Rückblick - Diskussionen EU Salon #4


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Entgrenzung des Staates und Gewährleistung der Menschenrechte? Perspektiven der europäischen Migrationspolitik

Als der Europäischen Union im Dezember 2012 der Friedensnobelpreis verliehen wurde, bemerkten kritische Stimmen, die EU selbst verletze durch ihre Asylpolitik fundamentale Menschenrechte. Unübersehbar sind die Meldungen über Schiffsunglücke mit unzähligen Toten an Europas Außengrenzen, die Berichte über Missstände in Aufnahmeeinrichtungen und die Klagen, in vielen Mitgliedsstaaten werde der Zugang zum Asylverfahren nicht zureichend gewährt. Entzieht sich die Europäische Union tatsächlich ihrer Verantwortung zum Schutz und zur Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern?

Dies ist eine der Fragen, die im Rahmen des vierten Europäischen Salons zur Diskussion stehen. Dabei soll erörtert werden, ob zur Herstellung einer kohärenten europäischen Migrationspolitik noch Reformbedarf besteht; etwa die Dublin-III-Verordnung zu Recht kritisiert und stattdessen ein solidarisches Verteilungsmodell gefordert wird.

Einerseits wird die Öffentlichkeit von Presseberichten eingenommen, die von „Flüchtlingswellen“ und „Migrationsströmen“ sprechen, zugleich wird Kritik laut, im europäischen und weltweiten Vergleich seien die Anerkennungsquoten beispielsweise in Deutschland zu niedrig. Darüber möchten wir gemeinsam diskutieren. Und wie kann das Bedürfnis nach einer kontrollierten europäischen Migrationspolitik in Einklang gebracht werden mit den menschenrechtlichen Verpflichtungen der EU?

Mit Blick auf den Fachkräftemangel, unter dem in Europa etwa IT-Unternehmen oder das Ingenieurswesen leiden und den vorhergesagten demographischen Wandel zeigt sich schnell die andere Seite der Medaille Migration. Welche Chancen bietet Zuwanderung für die europäische Wirtschaft, den Arbeitsmarkt; inwiefern ist die EU gar auf Zuwanderung angewiesen? Neben der ökonomischen und gesellschaftlichen Ebene soll auch in den Blick genommen werden, wie Migration auf den Einzelnen wirkt. Welche Erwartungen dürfen Immigranten und Ortsansässige aneinander haben was Werteakzeptanz, Sprachkenntnisse und Dialogbereitschaft betrifft? Auch soll diskutiert werden, ob rechtspopulistischen Tendenzen mit einer weiteren Harmonisierung des europäischen Migrationsrechts entgegengewirkt werden kann.

Neben der Diskussion um Immigration in die EU soll es beim Europäischen Salon um Migration innerhalb der EU und darüber hinaus gehen. Die EU-Unionsbürgerschaft ist längst zu einer solchen Selbstverständlichkeit geworden, dass sich die Frage stellen lässt, inwieweit sie Wegbereiter für eine transnationale „Weltbürgerschaft“ sein kann. Wo sich also transnationale Gemeinschaften herausbilden, muss sich dort das Verständnis von Staatsbürgerschaft anpassen? Auch ist darüber nachzudenken, wie die Zukunft unserer staatsbürgerlichen Rechte von Menschenrechtsverbürgungen wie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und der EU-Grundrechtecharta beeinflusst wird. Schließlich könnte die Möglichkeit für EU-Unionsbürger, in einem anderen als dem Herkunftsmitgliedsstaat an Kommunalwahlen teilzunehmen, ein erstes Beispiel dafür sein, dass angesichts der vermehrten Durchlässigkeit staatlicher Grenzen die Notwendigkeit besteht, den staatsbürgerlichen Rechte- und Pflichtenkatalog neu zu definieren.

Diese Themen möchten wir mit Ihnen diskutieren:

Die Podiumsdiskussion zum Thema fand am 27. April 2015 in der Vertretung des Saarlandes beim Bund in Berlin mit folgenden Podiumsgästen statt.

Podiumsgäste:

  • Prof. Dr. Ernst M.H. Hirsch Ballin, Niederländischer Justizminister a. D. Professur für Europäisches Verfassungsrecht, Universität Tilburg und Professur für Menschenrechte, Universität von Amsterdam

  • Dr. Ole Schröder, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern

  • Prof. Dr. Daniel Thym, Professur für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht, Jean Monnet Chair für Menschenrechte und Migration, Universität Konstanz

  • Günter Burkhardt, Geschäftsführer und Mitbegründer PRO ASYL

Moderation: Prof. Dr. Christian Calliess, Professur für Öffentliches Recht und Europarecht, Freie Universität Berlin


Unterhalb finden Sie die Diskussionen des 4. Europäischen Salon zum Thema: "Entgrenzung des Staates und Gewährleistung der Menschenrechte? Perspektiven der europäischen Migrationspolitik".