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MisterEde: "Brauchen wir statt Feminismus einen echten Gleichstellungsaktivismus?"


Foto:Soll der Feminismus Geschichte sein? Foto: Jay Morrison (CC BY-NC-SA 2.0)

Diskriminiert ein "radikaler" Feminismus Männer und Frauen? Braucht Gleichstellung eine neue Form des Aktivismus? Diese Fragen wirft MisterEde auf...


Ein Beitrag von MisterEde

Wer sich in Deutschland für Gleichstellung einsetzt, stellt schnell fest, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Je nachdem welche Gruppe benachteiligt wird, ist Gleichstellung mal gut und mal schlecht. Wer sich als Frauenrechtler oder Frauenrechtlerin gegen die Benachteiligung von Frauen einsetzt, wird zur moralischen Instanz, während jene, die sich gegen die Benachteiligung von Männern einsetzen, als rückwärtsgewand und frauenfeindlich gelten. Hierfür ist aus meiner Sicht vor allem der Feminismus verantwortlich, der, das muss man ihm zugestehen, in der Bundesrepublik bis weit in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts seine Berechtigung hatte. Das Problem allerdings war, dass dieser bisweilen recht radikale Feminismus auch nicht verschwand, nachdem Frauen gesetzlich gleichgestellt waren.

Wer in den 90er Jahren, angesprochen hat, dass es z.B. im Sorgerecht auch zu Benachteiligungen von Männer kommt, wurde von jenen Feministinnen, die sich doch eigentlich mal die Gleichstellung auf die Fahne geschrieben haben, wie jemand behandelt, der Frauen zurück an den Herd schicken will. Zwar ist diese Einstellung heute nicht mehr ganz so weit verbreitet, aber noch immer kann sich derjenige, oder auch diejenigen, der sich für die Belange von Männern einsetzt, eine ganze Menge gerade von Feministinnen anhören. Dies durfte zum Beispiel Bundesfamilienministerin Schwesig erleben, die scharf kritisiert wurde, weil sie es wagte, neben Frauen auch benachteiligte Männer in den Blick zu nehmen. (taz-Artikel zum Plan von Schwesig zur Reduktion von Benachteiligungen von Männern (26.02.2015))

Aber nicht nur Männer, sondern sogar Frauen werden mittlerweile zum Opfer dieses Feminismus, der Hausfrauen mal eben ihr Leben vorwirft, Muslimas das Kopftuch verbieten will und bei einem zu großen Ausschnitt einer Frau erklärt, sie würde sich selbst zu einem Sexobjekt abwerten. Wenn es aber soweit ist, dass selbst Frauen durch Feminismus diskriminiert werden, weil ihnen durch Feministinnen das Recht auf die eigene, freie und selbstbestimmte Entscheidung abgesprochen wird, dann ist deutlich, dass es sich bei diesem Feminismus um einen durchgebrannten Gaul handelt.

Mit dieser abstrusen Form des Feminismus muss daher endlich Schluss sein!

Jeder Mensch hat einen Anspruch auf den Schutz seiner Individualität und den Schutz vor Benachteiligungen. Statt eines einseitigen und intoleranten Feminismus brauchen wir daher eine echte Gleichstellung, bei der zum einen geschlechtsabhängige Benachteiligungen aller Menschen anerkannt werden und bei der zum anderem jeder und jedem selbst die Entscheidung darüber überlassen wird, nach welchen individuellen, persönlichen Vorstellungen er oder sie leben will. Gerade von jungen Feministinnen, die aus meiner Sicht viel eher Gleichstellungsaktivistinnen sind, würde ich mir daher wünschen, dass diese sich klar von dem radikalen Feminismus distanzieren, der besonders bei den Feministinnen im fortgeschritten Alter, also jenen Überbleibseln aus einer längst vergangen Zeit, noch immer vorhanden ist.

Was wir brauchen ist Gleichstellungsaktivismus!

Zwar sind heute in Deutschland vor dem Gesetz Frauen und Männer gleichberechtigt, dennoch gibt es noch zahlreiche Benachteiligungen, die es zu beseitigen gilt. Allerdings kann, anders als vor 40 Jahren, mittlerweile eine Gleichstellung eben nicht mehr einfach durch das Aufheben diskriminierender Gesetze erreicht werden. Was meines Erachtens daher notwendig ist, um Gleichstellung in Deutschland weiter voranzutreiben, ist eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir in Zukunft strukturelle Benachteiligungen beseitigen, ohne dabei das Recht auf Selbstbestimmung zu sehr zu verletzen und ohne neue und unverhältnismäßige Diskriminierungen für das jeweils andere Geschlecht zu verursachen.

Aus meiner Sicht brauchen wir deshalb einen Gleichstellungsaktivismus, der sich, anders als der Feminismus, nicht in der einseitigen Betrachtung der Benachteiligungen eines Geschlechts erschöpft, sondern stets eine ganzheitliche Betrachtung vornimmt. Dies erscheint mir vor allem deshalb so notwendig, weil meines Erachtens nur eine solche ganzheitliche Sichtweise erlaubt, zwischen verschiedenen Seiten abzuwägen und die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Gegenmaßnahmen (z.B. beim Kopftuchverbot oder bei Fragen von Quoten) zu beantworten.

Weitere Diskussionen zu Feminismus und Gleichstellung:


Kommentare

  • Wer wird denn in diesem Land immer noch schlechter bezahlt???

    • Ist "Geld verdienen" wirklich die einzige Kategorie in der nach Benachteiligungen geschaut werden sollte?

      • Natürlich nicht. Aber beschäftigen Sie sich mal damit, wie ungerecht die Bezahlung in einem Land wie Deutschland in einem Jahr wie 2015 immer noch ist.

        P.S: Jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit Teilzeit, Karriere-Unwillen und schlechtbezahlten "Frauenbranchen". Es geht um die Fälle ungleicher Lohn bei gleicher Arbeit.

        • Jeder kann sich frei für einen Arbeitgeber entscheiden, während zum Beispiel der Besuch einer Schule Pflicht ist. Zunächst sollten daher jene Benachteiligungen angegangen werden, denen man sich nicht durch freie Entscheidung entziehen kann.

          • Erklären Sie mal einer Angestellten, die im selben Betrieb für diesselbe Arbeit weniger Geld bekommt, sie könne sich doch frei entscheiden! Wechseln Sie mal den Job, die Stadt, die Karriere. Wie ganz unten gesagt sehe ich keine vorsätzliche Diskriminierung von Jungen in der Schule in Deutschland, deshalb hinkt ihr Vergleich besorgniserregend, oh Moment, ich glaube jetzt ist er umgefallen.

            Selbst wenn ich mich auf Ihren doch noch weiter hinkenden Vergleich einlassen würde, hypothetisch, käme ich zu dem Ergebnis:

            Die Jungs können so viel pauken bis sie alle eine Eins haben. Die betroffenen Frauen können arbeiten wie sie wollen, sie bekommen trotzdem weniger Geld.

            • Wenn eine Frau einen Arbeitsvertrag mit der gleichen Bezahlung wie männliche Kollegen unterschreibt, bekommt sie selbstverständlich die gleiche Bezahlung. Und welche Arbeitsverträge jemand unterschreibt, ist nicht meine Angelegenheit. Daneben kenne ich auch z.B. keine Beamtin, die in der gleichen Lohnstufe weniger verdient und bei Freiberuflern und Selbstständigen gibt es ja auch keine geschlechtsabhängigen Lohnunterschiede. Und auch bei der nichtselbständigen Arbeit sind ja nicht alle Bereiche betroffen. Es ist also nur ein kleiner Teil der Arbeitswelt, in dem es diese ungleiche Bezahlung gibt, hingegen ist jeder Mensch in seiner Schulzeit von der Ungleichbehandlung betroffen.

  • Ich halte es für ziemlich sinnlos über FEMINISMUS auf diesem Niveau auf dieser Plattform zu diskutieren!

    Dies ist ein schillernder Terminus, mit dem jeder etwas anderes verbindet. Meine (männliche) Assoziationskette reicht von Namen wie Inge Meysel (Abtreibungsdebatte) über Alice Schwarzer (sehr politisch) und Susan Sonntag (literarisch) bis Annie Sprinkel (deftig). Von der wissenschaftlichen Diskussion, die Regalkilometer füllt, einmal ganz abgesehen.

    Deswegen zur Entspannung der etwas angestrengten Debatte hier mal wieder etwas radikal subjektives. Meine Lebenserfahrung: Frauen aller (!) sozialen Schichten und Bildungsniveaus (!) verfügen über eine überdurchschnittliche Sozialkompetenz, sind privat wie beruflich weitaus motivierter als Männer, ideale Teamplayer, organisatorisch (privat & beruflich) Männern um Längen überlegen, ausgleichend, kompromissfähig und pragmatisch ohne die eigenen Ziele aus den Augen zu verlieren, bilden in der Kunst inzwischen bei Tanz, Performance, Schauspiel die absolute Avantgarde (!) und verweigern sich wo sie es können dem Zirkus der männlichen Alphatiere.

    Mehr Frauen auf allen (Führungs)Ebenen des gesellschaftlichen Lebens versprechen nicht nur eine Veränderung des gesamtgesellschaftlichen sozialen Klimas sondern vor allem mehr, neue Ideen und vor allem auch viel, viel mehr Effizienz in den Abläufen von Unternehmen & Verwaltungen. Mithin volkswirtschaftlich formuliert einen hohen Produktivitätsfortschritt (Wachstum).

    Die negativen Beispiele von Frauen, die wie Merkel, Von der Leyen, Lagarde, Malmström u.v.a., die o.a. patriachalische Zirkusschule durchlaufen haben, entwerten diese Einschätzung nicht.

    • Hallo nemo, prinzipiell. Die feministische Szene ist intellektuell grossartig, in dem was sie alles an Analyse hervorbringt. Leider oft unter selbstgewahltem Ausschluss der breiten Oeffentlichkeit. Jetzt wie Du alle Frauen als Gruppe zu loben, halte ich dagegen fuer kontraproduktiv, weil Pauschal-Bewertungen ganzer Geschlechter das Letzte sind, was unser Denken braucht. Ein solches "Lob des Mannes" waere doch genauso schraeg. Ich bleibe dabei, es gibt Teamplayer, es gibt Motivierte, es gibt Soialkompetente, und das Geschlecht spielt dabei KEINE Rolle. Eigenschaften Geschlechtern zuzuordnen fuehrt in die voellig falsche Richtung. Ob es positive oder negative Eigenschaften sind, spielt da keine Rolle. Diese pauschalen Zuschreibereien sind doch von gestern.

      Denn das alles engt ein. Wenn Frauen als die Guten gelten, duerfen sie nicht mehr boese sein. Sonst sind sie keine "gute Frau" mehr. Einen solchen Druck, sich selbst in positiv gewertete gesellschaftliche Rollen zu fuegen (und die maenner "duerfen" boese sein, ohne erwartungen zu enttaeuschen) wuerden sie sich zurecht nicht bieten lassen. Es gibt fuer mich nur einen Weg. Jeden Menschen als Menschen sehen, unabhaengig vom Geschlecht.

    • Hallo nemo,

      primär geht es mir um Gleichstellung (gerne auch universell betrachtet) und die halte ich für ein Kernelement aufgeklärter Gesellschaften. Darüber kann man meines Erachtens gar nicht genug diskutieren.

      „Ich halte es für ziemlich sinnlos über FEMINISMUS auf diesem Niveau auf dieser Plattform zu diskutieren!“

      Ich vertrete meinen Standpunkt gerne auch auf anderen Plattformen. Daneben sind verallgemeinernde Zuschreibungen persönlicher Eigenschaften aufgrund des Geschlechts nicht so meine Sache. Ich halte es da eher wie GeertV. Bei allen inhaltlichen Differenzen sehe ich Merkel nicht als negatives Beispiel einer Frau an. Und auch von der Leyen ist für mich nicht weniger Frau, nur weil sie vielleicht Persönlichkeitszüge hat, die manche eher Männern zuschreiben.

  • Hallo MisterEde.

    ich bin mir immer noch gar nicht so sicher, wo Feministinnen Dir eigentlich widersprechen würden. Gibt es den einen Feminismus? Kannst Du aus TAZ-Artikeln auf eine ganze Bewegung schließen? Würdest Du sagen, mit dieser "radikalen" Linken muss endlich Schluss sein, wenn Dir ein "radikal" linker Artikel missfällt. Muss dann nicht mit jedem Aktivismus für eine Sache irgendwie Schluss sein?

    Bei Alice Schwarzer und der EMMA habe ich den Eindruck, dass sie nicht mehr wirklich einen allgemein gültigen Feminismus vertreten, überhaupt kaum noch den Diskurs mitgestalten. Ist das nicht Schattenboxen? Warum setzt Du Dich nicht direkt mit dem Gender-Mainstreaming auseinander?

    Interessant finde ich auf jeden Fall Deinen Ansatz, unsere Gleichstellungs-Brille nicht nur auf die zwei Farben rosa und babyblau einzustellen. Wir könnten auch über andere Vor- und Nachteile für das Indiduum diskutieren: - Hochschulabschluss vs. kein Hochschulabschluss - Startkapital vs. kein Startkapital - 'Beziehungen' vs. 'keine Beziehungen' - Migrationshintergrund vs. kein Migrationshintergrund - 'Psychische Eigenschaften' (Selbstbewusstsein, Aggressivität, 'Kaltblütigkeit' usw.)

    Das wird eine lange Liste!

    • Hallo Emil,

      Zum ersten Absatz:
      Für mich spielt eine große Rolle, was war zuerst da, was hat den Namen geprägt. Nur weil sich der Islamische Staat im Irak und Syrien (ISIS) so nennt wie er sich nennt, erwarte ich nicht von Muslimen, dass sie dem Islam einen anderen Namen geben. Auch die Sozialdemokratie (international sind die Namen anders besetzt) distanziert sich in Deutschland schon im Namen vom Sozialismus.

      Der Feminismus trägt im Namen die Ausrichtung auf das Feminine, das Weibliche, was meines Erachtens von vorneherein einseitig ist und recht unpassend, wenn es um Gleichstellung beider Geschlechter geht. Daneben ist die Bezeichnung Feminismus aus meiner Sicht aber auch bereits mit jenem Feminismus besetzt, den es eben schon vor 50 Jahren gab.

      Anders ausgedrückt: Wenn ich für eine links-liberale Gesellschaft eintrete, bezeichne ich mich ja nicht als Sozialist und sage allen anderen, dass sie nun den Sozialismus so zu verstehen habe wie ich. Insofern denke ich, sollte sich auch jemand, der für Gleichstellung eintritt, nicht als Feminist(in) bezeichnen und damit dann aber was ganz anderes meinen als jene, die sich schon seit Jahrzehnten als Feministinnen bezeichnen.

      Zum zweiten Absatz:
      Für mich ist die Position von z.B. Schwarzer das, was ich als Feminismus ansehe. Ich werde doch jetzt aber nicht Alice Schwarzer sagen, sie sei keine Feministin, das wäre für mich dann nämlich wirklich abwegig. Anders ausgedrückt: Ich teile die Position von Schwarzer häufig nicht, aber finde es absolut verständlich, dass sie sich als Feministin bezeichnet. Umgekehrt verstehe ich aber nicht, wieso Frauen die ganz andere Positionen vertreten, sich ebenfalls als Feministinnen bezeichnen und auch auf diese Bezeichnung Wert legen.

      Gender-Mainstreaming ist für mich irgendwie etwas anderes. Ich kann nicht erkennen, was z.B. die Ampelmännchen- oder Ampelfrauchen-Diskussion mit Gleichstellung zu tun hat. Auch das Gendern der Sprache halte ich nicht für den Königlichseiendenweg (Königsweg zu gendern klingt nicht gut). Mir geht es z.B. um die Benachteiligung von Jungs in der Schule, da ändert sich durch eine Gender-Sprache aber nichts.

      Zum dritten Absatz:
      In der Debatte hier will ich mich eigentlich schon auf die Gleichstellung im Bezug auf das Geschlecht konzentrieren. Aber dennoch ja, mir schwebt schon länger der Gedanke eines „universellen Gleichstellungsbegriffs“ vor, der auf die Gleichstellung von Menschen abzielt. Frauen wie Männer, Christen wie Hindus, Schwarze wie Weiße, Reiche wie Arme. Im Hinblick auf einen solchen universellen Gleichstellungsbegriff ist für mich dann z.B. auch Inklusion ein Teilaspekt von Gleichstellung.

      Kurzer Ausflug:
      Insgesamt glaube ich, dass die Kernfrage der Gleichstellung, egal ob universell gedacht oder eben nur im Bezug auf die Gleichstellung von Mann und Frau, auf folgende Abwägung hinausläuft:

      Auf der einen Seite haben zwei Individuen das Recht, trotz Unterschieden gleich behandelt zu werden, auf der anderen Seite haben zwei Individuen aber auch das Recht, wegen Unterschieden unterschiedlich behandelt zu werden. Und zwischen diesen beiden Rechten muss abgewogen werden.

      Zum Beispiel kann eine Leistung von zwei Individuen objektiv bewertet werden. Es wird also der gleiche Maßstab angelegt, obwohl es sich um zwei unterschiedliche Individuen handelt. Die Leistung von zwei Individuen kann aber auch subjektiv bewertet werden, also im Verhältnis zur jeweiligen Leistungsfähigkeit eines Individuums. Beides ist gerecht und doch ist beides auch immer ungerecht. Und diese Abwägungsfrage ist der Kern ganz vieler Grundausrichtungen einer Gesellschaft, z.B. im Steuerrecht. Wann sind die Bürger gleichgestellt? Wenn jeder 1.000 Euro Steuern zahlt, wenn jeder 10% seines Einkommens zahlt oder wenn es einen progressiven Steuersatz gibt, also derjenige, der wenig verdient, 10% zahlt und der, der viel verdient, 50% Steuern zahlt? Alle drei Varianten sind gerecht und zugleich ungerecht.

  • Dieser Argumentation kann ich um einiges besser folgen, im Gegensatz zu deinen vorherigen Diskussionsanstößen. Warum sollte man eine Bewegung, die versucht, positiven Einfluss auf den zu Unrecht teilweise als geringer wahrgenommenen gesellschaftlichen Status einer Gruppe zu nehmen, als verfassungsfeindlich erklären? Ich finde deine Metapher mit der Schale Suppe ziemlich abwegig. Es handelt sich bei diesen Fragen eben nicht um ein Nullsummenspiel. (Natürlich gibt es auch so manche Feministin, die die Thematik wie du als Nullsummenspiel betrachtest, aber so ist das nunmal mit politischen Bewegungen - die die am lautesten schreien, etc...)

    • Hallo larifari000,

      Sie fragen, wieso ich diese Beiträge mit der Verfassungsfeindlichkeitsfrage eingebracht habe. Da spielen mehrere Punkte mit hinein, drei versuche ich mal kurz zu skizzieren.

      1. Ich sehe manche Ausuferungen des Feminismus wirklich sehr kritisch (Kopftuchverbot, Prostitutionsverbot), weil sie meines Erachtens in unverhältnismäßiger Weise der Selbstbestimmung zuwiderlaufen. Aus meiner Sicht ist es zwar verfassungskonform, solche Forderungen aufzustellen, die Umsetzung wäre es in meinen Augen aber nicht.
      2. Ein anderer Punkt, der mir bedenklich erscheint, ist die mangelnde Anerkennung von Benachteiligungen von Männern. Wenn Feministinnen sagen, dass sie für Gleichstellung sind, dann müssten sie doch auch hiergegen eintreten. Einige machen das auch, einige aber auch nicht. Und bei letzteren frage ich mich dann, ob eine solche einseitige Betrachtung dann wirklich geeignet ist, um jene Gleichstellung zu erreichen, die im Grundgesetz steht.
      3. Und ein dritter Punkt sind Maßnahmen zur Gleichstellung, die mir insoweit übertrieben scheinen, als aus meiner Sicht mehr neue Diskriminierung entsteht als vorhandene beseitigt wird.

      Daneben war es aber auch schon das Ziel mit dieser „ernstgemeinten Provokation“, etwas mehr Reaktion hervorzurufen als mit meinen Beiträgen zur Finanzkrise. Zur „Metapher mit der Schale Suppe“, will ich sagen, dass ich das auf das Rechtliche oder das Gesetz beziehe.

      Für mich gibt es unterschiedliche Ebenen der Diskriminierung. Eine Ebene ist sicher die gesellschaftliche Benachteiligung, die aus Strukturen oder ähnlichem heraus entsteht (z.B. Schwarze in den USA). Eine andere Ebene ist aus meiner Sicht eine direkte Diskriminierung durch Gesetze (Frühere Apartheid in Südafrika). Und eine dritte Ebene, die ich sehe, sind indirekte Diskriminierungen durch Gesetze, wenn also gerade jene Gesetze mangelhaft ausgestaltet sind, die z.B. Frauen schützen (z.B. beim Straftatbestand der Vergewaltigung in Deutschland). Wenn auch Ihnen noch Ebenen einfallen, immer her damit.

      Mit dem Suppenteller wollte ich nun lediglich ausdrücken, dass dann, wenn die Ebene der direkten Diskriminierung durch Gesetze nicht mehr vorhanden ist, wie z.B. in Deutschland, man die Ebene der gesellschaftlichen Benachteiligung nicht angehen kann, ohne dabei automatisch das jeweils andere Geschlecht schlechter zu stellen. Sie haben aber recht, dass es kein Nullsummenspiel ist, wobei es beim Suppentellerbeispiel ja noch schlimmer wäre, weil ja auf der einen Seite die Rechte rauslaufen, ohne dass auf der anderen Seite etwas in den Teller hineinkommt. Insofern sicher ein schlechtes Beispiel, auch wenn die Betrachtung der „Gesamtmasse“ gar nicht mein Ziel war.

      • Hallo MisterEde,

        zur "Verfassungsfeindlichkeit" feministischer Anliegen:

        Auf Ihren Diskussionsbeitrag "Ist Feminismus verfassungsfeindlich?" hin erlaubten Sie es mir, in der sich daran anschließenden Diskussion inhaltlich weiter mit zu diskutieren. Vielen Dank dafür.

        Neben dem Inhaltlichen bewegt mich aber trotzdem noch die formale juristische Seite, die Sie selbst dort angeschnitten haben:

        Wenn Ihrer Meinung nach die Forderungen der Feministinnen nicht verfassungskonform sind, dann ist doch das Bundesverfassungsgericht zuständig, in der Vorbereitung weiterer Gleichstellungsgesetze, wenn es denn eingeschaltet wird, zu prüfen, ob diese noch verfassungskonform sind. Oder wenn Männer sich diskriminiert fühlen, dann gibt es doch z.B. die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Aber den Verfassungsschutz auf Feministinnen anzusetzen, halte ich nach wie vor für absurd. Vielleicht haben Sie diesen Vorschlag auch nur als nicht ernst zu nehmende Provokation gemeint.

        • Hallo Doro,

          für Fragen der Verfassungskonformität von Gesetzen ist das Verfassungsgericht zuständig, das ist richtig. In welchen Fällen die Anti-Diskriminierungsstelle eingeschaltet werden kann, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Auf meine Frage, „müsste vielleicht der Verfassungsschutz aktiv werden, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland vor den Angriffen von Feministinnen zu schützen?“, antworten Sie, „den Verfassungsschutz auf Feministinnen anzusetzen, halte ich nach wie vor für absurd.“ Dem kann ich mich anschließen. Und dass der Debattenbeitrag bewusst provokant formuliert war, habe ich ja schon am Montag in meiner Antwort an Emil geschrieben.

          • Hallo MisterEde,

            okay!

      • Hallo MisterEde,

        ich habe mich als Mann noch niemals diskriminiert gefuehlt. Weder strukturell noch gesetzlich.

        Das Einzige was mich aergert ist, wenn geasgt wird, wenn Maenner durchsetzungsstark sind, werde das als maennlich wahrgenommen, wenn Frauen das sind, werde das als Zickentum gewertet. Das ist eine Plattiduede, die manche Feministinnen gerne ins Feld fueheren. Bei aelteren Herren mag das Denken noch so sein. In der Gesellschaft unter 50/60 aber nicht. Ganz im Gegenteil. Je nach Zusammenhang, im Beruf, sind unterschiedliche Dinge gefragt, von Maennern und Frauen. Mal Durchsetzungsstaerke, mal Empathie, mal Zurueckhaltung, mal Diplomatie.

        Ich weigere mich diesen Mix noch in Geschlechtern zu denken, wenn die Unterschiede schon innerhalb eines Geschlechts, zwischen Frau und Frau, zwischen Mann und Mann, so enorm sind wie sie sind.

        Kurz gesagt: Wenn sich ein Mann wie ein A... auffuehrt denke ich doch nicht, was fuer Mann, sondern was fuer A.... Und bei Frauen ganz genauso. A...als genderunspezifische Kategorie.

        Also ich sehe die Gefahr, dass sich der Feminismus selber, indirekt, paradoxerweise, an Kategorien und Einordnungen festklammert, die er immer ueberwinden wollte, und die schon ueberwunden sind.

        Am besten wir ueberfrachten unsere Wahrnehmung des Geschlechts nicht zu sehr, sondern sehen die konkrete Person.

        • Wie kann Mann eigentlich so naiv sein, dass Geschlecht spiele keine Rolle bei der Bewertung von Leistung mehr?

        • Hallo GeertV,

          ich persönlich finde solche Plattitüden auch unsinnig, aber sie ärgern mich nicht, weil ich so etwas problemlos ignorieren kann. Ärgerlicher finde ich da schon die Benachteiligung von Jungs in der Schule. Das kann nämlich Konsequenzen haben.

          „A… als genderunspezifische Kategorie“ Das sehe ich auch so, auch ihre Einschätzung zum Feminismus und die Aufforderung „den konkreten Menschen“ zu sehen und nicht zuvörderst sein Geschlecht finde ich sehr treffend.

          • Wo wird denn ein Junge als Junge in der Schule benachteiligt? Bekommen die Jungs Punktabzug?

            • 2008 hatten Mädchen in Baden-Württemberg statistisch gesehen eine 30% höhere Chance Abitur zu machen. Das würde ich schon als Benachteiligung sehen.

              • Wie erklären Sie sich denn diese Zahl?

                • Eigentlich finde ich, kommt es gar nicht so sehr darauf an, was genau dazu führt, dass Jungs so viel geringere Chancen haben ein Abitur zu erlangen. Und nachdem ich kein „Schulexperte“, Pädagoge oder Psychologe bin, kann ich nur vermuten, dass es wahrscheinlich eine Mischung aus vielen Dingen ist.

                  Vielleicht hängt es mit einer Schule zusammen, die nicht auf die Anforderungen von Jungs zugeschnitten ist oder vielleicht auch mit einem Überhang an weiblichem Lehrpersonal. Haben Sie noch Ideen?

                  • Also. Es ist ja wohl ein Unterschied, wenn, wie in Deutschland immer noch zu erleben, im selben Betrieb, für diesselbe Arbeit, Frauen schlechter bezahlt werden, von ganz konkreten Verantwortlichen, nämlich den Arbeitgebern, und wenn Jungen in der Schule schlechter abschneiden, ohne das LeherInnen absichtlich dafür sorgen. Finden Sie nicht?

                    Vielleicht haben Jungs spezielle Probleme. Computerspielsucht zum Beispiel. Ich kenne mich da auch nicht aus. Aber das hat mit DISKRIMINIERUNG nichts zu tun.

                    • Wenn eine 30% geringere Chance auf ein Abitur keine Diskriminierung ist, verstehe ich nicht, wieso dann Gehaltsunterschiede eine Diskriminierung sein sollen. Haben vielleicht Frauen bei Lohnverhandlungen auch einfach spezielle Probleme, wie Sie das für Jungs in der Schule anführen?

                      Daneben denke ich, wenn Jungs ein anderes Lernverhalten haben, muss das von der Schule berücksichtigt werden, um Benachteiligungen von Jungs zu verhindern.

                      • Ich bin mir nicht sicher, ob diese Aussage durch die Daten gedeckt ist. Die entsprechenden Studien sind mir nicht bekannt. Hat jemand einen Link?

                        Ich fürchte, dass es sich hierbei um eine sog. unbedingte Wahrscheinlichkeit handelt, die weiter nichts erklärt. Es könnte z.B. auch gut sein, dass Jungen einfach ein wenig beschränkter (Fußball) oder weniger fleißig (saufen) sind als Mädchen. Oder was auch immer man sich da ausdenken mag. Daher würde ich gerne in die Studie schauen welche ja hoffentlich die eine oder andere Regression durchgeführt hat.

                        Die Schule ist ein im "Patriarchat" gewachsenes Gebilde und mir ist nicht klar, wie sie so schnell in ein "matriarchalisch" geprägtes mutiert sein soll.

                        • Womöglich verwechseln Sie hier Statistiken (nur Zustandserfassung) und Studien (die Suche nach Erklärungen). Falls Sie aber eine Studie finden, können Sie diese gerne verlinken.

                          • In dem Fall also eine unbedingte Wahrscheinlichkeit. Bzgl. Diskriminierung ist da leider nicht viel zu sagen sondern nur festzustellen, dass es hier ggf. ein Problem gibt :)

                            • Eine signifikant geringere Chance eines Geschlechts auf eine akademische Laufbahn ist eindeutig eine Diskriminierung. Was brauchen Sie da denn noch mehr?

                              ggf.

                              Ich finde es bedauerlich, dass Sie das Schicksal dieser jungen, benachteiligten Menschen so wenig bekümmert.

                              • Hallo MisterEde, die Diskrimiernierungsdebatte kann auch zu Absurditäten führen:

                                Beipiele: Ein Zahnarzt wollte eine Zahnarzthelferin einstellen.Er hatte mehrere Bewerberinnen. Eine mit Kopftuch.Er hat sie nicht genommen. Sie fühlte sich diskriminiert. Wenn sie Recht bekommt, bedeutet das im Umkehrschluss: er hätte sie nehmen müssen. D.h. eine Bewerberin mit Kopftuch ist im Vorteil gegenüber den Andern, weil sie nicht diskriminiert werden darf.

                                Mein Sohn hat eine Stelle neu zu besetzen.Es ist eine von Männern dominierte Branche. Wenn eine Frau unter den Bewerbern ist, muss er sie nehmen, um sich nicht der Diskriminierung schuldig zu machen, egal ob Männer unter den Bewerbern sind mit besseren Vorkenntnissen und Erfahrungen, insgesamt fachlich besser geeignet? Man kann natürlich beklagen, dass seine mehr naturwissenschaftlich orientierte Branche bis heute mehr eine Männerdomäne ist und fordern, dass mehr Frauen sich ausbildungsmäßig in sie vorwagen. Aber vielleicht empfinden Frauen diese Branche auch als zu dröge, ihrem komunikativen Wesen zu wenig entsprechend.

                                Ich meine nur, man sollte von der Antidiskriminierungshysterie weg kommen und wieder mehr auf fachliche Qualifikation setzen, und das entspannter. Dann kommen Männer und Frauen besser zu ihrem Recht als mit formaljuristischen Argumenten der Diskrimierung, ohne den Gesichtspunkt der fachlichen Eignung.

                                Wenn man Diskriminierung zum Maßstab machen will, müßte man Muslimas mit Kopftuch allen andern Bewerberinnen vorziehen, ebenso Frauen gegenüber Männern in vielen Berufen. Oder auch Männer als Erzieher in Kindergärten gegenüber Frauen in diesem Beruf. Aber das war wohl nicht Ihre Tendenz?

                                • Hallo Doro,

                                  diese Absurditäten (2. Beispiel) sind ja gerade das Resultat einer einseitig feministischen Politik, welche die Förderung von Frauen weit über andere schützenswerte Rechtsgüter hebt. Wie oben erwähnt, ist auch das ein Grund, weshalb ich mir wünsche, dass der einseitige und ausgrenzende Feminismus von einem integrierenden Gleichstellungsaktivismus abgelöst wird, der auch andere Rechtsgüter wie z.B. das Selbstbestimmungsrecht eines Menschen anerkennt.

                                  Beste Grüße Mister Ede