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Der Brexit als Chance für Europa?


FotoEgal wie die Abstimmung zum Brexit ausgeht, sie bringt die EU-Debatte in Bewegung. Montage: awr

Ohne die Briten könnte die EU schneller vorankommen – oder doch nicht? Oder geht diese Diskussion an den tatsächlichen Problemen vorbei?


Ein Beitrag von MisterEde

Gefährlich oder heilsam? Risiko oder Chance? Am Brexit scheiden sich die Geister. Während viele Experten und Akteure vor den wirtschaftlichen Folgen warnen, vor einer schweren EU-Krise und einem Domino-Effekt (Czexit, Frexit, Swexit, Spexit, Dexit...?), gibt es auch Hoffnungen, die auf einem Brexit ruhen. So meint beispielsweise der englische EU-Blogger Jon Worth, ohne die Briten könne das europäische Projekt besser vorankommen:

"The EU would have a better chance at advancing progressive policies, and democratising itself, without the UK in it."

Der EU-Experte und Blogger Manuel Müller Der (europäische) Föderalist kommt nach reiflicher Analyse zu einem anderen Schluss.

"Wäre Europa also wirklich besser dran, wenn Großbritannien austritt? Auch an den Argumenten der pro-europäischen Brexit-Befürworter lässt sich zweifeln. Denn auch wenn der britische Europadiskurs sich durch einen besonders vehementen Nationalismus auszeichnet, ist die britische Regierung oft genug nur die lauteste, nicht aber die einzige Gegnerin wichtiger neuer Integrationsschritte."

Müller erinnert daran, dass zum Beispiel auch Deutschland bei der weiteren Intergrationsschritten bremst - sich etwa gegen eine eigene europäische Steuerkompetenz wehrt. Ob ein Brexit wirklich neue Integrationskräfte freisetzen könnte, sei fraglich.

Liebe Redaktion,

danke, dass ihr den Gedanken aufgegriffen und ausgearbeitet habt. Leider ist das jetzt nicht mehr so wirklich das, was ich diskutieren wollte. Mir geht es gerade nicht um eine Brexit-Diskussion, sondern eigentlich um das Gegenteil, nämlich um die Frage, ob die Auseinandersetzung mit dem Thema „Brexit“ und ob die Briten drin bleiben oder nicht, überhaupt lohnt oder ob nicht ganz andere Dinge diskutiert gehören.

Und ich bin in dieser Frage völlig bei Ulrike Guérot, die dazu im letzten ARD-Presseclub (ab Minute 15) sagte: „Was wir mit der Frage Brexit ja nicht lösen, ist, wie kriegen wir ein anderes Europa. Und zwar ein Europa das funktioniert, das demokratisch ist und das sozial ist. Ganz egal wie diese Abstimmung ausgeht.“


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Kommentare

  • Wer bekennt Farbe zu was?

    Lieber MisterEde, natürlich macht ein Brexit jetzt die EU auch nicht zur bürgernahen, demokratischen, sozialen Republik. Ich kann wie auch Manuel Müller die Reaktion auf einen Brexit nicht eindeutig abschätzen. Alles scheint drin. Würde zu gerne wissen, was sich da die Spin-Doktoren in den EU-Hauptsstädten gerade für diesen Fall zurechtlegen: ein 'Jetzt erst Recht!' oder ein 'Wir sind mit der europäischen Integration zu weit gegangen'.

    Ich finde den Hinweis von Manuell Müller sehr treffend. Bisher konnte man immer sagen 'Vergiss es! Das ist mit den Briten nicht zu machen!', wenn es um weitere Integrationsschritte ging. Ohne die Briten müsste auch Deutschland endlich Farbe bekennen. Wie intergrationswillig ist man wirklich? Wenn's um die großen Dinge geht: Transnationales Wahlrecht, europäische Sozialversicherungen, EU-Steuer....

    Die Reflexion ist ein Gewinn

    Für mich liegt die Chance in diesem Referendum und auch in möglichen weiteren EU-Volksabstimmungen in der Debatte. Endlich reflektiert zumindest mal die Insel über die Pro's und Con's unseres europäischen Hauses. Eine Grundsatz-Debatte, wo es hin soll, oder eben nicht, stünde der ganzen EU gut zu Gesicht. Aber so eine Bürgerdebatte ist einfach unfassbar schwer in Gang zu setzen. Wenn ich hier in Berlin so rumlaufe habe ich den Eindruck, das alles interessiert 95 Prozent der Bevölkerung genau Null.

    • Nun schreibe ich eben doch etwas zum Brexit:
      Ich vermute ein Austritt schadet der EU und GB, aber ein Verbleib löst natürlich auch kein einziges vorhandenes Problem. Aber sowieso: Woraus wollen die Briten überhaupt austreten? Bei Schengen und Euro sind sie eh nicht dabei und aus dem Binnenmarkt wollen sie ja anscheinend nicht raus.

      Die Reflexion ist ein Gewinn

      Das auf jeden Fall. Allerdings gilt das auch nach jeder Atomkatastrophe. Ich kann diesem Gewinn insoweit also nur wenig abgewinnen.

      Ich finde den Hinweis von Manuel Müller sehr treffend. Bisher konnte man immer sagen 'Vergiss es! Das ist mit den Briten nicht zu machen!', wenn es um weitere Integrationsschritte ging.

      Aber das ist doch nur ein Stammtischspruch. Woran lesen Sie und Müller denn ab, dass der stimmt? Gibt es denn nicht längst Schengen oder den Euro oder die Flüchtlingsverteilung, die in der EU beschlossen wurde? Und das alles, obwohl GB in der EU ist?

  • Das Ergebnis zeigt, dass Brexit-Diskussionen völliger Nonsens waren. Notwendig wäre die Reformdebatte, die ich seit Monaten zu führen versuche.

  • Ich bin schon lange überzeugt, dass die ganzen Referendums-Debatten an den tatsächlichen Problemen in der EU vorbei gehen.

    Eine Kombination aus der Debatte zur Europäischen Republik und der Diskussion zu Kerneuropa würde ich z.B. als zielführender betrachten.