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Steen: Alternative europäische Lösungswege in der Ukrainekrise


Foto: Der Rat der EUDie EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Ist ihre Position schon stark genug? Foto: Rat der EU

Was kann Europa im Ukraine-Konflikt tun? Sich nicht von Russland und den USA abhängig machen, meint Johannes Steen.


Hinweis: Dieser Text ist zunächst auf meinem Blog steenjohannes.wordpress.com erschienen.

Ein Beitrag von Johannes Steen

Zuerst sollten wir analysieren, wer diesen Krieg führt und wer vielleicht Interesse daran hat.

Am Anfang steht dann die Analyse, dass sich Russland und die Ukraine im Krieg befinden, es natürlich aber auch andere Kräfte gibt, die dem Krieg nicht negativ gegenüberstehen, zum Beispiel Waffenfirmen oder auch gewisse amerikanische Kräfte, allerdings sollten wir aus dieser Erkenntnis nicht schließen, dass diese Kräfte den Krieg produziert haben. Nun steht die Ukraine an einem Wendepunkt und wir alle fragen uns, wie es weitergehen sollte.

Den Krieg kann keine Seite gewinnen, da sich beide Seiten aneinander aufrüsten. Deswegen möchte ich mit dem ersten Teil des Textes einmal rausgehen aus dem täglichen klein-klein und den Fokus darauf legen, wie für uns die beste Politik aussehen würde.

Sowohl Putin als auch Obama wollen sich nun in diesem Konflikt uns als einzige, richtige Macht darstellen. Das ist problematisch und schlecht, denn beide sind keineswegs Symphatieträger, deren Politik wir folgen sollten, denn die Folge wären Foltercamps auf einer okkupierten dänischen Insel und das “Verbot” von Homosexualität. Aber, wenn wir uns nicht in Abhängigkeiten von Russland oder den Staaten geben wollen, wie können wir denn dann Lösungen für europäische oder internationale Konflikte finden?

Europas Hoheitsrecht

Eine richtige, gemeinsame, europäische Außenpolitik wäre gut.

Wann haben wir das letzte mal etwas von der EU-Außenbeauftragten etwas wichtiges, richtungsweisendes zur Ukraine-Krise gehört?

Wir müssen endlich auch nationale außenpolitische Souveranität abgeben, sodass die EU-Außenbeauftragte mit Macht für die EU verhandeln kann und nicht die einzigen gemeinsamen europäischen Mittel Sanktionen sind.

Wir müssen die EU-Außenbeauftragte zur Beauftragten des Parlaments machen, die die Politik des Parlaments vertritt und von diesen gewählt werden.

Was ich damit sagen will ist, dass wir für Europa das Hoheitsrecht in dieser Frage erkämpfen sollten, ohne, dass die NATO von europäischer Aufrüstung redet, oder Putin Gas für Freundschaft anbietet. Dies geht nur, wenn es Menschen gibt, die Europa würdig vertreten können.

Solange es diese Strukturen nicht gibt, gibt es für mich kein perfektes Vorgehen Europas in dieser Frage. Aber irgendwie muss man ja den Konflikt mit vorhandenen Gremien, mit gemeinsamen Lösungen gefunden werden.

Das heißt nicht, dass wir Putin in einer Weise unterstützen sollten und ihm das Donbass-Gebiet, das der Ukraine gehört, geben sollten, aber mit Waffengewalt können wir den Konflikt nicht lösen. Liefern wir Waffen, liefert Putin mehr.

Was wir aber machen können, ist die Ukraine andersweitig zu unterstützen, indem wir dem Land Infrastrukturprojekte vorfinanzieren, indem wir dem Land die Möglichkeit geben, europäische Vorzüge zu genießen.

Miteinander reden

Aber es gibt halt auch diplomatische Wege, die nicht genutzt werden. Sowohl Russland als auch die USA sitzen im UN-Sicherheitsausschuss. Diesem Gremium würde ich es zutrauen, dass es Lösungen für internationale Konflikte finden kann.

Über offizielle Kreise heißt es immer, dass beide Länder eine Entmilitarisierung wollen und neue, freie Wahlen.

Wenn dies der Fall ist, dann sollten wir uns bemühen, dass die Ukraine Thema auf so einer Ebene wird, wo miteinander geredet werden MUSS und nicht nur noch einseitig, wie auf dem G7 Gipfel, den wir ja dieses Jahr in Deutschland erleben müssen.


Weitere Diskussionen zur Ukraine-Krise:


Kommentare

  • Gespräche gibt es ja, nur Reden alleine bringt erst mal nichts. Was es braucht ist einen Kompromiss und die Einhaltung der getroffenen Verabredungen von beiden Seiten. Beides ist zurzeit aber schwierig, zumal auch die Interessen von Putin nicht die der Separatisten sind und Washington, Berlin, Poroschenko und Jazenjuk auch nicht einheitliche Interessen haben. Zu hoffen bleibt nun, dass die in Minsk verhandelte Waffenruhe nun endlich auch eingehalten wird.

    • Hallo MisterEde, Zustimmung und einige Anmerkungen von mir. Wichtig für die Menschen in der Ostukraine ist nämlich nur eines, dass endlich das Morden & Brennen aufhört! Die Lage bleibt allerdings unübersichtlich:

      • Wird die EU alles in Minsk Erreichte wieder umwerfen, wenn sie die verschärften (verschobenen) Sanktionen gegen Russland am Montag in Kraft setzt?
      • Ist das eine neue Kriegsanleihe von 15 Mrd. EUR, Quelle SZ, die Madame Lagarde & der IMF da gerade für Kiew auflegen?
      • Gelingt es Poroschenko seine Freicorps, z.B. das Asow Batillon wieder einzufangen und Jazenjuk & Konsorten in Kiew auf Friedenskurs zu bringen.

      Sozusagen im Auge des Taifuns angekommen, wird auch in dem BRD-Medien teilweise endlich eine angemessene Diskussion möglich. So gab es im Vorfeld des Treffens von Minsk zwei Diskussionsrunden auf phoenix, in der Mediathek von phoenix hier und hier, die dem Thema endlich einmal gerecht wurden! Wie dieser öffentlich-rechtliche Infokanal mit Mini-Etat und Mini-Personalausstattung inzwischen ganz herausragende journalistische Arbeit leistet.

      Außerdem gewinnt in dieser Diskussion mit Harald Kujat ein Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr mit reichlich Nato-Erfahrung immer mehr an Statur. Präzise, sachlich, kompetent macht er deutlich, wie es zu diesem irrsinnigen Konflikt kam und warum die Ukraine auf lange Zeit weder in die EU noch gar in die NATO gehören kann. Hut ab vor diesem General. Dem Mann wünscht man viele Zuhörer auch in der Politik!

      • Nachtrag: die weltweit hochgelobte German Realpolitik lebt, wie SPON beweist!

        Der Kommentar des Youngsters unter den SPON-Korrespondenten zeigt wo es lang gehen muss! Weg mit Krim und Donbass und die restliche Ukraine zu einem Schaufenster westlicher Werte & Lebensweise machen.

        Ein neutrales blockfreies europäisches Land, das unser Botschafter für / in Russland werden könnte.

        18.02.2015 11:10 GMT + 1:00

      • Wäre ich Karikaturist, würde ich Merkel und Putin zeichnen, die jeweils Leinen in ihrer Hand haben, an denen dann z.B. bei Merkel eine Bulldogge McCain und ein Terrier Jazenjuk hängen oder bei Putin z.B. Dugin (wenn der Spiegel korrekt zitiert). Während sich die Hunde ankeifen und versuchen aufeinander loszugehen, ziehen Herrchen bzw. Frauchen ordentlich an der Leine und versuchen das schlimmste zu verhindern.

        Was bleibt, ist die Hoffnung, dass das Abkommen diesmal zu einer Waffenruhe führt, wobei ich wie schon vor 6 Monaten vermute, dass auch dieser Zustand nur ein Provisorium sein kann. Wichtig ist, dass bald für beide Seiten eine wie auch immer geartete Perspektive gefunden wird, die ein Auskommen beider Seiten miteinander ermöglicht. Nur eine Normalisierung des Lebens erlaubt, dass sich die Gräben wieder zuschütten, bleibt die Lage jedoch so instabil, werden sich die Gäben eher weiter vertiefen.

    • Hallo MisterEde,

      ich denke, Sie und ich und alle Welt teilen die Hoffnung, "dass die in Minsk verhandelte Waffenruhe nun endlich auch eingehalten wird."

      Ich denke auch, alle Beteiligten haben unterschiedliche Interessen, und das macht die Urteilsbildung und Lösungsideen so schwierig.

      Wenn man nur wüsste, welche Interessen Russland hat. Der ehem. NATO-Generalinspekteur der Bundeswehr Kujat bei Günther Jauch am letzten Sonntag: Wenn Russland wollte, könnte es Kiew in 48 Stunden einnehmen. Aber das ist ja wohl nicht Russlands Absicht.

      Warum unterstützt Putin die Separatisten? Ist der Grund ein psychologischer? Ist er narzistisch gekränkt, weil er für Obama nur noch als "Regionalmacht" wahrgenommen wird? Weil Russland wirtschaftlich mit dem "Westen" nicht mithalten kann? Als Atommacht schon. Da wird Russland noch immer als gefährliche Supermacht wahrgenommen. Aber ansonsten wirtschaftlich abgehängt, dem die ehem. Freunde weglaufen und sich den "Fleischtöpfen" der EU und der USA zuwenden? Und Russland hatte sich doch so bemüht, sich bei der Winter- Olympiade in Sotschi stark und glänzend darzustellen. Russland wurde damals vom Westen nur kritisiert und heruntergemacht. Das muss kränken.

      In der russisch sprechenden Bevölkerung in der Ostukraine hatte Russland noch letzte Freunde. Es nimmt eigentlich nicht wunder, dass Russland sie bis jetzt unterstützen wollte.

      Aber ich denke, jetzt wachsen Putin die Separatisten auch über den Kopf. Ich denke, hoffe, dass es auch ihm um ein Aufhören der Kämpfe geht. Um eine Lösung, relative Autonomie der Ostukraine oder eine bundesstaatliche Regelung der Ukraine. Es wäre gut, wenn er die Separatisten zurückpfeift und sich selbst militärisch aus dem Konflikt zurückzieht.

      Und dem Westen würde es gut anstehen, Rußland wegen seiner wirtschaftlichen Schwäche nicht mehr so zu degradieren und als "armen" Nachbarn zu behandeln und mit Sanktionen noch weiter zu degradieren.

      M.E. wäre es gut, Russland auf Augenhöhe zu behandeln und wirtschaftlich gesehen mit ins Boot zu holen (Assoziierungsabkommen mit der EU, TTIP usw. Ich bin kein Wirtschaftsexperte, nur mal so naiv gedacht).

      Ergänzung: Wie Johannes Steen habe ich ein ungutes Gefühl dabei, dass es in diesem Jahr wieder nur einen G 7 Gipfel gibt und nicht wie früher einen G 8 Gipfel.

  • Hallo Johannes Steen , gegen eine EU, die weiß, was sie will, ist sicher nichts zu sagen. Ein paar Nachfragen:

    • wie willst Du die Vereinten Nationen und den Sicherheitsrat jemals wieder in die Position bekommen, die sie nach gesundem Menschenverstand und Friedenssinn haben sollten? Vökerrecht scheint mir weder in den USA noch in Russland noch in der EU das Maß aller Dinge zu sein, eher was zum Verbiegen und selektiv drauf berufen

    • Du wendest Dich mit dem Stichwort "Foltercamps" gegen die US-Politik. Was ist mit dem Anspruch der USA, Hegemon des 21. Jahrhunderts zu sein, ohne Skrupel dafür die größte und wirkungsmächtigste Global-Stasi der Geschichte zu bauen? Ist dieser US-Anspruch noch zu befürworten? Ginge ein Jeder-Macht-Seins-Ansatz, ohne Hegemon?

    • in jedem Fall richtig finde ich Deinen Hinweis auf die antiliberalen Tendenzen in Russland (Schwulen-Diskriminierung), die vergessen Linke allzu gern.

    • Oh, eine Welt ohne Blöcke wäre für mich der Traum des 21ten Jahrhundertes. Der US-Anspruch auf die Weltpolizei ist und war nach Vietnam nie wieder haltbar. Deswegen ist unsere heutige Position auch so schwierig. Ich will weder Anhängsel einer transatlantischen Verbindung, noch Anhängsel einer "großeuropäischen" Verbindung, also mit Russland, sein.

      Der Menschenrechtsrat wäre in der Postion, wenn man ihn denn mal einschalten würde, wenn er denn von einem der Mitgliedsstaaten mal angeschoben werden würde. Frankreich ist da so der Staat der mir in den Kopf kommen würde. Ein bedachter Hollande, der ruhig handeln tut (sogar in gewisser Weise ruhiger als Merkel, auch wenn diese natürlich mehr gefeiert wird), könnte dem SHR der VN wieder eine Vision geben. Sorry, dass ich jetzt erst geantwortet habe, ich hab das irgendwie übersehen #abistress und so.