Wird das europäische Schutzniveau durch Vereinheitlichung der Standards gesenkt?
Foto & Teaser: Number 10 (CC BY NC-ND 2.0)
Auf Publixphere.de wurde von den Nutzer_innen gefragt:
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Da stimme ich Ihnen zu: Die Transparenz muss erhöht werden. Aber ich frage mich immer noch, wie alle Akteure noch mit einbezogen werden können. Ist es vielleicht nicht schon zu spät? Müsste TTIP nicht besser ganz gestoppt werden und dann ein gemeinsamer neuer Weg zu transparenteren Verhandlungen eingeschlagen werden, die alle Akteure einbeziehen?
Und mich würde noch persönlich interessieren, was TTIP in der Praxis für das System der öffentlichen und privaten Fürsorge bedeuten könnte. Was würde sich – gehen wir mal vom schlimmsten Fall aus – ändern?
Fehlende Transparenz ist unbestreitlich ein negativer Aspekt, wenn es um gesetzesändernde Neuverhandlungen von Wirtschaftsbeziehungen geht. Sie verhindert entscheident eine konstruktive und kompetente analyse / Aufbereitung, Verbesserung. Gerade bei dem errichten der weltgößten Freihandelszone ( wobei man ergänzen muss, dass eine solche im Grunde genommen bereits besteht- Wirtschaftsexperten haben zur Kenntnis nehmen lassen, dass Handelsblockaden wie zum Beispiel Zölle minimal sind, und als Folge dessen das mehr an Wirtschaftsleistung bei nur 0,05 % liegen würde.) der welt muss man sich fragen, wodurch ich auf die eigentliche Fragestellung dieser Diskussion zurückkommen möchte : Wieso besteht bzw wem nützt diese Intransparenz?, ist das ganze Konstruckt TTIP nicht eigentlich ein Deckmantel für die Abschaffung hart erabeiteter europäischer Schutzstandards und Handelsregeln? Ersteres lässt sich einfach erschließen: "die oberen 10000" also genauer gesagt " Big player des Wirtschaftskonstruckts sowie Anteilseigner Multinationaler Unternehmen die auf ein Wegfall staatlicher Regulierung hoffen. Zwiteres lässt sich wie folgt erklären: Da das in den Medien propagierte Hauptargument durch meine bisherige Abalyse, welche sich auf Wirtschaftsexperten stützt entkräftet wurde ( Wirtshaftswachtum bei nur 0,05 % - floriererender gegenseitiger Austausch wenn , dann nur bedingt vorhanden), muss man zum Entschluss kommen , dass die durch Kritiker verbreiteteten Argumente hier entscheident sind: US Amerkanische Großkonzerne würden laut dem- europäische Schutzstandards boykottieren und Handelregen umgehen um (das liegt in der Natur der Sache) den Kpitalfluss zu vergrößern.
Fazit: Also wären die Profiteure nicht das Volk, sondern einige wenige Nutznießer .
Da ich am Donnerstag die Podiumsdikussion dahingehen besuche könnte sich meine bisherige Sichtweise diesbezüglich natürlich noch wandeln. Ich danke bereits im Vorraus für weitere Kommentare und Anregungen der Diskussion.
Selbst wenn nicht das Abkommen selbst gemeinsame Standards vorsieht, die niedriger als die bisher in der EU geltenden sind, so wird doch eine indirekte Anpassung geschehen. Produkte und Dienstleistungen treten in direkte Konkurrenz zueinander und die teureren, besseren müssen sich früher oder später an die billigeren anpassen.
Von den Verhandlungsführern beiderseits des Atlantiks gibt es hierzu eine klare Aussage: Nein!
Das hohe Schutzniveau in Europa ist nicht verhandelbar und ein bereits bestehendes Gesetz kann nicht durch ein Handelsabkommen ausgehebelt werden. Das steht auch im Verhandlungsmandat. Der Endverbraucher hat also volle Transparenz über das, was er im Supermarkt einkauft. Das Bundeswirtschaftsministerium hat auch bestätigt, dass das sogenannte Vorsorgeprinzip in jedem Fall bestehen bleiben soll. Das heißt zum Beispiel, dass wie bisher gentechnisch veränderte Organismen - also etwa Genmais - nur nach den strengen EU-Regeln in den Verkehr gebracht werden dürfen.
Lieber Herr Povel, es heißt immer, Standards werden nicht gesenkt, sondern anerkannt. Aber ganz blöd gefragt, läuft das nicht in vielen Fällen auf dasselbe hinaus? Nehmen wir an eine große Zahl von Produkten kann am Ende zoll- und barrierefrei gehandelt werden. Dann suche ich mir als Unternehmen doch den Produktionsstandort mit den geringsten Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards aus. Hier geht es nicht um das Produkt selbst, sondern seinen Herstellungsprozess. Dieser Zug der Unternehmen löst wiederum Druck auf den 'Job-Verlierer'-Kontinent aus, seine Standards nach unten anzupassen, um im Wettberb zu bestehen. Oder täusche ich mich da?
Lieber jKippenberg,
erst einmal vielen Dank für Ihre Frage. „blöd gefragt“ ist das sicher nicht. Ich denke, dass viele Bürger ähnliche Befürchtungen haben.
Ich würde die Antwort Ihrer Frage in zwei Teile teilen:
Bei TTIP geht es eher darum die Regulierungen der Produkt-, Sicherheits- und Servicestandards, die einen äquivalenten Schutz aufweisen gegenseitig anzuerkennen. Weiterhin geht es darum zu eruieren wie zukünftige Standards gemeinsam entwickelt werden können.
Auch was eine „Aufweichung“ europäischer Standards angeht sind wir davon überzeugt, dass das nicht der Fall sein wird. Das EU-Mandat spricht in diesem Zusammenhang eine recht deutliche Sprache. Unter Punkt 8. in den sog. General Principles finden Sie die Aussage: „The Agreement should recognise that the Parties will not encourage trade or foreign direct investment by lowering domestic environmental, labour or occupational health and safety legislation and standards, or by relaxing core labour standards or policies and legislation aimed at protecting and promoting cultural diversity. (http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11103-2013-DCL-1/en/pdf)
Wenn ein Unternehmen sich bei der Auswahl des Standortes immer das Land aussuchen würde mit, wie Sie schreiben, „den geringsten Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards“, dann hätten wir in Deutschland und Europa gar keine Unternehmen mehr.
Gerade unsere Unternehmen in Deutschland profitieren ja auch von hohen Standards. Das Label „Made in Germany“ ist auf der ganzen Welt beliebt und steht für höchste Produkt-, Sicherheits-, und Servicestandards. Die Fachkräfte die wir durch unser duales Ausbildungssystem ausbilden sind auf der ganzen Welt geschätzt. Die USA sind z.B. gerade dabei unter dem Motto „skill Initiative“ das deutsche Ausbildungssystem bei sich zu integrieren.
Im transatlantischen Verhältnis ist es zudem so, dass beide Seiten, global gesehen, sehr hohe Standards haben. Bei TTIP wird es kein „race tot he bottom“ geben was die Standards angeht. Vielmehr haben sich beide Seiten mit TTIP dazu bekannt hohe Standards zu setzten die dann auch global angenommen werden sollten.
Lieber Herr Povel, vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich kann nur hoffen dass Sie recht haben! Habe aber natürlich noch Einwände.
Deutschland hat in der Tat seine Besonderheiten. Allerdings werden T-Shirts und iPhones hier auch nicht produziert, sondern in Bangladesh und China. Und können rumänische Bauern mit US-Hightech-Farmern mithalten? Werden wir mit billigsten fossilen Energträgern überschwemmt, die unsere europäischen Energiewende sabotieren?
Was mir völlig in der Debatte fehlt ist eine EU-länder- und branchenspezifische Analyse der TTIP-Folgen und -Anreize - eine kleine Ausnahme findet sich recht versteckt hier.
Diese politisch-ökonomische Abwägung sollte spätestens passieren, wenn das Verhandlungs-Ergebnis auf dem Tisch liegt (und eigentlich müsste zwischen Ergebnis und Abstimmung etwa 2 Jahre Analyse-Zeit bleiben, um eine informierte Entscheidung zu treffen). Denn Freihandel hat immer Gewinner und Verlierer. Hätte er keine Verlierer würde er auch gar keinen Sinn machen, schließlich geht es darum, dass dort produziert wird, wo es am effizientesten ist. Ich finde das gehört zu einer ehrlichen Debatte und zur Abwägung der Pro's und Con's dazu. Man kann nicht immer nur von Win-Win-Win sprechen.
Lieber Herr Povel, und was halten Sie von dem Vorschlag einer "grünen Agenda für TTIP" von Herrn Janecek. Herrn Janecek scheinen die Standards ja bislang nicht auszureichen, wie seinem Text "Freien Handel, den wir brauchen" zu entnehmen ist: "Eine grüne Agenda für TTIP könnte nicht nur Akzeptanz in der Bevölkerung schaffen. Mit der Verständigung auf klare ökologische, soziale und demokratische Rahmenbedingungen könnten wir beidseitig des Atlantiks den Wandel hin zu einer nachhaltigen Ökonomie anstoßen, in letzter Konsequenz als Hoffnungsbringer für den weltweiten Klimaschutz. Die gemeinsame Grundüberlegung lautet, dass funktionierender Freihandel Märkte voraussetzt, die auf der Basis fairen Wettbewerbs beruhen."
Der Vorschlag von Herrn Janecek ist fern der handelspolitischen Realität, er widerspricht der Natur dieser Verhandlungen, die von Exporteurinteressen relativ "unpolitisch" getrieben sind. Das bedeutet nicht, dass man seine Ziele nicht verfolgen sollte, aber Handelsabkommen sind dafür das ungeeignete Forum. Stellungnahmen der US Handelsadministration und ihrer europäischen Partner, die Handelspolitik insgesamt aufweiten, sind sozusagen Teil des Rechtfertigungslayers, aber werden aus gutem Grund nicht verhandlungsbestimmend. Allenfalls sind Ausnahmebestimmungen zu erwarten, die aber gegenteilige Effekte bewirken können.
KramerN
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. begleitet die Verhandlungen konstruktiv-kritisch. Da der Begriff des Investorenschutz sowie der Anspruch an Regulierungen in den Abkommen (hier TTIP) sehr weit gehen, sind natürlich auch Schutzstandards grundsätzlich betroffen. Vor allem kommt es darauf an, dass die Ausnahmedefinitionen ausreichend und umfassend gewählt werden. Offenbar wird ein Teil sog. privat finanzierter sozialer Dienstleistungen nicht von den Abkommen ausgenommen. Fraglich ist, ob dies auf das dt. System der öffentlichen und privaten Fürsorge passt. Auch ist unklar, was die besonderen Kapitel für Beihilfen und Vergaben vorschreiben. Soziale Schutzstandards und Regulierungen dürfen nicht als Handelshemnisse interpretiert, noch dürfen bestehende Kompetenzen und Gestaltungsspielräume ausgehöhlt werden. Die Transparenz der Verhandlungen und die Einbindung der demokratischen Akteure sind vor diesem Hintergrund zu erhöhen. Unklarheiten müssen glaubwürdig beseitigt werden.
http://www.deutscher-verein.de/05-empfehlungen/europa/Stellungnahme_DV_zu_internationalen_Freihandelsabkommen_und_sozialen_Dienstleistungen