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Staatsschulden im Euro-Raum: Ist die Krisenpolitik gescheitert?


Ein Diskussionanstoß der Redaktion

26. Juli 2013

Die Schuldenquote in der Euro-Zone ist im zweiten Quartal 2013 gestiegen - auf 92,2 Prozent. Das sind 4 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr. Ist der derzeitige Weg der Krisenbekämpfung damit gescheitert oder brauchten die Verantwortlichen nur mehr Zeit?


Kommentare

  • Der Weg ist wohl nicht gescheitert, haben wir sogar ein positives Wirtschaftswachstum in der Eurozone. Es braucht Zeit! Die Agenda 2010 hat ihre Wirkungen auch erst langfristig entfaltet, obwohl sie sehr unbeliebt war, als sie eingeführt wurde. Fraglich ist nur die rechtliche Ausgestaltung der Krisenrettungsmaßnahmen!

    • Leichtes Wachstum in der Eurozone: Ja. Allerdings sind insbesondere die Kriesenländer weit entfernt vom Vorkrisenniveau. Mein Eindruck ist, dass die Austeritätspolitik mehr wirtschaftlichen Schaden verursacht hat als dass sie genutzt hat.

  • "In ihrem März-Monatsbericht geht die Bundesbank davon aus, dass die Staatsschulden im gesamten Euroraum einen Höchstwert von 93,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen werden." Quelle: (http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/03/14/bundesbank-warnt-vor-anstieg-der-staats-schulden-in-europa/)

    "Davon ausgehen" ist leider noch lange kein tatsächlicher Wert. Wobei man schon thematisieren sollte, dass die Schuldenquote im EU Durchschnitt ohne die aktuelle EZB-Politik deutlich (!) höher liegen würde. Deutschland partizipiert von dieser Entwicklung als "sicherer Hafen" auch in einem beachtlichen Außmaße. Während 10-jährige Bonds 2005 bei rund 3% Zinsen lagen, liegen die Zinsen aktuell bei rund 1,5%. Diese Entwicklung kommt unserem Haushalt zugute und bildet auch m.E. einen der Grundpfeiler für unseren "ausgeglichenen Haushalt" ab 2015 (sofern er kommen mag, was ich persönlich bezweifle).

    Ich verfolge die Krisenpolitik im Euroraum schon über einen längeren Zeitraum. Es ist völlig verständlich das Strukturreformen in dieser Dimension nicht zu schnellen Erfolgen führen und eher von nachhaltiger Natur sind. Weitere Probleme liegen auch noch in der parlamentarischen Umsetzung dieser Reformen, es gibt genug Beispiele für die Blockierung von Strukturreformen z.B. Griechenland, Frankreich und Italien. Seinen Lebensstandard verschlechtern will halt niemand, siehe z.B. das Renteneintrittsalter von 60 Jahren in Frankreich. Bei einer immer älter werdenden Bevölkerung, kann man sich mit 60 durchaus noch ein paar sehr nette Jahre machen. Was menschlich verständlich ist, aber große Herausforderungen (eher Probleme) für die Sozialsysteme mit sich bringt.

    Deutschland als selbst ernanntes Vorbild und Mahner in der EU rudert in der Sozialpolitik mit der Rente mit 63 nun auch zurück Richtung Paris. (Was ist schon der Raubzug in den Geldbeuteln der nächsten Generationen im Vergleich zu einer gewonnen Bundestagswahl?)

    Die Frage der Fragen lautet in diesem Fall eher: Wo will die EU eigentlich hin? 1. Soziale Umverteilungsmaschiene auf Pump mit Schuldervergemeinschaftung und hoffen das es gut geht. 2. Souvärene Staaten unter dem EU-Dach im Dauerkrisenmodus oder 3. Staatengemeinschaft mit abgestimmer Europa-Politik (Außen-, Finanz-, Steuerpolitik etc.)

    Meiner Meinung nach wäre Nr. 3 wünschenswert, aber es sieht eher nach Nr. 2 aus, wobei jedes Land mit aller Gewalt versucht seine Interessen durchzusetzen und im Resultat wenig funktioniert.

    Wie sehen Sie das?

    • Liebe/r Stolzenburg,

      danke für Deinen Kommentar. Nur ein Hinweis: diese Diskussion ist schon etwas älter (26. Juli 2013). Inzwischen ist einiges passiert. Hättest Du Lust/Zeit Deine Gedanken zur Euroraum-Entwicklung noch einmal eigens zur Diskussion zu stellen? Wir würden uns dann bemühen, Expertinnen und Akteurinnen in Deine Diskussion zu holen.

      Du kannst eine neue Diskussion starten unter: https://publixphere.de/i/publixphere-de/proposal/new

      Als "Thema" kannst Du im entsprechenden Feld "Europa und der Euro" auswählen - wir werden diesen Schwerpunkt sicher noch einmal aktualisieren.

      P.S: Ich war gestern bei einer Veranstaltung zum Thema, aus gerichtet von Open Europe und der Humboldt-Universität in Berlin. Die Diskutanten hielten die Eurokrise - zumindest strukturell -noch nicht für uberwunden.

      Dr. Wolfgang Glomb (unter Bundesfinanzminister Theo Waigel Leiter des Referats Europäische Währungsunion) meint gar, Griechenland, Portugal und Spanien müssten aus dem Euro austreten. Eine jahrzehntelange Stabilitätspolitik - die nun kommen müsste und verabredet ist - sei unwahrscheinlich.

      Joachim Bitterlich (ehemaliger europapolitischer Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl) zeigte sich optimistischer. Allerdings meint er, Griechenland habe immer keine "geordnete Administration" in Griechenland, und um die wirtschaftliche Entwicklung in Frankreich müssen man sich sorgen.

      Das Thema bleibt also aktuell, Alex

      • Hallo Alex,

        danke für die Anregung. Werde mich, wenn der Uni-Stress ein wenig abgeklungen ist, weiter mit dem Thema auf dieser Seite beschäftigen. Eine tiefergehende Diskussion scheint wohl notwendig.

        Viele Grüße

  • Die Schuldenquote ist ja nicht alles. Ich frage mich, welches Gesicht die Eurozone in ein paar Jahren hat. Ist sie eine reine Wettbewerbs-Maschine mit Dauerdruck auf den Sozialstaat? Gibt es soziale Mindeststandards oder konkurrieren wir uns gegenseitig in Grund und Boden - ohne Spielräume für eine alternative - etwa skandinavisch-sozialdemokratische Politik? Nach den dringensten Reparaturen (Strukturreformen etc.) muss auf jeden Fall der Optimalzustand der Eurozone skizziert und ausgehandelt werden.

  • Liebe Community, wir haben nun aktuell ein Thema Europa und der Euro angelegt. Gerne könnte ihr eigene Vorschläge und Debatten rund um das Thema Europa und Euro nun in diesem Diskussionsraum starten und anlegen.

    • Liebe Community,

      es wurde viel diskutiert zum Thema Euro, Finanzkrise und Troika. Aus diesem Grunde fließt diese Diskussion nun in das neue Thema des Monats "Troika und Eurokrise" mit ein. Wir freuen uns über spannende neue Diskussionen!