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Hirsch (FDP): TTIP – Nicht ohne Datenschutzabkommen!


Demonstration BerlinFoto & Teaser: CC BY 2.0 by Robert Agthe


Die Autorin des Beitrags, Nadja Hirsch (FDP), ist seit 2009 Abgeordnete im Europäischen Parlament.

Wir fordern ein Datenschutzabkommen mit den USA als Bedingung für ein transatlantisches Freihandelsabkommen. Zu keinem anderen Zeitpunkt werden wir als Europäer noch einmal die Möglichkeit haben, das Thema Datenschutz auf die Agenda zu setzen. Es darf nicht sein, dass die Daten europäischer Bürger ohne jegliche Einschränkung von Wirtschaft oder Geheimdiensten genutzt werden. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der NSA-Affäre ist klar, dass vor allem beim Schutz der Privatsphäre unserer Bürger vieles im Argen liegt.

Das Recht auf Privatsphäre und Datenhoheit muss für Europäer gewährleistet werden. Außerdem müssen europäische Unternehmen sicher vor Wirtschaftsspionage sein: Die Wahrung ihrer Daten, einschließlich Patente hat oberste Priorität. Daher fordern wir Liberale, die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen an Fragen des Datenschutzes und des Schutzes von Bürgerrechten zu koppeln.

Im 21. Jahrhundert müssen die Verhandlungsführer auch endlich erkennen, dass die Zeiten geheimer Absprachen hinter verschlossenen Türen und unzugänglicher Dokumente vorbei sind. Diese Art der Verhandlungsführung ist weder zeitgemäß noch akzeptabel. Wir haben bereits beim ACTA-Abkommen erlebt, dass eine solche Geheimhaltung den Todesstoß für ein Abkommen bedeuten kann. Der Druck auf Brüssel und Washington muss aufrechterhalten werden, die Verhandlungen offen und transparent zu führen und Texte einsehbar zu machen.

Der Abschluss eines Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA ist durchaus erstrebenswert. Vom Abbau der Handelshemmnissen werden Bürger und Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks profitieren, und es werden neue Arbeitsplätze entstehen. Aber gerade weil wir als FDP TTIP grundsätzlich positiv sehen, pochen wir auf mehr Transparenz. Denn niemand will das Aufweichen oder Aushebeln europäischer Schutzstandards – sei es beim Datenschutz, beim Umweltschutz oder im Sozialbereich. Um die Akzeptanz für das Freihandelsabkommen in der Bevölkerung zu gewinnen, muss die Politik jetzt reagieren und mehr Transparenz schaffen.

Mehr unter: www.europahirsch.eu


Kommentare

  • Hallo Frau Hirsch,

    es ist gut zu wissen, dass es in Ihrer Partei außer Fr. Leutheusser-Schnarrenberger noch aufrechte Bürgerrechtler "der alten Schule" gibt. Ich kann dies nur begrüßen, genau wie Ihre Forderung nach Transparenz bei den Verhandlungen.

    Ich würde aber noch einen Punkt hinzufügen wollen, der aus meiner Sicht von größter Wichtigkeit ist: Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union haben zusammen eine kritische Masse die es erlauben könnte, die Besteuerung internationaler Unternehmen derart zu gestalten, dass diese in der Tat auch angemessene Steuersätze zahlen. Dies wäre aus meiner Sicht ein weiterer Punkt, der in diesem Kontext einer Klärung bedarf. Dies aber nur am Rande und im Wissen, dass es sich hierbei um Wunschdenken handelt.

    Ich fürchte aber, dass keine der involvierten Regierungen ein übersteigertes Interesse an einer rigorosen Einschränkung der Aktivitäten der Geheimdienste hat. Nicht umsonst hielt und hält sich ja die Empörung auch bei der deutschen Regierung stark in Grenzen. Es entsteht der Eindruck, dass ein Gefühl der Unrechtmäßigkeit erst entstand nachdem bekannt wurde, dass Frau Merkel selber abgehört wurde. Die zu diesem Zeit bereits bekannten Fälle der Überwachung z.B. der UN haben keine Entrüstung hervorgerufen und die Bundesregierung hat ohne mit der Wimper zu zucken versucht, die verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung durchzudrücken. Der neuste Kalauer in dieser Richtung ist ja Herr Binningers Rücktritt vom Vorsitz des Untersuchungsausschusses in dieser Sache. Gott bewahre, wenn hier in der Tat eine Aufklärung erfolgen würde...

    Aus diesen Gründen sehe ich für Ihre Bemühungen leider schwarz, möchte sie aber nichtsdestotrotz nachdrücklich unterstützen! Ich wünsche Ihnen allen nur erdenklichen Erfolg bei Ihren Bestrebungen in dieser Sache!

    Nachtrag: Ich bin mir nicht sicher, ob Sie bzgl. der Patente eine Ausweitung des Patentschutzes anstreben. Ich bin nicht der Meinung, dass dies insbesondere im Bereich Informationstechnologie hilfreich oder notwendig wäre. Im Gegenteil: Insbesondere im IT-Bereich bedarf es einer tiefgreifenden Reform des Patentrechts. Aber dies ist sicherlich genug Material für eine separate Diskussion ;)

  • "Im 21. Jahrhundert müssen die Verhandlungsführer auch endlich erkennen, dass die Zeiten geheimer Absprachen hinter verschlossenen Türen und unzugänglicher Dokumente vorbei sind. Diese Art der Verhandlungsführung ist weder zeitgemäß noch akzeptabel. ...Aber gerade weil wir als FDP TTIP grundsätzlich positiv sehen, pochen wir auf mehr Transparenz."

    Der oftmals geäußerte Vorwurf der Intransparenz gegen die Verhandlungsführung der EU-Kommission ist ungenau. Die Europäische Kommission wendet nur die bestehenden, veralteten europäischen Regeln an. Der europäische Gesetzgeber ist gefragt.

    Es sind die Regierungen der Mitgliedstaaten, die im Rat die Reform der Regulierung EG/1049/2001 (Zugang zu Dokumenten) blockieren, und aufbauend auf den Ergebnissen aus erster Lesung im Europaparlament die in der Regulierung vorgesehen Ausnahmen von Handel bei regulativen Fragen beschränken können und sollten. Auch das Europäische Parlament hat diesen Punkt in erster Lesung ganz übersehen.

    Aufgrund der Untätigkeit der Regierungen bei dem Reformvorhaben (2008/0090(COD) haben wir derzeit eine Rechtslage, in der die fortgeltenden EU-Dokumentzugangsbestimmungen noch nicht die erweiterten Unionsbürgerrechte aus dem Vertrag von Lissabon berücksichtigen und eine zufriedenstellende Transparenz bei Verhandlungen über regulative Fragen mit Handelspartnern fehlt.

  • Hallo Frau Hirsch, schön, dass sich die FDP ein wenig von Washington emanzipiert. Ein paar Fragen: Wer verhindert die Transparenz bei TTIP? Was ist der FDP am Ende des Tages wichtiger: Freihandel oder Datenschutz? Wie stark ist der Bürgerrechtsgedanke bei der FDP-Runderneuerung/Überlebensstrategie?

  • "Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der NSA-Affäre ist klar, dass vor allem beim Schutz der Privatsphäre unserer Bürger vieles im Argen liegt. Das Recht auf Privatsphäre und Datenhoheit muss für Europäer gewährleistet werden.

    Ich freue mich Frau Hirsch, dass sie sich für diese Themen interessieren.

    Ich habe allein dieses Jahr schon über 2000 Fälle von Datenschutzverletzungen deutscher Frauen und weiblichen jugendlichen bearbeitet. Es ist eine schleichende unbemerkte Entwicklung von der systematischen Zerstörung von Reputationen. Sie die Politik haben nicht einmal den Hauch einer Ahnung was wirklich im Internet passiert. Sie reden von Privatsphäre in Zeiten der NSA und anderen Geheimdiensten. Die Daten fast aller Bundesbürger sind schon erfasst worden von den genannten Organisationen und werden jede Sekunde weiter vervollständigt. Dies umfasst nicht nur die Textdaten sondern auch die Foto- und Videodaten. Das einzige was diesen Organisationen noch fehlt ist ihre DNA. Niemand ist so schlecht informiert wie deutsche Politiker. Hier sollten wir anfangen den Datenschutz für die deutschen Bürger aufzubauen. Sie sollten sich informieren und dann handeln. Freihandelsabkommen mit den USA ? Ja geben wir ihnen noch mehr von uns. Es gibt in den USA keinen Datenschutz und sie wollen ein Freihandelsabkommen mit den USA? Das ist ungefähr so als ob sie ein Feuer mit einem Benzinkanister löschen wollen. Bitte informieren sie sich und lassen sie auch andere Meinungen und Erfahrungen zu. Millionen deutscher Frauen und weiblichen Jugendlichen sind schon heute ihrer kompletten Reputation beraubt und haben keine Chancen mehr ihr digitales Leben in den Griff zu bekommen. Der digitale Tot verändert das reale Leben und die Lebensqualität der Menschen. Wir rennen in eine Zukunft die niemand von uns erwartet hätte oder gar wollte. Privatsphäre und Datenhoheit gibt es nicht und wird es in den kommenden Jahren auch nicht geben.

  • Hinweis: Unser Partnerprojekt, der Europäische Salon, widmet sich in seiner kommenden Veranstaltung dem Thema "Auf dem Weg zur transatlantischen Wirtschaftsgemeinschaft mit TTIP". Wir möchten alle Interessierten auf die Podiumsdiskussion am 20. November in Berlin aufmerksam machen und herzlich zu Online-Diskussion des Themas einladen! Ab jetzt kann hier diskutiert werden, alle Beiträge haben die Chance, in die Podiumsdiskussion einzufließen.

  • im übrigen hat das deutschland-radio am wochenende einen wertvollen aufschlag zum immer noch aktuellen abkommen gemacht: verteidigt die kultur!