nach westlichem Verständnis unzureichenden Justizwesen läge; im Falle von TTIP bestehe daher kein Bedarf an derartigen Vereinbarungen.

» Ebenso kritisiert wurden auch die mangelnde Transparenz und die Geheimhaltung der Verhand-lungen zu TTIP, sowie der Ausschluss des Europäischen Parlaments, nationaler Legislativorgane und NGOs aus ebendiesen. Als Mahnung dahingehend, dass sich das Europäische Parlament dieses Mitspracherecht nicht ungestraft entziehen lassen würde, wurde in diesem Zusammenhang die 2013 gescheiterte Ratifizierung von ACTA erwähnt.

» Laut Stefan Leibold von attac Münster würde eine Aushöhlung der parlamentarischen Demokratie nicht nur während der Verhandlungen bestehen, sondern mit dem Inkrafttreten von TTIP auch weiter perpetuiert werden: Gesetzesinitiativen müssten frühzeitig auf ihre Vereinbarkeit mit dem transatlantischen Handel überprüft werden, was eine vertiefte Einbindung von Konzernen, Investoren und deren Lobbys zur Folge haben könnte.

ERGÄNZENDE PERSPEKTIVEN

In den Diskussionen wurden zudem einige Aspekte angesprochen, die nicht unbedingt eine Wertung von Verfahren oder Inhalt des geplanten Freihandelsabkommens darstellten, sondern von UserInnen als diskursrelevant erachtete ergänzende Perspektiven aufzeigten.

» Demnach wurde von Publixphere-Userin Kathrin darauf hingewiesen, dass TTIP nicht das erste von der Europäischen Kommission verhandelte Freihandelsabkommen sei: CETA, der Freihandelsvertrag zwischen den Staaten der Europäischen Union und Kanada, das eine Art Vorbildfunktion für TTIP übernehmen soll, sei beinahe fertig verhandelt.

» Die (ehemalige) Europaabgeordnete Nadja Hirsch von der FDP sprach sich auf Publixphere grundsätzlich für die Einrichtung einer transatlantischen Freihandelszone aus. Dabei wies sie jedoch daraufhin, dass ein diesbezügliches Abkommen nur Zug um Zug mit einem Datenschutzabkommen verhandelt werden dürfe, da sich im Kontext des TTIP eine einmalige Gelegenheit für die EU böte, ihre Forderungen im Bereich des Datenschutzes durchzusetzen.

» Im Rahmen der Debatte um die geheime Verhandlungsführung zu TTIP wurde von Publixphere-UserIn Arebentisch darauf hingewiesen, dass die mangelnde Transparenz der Verhandlungen zumindest teilweise auf die veralteten europarechtlichen Bestimmungen über den Zugang zu Dokumenten zurückzuführen sei; die aktuelle Verordnung sei nicht mit den, seit dem Vertrag von Lissabon erweiterten, Unionsbürgerrechten vereinbar, weswegen ein dringender Handlungsbedarf seitens des europäischen Gesetzgebers bestehe. » Hintergründe zu TTIP: Transparenz «

Der Text verglichen mit der Originalversion

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6 Protest](https://salon-cms.liqd.net/de/salon-bilder/europaei
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10 *von Simon Wendelin Burger.*
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12 Seit Mitte letzten Jahres verhandeln die Europäische
13 Kommission und die US-Bundesregierung ihre Prioritäten zur
14 Ausgestaltung der größten Freihandelszone der Welt – dem
15 Transatlantic Trade and Investment Partnership «TTIP»
16 zwischen EU und USA. [» Hintergründe zu TTIP
17 «](https://publixphere.de/i/salon/page/Hintergr%C3%BCnde_zu_
18 TTIP)
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20 Da diesbezüglich nur wenig gesicherte Information durch die
21 Verhandlungspartner selbst an die Öffentlichkeit gelangt,
22 stützt sich der mediale Diskurs hauptsächlich auf
23 spekulative Kennzahlen und polemisierende Schlagwörter:
24 Während politische Eliten beiderseits des Atlantiks die
25 Zubereitung eines beispiellosen Wirtschaftswachstums
26 versprechen, haben «Chlorhuhn» und «Genmais» so manch
27 einer/m BürgerIn schon vorsorglich den Appetit verdorben. [»
28 Presseschau zu TTIP
29 «](https://publixphere.de/i/salon/page/TTIP_in_Europa_und_de
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32 Auf unserer Partnerplattform Publixphere.de widmete sich in
33 den vergangenen Wochen und Monaten eine bemerkenswerte
34 Anzahl von Foristinnen und Foristen, sowie diverse Akteure
35 aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft umstrittenen
36 Fragen zum Thema «TTIP».
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38 Aufgrund des großen öffentlichen Interesses und der
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41 Salon mit ebendiesem Thema: **»Auf dem Weg zur
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50 * » Wird die transatlantische Handels- und
51 Investitionspartnerschaft «TTIP» tatsächlich zu einem
52 tiefgreifenden Wirtschaftswachstum und einem generellen
53 Wohlstandszuwachs in allen Bevölkerungsschichten führen,
54 oder bedient der Freihandel nur die Partikularinteressen
55 ressourcenstarker Unternehmen?
56 * » Werden sich europäische Schutzstandards und
57 Handelsregeln ihrem US-amerikanischen Gegenüber anpassen
58 müssen und dadurch europäische Schutzniveaus gesenkt?
59 * » Stellen die intransparente Verhandlungsführung und
60 etwaige Investitionsschutzklauseln einen Widerspruch oder
61 gar eine nachhaltige Gefährdung für gemeinsame europäische
62 Grundwerte wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dar?
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67 Vor allem die an Publixphere übersandten Stellungnahmen der
68 Bundestagsabgeordneten Joachim Pfeiffer und Peter Beyer
69 (beide CDU/CSU), sowie die vom Bundesverband der deutschen
70 Industrie dargelegte Position zu TTIP versuchten mit einer
71 Hervorhebung der zu erwartenden positiven Aspekte einer
72 transat-lantischen Freihandelszone zu überzeugen:
73
74 *WIRTSCHAFTSWACHSTUM*
75 » Demzufolge soll mit der Umsetzung des Freihandelsabkommens
76 auf beiden Seiten des Atlantiks ein bedeutendes
77 Wirtschaftswachstum einsetzen, das eine deutlich positive
78 Auswirkung auf die Arbeitsmärkte und den allgemeinen
79 Wohlstand haben würde. Der Abbau nichttarifärer
80 Han-delshemmnisse wurde dabei primär als Vorteil für kleine
81 und mittelständische Unternehmen dargestellt, da eine
82 Vereinheitlichung von Standards und Verfahren diesen den
83 Eintritt in den auslän-dischen Markt deutlich vereinfache.
84
85 *MINDESTSTANDARDS*
86 » In diesem Zusammenhang wurde auch festgehalten, dass weder
87 die Europäische Kommission noch die (deutsche) Industrie ein
88 Interesse an der Absenkung oder Umgehung europäischer
89 Min-deststandards habe. Sensible Politikbereiche, wie
90 Kulturgüter, audiovisuelle Dienste und die Daseinsvorsorge
91 würden nicht in das Verhandlungsmandat der Europäischen
92 Kommission fallen. Tatsächlich würde der Abschluss von TTIP
93 Europa die einmalige Gelegenheit bieten, gemeinsam mit den
94 USA Standards und Handelsregeln zu entwickeln, und diese
95 global durchzusetzen. Als wirtschaftliches Gegenstück zur
96 NATO, soll TTIP dazu beitragen, den Wohlstand und die
97 wirt-schaftlichen Interessen von Europa und den Vereinigten
98 Staaten langfristig zu sichern und ge-meinsam stark
99 gegenüber der Konkurrenz aus China, Russland und Indien
100 aufzutreten.
101
102 *DEMOKRATIE UND RECHTSSTAATLICHKEIT*
103 » In Hinblick auf den besonders umstrittenen
104 Investitionsschutz und der Übertragung der diesbe-züglichen
105 Gerichtsbarkeit auf Schiedsgerichte hob der Bundesverband
106 der deutschen Industrie hervor, dass bereits 131 von der
107 Bundesrepublik unterzeichnete völkerrechtliche Verträge
108 derartige Bestimmungen enthalten, und somit die
109 Verhandlungen zu TTIP Anlass bieten würden, existierende
110 Mechanismen weiterzuentwickeln und zu verbessern.
111
112 **WAS SAGEN DIE GEGNER?**
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114 Bei einer Vielzahl von DiskussionsteilnehmerInnen zeichnete
115 sich eine merkbare Skepsis gegenüber den bisher bekannten
116 Verhandlungsdetails ab, wobei negativen Aspekte sowohl an
117 der formellen Verhandlungsführung durch die Europäische
118 Kommission, als auch an der fingierbaren inhaltlichen
119 Gestaltung aufgezeigt wurde:
120
121 *WIRTSCHAFTSWACHSTUM*
122 » Einzelne Diskutierende bezweifelten, dass das für die
123 Freihandelszone prognostizierte Wirt-schaftswachstum
124 tatsächlich einen Mehrwert für die europäische Allgemeinheit
125 bringen könne. Vielmehr wurde argumentiert, dass der
126 Freihandel vor allem Großkonzernen und Investoren dienlich
127 sei, und TTIP in einer Kapitalverschiebung nach oben
128 resultieren könnte; die Vorteile für den/die einzelne(n)
129 EU-BürgerIn würden andererseits nur marginal spürbar werden.
130 Unter Berufung auf bekannte Fehlentwicklungen nach
131 Inkrafttreten des nordamerikanischen Freihandelsabkommens
132 NAFTA postulierte Stefan Leibold von attac Münster, dass der
133 durch TTIP erweiterte Markt – wider den obengenannten
134 Prognosen – kleinen und mittelständischen Unternehmen
135 langfristig eher Schaden als Nutzen zufügen könnte.
136
137 *MINDESTSTANDARDS*
138 » In Hinblick auf den Abbau nichttarifärer Handelshemnisse
139 monierten einige UserInnen, dass die Harmonisierung von
140 Marktregeln zu einer Aushöhlung der jeweils höheren
141 Mindeststandards führen könnte, was damit untermauert wurde,
142 dass in den Verhandlungen zu TTIP durch die Einbeziehung von
143 Großkonzernen und Investoren ein unverhältnismäßige
144 Überrepräsentation von Handelsinteressen gegenüber
145 KonsumentInneninteressen bestünde. Hierzu mahnte Timo Wans
146 von den JEF Trier, dass bei einer etwaigen Aushebelung von
147 demokratisch beschlossenen Marktregeln ohne Einbeziehung von
148 Zivilgesellschaft und Legislativorganen große Zweifel am
149 Demokra-tieverständnis der Europäischen Kommission entstehen
150 sollten.
151
152 » Ebenso wurde von einigen ForistInnen hinterfragt, ob eine
153 verbindliche Harmonisierung von Standards und Verfahren im
154 denn überhaupt notwendig sei, oder ob die regulative
155 Ausstrahlung der Europäischen Union als führende
156 Volkswirtschaft nicht ohnehin stark genug sei, um globale
157 Richtmaße zu setzen.
158
159 *DEMOKRATIE UND RECHTSSTAATLICHKEIT*
160 » Von einer bemerkenswert großen Zahl an
161 DiskussionsteilnehmerInnen wurde die Übertragung von
162 Investitionsstreitigkeiten auf Schiedsgerichte als, in Bezug
163 auf deren Vereinbarkeit mit rechts-staatlichen
164 Erfordernissen, bedenklich kritisiert, wobei mehrfach
165 festgehalten wurde, dass der ei-gentliche Zweck derartiger
166 Bestimmungen in der Sicherstellung des Rechtswegs in Staaten
167 mit einem nach westlichem Verständnis unzureichenden
168 Justizwesen läge; im Falle von TTIP bestehe daher kein
169 Bedarf an derartigen Vereinbarungen.
170
171 » Ebenso kritisiert wurden auch die mangelnde Transparenz
172 und die Geheimhaltung der Verhand-lungen zu TTIP, sowie der
173 Ausschluss des Europäischen Parlaments, nationaler
174 Legislativorgane und NGOs aus ebendiesen. Als Mahnung
175 dahingehend, dass sich das Europäische Parlament dieses
176 Mitspracherecht nicht ungestraft entziehen lassen würde,
177 wurde in diesem Zusammenhang die 2013 gescheiterte
178 Ratifizierung von ACTA erwähnt.
179
180 » Laut Stefan Leibold von attac Münster würde eine
181 Aushöhlung der parlamentarischen Demokratie nicht nur
182 während der Verhandlungen bestehen, sondern mit dem
183 Inkrafttreten von TTIP auch weiter perpetuiert werden:
184 Gesetzesinitiativen müssten frühzeitig auf ihre
185 Vereinbarkeit mit dem transatlantischen Handel überprüft
186 werden, was eine vertiefte Einbindung von Konzernen,
187 Investoren und deren Lobbys zur Folge haben könnte.
188
189 **ERGÄNZENDE PERSPEKTIVEN**
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191 In den Diskussionen wurden zudem einige Aspekte
192 angesprochen, die nicht unbedingt eine Wertung von Verfahren
193 oder Inhalt des geplanten Freihandelsabkommens darstellten,
194 sondern von UserInnen als diskursrelevant erachtete
195 ergänzende Perspektiven aufzeigten.
196
197 » Demnach wurde von Publixphere-Userin Kathrin darauf
198 hingewiesen, dass TTIP nicht das erste von der Europäischen
199 Kommission verhandelte Freihandelsabkommen sei: CETA, der
200 Freihandelsvertrag zwischen den Staaten der Europäischen
201 Union und Kanada, das eine Art Vorbildfunktion für TTIP
202 übernehmen soll, sei beinahe fertig verhandelt.
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204 » Die (ehemalige) Europaabgeordnete Nadja Hirsch von der FDP
205 sprach sich auf Publixphere grundsätzlich für die
206 Einrichtung einer transatlantischen Freihandelszone aus.
207 Dabei wies sie jedoch daraufhin, dass ein diesbezügliches
208 Abkommen nur Zug um Zug mit einem Datenschutzabkommen
209 verhandelt werden dürfe, da sich im Kontext des TTIP eine
210 einmalige Gelegenheit für die EU böte, ihre Forderungen im
211 Bereich des Datenschutzes durchzusetzen.
212
213 » Im Rahmen der Debatte um die geheime Verhandlungsführung
214 zu TTIP wurde von Publixphere-UserIn Arebentisch darauf
215 hingewiesen, dass die mangelnde Transparenz der
216 Verhandlungen zumindest teilweise auf die veralteten
217 europarechtlichen Bestimmungen über den Zugang zu Dokumenten
218 zurückzuführen sei; die aktuelle Verordnung sei nicht mit
219 den, seit dem Vertrag von Lissabon erweiterten,
220 Unionsbürgerrechten vereinbar, weswegen ein dringender
221 Handlungsbedarf seitens des europäischen Gesetzgebers
222 bestehe. » Hintergründe zu TTIP: Transparenz «

Diskussion