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Der TTIP-Leak der Grünen - Geht's noch?


Hinweis: Das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA (TTIP) bewegt auch auf Publixphere die Gemüter (siehe alle laufenden Diskussionen). Die Redaktion bemüht sich, möglichst viele verschiedene Sichtweisen zu versammeln, und so eine partei- und lagerübergreifende Diskussion zu ermöglichen. Der Lobby-Anwalt Andreas Geiger stellt Auszüge aus einem Kommentar zur Diskussion, den er jüngst auf dem europäischen Informationsportal EurActiv.de veröffentlicht hat, das täglich über die EU-Politik auf dem Laufendem hält:

„(...). Pünktlich vor der Europawahl, haben die Grünen in Brüssel mal eben als vertraulich eingestufte EU-Dokumente zur Verhandlungsstrategie der EU über das Freihandelsabkommen mit den USA veröffentlicht. Die eigene Verhandlungsposition öffentlich und damit auch dem Verhandlungspartner bekannt machen. Geht's noch? In den USA erfüllt so etwas wahrscheinlich den Tatbestand des Hochverrats. Bei uns traut sich leider keiner, da mal ordentlich draufzuhauen. „Geleakt“ haben sie diese Dokumente. Weil „leaken“ seit Edward Snowden in den Kreisen der Grünen als etwas Ehrenhaftes gilt. Strafbares Handeln ist auf das eigene Verhalten bezogen ein Fremdwort. Recht ist, was der Grüne als Recht empfindet. Ob die demokratisch gewählte Mehrheit das auch so sieht, interessiert den Grünen nicht.

Diese geistige Verblendung der Grünen lässt sich nur mit dem (...) Selbstverständnis angeblicher moralischer Überlegenheit begründen, welches die Grünen treibt. Man empfindet sich als etwas Besseres. Und für die vermeintlich Guten haben andere Regeln zu gelten als für den Rest der Welt. Gespeist wird diese undemokratische Haltung aus dem großen Mitgliederfundus der Grünen an ehemaligen Attack-, Greenpeace- und Amnesty-Mitarbeitern. Mit entsprechend einseitigem und damit mangelhaftem juristischen und politischen Horizont. Also jenen Leute, die sich dummerweise mal eben den falschen Walfänger zum Entern aussuchen und dann jammern, wenn sie in Haft landen. Dass man Gesetze gebrochen hat, interessiert nicht. Wenn der Grüne sein Handeln für richtig haelt, sind eben die mit demokratischer Mehrheit beschlossenen Gesetze falsch.

Aus dieser Grundhaltung der Grünen erklärt sich auch das „Leaken“ der Freihandelsabkommensdokumente in Brüssel. Man ist eh gegen Globalisierung. Und wenn die Mehrheit der gewählten europäischen Abgeordneten das nicht ist, man also auf demokratische Weise seinen Willen nicht bekommt, dann torpediert man eben auf undemokratische Weise das Projekt. Und stellt Dokumente rechtswidrig ins Netz. Nicht die gewählte Mehrheit entscheidet, was gut fürs Volk ist. Sondern der Grüne.

Eine Partei, die diesen Mangel an demokratischem Grundverständnis auch noch wie eine Monstranz vor sich herträgt, ist in Europa nicht wählbar. Sondern schädlich. Das sollten wir uns vor der Europawahl nochmal klar machen. Liebe Grüne, Ihr verfügt weder über staatsratsmäßige 90 Prozent der Wählerstimmen. Ihr verfügt noch nicht einmal über 51 Prozent. Ihr verfügt in Deutschland und im Europaparlament gerade mal ueber rund 8 Prozent. Ihr vertretet damit nicht den Willen der Mehrheit. Sondern eine verschwindende Minderheit. Also benehmt Euch so, wie die Wähler es von Euch erwarten dürfen. Alle Wähler. Nicht nur Eure.“

Zur Person:

Andreas Geiger ist Managing Partner der Lobbykanzlei Alber & Geiger (Brüssel und Berlin) und Autor des "EU Lobbying Handbook". Für EurActiv.de verfasst er in unregelmäßigen Abständen polarisierende Kommentare zur aktuellen Politik.


Kommentare

  • Wenn das Freihandelsabkommen für uns alle so toll ist und nur Vorteile bringt - warum wird es dann hinter verschlossenen Türen verhandelt? Warum versuchen die Unterhändler Fakten zu schaffen, die die EU-Parlamentarier dann nur noch abnicken können? Und warum diese Konstruktion, die den Investor in den rechtlichen Status eines spätmittelalterlichen Feudalherren versetzt - Femegericht inklusive? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Anwalt, der ganz offensichtlich die Position von amerikanischen Großunternehmen vertritt, in dieser Sache einen wirklich objektiven Standpunkt vertritt. Mir persönlich wird schummerig, wenn ich an den so genannten "Investitionsschutz" denke. Ich weiß, dass gerade die öffentliche Daseinsvorsorge ein Riesen-Markt ist , bei dem viele Investoren lange Zähne bekommen - andererseits haben wir nach einer Phase, in der PPP als der Weisheit letzter Schluss hochgejubelt wurde um die kommunalen Finanzen zu sanieren, mittlerweile wieder eine Rekommunalisierungswelle - und zu Recht... denn in vielen Fällen (Beispiele: Wasserversorgung in Berlin , OPNV in Bielefeld) haben die "Investoren" nur den Rahm abgeschöpft, abgesahnt und die Infrastruktur vergammeln lassen. Sollte TTIP in Kraft treten, werden sich Fälle wie die Schadenersatzklage von Vattenfall häufen - und als Kommunalpolitiker können wir uns die Planungshoheit in den Kommunen von der Backe putzen... für mich gehört TTIP ganz eindeutig zu den Dingen die die Welt nicht braucht.

  • economics101 ist dagegen
    +3

    Zuerst einmal: Es ist mir nicht ersichtlich, wie ein Lobbyanwalt in irgendeiner Form Glaubwürdigkeit im Rahmen einer politischen Diskussion genießen kann. Dass ein Lobbyist sich hier über das angeblich undemokratische Verhalten einer politischen Partei mokiert, ist an Lächerlichkeit doch kaum zu überbieten. Oder wollen Sie, Herr Dr. Geiger, mir weismachen, dass die Beeinflussung politischer Prozesse im Sinne Ihrer Kunden eine grundsätzlich demokratische Tätigkeit sei? Dieses Argument kann man zwar machen, es hält aber einer näheren Überprüfung nicht stand.

    Nun zu Ihrem Hetzpamphlet:

    "Die eigene Verhandlungsposition öffentlich und damit auch dem Verhandlungspartner bekannt machen. Geht's noch? In den USA erfüllt so etwas wahrscheinlich den Tatbestand des Hochverrats. Bei uns traut sich leider keiner, da mal ordentlich draufzuhauen. „Geleakt“ haben sie diese Dokumente. Weil „leaken“ seit Edward Snowden in den Kreisen der Grünen als etwas Ehrenhaftes gilt."

    Sie beginnen mit der impliziten Forderung nach einem härteren Durchgreifen gegen Whistleblower. Warum dies eine Verbesserung der generellen Situation in der Welt darstellen würde lassen Sie offen. Offensichtlich ist es Ihnen als Anwalt nicht einmal möglich festzustellen, ob das "Grünen-Leak" in den USA in der Tat den Tatbestand des Hochverrats erfüllen würde. Eine Tatsache, die ob Ihrer Attacke gegen die juristische Sicht der Attac (ohne k!, "Association for the Taxation of financial Transactions and Aid to Citizens") usw. Mitglieder bei den Grünen (vulgo: "linkes, ungewaschenes Pack") doch reichlich amüsant erscheint.

    Nebenbei wurde schon Ende Februar von der Zeit ein längeres Dokument der EU-Kommission "geleakt": http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-02/freihandelsabkommen-eu-sonderrechte-konzerne

    Ich nehme an, dass Sie sich hierüber ähnlich entrüsten?

    "Ob die demokratisch gewählte Mehrheit das auch so sieht, interessiert den Grünen nicht."

    Von welcher demokratisch gewählten Mehrheit sprechen Sie hier? Den Mitgliedern der EU-Kommission? In diesem Falle haben Sie ein interessantes Verständnis von "demokratisch gewählt".

    "Man ist eh gegen Globalisierung. Und wenn die Mehrheit der gewählten europäischen Abgeordneten das nicht ist, man also auf demokratische Weise seinen Willen nicht bekommt, dann torpediert man eben auf undemokratische Weise das Projekt. Und stellt Dokumente rechtswidrig ins Netz. Nicht die gewählte Mehrheit entscheidet, was gut fürs Volk ist. Sondern der Grüne."

    Sie insinuieren, dass das EU-Parlament Einfluss auf die Verhandlungen habe. Dies ist wohl wenn überhaupt begrenzt der Fall. Es wird wenn überhaupt unterrichtet. Die EU-Kommission ist NICHT demokratisch gewählt.

    Das Papier ist für das Volk von höchstem Interesse. Insofern haben die Grünen hier der Demokratie wenn überhaupt einen Dienst erwiesen.

    "Eine Partei, die diesen Mangel an demokratischem Grundverständnis auch noch wie eine Monstranz vor sich herträgt, ist in Europa nicht wählbar. Sondern schädlich. Das sollten wir uns vor der Europawahl nochmal klar machen. Liebe Grüne, Ihr verfügt weder über staatsratsmäßige 90 Prozent der Wählerstimmen. Ihr verfügt noch nicht einmal über 51 Prozent. Ihr verfügt in Deutschland und im Europaparlament gerade mal ueber rund 8 Prozent. Ihr vertretet damit nicht den Willen der Mehrheit. Sondern eine verschwindende Minderheit. Also benehmt Euch so, wie die Wähler es von Euch erwarten dürfen. Alle Wähler. Nicht nur Eure.“"

    Abschließend noch einmal ein wenig Haue für die Grünen. Ich darf an dieser Stelle die aufgrund Ihres Berufes durchaus begründete Frage stellen: Wer bezahlt Sie hierfür? Wer den kompletten Kommentar liest, mag hierzu einige Anhaltspunkte finden ;)

  • Stefan999 ist dagegen
    +3

    Hat der Autor ein dreiviertel Jahr geschlafen und von Edward Snowden und der NSA-Affäre nichts mitbekommen? Es wurde etwas veröffentlicht, was die Amerikaner ohnehin kennen.

    • Guter Punkt :)

      • Timo_Wans Mitglied JEF Trier
        +2

        Offensichtlich ist Herr Geiger etwas verstimmt, weil seine Drohungen gegen Sven Giegold öffentlich wurden. Wer also die Methoden des Andreas Geigers in der Praxis sehen möchte, kann dies hier nachverfolgen: http://www.sven-giegold.de/2014/dreistes-lobbying-der-glucksspielunternehmen/

        Der Herr Anwalt hat halt wirklich keinen Stil.

        PS: Sven Giegold steckt übrigens auch hinter dem "Grünen-Leak"...

  • Hinweis: Unser Partnerprojekt, der Europäische Salon, widmet sich in seiner kommenden Veranstaltung dem Thema "Auf dem Weg zur transatlantischen Wirtschaftsgemeinschaft mit TTIP". Wir möchten alle Interessierten auf die Podiumsdiskussion am 20. November in Berlin aufmerksam machen und herzlich zu Online-Diskussion des Themas einladen! Ab jetzt kann hier diskutiert werden, alle Beiträge haben die Chance, in die Podiumsdiskussion einzufließen.

  • Liebes Forum,

    für euch der Hinweis:

    Die Europa-Union Deutschland nutzt Publixphere als gemeinnützige, überparteiliche Plattform, um ihren Bürgerdialog "TTIP - Wir müssen reden!" online zu begleiten. Aktuell lädt die Europa-Union ein, folgende Aspekte der TTIP-Debatte zur diskutieren: Demokratie, Transparenz und Legitimität; Handel, Investitionen, Wettbewerb; Umwelt-, Arbeitnehmer- und Verbraucherschutz.

    Außerdem werden die Vor-Ort-Veranstaltungen des Bürgerdialogs mit Online-Foren vorbereitet. Aktuell kann diskutiert werden: Welche Chancen und Risiken bringt TTIP für Kiel und Umgebung? Weitere Städte werden Folgen.

    Fühlt euch herzlich eingeladen, TTIP in diesem Rahmen weiterzudiskutieren.

  • Liebe Foristen, ein kurzer Hinweis der Redaktion. Die Europaabgeordnete Nadja Hirsch (FDP) stellt nun ihre Position zu TTIP zur Diskussion: "TTIP – Nicht ohne Datenschutzabkommen"