Drei-Prozent-Hürde bei Europawahlen?
Ein Diskussionsanstoß der Redaktion
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat im November 2011 die Fünf-Prozent-Hürde bei Europawahlen gekippt. Inzwischen hat der Bundestag, trotz verfassungsrechtlicher Bedenken, die Einführung einer Drei-Prozent-Hürde beschlossen. Die Alternative wäre der komplette Verzicht auf entsprechende Beschränkungen. Kritiker der Drei-Prozent-Klausel bringen an, dass durch sog. Sperrklauseln kleinere Parteien benachteiligt werden, was letztendlich der Demokratie schade. Befürworter der Drei-Prozent-Klausel argumentieren, dass mit einer solchen Sperrklausel eine Zersplitterung der Parteienlandschaft im Europäischen Parlament verhindert werde.
Rakaba
Offenbar hielten Beamte des Bundesinnenministeriums die 3 Prozent-Hürde Ende 2011 nicht für verfassungskonform. Das geht aus Dokumenten hervor, die "Fragdenstaat.de" veröffentlichte.
Das interne Votum im BMI war - totz Juristendeustch - sehr deutlich (damals ging es noch um die Idee einer 2.5 Prozent-Klausel):
"Die das Urteil des BVerfG vom 9.11.2011 zur Verfassungswidrigkeit der 5-Prozent-Sperrklausel in § 2 Abs. 7 EuWG tragenden Gründe sprechen gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer 2,5-Prozent-Sperrklausel."
Der Bundestag beschloss die neue Hürde (sogar 3 Prozent!) Mitte 2013 trotzdem, und zwar auf gemeinsames Betreiben von Union, SPD, Grünen und FDP. Karlruhe prüft sie allerdings immer noch
Der ganze Vorgang ist schon etwas länger her, macht aber jetzt Wirbel, weil das Innenministerium urheberrechtlich gegen die Veröffentlichung des eigenen Gutachtens auf Fragdenstaat.de vorgeht.
Unabhängig von der spannenden Frage, ob man die Informationsfreiheit mit Hilfe des Urheberrechts einschränken darf: Hat der Bundestag wider besseren Wissens ein Gesetz beschlossen, das gegen die Verfassung verstößt?